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BGH Beschluss v. - 6 StR 38/25

Instanzenzug: Az: 1 KLs 9/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen öffentlichen Zugänglichmachens kinderpornographischer Inhalte in zehn Fällen, wegen Drittbesitzverschaffung kinderpornographischer Schriften in sieben Fällen, wegen Zugänglichmachens kinderpornographischer Inhalte in Tateinheit mit Zugänglichmachen pornographischer Inhalte „an eine Person unter 18 Jahren“, wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften und wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, eine Kompensationsentscheidung getroffen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils führt zum Entfallen der tatmehrheitlichen Verurteilung wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften bzw. wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte in den Fällen II.1b und II.2c der Urteilsgründe. Im Übrigen hat die Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

3a) Nach den Feststellungen bewahrte der Angeklagte im Juli 2018 in seiner Wohnung mehrere Datenträger mit etwa zehntausend Dateien kinderpornographischen Inhalts auf (Fall II.1b der Urteilsgründe); darunter waren auch solche, die er bereits im Jahre 2017 mittels eines Messenger-Dienstes in sieben Fällen an Dritte versandt hatte (Fälle II.1a der Urteilsgründe). In der Zeit von Februar bis Mitte März 2021 stellte der Angeklagte in zehn Fällen als registriertes Mitglied verschiedener zugangsbeschränkter Internetforen im „Darknet“ Dateien mit kinderpornographischen Inhalten ein (Fälle II.2a der Urteilsgründe). Ebenfalls im März 2021 zeigte er im Rahmen von Videochats seinen überwiegend kindlichen Chatpartnern Dateien kinderpornographischen Inhalts (Fälle II.2b der Urteilsgründe). Sämtliche Dateien befanden sich bei einer im Juli 2021 durchgeführten Wohnungsdurchsuchung noch in seinem Besitz (Fall II.2c der Urteilsgründe). Das Landgericht hat den Besitz der Datenträger im Zeitpunkt der Durchsuchungen als zu den jeweils vorherigen Taten in Tatmehrheit stehende selbständige Taten gewertet.

4b) Die Verurteilung wegen tatmehrheitlichen Besitzes kinderpornografischen Schriften bzw. Inhalte in den Fällen II.1b bzw. II.2c der Urteilsgründe hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Denn nach den Feststellungen verfügte der Angeklagte im Zeitpunkt der Durchsuchungen am und am noch über die Dateien, die er in den Fällen II.1a bzw. II.2a und 2b zuvor Dritten verschafft bzw. öffentlich zugänglich gemacht hatte.

5Der Generalbundesanwalt hat zu Fall II.1b der Urteilsgründe – und entsprechend zu Fall II.2c der Urteilsgründe – in seiner Antragsschrift das Folgende ausgeführt:

„Zwar verdrängt die Tathandlung des „Drittbesitzverschaffens“ kinderpornographischer Schriften im Sinne von § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB grundsätzlich diejenige des „Besitzes“ solcher Dateien im Sinne von § 184b Abs. 3 StGB als subsidiären Auffangtatbestand (vgl. , Rn. 6). Dies betrifft jedoch lediglich den Moment des Verschaffens, nicht auch die Zeit danach. Geht der Besitz – wie hier – in zeitlicher Hinsicht über den für das Drittbesitzverschaffen erforderlichen Besitz hinaus, tritt das Dauerdelikt des verbotenen Besitzes kinderpornografischer Schriften tateinheitlich neben das Verbreitungsdelikt (vgl. BGH, a.a.O).

Da sich im vorliegenden Fall auf den sichergestellten Datenträgern des Angeklagten noch weitere inkriminierte Dateien (Fall B.II.1b) der Urteilsgründe, UA S. 11 f.) befanden und sich diese mit den Dritten verschafften und weiterhin besessenen Schriften zu einer Tat verbinden, wobei unbeachtlich ist, dass sich das inkriminierte Material auf verschiedenen Datenträgern befand (vgl. , Rn. 23), ist für eine tatmehrheitliche Verurteilung wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften – Tat B.II.1b) der Urteilsgründe – zudem kein Raum (vgl. , Rn. 3). Sie ist aufzuheben.“

6Dem schließt sich der Senat an und ändert in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich. Die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen; der Senat schließt aus, dass sich der geständige Angeklagte wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

72. Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung der in den Fällen II.1b und II.2c der Urteilsgründe verhängten Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr nach sich; diese entfallen. Die Gesamtstrafe bleibt hiervon unberührt; mit Blick auf die in den verbliebenen Fällen verhängten Strafen (mehrere Einzelstrafen von drei und zwei Jahren sowie vier Einzelstrafen von mindestens einem Jahr) schließt der Senat aus, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.

83. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO; der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten insgesamt mit dessen Kosten zu belasten.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:050325B6STR38.25.0

Fundstelle(n):
CAAAJ-95067