Gründe
I.
1Der Angeklagte beanstandet die Gerichtsbesetzung in der gegen ihn anberaumten Hauptverhandlung. Dem liegt Folgendes zugrunde:
21. Der Generalbundesanwalt erhob unter dem Anklage gegen den Angeklagten wegen des Vorwurfs der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in sieben Fällen und gegen zwei Mitangeklagte zum Thüringer Oberlandesgericht. Nachdem dessen 3. Strafsenat die Anklage unter Maßgaben vor dem Landgericht Gera eröffnet hatte, hob der Senat auf die sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts die Entscheidung auf, ließ die Anklage – in Bezug auf einen Mitangeklagten mit einer Änderung – zur Hauptverhandlung zu und eröffnete das Hauptverfahren vor einem anderen Strafsenat des Thüringer Oberlandesgerichts (, juris). Der sodann mit der Sache befasste 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts beschloss am , dass er in der Hauptverhandlung mit fünf Richtern besetzt sei. Der Vorsitzende ordnete zugleich die Hinzuziehung eines Ergänzungsrichters an. Die Besetzungsmitteilung wurde den Verteidigern des Angeklagten am mit der Ladung zu der am beginnenden Hauptverhandlung zugestellt, dem Angeklagten selbst am Folgetag.
3Nach dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Oberlandesgerichts für das Jahr 2025 (Stand zum ) ist der „1. Strafsenat (zugleich 1. Senat für Bußgeldsachen sowie 1. Kartellsenat)“ zuständig für erstinstanzliche Strafsachen, wenn unter anderem „gemäß § 210 Abs. 3 Satz 2 StPO nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs die Hauptverhandlung vor einem anderen Strafsenat dieses Gerichts stattzufinden hat, soweit die angefochtenen Entscheidungen vom 3. Strafsenat getroffen wurden“. Der 1. Strafsenat ist danach mit den fünf Richtern besetzt, die in der Besetzungsmitteilung benannt sind. Als Ergänzungsrichter sieht der Geschäftsverteilungsplan die in der Mitteilung aufgeführte Richterin am Oberlandesgericht vor.
42. Am hat der Angeklagte durch Schriftsatz eines Verteidigers eingewandt, die Besetzung des 1. Strafsenats des Thüringer Oberlandesgerichts sei vorschriftswidrig; denn bei diesem Senat handele es sich „nicht um einen Staatsschutzsenat, sondern um einen allgemeinen Strafsenat, obwohl eine Staatsschutzsache zur Verhandlung ansteht“. Mithin seien die Senatsmitglieder nicht die gesetzlichen Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Verteidigung des Mitangeklagten W. hat die Auffassung vertreten, der Einwand sei begründet und von Amts wegen auch beim Mitangeklagten zu berücksichtigen.
5Das die vom Angeklagten erhobene Beanstandung als unbegründet angesehen und das Verfahren dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
6Der Besetzungseinwand ist zulässig, aber unbegründet.
71. Der Einwand ist form- und fristgerecht im Sinne des § 222b Abs. 1 StPO erhoben worden. Seiner Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass lediglich der Inhalt des jüngsten Geschäftsverteilungsplans des Oberlandesgerichts mitgeteilt wird, nicht aber die zuvor geltenden Mitwirkungsgrundsätze. Unabhängig davon, inwieweit eine Vorlage grundsätzlich erforderlich ist (vgl. , StV 2016, 623 Rn. 11 f.; Urteil vom – 5 StR 574/97, BGHSt 44, 161, 163), sind die früheren Regelungen für den vom Angeklagten geltend gemachten Grund seines Einwandes unerheblich. Daher ist ein Vortrag dazu entbehrlich (vgl. zum rügebezogenen Vortragserfordernis etwa , NStZ-RR 2023, 327 f.; Urteil vom – 1 StR 422/15, BGHR StPO § 222b Abs. 1 Satz 2 Präklusion 4 Rn. 29).
82. Der Besetzungseinwand greift in der Sache, wie bereits im Vorlagebeschluss zutreffend ausgeführt, nicht durch. Die geltend gemachten Bedenken an der vorschriftsmäßigen Besetzung des 1. Strafsenats bestehen nicht. Aus den vom Oberlandesgericht getroffenen Regelungen zur richterlichen Geschäftsverteilung ergibt sich ohne Weiteres, dass dessen 1. Strafsenat als erstinstanzlicher Strafsenat zur Entscheidung berufen ist, wenn der Bundesgerichtshof – wie hier – nach vorangegangener Entscheidung des 3. Strafsenats gemäß § 210 Abs. 3 Satz 2 StPO die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat bestimmt hat. Für diese Zuständigkeit und die Mitwirkung der im Einzelnen benannten Richter kommt es auf eine Bezeichnung des in Rede stehenden Strafsenats als „Staatsschutzsenat“ nicht an. Gesetzlich ist weder der Terminologie nach noch in der Sache – anders als etwa bei den Strafkammern nach § 74a GVG (vgl. BT-Drucks. 8/976 S. 20) – ein Spezialspruchkörper vorgesehen (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 11. Aufl., § 116 Rn. 1, § 120 Rn. 24; LR/Gittermann, StPO, 27. Aufl., § 120 GVG Rn. 5 ff.; SK-StPO/Frister, 6. Aufl., § 120 GVG Rn. 7). Vor diesem Hintergrund ist nicht entscheidend, dass es im Übrigen selbst bei Spezialspruchkörpern der Bestimmung weiterer Spruchkörper bedarf, die für die gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fälle (vgl. § 210 Abs. 3 Satz 2, § 354 Abs. 2 StPO) zuständig sind (s. , NJW 1975, 743; vom – 4 StR 636/77, BGHSt 27, 349, 352; Kissel/Mayer, GVG, 11. Aufl., § 74 Rn. 15 f.).
93. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO. Die Prüfung, ob tatsächlich Kosten entstanden oder Auslagen angefallen sind, bleibt dem Kostenfestsetzungsverfahren vorbehalten (, juris Rn. 27 mwN).
Schäfer Anstötz Kreicker
Voigt Munk
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:150525BSTB17.25.0
Fundstelle(n):
JAAAJ-94687