Feststellung eines Sicherheitsrisikos; Verweigerung der Befolgung der Nutzungsuntersagung des BwMessenger
Gesetze: § 23 Abs 6 S 1 WBO, § 23 Abs 1 WBO, § 5 Abs 1 S 1 Nr 1 SÜG, § 11 Abs 3 SG, § 7 SG, § 63 Abs 2 BBG 2009, § 62 Abs 2 BBG 2009, § 63 Abs 1 S 1 BBG 2009
Tatbestand
1Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3).
2Er ist seit ... beim Militärischen Abschirmdienst (MAD) tätig und seit ... Berufssoldat. Zuletzt wurde er ... zum Oberstabsfeldwebel ernannt. Zum Zeitpunkt des dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts war er Mitglied des Örtlichen sowie des Bezirkspersonalrats beim Bundesamt für den militärischen Abschirmdienst (BAMAD). Derzeit ist beabsichtigt, ihn zum 30. September ... in den Ruhestand zu versetzen.
3Seit dem steht den Angehörigen der Bundeswehr der Messengerdienst BwMessenger zur Verfügung. Dieser ist grundsätzlich zur freiwilligen Nutzung für alle Angehörigen der Bundeswehr freigegeben. Vor der Nutzung auf einem privaten Endgerät ist zwingend eine Registrierung über ein dienstliches Endgerät erforderlich. Dabei wird die dienstliche E-Mail-Adresse mit dem privaten Endgerät verknüpft. Angehörige das MAD müssten für eine Registrierung ihre pseudonymisierte BWI-Mail-Adresse nutzen.
4Noch im November 2020 registrierte sich der Antragsteller als Nutzer des BwMessenger. Mit Sicherheitshinweis 11/2020 vom untersagte der Informationssicherheitsbeauftragte des BAMAD die dienstliche Nutzung des BwMessenger für Angehörige des MAD vorerst. Sofern bereits installiert, sei die App von allen dienstlichen Endgeräten zu entfernen, für private Endgeräte werde dies ebenfalls empfohlen. Eine Nutzung der pseudonymisierten BWI-Mail-Adresse zur Registrierung sei in jedem Falle untersagt. Auch wenn die Installation für alle Bundeswehrangehörigen möglich sei, sei für die Nutzung durch MAD-Angehörige aufgrund eines höheren Schutzniveaus ein strengerer Maßstab anzulegen. Für sie verbiete sich derzeit eine Nutzung der App sowohl für den dienstlichen als auch für den dienstnahen privaten Bereich. Eine Entscheidung zur Freigabe zur Nutzung des BwMessenger für MAD-Angehörige sei daher erst nach Abschluss einer Evaluierung möglich.
5Mit E-Mail vom meldete der Antragsteller, dass er die Empfehlungen/Anweisungen in dem Sicherheitshinweis nicht befolgen könne. Er verfüge bereits über einen Zugang zum BwMessenger. Als aktiver Bundeswehrangehöriger sowie Angehöriger zweier Personalratsgremien wolle er sicher und erlaubt auf allen vom Dienstherrn zur Verfügung gestellten Mitteln kommunizieren. Da keinerlei Hinweise gegeben worden seien, wie mit bereits bestehenden BwMessenger-Konten zu verfahren sei und auch keine Handlungsanweisungen oder Hilfen gegeben worden seien, wie man dennoch gesichert diese Kommunikationsplattformen nutzen könne, bitte er um eine entsprechende Mitteilung und Handlungsanweisung. Er empfinde die Nutzungsuntersagung als eine erhebliche Benachteiligung und Ungleichbehandlung.
6Mit E-Mail vom unter dem Betreff "Nutzung BwMessenger hier: Löschung eines bestehenden Kontos" wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass eine Löschung des Benutzeraccounts im BwMessenger nach einem in den Nutzungs- und Datenschutzbedingungen beschriebenen Verfahren möglich und umgehend durchführbar sei. Vor der Nutzung des BwMessenger durch MAD-Angehörige sei eine Evaluierung des Dienstes beauftragt und dessen Nutzung vorläufig untersagt.
7Mit E-Mail vom wies der stellvertretende Sicherheitsbeauftragte des MAD den Antragsteller darauf hin, dass im Rahmen einer weiteren Schwachstellenanalyse des BwMessenger das BWI-MAD-Pseudonym des Antragstellers im Adressbuch der Applikation identifiziert worden sei. Die Nutzung der pseudonymisierten BWI-Mail-Adresse sei gemäß dem Sicherheitshinweis 11/2020 ausdrücklich untersagt. Die weitere Nutzung sei unverändert untersagt, die Registrierung/Mitgliedschaft sei umgehend zu beenden.
8Mit E-Mail vom teilte der Antragsteller mit, dass er bereits im Dezember 2020 um Handlungsanweisungen gebeten habe, wie mit bereits bestehenden Konten zu verfahren sei und wie er weiterhin an der Kommunikation teilnehmen könne um seine Personalratstätigkeit auszuüben. Dies sei bislang nicht beantwortet worden. Die Nutzung des BwMessenger habe sich bislang auf die Informationsgewinnung im Rahmen seiner Personalratstätigkeit beschränkt. Alles andere stelle eine Behinderung der Personalratsarbeit dar und benachteilige ihn als Bundeswehrangehörigen in erheblichem Maße.
9Mit E-Mail vom teilte das Referat Informationssicherheit des BAMAD dem Antragsteller mit, dass seine Mail vom am beantwortet worden sei. Darin sei ihm die Nutzung der pseudonymisierten E-Mail-Adresse in Verbindung mit dem BwMessenger untersagt worden. Verfahrensbezogene Freigaben zur Nutzung seien immer durch eine dienststellenbezogene Freigabe zur Nutzung zu operationalisieren. Insbesondere wegen der erhöhten Sicherheitserfordernisse sei dies im BAMAD beim BwMessenger nicht umfänglich erfolgt. Damit sei eine Nutzung nicht zulässig. Dem Antragsteller wurde letztmalig die Möglichkeit gegeben, sich umgehend, spätestens jedoch bis zum , vom BwMessenger abzumelden.
10Mit Nachbericht vom wurden dem Referat ... durch den Sicherheitsbeauftragten PGS MAD sicherheitserhebliche Erkenntnisse übermittelt. Dem Bericht war der dargestellte E-Mail-Verkehr beigefügt.
11Mit Schreiben vom beschwerte der Antragsteller sich dagegen, dass ihm seitens der Dienststelle die Weiternutzung des BwMessenger untersagt werde. Dies stelle für ihn eine erhebliche Benachteiligung und Ungleichbehandlung, insbesondere bei der Ausübung seiner Personalratstätigkeiten, dar. Nachdem das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde ursprünglich wegen Verfristung zurückgewiesen hatte, hob es diese Entscheidung mit Bescheid vom auf, weil für diese Streitigkeit gemäß § 82 Abs. 1 SG der Verwaltungsrechtsweg gegeben und das BAMAD für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig sei. Insoweit ist ein verwaltungsgerichtliches Verfahren anhängig.
12Mit Schreiben vom teilte die Geheimschutzbeauftragte beim MAD dem Antragsteller mit, dass bei ihm sicherheits- und entscheidungserhebliche Umstände aufgetreten seien, die ein Sicherheitsrisiko begründen könnten. Er habe gegen den Sicherheitshinweis 11/2020 und die Stabsinformation 589/2020 verstoßen, indem er weiterhin die pseudonymisierte BWI-Mail-Adresse bei der Verwendung des BwMessenger genutzt habe, obwohl er ausdrücklich in einer an ihn persönlich gerichteten E-Mail darauf hingewiesen worden sei, dass die Nutzung unverändert untersagt sei und dass die Registrierung/Mitgliedschaft umgehend zu beenden sei. Dadurch habe er gegen die Sicherheitsbestimmungen und -interessen der Dienststelle verstoßen. Erst am habe er sich beim BwMessenger abgemeldet und die App gelöscht.
13In seiner persönlichen Anhörung am gab der Antragsteller an, dass er davon ausgegangen sei, dass seine Beschwerde vom gegen die Mail und gegen die Sicherheitshinweise aufschiebende Wirkung gehabt habe. Er werde sich künftig anders verhalten, meine aber auch, dass "die Sicherheitsleute" einen Fehler gemacht hätten.
14Er habe im BwMessenger die Räume "Personalräte der Bundeswehr" und "Personalräte West" besucht und darin gelesen. Es sei dabei nicht um seine Person, sondern seine Tätigkeit als Personalratsmitglied gegangen.
15Mit Schreiben vom teilte die Geheimschutzbeauftragte dem Antragsteller mit, dass seine Sicherheitsüberprüfung sicherheitserhebliche Erkenntnisse ergeben habe, die zur Feststellung eines Sicherheitsrisikos führten. Trotz mehrfacher Erklärungen und Aufforderungen durch den Informationssicherheitsbeauftragten des BAMAD habe er gegen die Sicherheitsbestimmungen und -interessen der Dienststelle verstoßen. Die Rechtfertigung, dass er davon ausgegangen sei, dass seine aufgeworfenen Fragestellungen und sein gezeigtes Unverständnis eine aufschiebende Wirkung erzeugt hätten, überzeugten nicht. Ihm seien wiederholt die Gründe für den Sicherheitshinweis 11/2020 genannt worden und er sei mehrfach und unmissverständlich aufgefordert worden, sich beim BwMessenger abzumelden. Er habe um die Schutzbedürftigkeit der Dienststelle und von deren Angehörigen wissend eine erhöhte nachrichtendienstliche Gefährdung in Kauf genommen, um seine individuellen Bedürfnisse durchzusetzen. Er habe damit sein Interesse vor die Sicherheitsbelange des MAD gestellt und durch sein Handeln und seine Einlassungen den Eindruck erweckt, dass er bewusst gegen den Sicherheitshinweis 11/2020 verstoßen habe, um damit seinem Unverständnis Nachdruck zu verleihen und seine eigenen Ansichten zu behaupten.
16Die Begründung des Antragstellers, den BwMessenger in Verbindung mit der pseudonymisierten BWI-Mail-Adresse genutzt zu haben, weil ihm seitens des BAMAD keine Handlungsalternative angeboten worden sei und er sich in seiner Personalratstätigkeit benachteiligt bzw. behindert gesehen habe, vermöge als Rechtfertigungsgrund für einen Verstoß gegen Sicherheitsbestimmungen ebenfalls nicht zu überzeugen. Ihm habe eine Vielzahl anderer, auch dienstlich zur Verfügung gestellter Kommunikationswege offen gestanden.
17Auch wenn es sich in der langjährigen Dienstzeit des Antragstellers beim MAD um die erste bekannt gewordene Pflichtverletzung handele, stelle sich beim Blick in die Zukunft die Frage nach seiner Zuverlässigkeit bei der Ausübung einer höchst sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, weil er keine Einsicht in sein Fehlverhalten gezeigt habe und trotz mehrmaliger Aufforderung weiterhin gegen einen Sicherheitshinweis, der die militärische Sicherheit habe gewährleisten sollen, verstoßen habe. Ein wirkliches Verständnis für die Sicherheitsbelange der Dienststelle und die Schutzbedürftigkeit ihrer Angehörigen sei auch im Nachhinein bei ihm nicht erkennbar. Er biete dem Dienstherrn derzeit in der prognostischen Betrachtung keine Gewähr für seine uneingeschränkte Vertrauenswürdigkeit, die bei der Ausübung seiner Tätigkeit im MAD unabdingbar sei. Sein vorsätzliches Handeln mache für eine positive Prognose ein vorschriftsgemäßes Verhalten über einen längeren Zeitraum erforderlich.
18Der vorliegenden Gefahrenlage könne auch nicht durch geeignete Auflagen begegnet werden. Der Antragsteller könne bei der Ausübung seiner Tätigkeit im MAD nicht ständig beaufsichtigt werden, um die Beachtung einschlägiger Vorschriften zu kontrollieren. Die Sicherheitsüberprüfung ziele gerade darauf ab, festzustellen, ob die Voraussetzungen für ein selbstständiges und unkontrolliertes Ausüben einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit vorliegen.
19Mit Schriftsatz vom legte der Antragsteller Beschwerde gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos ein.
20Der Bescheid gehe von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Er stütze sich insbesondere darauf, dass von seiner anhängigen Beschwerde gegen den Sicherheitshinweis keine aufschiebende Wirkung ausgehe. Es handele sich um eine Organbeschwerde gegen eine zivile Dienststelle der Bundeswehr, nicht gegen den Befehl eines militärischen Vorgesetzten. Daher bestehe nach § 23 Abs. 6 WBO aufschiebende Wirkung. Der Sicherheitshinweis sei unter Verletzung der Beteiligungsrechte der Personalvertretung ergangen und sei aus diesem Grund unwirksam. Auch die Entziehung des Sicherheitsbescheides sei durch eine zivile Dienststelle der Bundeswehr erfolgt, sodass sich der Rechtsschutz wiederum nach § 23 WBO bestimme. Die Zuwiderhandlung gegen eine Weisung, gegen welche Verwaltungsbeschwerden nach § 23 WBO anhängig seien, begründeten allenfalls dann einen Sicherheitsverstoß, wenn hierzu die sofortige Vollziehung angeordnet sei. Das sei hier nicht der Fall gewesen.
21Mit Schreiben vom teilte das BAMAD dem Antragsteller mit, dass es sich bei der Nutzungsuntersagung des BwMessenger nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine nicht anfechtbare innerdienstliche Weisung des Dienstherrn gehandelt habe. Er könne sich dagegen somit nicht im Wege eines Beschwerdeverfahrens nach der Wehrbeschwerdeordnung wehren. Ihm bleibe daher nur die Möglichkeit, vor dem Verwaltungsgericht Klage zu erheben.
22Mit Bescheid vom wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde des Antragstellers gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos zurück. Darin wiederholte und vertiefte es die Ausführungen der Geheimschutzbeauftragten. Ergänzend führte es aus, dass der Verstoß gegen Bestimmungen, die der Sicherheit dienten sowie die Uneinsichtigkeit und Unfähigkeit zur kritischen Selbstreflexion eine positive Prognose nicht zuließen. Zugunsten des Antragstellers sei seine langjährige beanstandungsfreie Dienstzeit zu berücksichtigen. Auch eine gute dienstliche Führung bzw. Beurteilung stehe jedoch der Feststellung eines Sicherheitsrisikos nicht entgegen.
23Mit Schriftsatz vom hat der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit einer Stellungnahme vom dem Senat vorgelegt.
24Der Antragsteller bittet um Prüfung des Rechtswegs. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ... sei gegeben. Die Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte könne auch deshalb verneint werden, weil vorliegend ein Verstoß gegen das personalvertretungsrechtliche Behinderungsverbot in Rede stehe und die Bestimmungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes nicht zu den in § 17 Abs. 1 WBO genannten Vorschriften zählten.
25Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos sei auch in der Sache rechtswidrig. Gegen den Sicherheitshinweis sei ein Beschlussverfahren zur Klärung anhängig, ob dieser Hinweis wegen unterbliebener Mitbestimmung rechtswidrig und unwirksam sei. Zur persönlichen Beschwerde des Antragstellers habe das Bundesministerium der Verteidigung selbst festgestellt, dass es sich um eine Verwaltungsbeschwerde nach § 23 WBO handele. Demzufolge habe diese Beschwerde aufschiebende Wirkung.
26Er habe gegen den Sicherheitshinweis remonstriert. Seine Remonstration sei nicht bearbeitet worden, sodass die Maßnahme auch nicht gemäß den Bestimmungen des Bundesbeamtengesetzes bestätigt und geprüft sei.
27Er habe auch nicht dem Sicherheitshinweis zuwidergehandelt. Eine Nutzung des BwMessenger auf privaten Endgeräten sei nicht verboten. Er sei deshalb sehr wohl berechtigt gewesen, sich dazu anzumelden. Ferner sei durch den Sicherheitshinweis eine Registrierung "vorläufig" untersagt worden. Er habe keine Aussage dazu enthalten, dass bereits vorhandene Registrierungen zu löschen seien.
28Er beantragt,
die Mitteilung des BAMAD - GB vom sowie den abschlägigen Beschwerdebescheid vom aufzuheben.
29Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
30Es trägt vor, dass den Mitarbeitern des BAMAD mit Sicherheitshinweis 1/2022 vom die Nutzung des BwMessenger insgesamt untersagt worden sei. Der Antragsteller sei auch verbindlich angewiesen gewesen, den BwMessenger nicht zu nutzen. Auch Weisungen, gegen die remonstriert werde, seien wirksam. Zu Ende gedacht führe die Rechtsauffassung des Antragstellers dazu, dass im öffentlichen Dienst tätige Personen unter Hinweis auf die vermeintlich rechtswidrig unterbliebene Beteiligung von Personalvertretungen oder ihre eigene Remonstration nach Belieben Anweisungen der Hausleitung ignorieren könnten, bis nach unter Umständen mehreren Jahren vor Gerichten eine rechtskräftige Klärung herbeigeführt werden könne.
31Mitarbeiter eines Nachrichtendienstes müssten im Hinblick auf ihre Zuverlässigkeit jederzeit über jeden Zweifel erhaben sein. Das Persönlichkeitsbild, das der Antragsteller vermittle, gebe Anlass zu der Besorgnis, dass er sich auch mit Blick in die Zukunft nicht an Sicherheitsbestimmungen halten werde, wenn diese nicht seiner persönlichen Auffassung entsprächen und gegen seine individuellen Interessen gerichtet seien.
32Im Rahmen der für den Antragsteller zu treffenden Prognoseentscheidung wiege besonders schwer, dass er den BwMessenger bewusst und gewollt weiter genutzt habe, trotz positiver Kenntnis der entgegenstehenden Sicherheitshinweise und eines ganz konkret an ihn ausgesprochenen Verbots seitens der Dienststelle. Dies zeige deutlich, dass er seine persönlichen Interessen vor die dienstlichen Belange stelle und berge damit auch zukünftig die Gefahr, dass dies in anderen Situationen, bei denen der Antragsteller mit einer Entscheidung nicht einverstanden sei, erneut auftreten könne. Er habe seine eigene Bewertung aktiv und ausdrücklich über die Einschätzung derjenigen gestellt, die die Regeln für den Dienstbetrieb vorgäben. Er habe ausdrücklich erklärt, für sich entschieden zu haben, den BwMessenger als unerlässlich für seine Tätigkeit in der Personalvertretung einzuschätzen und beurteilen zu können, dass er zur verbotenen Nutzung des BwMessenger solange berechtigt sei, bis ihm eine Alternative zur Verfügung gestellt werde.
33Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung hat dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Gründe
34Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
351. Der Antrag ist zulässig. Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 SÜG kann durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor den Wehrdienstgerichten mit dem Ziel der Aufhebung des entsprechenden Bescheides angefochten werden. Die aus § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) folgende Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte für Streitigkeiten, die die dienstliche Verwendung eines Soldaten betreffen, erstreckt sich auch auf die Überprüfung sicherheitsrechtlicher Bescheide im Sinne des § 14 Abs. 3 SÜG, weil mit der Feststellung des Geheimschutzbeauftragten über die Frage des Bestehens eines Sicherheitsrisikos im Kern über die sicherheitsrechtliche Eignung eines Soldaten für eine bestimmte dienstliche Verwendung entschieden wird ( 1 WB 32.21 - NZWehrr 2023, 345 Rn. 23 m. w. N.).
36Dieser Zuständigkeit steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass es sich beim BAMAD um eine zivile Behörde der Bundeswehr handelt. Einerseits ist es als solche direkt dem Bundesministerium der Verteidigung unterstellt (vgl. https://www.bmvg.de/de/aktuelles/tagesbefehl-der-ministerin-zur-streitkraeftebasis-11322, abgerufen am ). Eine Verwendung dort ändert andererseits weder etwas am Status des Antragstellers als im Wehrdienstverhältnis stehender Soldat im Sinne von § 1 Abs. 1 SG, noch daran, dass seine sicherheitsrechtliche Eignung Bestandteil seiner dienstrechtlichen Eignung für Verwendungen in sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten (vgl. dazu 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 Rn. 27) ist und somit eine truppendienstliche Entscheidung vorliegt. Dementsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass die Organisationsstruktur des Trägers einer Verwendungsentscheidung als (militärische oder zivile) Dienststelle oder als (militärisches oder ziviles) Amt der Bundeswehr kein Abgrenzungskriterium für die Bestimmung des Rechtswegs zu den Wehrdienstgerichten ist (vgl. 1 WDS-VR 6.12 u. a. - BVerwGE 145, 24 Rn. 24 ff.; Bachmann, in: Fürst u. a., GKÖD Bd. I Teil 5b, Stand 3. Aktualisierung 2025, Yo § 17 Rn. 92).
37Eine anderweitige Zuständigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beschwerdeführer der Auffassung ist, dass der Sicherheitshinweis gegen das personalvertretungsrechtliche Behinderungsverbot verstößt. Verfahrensgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist nicht der Sicherheitshinweis, sondern die Feststellung eines Sicherheitsrisikos durch die Geheimschutzbeauftragte, wie sich aus den Formulierungen in der Beschwerde ("Die Entziehung des Sicherheitsbescheides ist rechtswidrig und verletzt den Mandanten in seinen Rechten.") und dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung ("Wir bitten, die Mitteilung des BAMAD - GB vom sowie den abschlägigen Beschwerdebescheid vom aufzuheben.") ergibt.
382. Der Antrag ist unbegründet. Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
39a) Maßgeblich für die gerichtliche Kontrolle ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage des Antrags (stRspr, vgl. 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 35). Bis zu diesem Zeitpunkt können in Ergänzung der Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten und mit dessen Zustimmung tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos, einschließlich der dabei zu treffenden Prognose, in das Verfahren eingeführt werden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WDS-VR 7.07 - juris Rn. 23, vom - 1 WB 47.13 - juris Rn. 29 und vom - 1 WB 3.19 - juris Rn. 22).
40b) Die Überprüfung von Angehörigen der Bundeswehr auf Sicherheitsbedenken ist eine vorbeugende Maßnahme, die Sicherheitsrisiken nach Möglichkeit ausschließen soll (stRspr, vgl. 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 23 m. w. N.). Dabei obliegt es der zuständigen Stelle, aufgrund einer an diesem Zweck der Sicherheitsüberprüfung orientierten Gesamtwürdigung des Einzelfalls die ihr übermittelten Erkenntnisse im Hinblick auf die vorgesehene Tätigkeit zu bewerten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 SÜG).
41Dem Geheimschutzbeauftragten steht bei der Entscheidung, ob in der Person eines Soldaten ein Sicherheitsrisiko festzustellen ist, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Geheimschutzbeauftragte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (stRspr, vgl. 1 WB 12.1 - BVerwGE 140, 384 Rn. 24 ff. m. w. N.).
42Wegen der präventiven Funktion der Sicherheitsüberprüfung und wegen des hohen Ranges der zu schützenden Rechtsgüter liegt ein Sicherheitsrisiko bereits dann vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für einen der Tatbestände des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SÜG bestehen. Dabei hat im Zweifel das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen (§ 14 Abs. 3 Satz 3 SÜG). Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos, die zugleich eine Prognose über die künftige Zuverlässigkeit und Integrität des Soldaten darstellt, darf sich jedoch nicht auf eine vage Vermutung oder eine rein abstrakte Besorgnis stützen. Dabei gibt es keine "Beweislast", weder für den Soldaten dahingehend, dass er die Sicherheitsinteressen der Bundeswehr bisher gewahrt hat und künftig wahren wird, noch für die zuständige Stelle, dass der Soldat diesen Erwartungen nicht gerecht geworden ist oder ihnen künftig nicht gerecht werden wird (stRspr, vgl. 1 WB 58.11 - juris Rn. 30; vgl. auch - BVerfGE 39, 334 <353>).
43c) Nach diesen Maßstäben ist die Feststellung eines Sicherheitsrisikos durch die hierfür zuständige Präsidentin des BAMAD als dortige Geheimschutzbeauftragte (§ 3 Abs. 1 Satz 2 SÜG, Nr. 2430 der Zentralen Dienstvorschrift - ZDv - A-1130/3) rechtmäßig erfolgt.
44aa) Die Geheimschutzbeauftragte ist - anders als der Antragsteller meint - nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, was die Pflicht des Antragstellers anging, der Untersagung der Nutzung des BwMessenger unter Verwendung der pseudonymisierten E-Mail-Adresse Folge zu leisten. Weder war er durch das von ihm als Remonstration eingestufte Verhalten von dieser Pflicht entbunden (hierzu <1>), noch kam seiner fast zwei Jahre nach Ergehen des Sicherheitshinweises 11/2020 eingelegten Beschwerde dagegen aufschiebende Wirkung zu (hierzu <2>). Im Übrigen wäre selbst eine unterstellte aufschiebende Wirkung dieser Beschwerde erst Ende Juli 2022 eingetreten. Der Antragsteller wäre damit erst ab diesem Zeitpunkt von der Pflicht zur Befolgung des Sicherheitshinweises vom entbunden gewesen. Er hat den Sicherheitshinweis damit jedenfalls über einen Zeitraum von über anderthalb Jahren nicht befolgt.
45(1) Der Antragsteller war nicht, wie er meint, von seiner Pflicht entbunden, dem Sicherheitshinweis zu folgen, weil er im Dezember 2020 gegen diesen remonstriert habe. Es ist bereits zweifelhaft, ob das BAMAD die Äußerungen des Antragstellers in der als "Meldung" bezeichneten E-Mail vom tatsächlich als Remonstration im Sinne von § 11 Abs. 3 SG i. V. m. § 63 BBG ansehen musste. Dafür wäre es erforderlich gewesen, dass der Antragsteller seine rechtlichen Bedenken zumindest so substantiiert vorgetragen hätte, dass seine Vorgesetzten den Rechtmäßigkeitszweifeln hätten nachgehen können (vgl. Hampel, in: GKÖD Bd. I Teil 2d, Stand 3. Aktualisierung 2025, L § 63 Rn. 37; s. a. Grandjot, in: BeckOK Beamtenrecht Bund, Stand April 2025, § 63 BBG Rn. 13). Mit seiner E-Mail vom gab der Antragsteller aber vor allem seiner Unzufriedenheit mit der Nutzungsuntersagung Ausdruck und bezeichnete diese unspezifisch als "erhebliche Benachteiligung und Ungleichbehandlung". Dahinstehen kann auch, ob die dienstliche Anweisung ihn zu einem Handeln gegenüber Dritten hätte verpflichten müssen, um einer Remonstration zugänglich zu sein (so mit nachvollziehbarer Begründung Hampel, in: GKÖD Bd. I Teil 2d, Stand 3. Aktualisierung 2025, L § 63 Rn. 37; a. A. Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand April 2025, § 63 Rn. 11). Denn der Anwendungsbereich von § 63 Abs. 2 BBG war vorliegend von vornherein nicht eröffnet, weil der Antragsteller zwar die dienstliche Anordnung für rechtswidrig hält, nicht jedoch die durch sie von ihm verlangte dienstliche Handlung.
46Zwar steht dem Antragsteller nach § 11 Abs. 3 SG im Verhältnis zu Personen, die befugt sind, dienstliche Anordnungen zu erteilen, die keinen Befehl darstellen, das Remonstrationsrecht nach § 63 BBG zur Verfügung, um Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Anordnung geltend zu machen (vgl. 1 WB 20.22 - NZWehrr 2023, 178 Rn. 16). Das Remonstrationsrecht ist Folge der grundsätzlich vollen Verantwortung des Soldaten für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen (vgl. 2 C 45.17 - BVerwGE 163, 129 Rn. 19 <zu Beamten>), damit er von dieser Verantwortung gegebenenfalls freigestellt werden kann und nicht für von ihm unverschuldet verursachte Folgen seiner Handlung einstehen muss (vgl. Sohm, in: Eichen/Metzger/Sohm, SG, 4. Aufl. 2021, § 11 Rn. 55).
47Zwischen dieser persönlichen Verantwortung und der Weisungsgebundenheit (Folgepflicht) nach § 11 Abs. 3 SG i. V. m. § 62 Satz 2 BBG entsteht dann ein Spannungsverhältnis, wenn in Bezug auf eine dienstliche Handlung konkret-individuelle oder abstrakt-generelle dienstliche Anordnungen bestehen, an die der Soldat nach § 11 Abs. 3 SG i. V. m. § 62 Satz 2 BBG grundsätzlich gebunden ist, deren Befolgung aber nach seiner Befürchtung oder gar Überzeugung die dienstliche Handlung rechtswidrig machen würde. Zur Bereinigung dieses Spannungsverhältnisses sieht § 11 Abs. 3 SG i. V. m. § 63 Abs. 2 BBG das Remonstrationsverfahren vor (vgl. Hampel, in: GKÖD Bd. I Teil 2d, Stand 3. Aktualisierung 2025, L § 63 Rn. 1; s. a. 2 B 24.23 - NVwZ 2024, 1938 Rn. 23).
48Vorliegend war der Antragsteller jedoch selbst nicht der Auffassung, dass die von ihm verlangte dienstliche Handlung - Nichtnutzung des BwMessenger jedenfalls unter Verwendung der dienstlichen pseudonymisierten BWI-Mail-Adresse bzw. Löschung seines Kontos - rechtswidrig war. Er hielt lediglich den Sicherheitshinweis, in dem dies von ihm verlangt wurde, wegen Verstößen gegen das Personalvertretungsrecht für rechtswidrig und darüber hinaus für unzweckmäßig. Allgemeine Zweifel an der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit von Handlungen des Dienstherrn, die keine (vermeintlich oder tatsächlich) rechtswidrige dienstliche Handlung des Soldaten nach sich ziehen würden, sind jedoch, wie sich aus den dargelegten Grundsätzen ergibt, nicht im Wege der Remonstration nach § 11 Abs. 3 SG i. V. m. § 63 Abs. 2 BBG, sondern im Rahmen der Beratung und Unterstützung der Vorgesetzten (§ 11 Abs. 3 SG i. V. m. § 62 Abs. 1 Satz 1 BBG) geltend zu machen (vgl. 2 C 26.78 - ZBR 1982, 174 <174 f.>; Günther, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand April 2025, § 62 Rn. 5).
49Hinzu tritt, dass auf die Meldung des Antragstellers an das Referat ... vom von dort aus mit der Mail vom das Verbot der Nutzung bestätigt wurde ("Bis dahin ist nach dem Sicherheitshinweis 11/2020 zu verfahren.") und Hinweise zur Löschung des bestehenden Kontos des Antragstellers gegeben wurden. Selbst wenn die Meldung des Antragstellers als Remonstration anzusehen wäre und es sich beim Referat ... um die unmittelbare Vorgesetzte oder den unmittelbaren Vorgesetzten des Antragstellers im Sinne von § 11 Abs. 3 SG i. V. m. § 63 Abs. 2 Satz 1 BBG gehandelt hätte, so hätte in der dortigen Antwort ein Aufrechterhalten der Anordnung im Sinne von § 11 Abs. 3 SG i. V. m. § 63 Abs. 2 Satz 2 BBG gelegen. Dass der Antragsteller sich anschließend wie in dieser Norm gefordert an die nächsthöhere Vorgesetzte oder den nächsthöheren Vorgesetzten gewandt hat, ist weder vorgetragen, noch aus den Akten sonst ersichtlich.
50(2) Der Beschwerde des Antragstellers vom kam keine aufschiebende Wirkung zu. Zwar kann ein Soldat sich nach § 1 Abs. 1 WBO auch dann beschweren, wenn er glaubt, von Dienststellen der Bundeswehr unrichtig behandelt worden zu sein. Der Antragsteller konnte sich daher mit einer Verwaltungsbeschwerde gegen die ihn betreffende Anordnung des BAMAD zur Nichtnutzung des BwMessenger mit einer Beschwerde wenden. Diese Beschwerde hatte jedoch im vorliegenden Fall keine aufschiebende Wirkung nach § 23 Abs. 6 Satz 1 WBO.
51Es spricht vieles dafür, dass die Vorschrift vorliegend schon nicht anwendbar war. Auch wenn der Wortlaut der Vorschrift die aufschiebende Wirkung für alle Beschwerden anordnet, legt es der systematische Zusammenhang nahe, dass damit nur Verwaltungsbeschwerden im Sinne des § 23 Abs. 1 WBO gemeint sein können. Dass § 23 Abs. 6 Satz 1 WBO nur für die Fälle gelten soll, in denen das Wehrbeschwerdeverfahren an die Stelle eines verwaltungsprozessualen Vorverfahrens tritt, zeigt auch § 23 Abs. 6 Satz 3 WBO, der auf die für das Widerspruchsverfahren geltenden § 80 Abs. 5, 7 und 8 VwGO verweist. Dementsprechend ist die Durchführung eines Verwaltungsbeschwerdeverfahrens nur dann als Prozessvoraussetzung angesehen worden, wenn die Verwaltungsgerichtsordnung die Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der Klage beim Verwaltungsgericht vorschreibt ( 6 C 7.74 - BVerwGE 52, 247 <251 ff.>; Dau/Scheuren, WBO, 8. Aufl. 2024, § 23 Rn. 3; Bachmann, in: Fürst u. a., GKÖD Bd. I Teil 5b, Stand 3. Aktualisierung 2025, Yo § 23 Rn. 43; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, Vorb § 68 Rn. 3).
52Das wäre hinsichtlich einer Klage gegen die Untersagung der Nutzung des BwMessenger unter Nutzung der pseudonymisierten E-Mail-Adresse nicht der Fall. Denn Voraussetzung für ein verwaltungsprozessuales Vorverfahren nach §§ 68 ff. VwGO ist das objektive Vorliegen eines Verwaltungsakts im Sinne von § 35 VwVfG (vgl. Wöckel, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 68 Rn. 3; Buchheister, in: Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 68 Rn. 3). Nach § 35 Satz 1 VwVfG ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Bezüglich des Sicherheitshinweises fehlte es jedenfalls an der erforderlichen Außenwirkung. Ob eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist, hängt davon ab, ob sie nach ihrem objektiven Sinngehalt dazu bestimmt ist, Außenwirkung zu entfalten, nicht aber davon, wie sie sich im Einzelfall auswirkt (vgl. 2 C 17.10 - NVwZ 2012, 1483 Rn. 15 m. w. N.). Damit fehlt es bei verwaltungsinternen Weisungen grundsätzlich an der Außenwirkung (vgl. Knauff, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand November 2024, § 35 VwVfG Rn. 123; Schwarz, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 35 VwVfG Rn. 105), wie schon der Gesetzgeber des Verwaltungsverfahrensgesetzes klargestellt hat (vgl. BT-Drs. 7/910 S. 57).
53Um eine solche verwaltungsinterne Weisung handelte es sich bei der Nutzungsuntersagung. Damit wurde insbesondere die Nutzung der dienstlichen pseudonymisierten BWI-Mail-Adresse für eine Registrierung im BwMessenger untersagt. Ihr Regelungszweck bestand somit darin, die Modalitäten der Dienstausübung festzulegen (vgl. 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 Rn. 10 und vom - 2 C 2.22 - BVerwGE 179, 195 Rn. 10) und sprach den Antragsteller damit nur in seiner innerdienstlichen Funktion an.
54Soweit der Antragsteller sich durch den Sicherheitshinweis in seiner Tätigkeit als Personalrat behindert sah, ändert dies am rein innerdienstlichen Charakter der Nutzungsuntersagung nichts. Für eine darauf gestützte Klage wäre ebenfalls kein Vorverfahren nach den §§ 68 ff. VwGO durchzuführen gewesen. Streitigkeiten über behauptete Verletzungen des Behinderungs-, Benachteiligungs- oder Begünstigungsverbots aus § 10 BPersVG entscheiden die Verwaltungsgerichte im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nach § 108 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BPersVG (vgl. Sauerland, in: BeckOK BPersVG, Stand Januar 2025, § 10 Rn. 12; Treber, in: Richardi/Dörner/Weber/Annuß, Personalvertretungsrecht, 6. Aufl. 2024, § 10 BPersVG Rn. 35 m. w. N.), also in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren.
55Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Antragsteller angeführten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom (33 B 1219/22.PVB). Dieser verhält sich nicht zu der hier entscheidungserheblichen Frage. Er ist allerdings ebenfalls nicht unter Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung, sondern im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ergangen.
56Ob die Regelung des § 23 Abs. 6 Satz 1 WBO hier überhaupt einschlägig war, kann aber letztlich dahinstehen. Denn selbst wenn der Beschwerde des Antragstellers grundsätzlich aufschiebende Wirkung hätte zukommen können, wäre dies vorliegend nicht der Fall gewesen. Ein evident unzulässiger Rechtsbehelf vermag den Suspensiveffekt des § 23 Abs. 6 WBO nicht auszulösen (vgl. 1 VR 14.17 - NVwZ 2018, 1485 Rn. 23 m. w. N.).
57Die Beschwerde des Antragstellers war hier offensichtlich unzulässig. Die Nutzung der pseudonymisierten E-Mail-Adresse war ihm seit Dezember 2020 untersagt. Nach § 6 Abs. 1 WBO darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Der Antragsteller hat seine Beschwerde aber erst Ende Juli 2022, also offensichtlich nach Ablauf dieser Frist, eingelegt.
58bb) Der Antragsteller hat dem Sicherheitshinweis und den nachfolgenden Aufforderungen auch tatsächlich nicht Folge geleistet, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre. Spätestens mit der E-Mail des Referats ... vom musste ihm klar sein, dass mit der Nutzungsuntersagung ("Eine Nutzung der pseudonymisierten BWI-Mail-Adresse zur Registrierung ist in jedem Fall untersagt.") auch die Löschung seiner bereits erfolgten Registrierung verlangt wurde. Mit dieser E-Mail wurde ihm auch erläutert, wo eine Anleitung für die Löschung zu finden sei. Dennoch löschte der Antragsteller den BwMessenger erst im August 2022, nachdem er Mitte 2022 erneut dazu aufgefordert worden war.
59Dass das BAMAD bestimmten Mitarbeitern die Registrierung im BwMessenger unter ihrem Klarnamen ermöglicht hat, begründet - unabhängig von der Frage, ob dies rechtlich überhaupt relevant wäre - keine Ungleichbehandlung des Antragstellers. Das generelle Verbot der Nutzung des BwMessenger unter Nutzung der pseudonymisierten BWI-Mail-Adresse bleibt davon unberührt.
60cc) Es ist unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums der Geheimschutzbeauftragten rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass sie in dem Sachverhalt der Verweigerung der Befolgung der Nutzungsuntersagung tatsächliche Anhaltspunkte für Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG) gesehen hat.
61Nach der Rechtsprechung des Senats können Verstöße des Betroffenen gegen Dienstpflichten tatsächliche Anhaltspunkte, die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG Zweifel an dessen Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit und damit ein Sicherheitsrisiko begründen, ergeben. Dabei kommt unter anderem der Gehorsamspflicht (§ 11 SG) und der Pflicht zur Beachtung dienstlicher Weisungen (§ 7 SG) ein besonderes Gewicht für die sicherheitsrechtliche Beurteilung zu (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 26.11 - juris Rn. 30 und vom - 1 WB 21.12 u. a. - juris Rn. 42 f.). Ganz besonders im Bereich sicherheitsempfindlicher Tätigkeiten muss sich die militärische Führung auf die strikte Einhaltung bestehender Dienstvorschriften verlassen können (vgl. 1 WB 26.11 - juris Rn. 30). Nichts anderes kann in Fällen gelten, in denen an die Stelle der soldatenrechtlichen Treue- und Gehorsamspflicht die nach § 11 Abs. 3 SG entsprechend geltende Folgepflicht aus § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG tritt.
62Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Geheimschutzbeauftragte und das Bundesministerium der Verteidigung davon ausgehen, dass für Mitarbeiter des Militärischen Abschirmdienstes als Nachrichtendienst der Bundeswehr nochmals gesteigerte Anforderungen im Bereich des Geheimschutzes gelten. Das wird bestätigt durch Nr. 2407 der Zentralen Dienstvorschrift Militärische Sicherheit/Personeller Geheim- und Sabotageschutz (ZDv A-1130/3), wonach sämtliche Personen, die im MAD tätig sind, eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausüben und durch Nr. 2415 ZDv A-1130/3 wonach für Personen, die beim MAD verwendet werden (sollen) ausnahmslos eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen durchzuführen ist. Die besondere Schutzbedürftigkeit der Tätigkeit des MAD findet ihren Ausdruck sowohl in den ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben (§ 1 MADG) als auch in den ihm durch § 15 Abs. 1 Satz 1 MADG i. V. m. §§ 26b und 26c BVerfSchG eingeräumten Befugnissen und Verfahren der Eigensicherung.
63dd) Die Entscheidung der Geheimschutzbeauftragten ist auch unter dem Blickwinkel der prognostischen, also auf die Zukunft gerichteten Risikoeinschätzung, die durch das Bundesministerium der Verteidigung im Einvernehmen mit ihr ergänzt wurde, nicht zu beanstanden.
64Die Geheimschutzbeauftragte und das Bundesministerium der Verteidigung sind davon ausgegangen, dass der Antragsteller dem Dienstherrn in der prognostischen Betrachtung auf der Grundlage des aktuellen Sicherheitsüberprüfungsverfahrens keine Gewähr für eine uneingeschränkte Vertrauenswürdigkeit, die bei der Ausübung einer Tätigkeit im MAD unabdingbar sei, biete. Er habe trotz mehrmaliger Aufforderungen fortlaufend gegen einen Sicherheitshinweis, der die militärische Sicherheit gewährleisten soll, verstoßen. Sein vorsätzliches Handeln, das nur kurze Zeit zurückliege, mache für eine positive Prognose ein vorschriftengemäßes Verhalten über einen längeren Zeitraum erforderlich. Das gelte trotz seiner langjährigen beanstandungsfreien Dienstzeit beim MAD.
65Es ist nicht erkennbar, dass damit der Prognosespielraum der Geheimschutzbeauftragten überschritten wäre. Das gilt auch deshalb, weil der Antragsteller als Mitarbeiter eines Nachrichtendienstes einen Sicherheitshinweis aus geringfügigem Anlass außer Acht gelassen hat. Seine Nutzung des BwMessenger war nach eigener Aussage darauf beschränkt, Nachrichten in zwei dienststellenübergreifenden Chat-Räumen ("Personalräte der Bundeswehr", "Personalräte West") zu lesen.
66Für die Rechtmäßigkeit der Prognoseentscheidung ist es auch unerheblich, ob beim Erlass des Sicherheitshinweises 11/2020 den personalvertretungsrechtlichen Anforderungen Genüge getan wurde. Wie unter aa) dargelegt war der Antragsteller nach § 11 Abs. 3 SG i. V. m. § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG verpflichtet diesem Folge zu leisten. Könnte der einzelne Beamte bzw. Soldat den Ablauf und Vollzug einer in den Bereich seiner Dienstaufgaben fallenden Verwaltungsentscheidung hemmen, wenn er - von Evidenzfällen abgesehen - aufgrund einer abweichenden Rechtsauffassung die von ihm weisungsgemäß auszuführende Amtshandlung für "schlicht" rechtswidrig hält, wäre angesichts der Fülle offener und nicht abschließend geklärter Rechtsfragen ein effektives Arbeiten der Verwaltung nicht möglich und damit die Erfüllung der ihr übertragenen öffentlichen Aufgaben ernsthaft gefährdet. Das aber wäre mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar, der die Institution des Berufsbeamtentums in ihrer Funktionsfähigkeit im Interesse der Allgemeinheit erhalten und gewährleisten will (vgl. u. a. - NVwZ 1995, 680 <681>; Schachel, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Stand März 2025, § 35 BeamtStG Rn. 8 m. w. N. <jeweils zu Beamten>). Das gilt erst recht bei der Wahrnehmung sicherheitsempfindlicher Tätigkeiten. Der Schutz von Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen, die Sicherheit oder die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden kann, ist für den demokratischen Rechtsstaat unverzichtbar, will er nicht seinen Bestand und die Existenz seiner Bürger gefährden (vgl. BT-Drs. 12/4891 S. 15).
67Konkrete und praktikable Möglichkeiten, statt der Feststellung eines Sicherheitsrisikos lediglich Auflagen, Einschränkungen oder personenbezogene Sicherheitshinweise festzusetzen oder dem vorliegenden Sicherheitsrisiko durch Fürsorgemaßnahmen zu begegnen, sind weder vom Antragsteller aufgezeigt (vgl. 1 WB 29.22 - juris Rn. 50) noch sonst ersichtlich. Dieser ist bereits einem allgemeinen Sicherheitshinweis und anschließenden Ermahnungen zu dessen Einhaltung nicht gefolgt. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Geheimschutzbeauftragte dem Sicherheitsinteresse Vorrang eingeräumt hat (§ 14 Abs. 3 Satz 3 SÜG).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2025:300425B1WB34.24.0
Fundstelle(n):
GAAAJ-94234