Datenaustausch zwischen den Unternehmen der privaten Krankenversicherung und der privaten Pflege-Pflichtversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens ab 2026
Jahressteuergesetz 2020 vom (BGBl I S. 3096, BStBl 2021 I S. 6), Jahressteuergesetz 2022 vom (BGBl I S. 2294, BStBl 2023 I S. 7) und Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom (BGBl 2023 I Nr. 411, BStBl 2024 I S. 144)
Bezug: BStBl 2025 I S. 64
Anwendungsregelung
Dieses BMF-Schreiben ist anzuwenden auf den Datenaustausch, der ab dem im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens zwischen
den inländischen Unternehmen der privaten Krankenversicherung und der privaten Pflege-Pflichtversicherung,
dem Bundeszentralamt für Steuern und
den Arbeitgebern
vorzunehmen ist.
1Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt neben den Festlegungen im (BStBl 2025 I S. 64) Folgendes:
A. Allgemeines
2Um den bürokratischen Aufwand bei der steuerlichen Behandlung der Beiträge für eine private Krankenversicherung und eine private Pflege-Pflichtversicherung zu reduzieren, wird ab dem ein umfassender elektronischer Datenaustausch zwischen
den inländischen Unternehmen der privaten Krankenversicherung und der privaten Pflege-Pflichtversicherung (im Folgenden vereinfachend bezeichnet als „Versicherungsunternehmen“ und „private Kranken- und Pflegeversicherung“) - vgl. Rn. 9 -,
dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und
den Arbeitgebern
durchgeführt.
3Die entsprechenden Regelungen wurden mit dem Jahressteuergesetz 2020 vom (BGBl 2020 I S. 3096, BStBl I 2021 S. 6) beschlossen und mit dem Jahressteuergesetz 2022 vom (BGBl 2022 I S. 2294, BStBl I 2023 S. 7) punktuell konkretisiert. Der gesetzlich vorgesehene Starttermin für die Einführung des Datenaustauschs wurde mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom (BGBl 2023 I Nr. 411, BStBl I 2024 S. 144) auf den festgelegt (§ 52 Absatz 36 Satz 3 und 4 EStG).
4Die rechtlichen Grundlagen für den Datenaustausch finden sich insbesondere in § 39 Absatz 4 Nummer 4 und Absatz 4a EStG. Von Bedeutung sind im Zusammenhang mit den Beiträgen für eine private Kranken- und Pflegeversicherung auch § 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a und Absatz 4 Satz 1 Nummer 1a, § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe d, § 41b Absatz 1 Satz 2 Nummer 12, § 41c Absatz 1 Satz 2 sowie § 46 Absatz 2 Nummer 3 EStG.
B. Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung als Lohnsteuerabzugsmerkmale (§ 39 Absatz 4 Nummer 4 EStG)
5Zu den Lohnsteuerabzugsmerkmalen gehören nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 EStG
die Höhe der monatlichen Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung eines nach § 3 Nummer 62 EStG steuerfreien Zuschusses für diese Beiträge vorliegen, und
die Höhe der monatlichen Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung i. S. d. § 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 EStG.
Die Beiträge nach Buchstabe a sind die Grundlage für die Steuerfreiheit des Arbeitgeberzuschusses (§ 3 Nummer 62 EStG). Die Beiträge nach Buchstabe b fließen in die Berechnung der Vorsorgepauschale ein (§ 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe d EStG).
6Die Lohnsteuerabzugsmerkmale nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 EStG sind zukunftsgerichtet, d. h., es handelt sich um monatliche Beiträge, wie sie vom Versicherungsnehmer zu entrichten sind. Bei Änderungen in der Beitragszahlung ist in der Regel eine Korrektur oder eine Stornierung nach § 93c Absatz 3 AO durchzuführen (siehe Rn. 46 bis 55).
C. Datenübermittlung durch die Versicherungsunternehmen (§ 39 Absatz 4a EStG)
I. Allgemeines
7Die Höhe der in § 39 Absatz 4 Nummer 4 EStG genannten Beiträge muss vom Versicherungsunternehmen als mitteilungspflichtiger Stelle dem BZSt nach Maßgabe des § 93c Absatz 1 AO übermittelt werden. Vor dem Hintergrund der Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe ist die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Übermittlung der Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung an das BZSt erforderlich und ohne konkrete Einwilligung rechtmäßig. Zum rechtlichen Hintergrund siehe Ausführungen auf S. 99 der Bundestags-Drucksache 19/22850 vom (Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2020). Der Versicherungsnehmer hat gleichwohl ein Widerspruchsrecht (siehe Rn. 56 bis 60).
8Für die Übermittlung muss der vom BZSt bekannt gemachte Datensatz verwendet werden.
9Unter die Mitteilungspflicht nach § 39 Absatz 4a EStG fallen die Versicherungsunternehmen, die
im Inland eine Kranken- oder Pflegevollversicherung (sogenannte substitutive Krankenbzw. Pflegeversicherungen) anbieten und
der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterstehen.
Die substitutive Kranken- bzw. Pflegeversicherung bezeichnet in Deutschland eine private Krankheitskosten-Vollversicherung bzw. Pflegekosten-Vollversicherung, die die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung ersetzt. Somit fallen Versicherungsunternehmen, die lediglich Zusatzleistungen privat versichern (wie z. B. ein Krankentagegeld oder Krankenhaustagegeld), nicht unter die Mitteilungspflicht nach § 39 Absatz 4a EStG.
10Selbsthilfeeinrichtungen und Solidargemeinschaften mit einer Bestätigung nach § 176 SGB V des Bundesministeriums für Gesundheit, die eine sogenannte substitutive Kranken- bzw. Pflegeversicherung anbieten, sowie der Postbeamtenkrankenkasse - PBeaKK - und der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten - KVB - ist es freigestellt, am Verfahren des Datenaustauschs teilzunehmen. Nehmen diese Einrichtungen nicht am Verfahren des Datenaustauschs teil, gelten die Rn. 84 und 86 bis 90 entsprechend.
11Unter die Mitteilungspflicht nach § 39 Absatz 4a EStG fallen lediglich im Inland ansässige Versicherungsunternehmen, nicht jedoch Versicherungsunternehmen oder Sozialversicherungsträger ohne Sitz oder Geschäftsleitung im Inland. Zur Steuerfreiheit der Arbeitgeberzuschüsse für Beiträge an ausländische Versicherungsunternehmen oder Sozialversicherungsträger siehe Rn. 84; zur Bildung eines Freibetrags für entsprechende Beiträge siehe Rn. 86 bis 90.
12Ändern sich die Verhältnisse beim Versicherungsunternehmen, so muss es diese Änderungen gegenüber dem BZSt formlos anzeigen. Relevant ist dies insbesondere bei Geschäftsaufgaben, Fusionen oder Übernahmen von Geschäftsfeldern, wenn sie sich auf die Datenübermittlung der Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung beziehen.
13Die Datenübermittlung an das BZSt kann das Versicherungsunternehmen selbst vornehmen. Es kann sich dafür aber auch eines Auftragnehmers bedienen (§ 87d AO). Der Auftragnehmer tritt an die Stelle des Versicherungsunternehmens und übernimmt für dieses alle Rechte und Pflichten hinsichtlich der Datenübermittlung. Auch wenn die Datenübermittlung durch einen Auftragnehmer erfolgt, ist das Versicherungsunternehmen für die inhaltliche Korrektheit der Datenübermittlung verantwortlich.
14Zu übermitteln sind die Daten
für die Beiträge, die dem Grunde nach für die Gewährung eines nach § 3 Nummer 62 EStG steuerfreien Zuschusses in Betracht kommen (unabhängig davon, ob aus Sicht des Versicherungsunternehmens tatsächlich der Anspruch auf den Zuschuss besteht), und
für die Beiträge, die die dem Grunde nach zum Sonderausgabenabzug nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 EStG berechtigen (unabhängig davon, ob aus Sicht des Versicherungsunternehmens tatsächlich ein Sonderausgabenabzug geltend gemacht werden kann).
15Eine Datenübermittlung ist unabhängig vom aktuellen Status des Versicherungsnehmers bzw. der versicherten Person (z. B. auch für Selbständige, Rentner) und unabhängig davon, ob aktuell ein Dienstverhältnis besteht, durchzuführen. Eine Datenübermittlung ist auch dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 3 Nummer 62 EStG und des § 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 EStG nicht das gesamte Kalenderjahr über vorliegen.
16Die durch das Versicherungsunternehmen dem BZSt übermittelten Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung sind die Grundlage für die Bildung oder Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale (§ 39 Absatz 4a Satz 1 zweiter Halbsatz EStG). Eine steuerrechtliche Würdigung der im Einzelfall übermittelten Daten darf nur das BZSt vornehmen, nicht jedoch das Versicherungsunternehmen.
17Um dem BZSt Daten übermitteln zu können, ist eine Anmeldung des Versicherungsunternehmens beim Fachbereich ELStAM des BZSt erforderlich. Näheres hierzu und zur Registrierung im BZStOnline-Portal kann dem Leitfaden für die Anmeldung zur elektronischen Datenübermittlung unter https://online.portal.bzst.de entnommen werden. Nutzt das Versicherungsunternehmen einen Auftragnehmer (siehe Rn. 13), muss dieser ebenfalls beim Fachbereich ELStAM angemeldet sein.
18Das BZSt ist die nach dem Steuergesetz zuständige Stelle für die Aufgaben des § 93c Absatz 4 AO (§ 39 Absatz 4a EStG). Das BZSt hat diesbezüglich die entsprechenden Rechte und Pflichten zur Prüfung, ob das Versicherungsunternehmen insbesondere die Pflichten des § 93c AO erfüllt und ob der Inhalt des Datensatzes zutreffend bestimmt worden ist.
II. Massendaten-Schnittstelle
19Für die elektronische Datenübermittlung nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 EStG an das BZSt steht dem Versicherungsunternehmen auch eine Massendaten-Schnittstelle zur Verfügung. Für die Übermittlung von Massendaten ist die Freischaltung der Massendaten-Schnittstelle durch das BZSt erforderlich.
20Bei der Übermittlung von Massendaten (also einer verhältnismäßig hohen Zahl an Datensätzen) müssen die Daten des Versicherungsunternehmens und die Daten selbst in einer XML-Datei entsprechend den Schemavorgaben eingebettet werden. Jedoch kann auch in einer Massendaten-Übermittlung immer nur für ein Versicherungsunternehmen eine Datenübermittlung erfolgen. Möchte ein Auftragnehmer (siehe Rn. 13) für mehrere Versicherungsunternehmen Daten übermitteln, müssen die Daten je Versicherungsunternehmen zusammengestellt und separat übermittelt werden.
III. Datenübermittlung
21Die vom Versicherungsunternehmen übermittelten Daten werden vom BZSt auf technische und inhaltliche Fehler geprüft. Stellt das BZSt einen solchen Fehler fest, so informiert es das Versicherungsunternehmen umgehend. Das Versicherungsunternehmen ist in diesem Fall zu einer zeitnahen Prüfung des Sachverhalts und gegebenenfalls zu einer erneuten oder korrigierten Datenübermittlung verpflichtet. Nach erfolgreicher Durchführung und erfolgreicher Verarbeitung der übermittelten Daten beim BZSt ist für das Versicherungsunternehmen der rechtliche Übermittlungsauftrag in der Regel abgeschlossen (zur Korrektur und Stornierung von Datenübermittlungen, bei denen das Versicherungsunternehmen Fehler festgestellt hat, siehe Rn. 46 bis 55).
22Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung als Lohnsteuerabzugsmerkmale berücksichtigt werden, ist für die Bildung und Bereitstellung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) für den Arbeitgeber nach § 39e EStG abhängig von weiteren Daten, die im BZSt zu dem Versicherungsnehmer und zur versicherten Person gespeichert sind.
IV. Übermittlungsfrist
23Die Übermittlung der Daten für die Beiträge des Jahres muss bis zum Ablauf des 20. Novembers des Vorjahres erfolgt sein (§ 39 Absatz 4a Satz 2 EStG). Sie kann frühestens ab dem 1. Januar des Vorjahres erfolgen. Vorjahr ist das Jahr, das dem Jahr, für das die Beiträge gezahlt werden, vorausgeht.
24Beginnt ein Vertragsverhältnis im Laufe des Jahres und liegen mitzuteilende Beiträge vor, so ist die Datenübermittlung unverzüglich durchzuführen.
25Beitragsänderungen im Laufe des Jahres (z. B. wegen Tarifänderungen, Änderungen des Beihilfesatzes, Änderungen in Bezug auf die versicherten Personen) müssen dem BZSt zeitgleich mit der Mitteilung der Beitragsänderung an den Versicherungsnehmer übermittelt werden (§ 39 Absatz 4a Satz 3 EStG). Unter Beachtung der Belange des Arbeitgebers, des Versicherungsnehmers und auch des Versicherungsunternehmens beanstandet es das BZSt nicht, wenn diese Datenübermittlung innerhalb von fünf Werktagen nach Mitteilung der Beitragsänderung an den Versicherungsnehmer durchgeführt wird.
V. Weitere Hinweise zur Datenübermittlung
1. Identifikationsnummer
26Für die Datenübermittlung nach § 39 Absatz 4a EStG sind die Regelungen des § 93c AO anzuwenden. Das heißt: Bei der Datenübermittlung muss für den Versicherungsnehmer bzw. die versicherte Person dessen bzw. deren Identifikationsnummer (§ 139b AO) als zentrales Ordnungskriterium verwendet werden (§ 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c AO).
27Kommt der Versicherungsnehmer bzw. die versicherte Person ihrer Verpflichtung zur Mitteilung der Identifikationsnummer nicht nach, obwohl er bzw. sie dazu vom Versicherungsunternehmen aufgefordert worden sind, so ist es dem Versicherungsunternehmen nicht möglich, die Daten dem BZSt zu übermitteln. Eine fehlende Mitteilung der Identifikationsnummer ist nicht als Widerspruch des Versicherungsnehmers und/oder der versicherten Person gegen eine Datenübermittlung zu werten.
2. Maschinelles Anfrageverfahren
28Ist dem Versicherungsunternehmen die Identifikationsnummer eines Versicherungsnehmers bzw. einer versicherten Person nicht bekannt, so kann es die Identifikationsnummer beim BZSt anfragen. Dafür hat das BZSt ein maschinelles Anfrageverfahren zur Erhebung der Identifikationsnummer nach Maßgabe des § 22a Absatz 2 EStG eingerichtet. Für weitere Ausführungen wird verwiesen auf die Informationen des BZSt (www.bzst.de) unter https://www.bzst.de/DE/Unternehmen/Identifikationsnummern/AnfrageverfahrenSteuerID/anfrageverfahrensteuerid_node.html.
3. Geburtsdatum zur Identifikationsnummer
29In der Datenübermittlung muss neben der Identifikationsnummer auch der Tag der Geburt (also das Geburtsdatum) mitgeteilt werden (§ 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c AO). Das BZSt überprüft die angegebenen Informationen und gleicht diese mit bereits vorhandenen Daten ab. Das zur Identifikationsnummer übermittelte Geburtsdatum wird ebenfalls in der Datenverarbeitung geprüft. Bei Abweichungen zwischen den übermittelten und den im BZSt gespeicherten Daten wird die Datenübermittlung gegenüber dem Versicherungsunternehmen mit einem Fehlerhinweis abgewiesen.
4. Wirtschafts-Identifikationsnummer
30Für die Datenübermittlung nach § 39 Absatz 4a EStG sind die Regelungen des § 93c AO anzuwenden. Das heißt auch: Bei der Datenübermittlung muss für das Versicherungsunternehmen und, falls es sich um eine juristische Person handelt, auch für den Versicherungsnehmer jeweils dessen Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c AO als zentrales Ordnungskriterium verwendet werden (§ 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a und d AO). Die Wirtschafts-Identifikationsnummer ist jedoch noch nicht flächendeckend vergeben oder im Einsatz. Solange sie nicht vorliegt, muss in der Übergangszeit an ihrer Stelle die Steuernummer verwendet werden (Artikel 97 § 5 Absatz 2 Satz 1 EGAO).
5. Bescheinigungen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung
31Ab dem wird das Papierbescheinigungsverfahren durch das elektronische Übermittlungsverfahren ersetzt. Da es für die Steuerfreiheit der Zuschüsse zur privaten Krankenund Pflegeversicherung - anders als bei anderen Arbeitgeberleistungen - auf die Zahlung des Versicherungsbeitrags durch den Arbeitnehmer nicht ankommt, werden auch Verwendungsbescheinigungen entsprechend R 3.62 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) nicht mehr erteilt. Zum Ersatzverfahren in der Übergangszeit siehe Rn. 107 und 108.
6. Zukunftsgerichtete Datenübermittlung und Korrektur
32Die Lohnsteuerabzugsmerkmale nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 EStG sind zukunftsgerichtet, d. h., es handelt sich um monatliche Beiträge, die vom Versicherungsnehmer für die versicherten Personen zu zahlen sind. Werden die geforderten Beiträge nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe b EStG (Beiträge, die in die Berechnung der Vorsorgepauschale einfließen) trotz Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Versicherungsunternehmen nicht geleistet, so werden die entsprechenden Lohnsteuerabzugsmerkmale nach entsprechender Korrektur der Datenübermittlung durch das Versicherungsunternehmen rückwirkend korrigiert. Werden die geforderten Beiträge nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe a EStG (Grundlage für die Steuerfreiheit des Arbeitgeberzuschusses) trotz Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Versicherungsunternehmen nicht geleistet, so werden die entsprechenden Lohnsteuerabzugsmerkmale jedoch nicht rückwirkend korrigiert (siehe auch Rn. 31); das Versicherungsunternehmen hat diesbezüglich keine Korrektur der Datenübermittlung vorzunehmen.
7. Besteuerungszeitraum
33Bei jeder Datenübermittlung (also auch bei einer Korrektur oder Stornierung) muss das Versicherungsunternehmen das Kalenderjahr angeben, für das die Datenübermittlung durchgeführt wird (§ 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe e AO).
8. Rundung der Beiträge
34Für die Datenübermittlung muss die Höhe der Beiträge jeweils auf den nächst größeren vollen Euro aufgerundet werden.
9. Unterschiedliche Beiträge innerhalb eines Monats
35Sofern für den Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats unterschiedliche Beiträge vereinbart sind, muss die Höhe übermittelt werden, die für diesen Monat zu zahlen ist.
10. Beitragsvorauszahlungen für die Folgejahre
36Eine Vorauszahlung von Beiträgen für Folgejahre, die in die Vorsorgepauschale einfließen (§ 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe b EStG), wird nach § 11 Absatz 2 EStG dem Kalenderjahr der Zahlung zugeordnet und in dem Besteuerungszeitraum (hier: der Kalendermonat) berücksichtigt, in dem sie gezahlt worden ist. Die Berücksichtigung erfolgt jedoch maximal in der Höhe, die das Dreifache der Beiträge, die auf den laufenden Veranlagungszeitraum (also das Kalenderjahr) entfallenden Beiträge nicht überschreiten (§ 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 5 EStG). Im Besteuerungszeitraum der Leistung der Beitragsvorauszahlung ist der Höchstbetrag nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 5 EStG zu beachten. Ferner ist der danach nicht zu berücksichtigende Betrag für die Besteuerungszeiträume mitzuteilen, für die sie geleistet worden sind. Die Versicherungsunternehmen müssen die Datenübermittlung entsprechend durchführen.
37Eine Vorauszahlung von Beiträgen, die die Grundlage für die Steuerfreiheit der Arbeitgeberzuschüsse sind (§ 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe a EStG), wird abweichend davon in dem Besteuerungszeitraum (hier: der Kalendermonat) berücksichtigt, für den diese Beiträge bestimmt sind (sogenannter Bestimmungsgrundsatz). Die Vorauszahlungen werden in der Regel gleichmäßig auf die Monate aufgeteilt, für die sie bestimmt sind. Die Versicherungsunternehmen müssen die Datenübermittlung entsprechend durchführen.
11. Berücksichtigung eines Beitragsnachlasses bei Vorauszahlungen für die Folgejahre
38Soweit bei den Beitragsvorauszahlungen für die Folgejahre Beitragsnachlass vereinbart worden ist, so muss in der Datenübermittlung der Beiträge angegeben werden, die durch den Beitragsnachlass zustande gekommen ist. Denn eine wirtschaftliche Belastung ist nur in der Höhe der vereinbarten Vorauszahlung (in der der Beitragsnachlass abgezogen ist) eingetreten und wird daher auch nur in dieser Höhe steuerlich berücksichtigt. Sofern für das maßgebliche Jahr bereits eine Datenübermittlung in Höhe des vereinbarten Versicherungsbeitrags erfolgt ist, muss das Versicherungsunternehmen die Datenübermittlung korrigieren, sobald der Beitragsnachlass vom Versicherungsnehmer in Anspruch genommen worden ist.
12. Beitragsnachzahlungen für Vorjahre
39Rn. 36 Satz 1 gilt entsprechend.
13. Zahlung eines Jahresbeitrags
40Für die Zahlung eines Jahresbeitrags gelten die Rn. 36 bis 38 entsprechend. Dies gilt auch dann, wenn der Jahresbeitrag für einen Zeitraum gezahlt wird, der vom Kalenderjahr abweicht (z. B. für den Zeitraum Juli 01 bis Juni 02).
14. Anwartschaftsversicherungen
41Bei der Datenübermittlung werden für Zwecke der Ermittlung der Vorsorgepauschale für Beiträge nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe b EStG auch Beiträge zu Anwartschaftsversicherungen zu einer privaten Krankenversicherung und/oder zu einer privaten Pflegeversicherung berücksichtigt.
42Die Beiträge zu einer Anwartschaftsversicherung zu einer privaten Krankenversicherung können bis zu einem Betrag von monatlich 8,33 € (1/12 von 100 €) – dem sogenannten Sockelbetrag – wie Beiträge zu einer Basiskrankenversicherung behandelt werden (siehe Rz. 114 des BStBl 2017 I S. 820); jedoch ist auch eine konkrete Aufteilung möglich.
Über den Sockelbetrag hinaus werden sie immer nur in derjenigen Höhe wie Beiträge zu einer Basiskrankenversicherung behandelt, in der sie auf die Minderung von Beitragsbestandteilen gerichtet sind, die der Basiskrankenversicherung zuzurechnen sind. Entsprechendes gilt für Beiträge zu einer Anwartschaftsversicherung zur privaten Pflegeversicherung (siehe Rz. 118 des a. a. O.).
43Die Beiträge zu Anwartschaftsversicherungen werden nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe a EStG nicht zur Ermittlung der Beiträge für die steuerfreien Zuschüsse berücksichtigt. Denn § 257 Absatz 2 SGB V setzt voraus, dass aus dem Versicherungsvertrag Vertragsleistungen, die der Art nach den Leistungen des SGB V (Krankenversicherung) oder den Leistungen des § 61 Absatz 2 Satz 1 SGB XI (Pflegeversicherung) entsprechen, in Anspruch genommen werden können. Dies ist bei Anwartschaftsversicherungen in der Regel jedoch nicht der Fall, da die Ansprüche auf Versicherungsleistungen ruhen.
44Für eine Vorauszahlung von Beiträgen zu einer Anwartschaftsversicherung für Folgejahre gilt Rn. 36 Satz 1 entsprechend.
15. Rückerstattung von Beiträgen
45Erstattet ein Versicherungsunternehmen seinem Versicherungsnehmer Beiträge zurück, so darf es die Rückerstattung nicht für die Höhe der Beiträge bei der Datenübermittlung nach § 39 Absatz 4a EStG abziehen. Zur Vermeidung ungerechtfertigter steuerrechtlicher Vorteile wird die Rückerstattung jedoch bei der Veranlagung zur Einkommensteuer aufgegriffen. Diese Sachverhalte stellen in der Regel den Tatbestand für eine Pflichtveranlagung dar (vgl. Rn. 91 und 92).
VI. Korrektur und Stornierung
1. Korrektur
46Für die Datenübermittlung gilt § 93c AO. Stellt das Versicherungsunternehmen fest, dass Daten, die es für den Besteuerungszeitraum übermittelt hat, unzutreffend gewesen sind (§ 93c Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 AO), so muss es die Datenübermittlung korrigieren. Die Korrektur muss für die betreffenden Monate des aktuellen Beitragsjahres und gegebenenfalls des Folgejahres durchgeführt werden. Die darüber hinausgehenden Korrekturpflichten nach § 93c Absatz 3 AO (z. B. gegenüber der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen - ZfA -) bleiben unberührt.
47Unzutreffend ist eine Datenübermittlung, wenn sich besteuerungsrelevante Sachverhalte für einen Versicherungsnehmer bzw. eine versicherte Person und für einen bestimmten Besteuerungszeitraum (Kalendermonat) geändert haben. Als besteuerungsrelevante Sachverhalte werden all diejenigen Daten und Informationen einer Datenübermittlung bezeichnet, die Auswirkungen auf die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale und in der Folge auf die Bildung und Bereitstellung der ELStAM haben. Hierunter fallen insbesondere die in der Datenübermittlung mitzuteilende Höhe der Beiträge und der Besteuerungszeitraum.
48Eine Korrektur ist auch dann erforderlich, wenn sich zu einer bereits vorgenommenen Datenübermittlung oder Korrektur ein neuer besteuerungsrelevanter Sachverhalt oder eine geänderte rechtliche Beurteilung ergeben hat.
49Die Korrektur ist unverzüglich durchzuführen. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Korrektur einer Datenübermittlung bis 90 Tage nach Entstehen des Korrekturgrundes erfolgt. Die Korrektur muss jedoch bis zum Ablauf des 15. Januars des Folgejahres erfolgt sein. Auch für Monate des aktuellen Beitragsjahres muss die Korrektur bis zum Ablauf des 15. Januars des Folgejahres erfolgt sein. Zu den Korrekturpflichten bei Beitragsänderungen oder Beitragsvorauszahlungen und zu den entsprechenden Fristen siehe aber Rn. 25 und 38.
50Zu den Besonderheiten der Korrektur bei einer Nichtzahlung oder bei einem Zahlungsausfall siehe Rn. 32.
51Aufgrund der Korrektur ändert das BZSt die Lohnsteuerabzugsmerkmale für die von der Korrektur betroffenen Besteuerungszeiträume (Kalendermonate); die geänderten Lohnsteuerabzugsmerkmale werden dem Arbeitgeber zum Abruf bereitgestellt.
2. Stornierung
52Stellt das Versicherungsunternehmen fest, dass für den Besteuerungszeitraum eine Datenübermittlung erfolgt ist, obwohl hierfür die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, so muss die Datenübermittlung storniert werden (§ 93c Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 AO). Eine Stornierung ist immer dann notwendig, wenn die maßgebliche Datenübermittlung rechtlich und/oder tatsächlich unzutreffend durchgeführt worden ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn
eine Datenübermittlung erfolgt ist, jedoch zwischen dem Versicherungsunternehmen und einer Person kein Vertragsverhältnis bestanden hat,
eine Datenübermittlung für eine nicht existierende Person erfolgt ist oder
die Identifikationsnummer des Versicherungsnehmers oder der versicherten Person ungültig geworden ist.
Die Stornierung muss für die betreffenden Monate des aktuellen Beitragsjahres und gegebenenfalls des Folgejahres erfolgen. Die darüber hinausgehenden Pflichten nach § 93c Absatz 3 AO (z. B. gegenüber der ZfA) bleiben unberührt.
53Unter Stornierung wird jede Datenübermittlung verstanden, die notwendig ist, um die zuvor durchgeführten Datenübermittlungen (Mitteilung und/oder Korrektur) für ungültig zu erklären. Als Folge einer Stornierung wird daher jeweils der vollständige Datenbestand, der für den angegebenen Versicherungsnehmer oder die angegebene versicherte Person und für dieses Versicherungsunternehmen für das Besteuerungsjahr besteht, vom BZSt für ungültig erklärt. Als Ergebnis der Stornierung liegen dann für den Versicherungsnehmer oder die versicherte Person, der oder die in der Stornierung angegeben ist, im Verfahren ELStAM insoweit keine Lohnsteuerabzugsmerkmale mehr vor.
54Nach einer Stornierung wird vom BZSt unter Berücksichtigung der empfangenen Daten ermittelt, ob und inwieweit sich diese Daten auf die Lohnsteuerabzugsmerkmale i. S. d. § 39 Absatz 4 Nummer 4 EStG auswirken; im Bedarfsfall bildet das BZSt die Lohnsteuerabzugsmerkmale i. S. d. § 39 Absatz 4 Nummer 4 EStG erneut und stellt diese dem Arbeitgeber anschließend im Rahmen der Bildung geänderter ELStAM zum Abruf bereit.
55Die Stornierung ist unverzüglich durchzuführen. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Stornierung einer Datenübermittlung bis 90 Tage nach Entstehen des Stornierungsgrundes erfolgt. Die Stornierung muss jedoch bis zum Ablauf des 15. Januars des Folgejahres erfolgt sein. Auch für Monate des aktuellen Beitragsjahres muss die Stornierung bis zum Ablauf des 15. Januars des Folgejahres erfolgt sein.
VII. Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers (§ 39 Absatz 4a Satz 1 EStG)
56Der Versicherungsnehmer kann der Datenübermittlung gegenüber dem Versicherungsunternehmen in beliebiger dokumentierbarer Form widersprechen, zum Beispiel per Brief, per E-Mail oder in einem Online-Tool (§ 39 Absatz 4a Satz 1 erster Halbsatz EStG). Ein Widerspruch kann nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen. Nicht wirksam ist ein Widerspruch durch eine andere Person, insbesondere durch eine versicherte oder mitversicherte Person. Ist der Versicherungsnehmer eine juristische Person (siehe u. a. Rn. 67), kann ausnahmsweise auch die versicherte Person der Datenübermittlung widersprechen.
57Vor der Datenübermittlung muss das Versicherungsunternehmen den Versicherungsnehmer in geeigneter Weise vollständig über seine Rechte und Pflichten hinsichtlich der Datenübermittlung informieren.
58Beim Widerspruch hat der Versicherungsnehmer folgende Möglichkeiten:
Der Widerspruch kann individuell hinsichtlich der Höhe der Beiträge, der Beitragsarten oder der Besteuerungszeiträume (Kalendermonate) ausgeübt werden.
Der Widerspruch kann individuell hinsichtlich einzelner Vertragsbestandteile oder der Beiträge, die in einzelnen Vertragsbestandteilen vereinbart sind, ausgeübt werden.
Der Widerspruch kann bezogen auf ausgewählte versicherte Personen ausgeübt werden.
Der Widerspruch kann bezogen auf einzelne Verträge beim Versicherungsunternehmen unterschiedlich ausgeübt werden.
59Die infolge des Widerspruchs von der Datenübermittlung ausgeschlossenen Beiträge, Vertragsbestandteile, versicherten Personen oder Verträge können nicht bei der Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale berücksichtigt werden. Dem Arbeitgeber werden die genannten Daten insoweit auch nicht als Lohnsteuerabzugsmerkmal bereitgestellt. Ersatzweise vorgelegte (Papier-)Bescheinigungen des Versicherungsunternehmens infolge eines Widerspruchs darf der Arbeitgeber nicht berücksichtigen. Entsprechende Beiträge dürfen dann in der Regel auch nicht beim Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren berücksichtigt werden (zur Ausnahme bei ausländischen Versicherungsunternehmen und ausländischen Sozialversicherungsträgern siehe Rn. 86 bis 90).
60Eine bereits durchgeführte Datenübermittlung muss korrigiert oder storniert werden, wenn die Voraussetzungen für eine Korrektur oder Stornierung erfüllt sind. Dies gilt auch dann, wenn der Widerspruch dem Versicherungsunternehmen zum Zeitpunkt der Datenübermittlung bereits vorlag.
D. Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale durch das BZSt
I. Allgemeines
61Aus den übermittelten Daten bildet das BZSt die entsprechenden Lohnsteuerabzugsmerkmale (§ 39 Absatz 4a Satz 1 zweiter Halbsatz EStG).
62Jede Datenübermittlung des Versicherungsunternehmens (Mitteilung, Korrektur oder Stornierung) wird vom BZSt gespeichert und für die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale i. S. d. § 39 Absatz 4 Nummer 4 EStG geprüft. Bei Korrekturen und Stornierungen wird das Lohnsteuerabzugsmerkmal neu gebildet. Die aktuellen Lohnsteuerabzugsmerkmale werden für den Arbeitgeber über die ELStAM zum Abruf bereitgestellt.
63Zur Behandlung von Beiträgen für eine private Kranken- und Pflegeversicherung bei einem Versicherungsunternehmen oder bei Sozialversicherungsträgern ohne Sitz im Inland oder ohne Geschäftsleitung im Inland siehe Rn. 86 bis 90.
II. Überprüfung der übermittelten Identifikationsnummer
64Nach der Datenübermittlung durch das Versicherungsunternehmen überprüft das BZSt umgehend, ob die übermittelten Identifikationsnummern valide sind. Hierzu werden die übermittelten Daten mit den im BZSt gespeicherten und gültigen Daten abgeglichen (sogenannter Identabgleich). Eine Identifikationsnummer ist insbesondere dann nicht valide, wenn
sie „stillgelegt“ oder „gelöscht“ ist,
die übermittelte Identifikationsnummer nicht im Identifikationsnummer-Verfahren des BZSt vorhanden ist oder
das übermittelte Geburtsdatum nicht mit dem Geburtsdatum übereinstimmt, das im Identifikationsnummer-Verfahren hinterlegt ist (letzteres ist in der Regel das durch die nach Landesrecht für das Meldewesen zuständige Behörde [Meldebehörde] übermittelte Geburtsdatum).
Ergibt die Überprüfung, dass die Identifikationsnummer nicht valide ist, so gibt das BZSt dem Versicherungsunternehmen eine elektronische Rückmeldung.
III. Zuordnungsregelungen bei der automatisierten Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale durch das BZSt
1. Allgemeines
65Die Datenübermittlung an das BZSt kann aufgrund der unterschiedlichen Möglichkeiten der Vertragsgestaltungen entweder für mehrere Personen in einer Datenübermittlung oder für eine Person in mehreren Datenübermittlungen erfolgen.
66Ein Lohnsteuerabzugsmerkmal wird in der Regel für vom Arbeitnehmer getragene Beiträge, die in die Vorsorgepauschale einfließen, gebildet, wenn er Versicherungsnehmer ist. Ist der Versicherungsnehmer eine juristische Person, siehe Rn. 74.
67Der Versicherungsnehmer kann eine juristische Person oder eine natürliche Person sein. Die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale erfolgt jedoch immer nur für einen einzelnen Arbeitnehmer, also für eine natürliche Person (siehe Rn. 61 bis 63).
68Für die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale wendet das BZSt Regelungen für eine automatisierte Zuordnung an, durch die sichergestellt wird, dass die Höhe der Beiträge, die das Versicherungsunternehmen übermittelt hat, steuerlich zutreffend berücksichtigt wird. In der Regel erfolgt
die Zuordnung der Beiträge nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe a EStG (also der Beiträge für einen steuerfreien Zuschuss) nach den Grundsätzen der Rn. 69 bis 71 und
die Zuordnung der Beiträge nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe b EStG (also den Vorsorgeaufwendungen) nach den Grundsätzen der Rn. 72 bis 74.
2. Zuordnung der Beiträge nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe a EStG (Beiträge für den steuerfreien Zuschuss)
69Bei den Beiträgen nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe a EStG (also den Beiträgen für einen steuerfreien Zuschuss) wird für die Bereitstellung der ELStAM in der Regel geprüft, ob im Verfahren ELStAM ein Dienstverhältnis vorliegt. Hat ein Arbeitnehmer mehrere Dienstverhältnisse, so werden die ELStAM jedem Arbeitgeber bereitgestellt. Unabhängig von der Bereitstellung der ELStAM ist der Arbeitgeber unverändert verpflichtet, die sozialversicherungsrechtliche Prüfung hinsichtlich der Verpflichtung der Zahlung des Zuschusses nach § 257 SGB V und § 61 SGB XI durchzuführen (siehe dazu Rn. 97 bis 99).
70Ist der Versicherungsnehmer eine juristische Person, so erfolgt die Zuordnung der Beiträge auf die jeweilige versicherte Person, die diese Beiträge wirtschaftlich trägt.
71Ist der Versicherungsnehmer eine natürliche Person, so werden die Beitragswerte vorrangig der versicherten Person zugeordnet, sofern ein Abruf der ELStAM durch einen Arbeitgeber der versicherten Person erfolgt. Ist keine Zuordnung zu einer versicherten Person möglich, so erfolgt die Zuordnung zum Versicherungsnehmer, sofern im Verfahren ELStAM zwischen dem Versicherungsnehmer und der versicherten Person entweder eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft oder ein Eltern-Kind-Verhältnis (Familienverbund) besteht.
3. Zuordnung der Beiträge nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe b EStG (Vorsorgeaufwendungen)
72Bei den Beiträgen nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe b EStG (also den Vorsorgeaufwendungen) werden die ELStAM nur bereitgestellt, wenn im Verfahren ELStAM für den Versicherungsnehmer ein Hauptarbeitsverhältnis vorliegt.
73Ist der Versicherungsnehmer eine natürliche Person, erfolgt eine Zuordnung aller Beiträge, auch der Beiträge für weitere versicherte Personen, als Lohnsteuerabzugsmerkmal zum Versicherungsnehmer. Für die Bereitstellung der ELStAM wird auf das jeweilige gespeicherte Hauptarbeitsverhältnis des Versicherungsnehmers abgestellt.
74Ist der Versicherungsnehmer eine juristische Person, erfolgt die Zuordnung der Beiträge zur versicherten Person, die diese Beiträge wirtschaftlich trägt. Für die Bereitstellung der ELStAM wird auf das jeweilige gespeicherte Hauptarbeitsverhältnis der versicherten Person abgestellt.
4. Änderungen aufgrund von Datenübermittlungen des Meldewesens
75Ändern sich die persönlichen Verhältnisse einer steuerpflichtigen Person, so übermittelt die Meldebehörde die diesbezüglichen melderechtlichen Änderungen automatisch dem BZSt. Das BZSt berücksichtigt diese Änderungen auch bei der Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale, die aufgrund der Datenübermittlung zu den Beiträgen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung erfolgt.
5. Keine Änderungen bei Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland
76Gibt ein Arbeitnehmer oder der Ehegatte oder Lebenspartner eines Arbeitnehmers den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland auf, so ist der Abruf der ELStAM unverändert möglich und wirksam. Eine Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale, die aufgrund der Datenübermittlung zu den Beiträgen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung gebildet werden, erfolgt in diesen Fällen in der Regel nicht.
E. Bereitstellung der ELStAM für den Arbeitgeber
77Das BZSt beginnt mit der Datenverarbeitung nachdem ihm von den Versicherungsunternehmen die Daten übermittelt wurden (Frist: 20. November). Die ELStAM werden dem Arbeitgeber daraufhin üblicherweise im Dezember für das Folgejahr bereitgestellt.
78Die Bereitstellung erfolgt mit Wirkung (also mit Gültigkeit) für das Kalenderjahr, für das die ELStAM anzuwenden sind; sie erfolgt jedoch nicht vor Beginn des Dienstverhältnisses (§ 39e Absatz 1 Satz 3 EStG). Die ELStAM enthalten die Monatsbeiträge für das Kalenderjahr.
79Kommt es bei der Bereitstellung der ELStAM zu einem Fehler, so werden die ELStAM gesperrt. Sie werden jedoch nicht gesperrt, wenn der Versicherungsnehmer die Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung, die an das BZSt übermittelt wurden, für unzutreffend hält. In diesem Fall hat sich der Versicherungsnehmer an das Versicherungsunternehmen zu wenden, um eine Korrektur der Datenübermittlung zu erwirken. Bei einer Sperrung der ELStAM stellt das Finanzamt eine Papierbescheinigung zum Lohnsteuerabzug aus (§ 39 Absatz 1 Satz 2 EStG; siehe auch Rn. 35 und 36 des BStBl I 2025 S. 64). In der Papierbescheinigung werden auch angegeben:
die Beiträge nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe a EStG (also die Beiträge für den steuerfreien Zuschuss) und
die Beiträge nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe b EStG (also die Vorsorgeaufwendungen).
Zum Ersatzverfahren in der Übergangszeit siehe Rn. 107 und 108.
F. Bereitstellung der geänderten ELStAM nach Korrektur oder Stornierung einer Datenübermittlung
80Nach Empfang der vom Versicherungsunternehmen korrigierten oder stornierten Datenübermittlung wird die Datenübermittlung im Verfahren ELStAM des BZSt verarbeitet. Aufgrund der korrigierten oder stornierten Datenübermittlung werden die Lohnsteuerabzugsmerkmale für die Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung neu gebildet. Im Anschluss erfolgt die Bereitstellung der geänderten ELStAM für den Arbeitgeber in der nachfolgenden Monatsliste.
81Die geänderten ELStAM stellt das BZSt für den Arbeitgeber für die betreffenden Monate des aktuellen Beitragsjahres und des Folgejahres bereit. Eine Bereitstellung mit Wirkung für das vorangegangene Beitragsjahr erfolgt nur, falls die korrigierte oder stornierte Datenübermittlung durch das Versicherungsunternehmen bis zum Ablauf des 15. Januars des darauffolgenden Kalenderjahres durchgeführt worden ist.
82Die Bereitstellung der geänderten ELStAM erfolgt nicht, sofern zum Zeitpunkt der Korrektur oder der Stornierung das Dienstverhältnis, das zum Zeitpunkt der ursprünglichen Datenübermittlung bestanden hat, nicht mehr besteht.
G. Berücksichtigung der Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung durch den Arbeitgeber
83Der Arbeitgeber muss in der Regel die Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung (§ 39 Absatz 4 Nummer 4 EStG) in der Höhe berücksichtigen, in der sie in den ELStAM angegeben sind. Der Arbeitnehmer kann also vom Arbeitgeber nicht verlangen, dass der Arbeitgeber die Beiträge in einer anderen Höhe berücksichtigt als der, die in den ELStAM angegeben ist; dies gilt auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine durch das Versicherungsunternehmen ausgestellte (Papier-)Bescheinigung (z. B. die Information im Zusammenhang mit der Datenübermittlung nach § 93c Absatz 1 Nummer 3 AO) vorlegt und dort eine andere Höhe angegeben ist (zum Ersatzverfahren in der Übergangszeit siehe Rn. 107 und 108). In diesem Fall muss sich der Arbeitnehmer an sein Versicherungsunternehmen wenden, da nur dieses eine Korrektur der Datenübermittlung vornehmen kann. Legt der Arbeitnehmer jedoch eine vom Finanzamt ausgestellte Papierbescheinigung zum Lohnsteuerabzug (§ 39 Absatz 1 Satz 2 EStG) vor, so muss der Arbeitgeber die dort angegebenen Lohnsteuerabzugsmerkmale anwenden.
H. Entscheidung des Arbeitgebers über Steuerfreiheit seiner Arbeitgeberzuschüsse bei ausländischer Versicherung des Arbeitnehmers
84Ist der Arbeitnehmer bei einem ausländischen Versicherungsunternehmen oder einem ausländischen Sozialversicherungsträger versichert, so werden die Beiträge für diese Versicherung nicht bei der Bereitstellung der ELStAM berücksichtigt. Der Arbeitgeber muss dann ohne die ELStAM entscheiden, ob die Arbeitgeberzuschüsse nach § 257 Absatz 2 SGB V und nach § 61 Absatz 2 SGB XI steuerfrei zu belassen sind. Möchte der Arbeitnehmer, dass seine Beiträge an das ausländische Versicherungsunternehmen oder den ausländischen Sozialversicherungsträger steuerfrei gezahlt werden, so muss er dem Arbeitgeber regelmäßig Bescheinigungen für diese Beiträge vorlegen. Zu den Beitragsteilen, die der Arbeitgeber bei einem Freibetrag nach § 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a oder Absatz 4 Satz 1 Nummer 1a EStG berücksichtigen muss, siehe Rn. 86 bis 90.
I. Unterbliebene Datenübermittlung
85Kommt das Versicherungsunternehmen seiner Pflicht zur Datenübermittlung nicht nach, so ist das BZSt für Maßnahmen nach § 93c Absatz 4 AO zuständig. Wird das BZSt vom Arbeitnehmer bzw. Versicherungsnehmer auf die Pflichtverletzung hingewiesen, so veranlasst es eine Klärung des Sachverhalts oder die Einleitung weiterer Schritte.
J. Freibetrag bei Versicherungsunternehmen oder Sozialversicherungsträgern ohne Sitz oder Geschäftsleitung im Inland (§ 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a und Absatz 4 Satz 1 Nummer 1a EStG)
86Ausländische Versicherungsunternehmen und ausländische Sozialversicherungsträger sind nicht in den Datenaustausch mit dem BZSt eingebunden und können daher nicht die Höhe der Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung übermitteln. Ist ein Arbeitnehmer bei einem ausländischen Versicherungsunternehmen oder einem ausländischen Sozialversicherungsträger versichert, so wird für die Vorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 EStG im Lohnsteuerabzugsverfahren ein Freibetrag gebildet, wenn
die Voraussetzungen des § 10 Absatz 2 EStG erfüllt sind und
der Arbeitnehmer die Bildung des Freibetrags bei seinem zuständigen Finanzamt beantragt
(§ 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a und Absatz 4 Satz 1 Nummer 1a EStG).
87Seinem Antrag muss der Arbeitnehmer Nachweise (insbesondere eine Beitragsbescheinigung) beifügen, um die Beiträge der Höhe und dem Grunde nach glaubhaft zu machen.
88Wird dem Antrag stattgegeben, so bildet das zuständige Finanzamt den Freibetrag und teilt ihn dem BZSt mit. Das BZSt stellt dem Arbeitgeber dann ein entsprechendes Lohnsteuerabzugsmerkmal nach § 39 Absatz 4 Nummer 3 EStG in den ELStAM bereit. Die Berücksichtigung des Freibetrags aufgrund einer ausländischen Krankenversicherung erfolgt als nicht weiter spezifizierter Freibetrag.
89Nicht zulässig ist es, wenn der Arbeitnehmer seine Beiträge für eine ausländische Versicherung direkt gegenüber dem Arbeitgeber nachweist, damit diese Beiträge beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden (Ausnahme: Nachweise für die Steuerfreiheit eines Zuschusses; siehe Rn. 84).
90Zu den Fällen, in denen die Beiträge an ein ausländisches Versicherungsunternehmen oder einen ausländischen Sozialversicherungsträger zu einer Pflichtveranlagung führen, siehe Rn. 93.
K. Pflichtveranlagungen (§ 46 Absatz 2 EStG)
I. Pflichtveranlagung nach Rückerstattungen der Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung (§ 46 Absatz 2 Nummer 3 EStG)
91Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung werden in Folge der Datenübermittlung (§ 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe b und Absatz 4a EStG) und der Berücksichtigung über die Vorsorgepauschale (§ 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe d EStG) in der Regel in tatsächlicher Höhe berücksichtigt.
92Erhält der Arbeitnehmer Rückerstattungen seiner Beiträge (z. B. weil er im abgelaufenen Versicherungsjahr keine Versicherungsleistungen in Anspruch genommen hat), so ist rückblickend die Lohnsteuer in zu geringer Höhe erhoben worden. Diese Rückerstattungen werden jedoch nicht über das Lohnsteuerabzugsverfahren, sondern durch eine Pflichtveranlagung korrigiert, wenn
bei den Rückerstattungen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung der Mindestbetrag von 410 € und
zugleich die gesetzlich vorgegebene Arbeitslohngrenze überschritten worden ist (§ 46 Absatz 2 Nummer 3 EStG).
II. Pflichtveranlagung bei Bildung eines Freibetrags aufgrund einer ausländischen Versicherung (§ 46 Absatz 2 Nummer 4 EStG und § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 Buchstabe a EStG)
93Ist für den Arbeitnehmer ein Freibetrag aufgrund einer ausländischen Versicherung gebildet worden (§ 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a oder Absatz 4 Satz 1 Nummer 1a EStG), so ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer vorgeschrieben und der Arbeitnehmer muss eine Einkommensteuererklärung abgeben, wenn die gesetzlich vorgegebene Arbeitslohngrenze überschritten worden ist (§ 46 Absatz 2 Nummer 4 oder § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 Buchstabe a EStG).
L. Berechnung der Lohnsteuer
I. Allgemeines
94Bei der Vorsorgepauschale werden bei den privat versicherten Arbeitnehmern ab dem in der Regel die zum Abruf bereitgestellten ELStAM der Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe b EStG abzüglich der vom Arbeitgeber nach § 3 Nummer 62 EStG steuerfrei gezahlten Zuschüsse berücksichtigt (§ 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe d EStG). Werden über die ELStAM keine Beiträge bereitgestellt, so darf der Arbeitgeber Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung auch nicht anderweitig ansetzen (zum Ersatzverfahren in der Übergangszeit siehe Rn. 107 und 108). Eine Mindestvorsorgepauschale darf ab dem nicht mehr berücksichtigt werden.
II. Berücksichtigung der Beiträge, die in die Berechnung der Vorsorgepauschale einfließen
95Der Arbeitgeber muss bei den Beiträgen nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe b EStG (sogenannte Vorsorgebeiträge) im Rahmen der Ermittlung der Lohnsteuer prüfen, in welcher Höhe die Beiträge anzusetzen sind. So fließen bei einem Arbeitnehmer, dem kein steuerfreier Zuschuss gewährt wird (z. B. bei einem Beamten), die Beiträge nach Buchstabe b in voller Höhe in die Vorsorgepauschale ein. Bei einem zuschussberechtigten Arbeitnehmer sind die steuerfreien Zuschüsse von den Lohnsteuerabzugsmerkmalen nach Buchstabe b abzuziehen und es ist der so ermittelte Betrag anzusetzen (siehe § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe d EStG).
96Zum Freibetragsverfahren im Zusammenhang mit Versicherungen bei ausländischen Versicherungsunternehmen und bei ausländischen Sozialversicherungsträgern siehe Rn. 86 bis 90.
III. Berücksichtigung der steuerfreien Zuschüsse
97Der Arbeitgeber muss bei Zahlung eines Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung prüfen, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3 Nummer 62 EStG vorliegen. Hierbei sind insbesondere § 257 SGB V und § 61 SGB XI zu beachten.
98Um zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3 Nummer 62 EStG vorliegen, muss der Arbeitgeber die ELStAM heranziehen. Der gezahlte Zuschuss ist bis zu der Höhe steuerfrei, bis zu welcher der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet ist, diesen Zuschuss zu zahlen. Steuerfrei ist demnach in der Regel die Hälfte der übermittelten Beiträge nach § 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe a EStG, jedoch nicht mehr als der maximale Arbeitgeberanteil für einen gesetzlich versicherten Arbeitnehmer.
99Allein aus der Tatsache, dass die ELStAM zu einem Arbeitnehmer bereitgestellt sind, hat der Arbeitnehmer noch keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihm einen (steuerfreien) Zuschuss nach § 257 SGB V und § 61 SGB XI zahlt. Ob der Arbeitgeber einen (steuerfreien) Zuschuss zahlt, beurteilt allein er nach den Vorgaben des § 257 SGB V und des § 61 SGB XI.
IV. Korrektur des Lohnsteuerabzugs (§ 41c Absatz 1 Satz 2 EStG) und Anzeigepflicht (§ 41c Absatz 4 EStG)
100Werden dem Arbeitgeber über die ELStAM Korrekturen oder Stornierungen der Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung bereitgestellt (§ 39 Absatz 4 Nummer 4 Buchstabe a und b i. V. m. Absatz 4a EStG), so ist er verpflichtet, den Lohnsteuerabzug zu prüfen und in der Regel auch zu korrigieren (§ 41c Absatz 1 Satz 2 EStG).
101Der Arbeitgeber hat den Lohnsteuerabzug zu korrigieren, wenn ihm dies wirtschaftlich zumutbar ist. Hier sind strenge Maßstäbe anzulegen. Die Tatsache, dass eine Korrektur mit zusätzlichen Kosten und einem Umsetzungsaufwand verbunden ist, stellt für sich gesehen die wirtschaftliche Zumutbarkeit nicht in Frage.
102Soweit der Arbeitgeber die aus Anlass einer Korrektur oder Stornierung nachträglich zu erhebende Lohnsteuer nicht einbehalten kann (z. B. weil der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber keinen Arbeitslohn mehr bezieht), ist er verpflichtet, dies unverzüglich bei seinem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen (§ 41c Absatz 4 EStG).
V. Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber (§ 42b Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 EStG)
103Der Arbeitgeber darf einen Lohnsteuer-Jahresausgleich u. a. nicht durchführen, wenn für den Arbeitnehmer im Ausgleichsjahr bei der Vorsorgepauschale jeweils nur zeitweise Beträge nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe a bis e EStG berücksichtigt worden sind. Ein Lohnsteuer-Jahresausgleich ist vor dem Hintergrund einer zutreffenden Lohnbesteuerung jedoch nicht ausgeschlossen, wenn dem Arbeitgeber ELStAM bereitgestellt wurden, bei denen Beitragsvorauszahlungen für die Folgejahre (Rn. 36 und 37) oder die Zahlung eines Jahresbeitrags (Rn. 40) berücksichtigt wurden.
M. Datensatzbeschreibungen
104Die Übermittlung der Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung erfolgt elektronisch. Die dafür erforderlichen Datensatzbeschreibungen und Erläuterungen werden auf der Internetseite des BZSt veröffentlicht. Dort ist auch angegeben, ab wann die Datensatzbeschreibungen anzuwenden sind.
105Die Bereitstellung der Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung an die Arbeitgeber erfolgt elektronisch über die ELStAM, und zwar im Regelfall in der nachfolgenden Monatsliste.
Die Datensatzbeschreibungen, die für den Abruf der ELStAM durch den Arbeitgeber erforderlich sind, werden auf www.elster.de veröffentlicht. Dort ist auch angegeben, ab wann die Datensatzbeschreibungen anzuwenden sind. Zur besseren Nachverfolgbarkeit werden ältere Datensatzbeschreibungen nicht entfernt, sondern in einem Archiv abgelegt.
106Für die elektronische Datenübermittlung und den Abruf der ELStAM stellt das BZSt den Versicherungsunternehmen und den Arbeitgebern ein Kommunikationshandbuch mit zusätzlichen Informationen zur Entwicklung, Implementierung und Befüllung der Datensätze zur Verfügung. Es steht auf der Internetseite des BZSt (www.bzst.de) unter „Unternehmen – ELStAM – Weiterführende Informationen – Downloads“ zum Abruf bereit.
N. Ersatzverfahren
107Nach dem Start des Verfahrens ab 2026 wird es für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren nicht beanstandet, wenn in Fällen, in denen Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung aus technischen Gründen nicht bzw. nur fehlerhaft als Lohnsteuerabzugsmerkmale gebildet werden, der Arbeitgeber eine vom Versicherungsunternehmen in Papierform für das Kalenderjahr ausgestellte Ersatzbescheinigung über die Höhe der im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigenden Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung dem Lohnsteuerabzug zugrunde legt (sog. Ersatzverfahren). Das Ersatzverfahren kommt nicht zur Anwendung in den Fällen der Rn. 59 (Widerspruch des Versicherungsnehmers).
108Das Versicherungsunternehmen ist in den Fällen der Rn. 107 verpflichtet, die bisherige Datenübermittlung zu stornieren. Liegen nach einer erneuten Datensatzübermittlung in den ELStAM wieder Beitragswerte der privaten Kranken- und Pflegeversicherung vor, verliert eine in Papierform ausgestellte Ersatzbescheinigung ihre Gültigkeit.
Dieses BMF-Schreiben steht ab sofort für eine Übergangszeit auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zum Abruf bereit.
BMF v. -
IV C 5 - S
2363/00047/004/136
Fundstelle(n):
SAAAJ-92957