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BGH Beschluss v. - 4 StR 485/24

Instanzenzug: LG Lübeck Az: 3 Ks 705 Js 21622/21 (2)

Gründe

1Das Landgericht hatte im Sicherungsverfahren mit Urteil vom die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus sowie Fahrerlaubnismaßregeln angeordnet und eine Entscheidung im Adhäsionsverfahren getroffen. Mit Beschluss vom hat der Senat das Urteil mit den Feststellungen unter Aufrechterhaltung derjenigen zum äußeren Tatgeschehen aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren hat der Senat abgesehen.

2Im zweiten Rechtsgang hat das die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt, dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für deren Wiedererteilung angeordnet. Ferner hat es entschieden, dass dem Beschuldigten für einen Teilzeitraum seiner einstweiligen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 126a StPO) eine Entschädigung zu gewähren ist. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensbeanstandungen und die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Beschuldigten. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom hat der Beschuldigte zudem sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Entschädigung für die erlittene einstweilige Unterbringung eingelegt und wegen der versäumten Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

31. Die Revision des Beschuldigten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

4a) Den Verfahrensrügen bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts der Erfolg versagt. Die Rüge einer Verletzung von § 52 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 252 StPO ist unbegründet; die Beanstandung, das Landgericht habe ein gegen den psychiatrischen Sachverständigen gerichtetes Ablehnungsgesuch rechtsfehlerhaft zurückgewiesen, ist mangels Beachtung der Darlegungsanforderungen gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO bereits unzulässig.

5b) Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschuldigten ergeben. Auch gegen die Ablehnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus ist sachlich-rechtlich nichts zu erinnern (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).

62. Der Antrag des Beschuldigten auf Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Beschwerdefrist, über den wegen der gleichzeitig anhängigen zulässigen Revision des Beschuldigten der Senat zu entscheiden hat (§ 46 Abs. 1 StPO, § 8 Abs. 3 Satz 2 StrEG i.V.m. § 464 Abs. 3 Satz 3 StPO), ist unzulässig. Er ist zwar statthaft, weil der Beschuldigte die sich aus § 8 Abs. 3 Satz 1 StrEG i.V.m. § 311 Abs. 2 StPO ergebende Frist versäumt hat. Seine Begründung genügt aber nicht den Anforderungen des § 45 Abs. 2 StPO. Hiernach hat der Antragsteller alle zwischen dem Beginn und Ende der versäumten Frist liegenden Umstände, die für die Frage bedeutsam sind, wie und gegebenenfalls durch wessen Verschulden es zur Versäumung gekommen ist, genau darzutun und glaubhaft zu machen (vgl. Rn. 4), wobei es sich um Zulässigkeitsvoraussetzungen des Wiedereinsetzungsantrags handelt (vgl. Rn. 4 mwN). An solchem Vortrag fehlt es sowohl hinsichtlich des fehlenden Verschuldens an der Fristversäumung (§ 44 StPO) als auch hinsichtlich des Zeitpunkts des Wegfalls des Hindernisses (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO).

7Zu Ersterem hat der Verteidiger, dessen Verschulden dem Beschuldigten hier gegebenenfalls zuzurechnen ist (vgl. Kunz/Grommes in MüKo-StPO, 2. Aufl., § 8 StrEG Rn. 52 mwN), vorgetragen, dass in einer – mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegten – schriftlichen Rechtsmittelbelehrung des Landgerichts auf die sofortige Beschwerde gemäß § 8 Abs. 3 StrEG nicht hingewiesen worden sei und er infolgedessen die Revision für das statthafte Rechtsmittel gegen die Entschädigungsentscheidung gehalten habe. Dies sei gemäß § 44 Satz 2 StPO als unverschuldet anzusehen. Hiermit ist ein fehlendes Verschulden indes schon deshalb nicht nachvollziehbar dargetan, weil ausweislich des Protokolls der landgerichtlichen Hauptverhandlung der bei der Urteilsverkündung anwesende Beschuldigte über die „zulässigen Rechtsmittel und die dafür vorgeschriebene Form“ belehrt und ihm eine schriftliche Rechtsmittelbelehrung ausgehändigt wurde. Zu dem Inhalt der Belehrung, die demnach offenbar mündlich erfolgte, namentlich dazu, ob auch sie einen Hinweis auf die sofortige Beschwerde nach § 8 Abs. 3 StrEG nicht umfasste, verhält sich der Wiedereinsetzungsantrag nicht.

8Ebenfalls unzureichend ist der Vortrag zum Wegfall des Hindernisses. In dem Wiedereinsetzungsantrag wird insoweit nur mitgeteilt, dass erst mit Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom auf das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 StrEG hingewiesen worden sei. Dass die Verteidiger (oder der Beschuldigte selbst) hierdurch auch erstmals Kenntnis von dem statthaften Rechtsmittel erlangt hatten, kann dem nicht entnommen werden. Der Vortrag verschweigt namentlich, dass der Vorsitzende der Strafkammer mit Verfügung vom einem Akteneinsichtsgesuch der Verteidigung entsprochen und hierbei auch verfügt hatte, dass mit der Gewährung der Akteneinsicht auf die von der Staatsanwaltschaft eingelegte sofortige Beschwerde nach § 8 Abs. 3 Satz 1 StrEG hinzuweisen sei. Unter dem erfolgte zudem die Übersendung der Akten an den Bundesgerichtshof unter anderem „wegen der sofortigen Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die getroffene StrEG-Entscheidung“, wovon nach dem Inhalt der Übersendungsverfügung ebenfalls eine Mitteilung an die Verteidigung erfolgen sollte. Dass und warum die Verteidiger auch hieraus nicht zu erkennen vermochten, dass das statthafte Rechtsmittel gegen die Entschädigungsentscheidung die sofortige Beschwerde war, wird in dem Wiedereinsetzungsantrag nicht nachvollziehbar ausgeführt.

93. Die sofortige Beschwerde ist demnach wegen der Versäumung der Frist des § 311 Abs. 2 StPO unzulässig.

104. Über die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat der Senat nicht zu entscheiden, weil diese keine Revision gegen das Urteil eingelegt hat und daher der von § 464 Abs. 3 Satz 3 StPO vorausgesetzte enge Zusammenhang zwischen beiden Rechtsmitteln nicht gegeben ist (vgl. ; Beschluss vom – 3 StR 130/87, BGHR StPO § 464 Abs. 3 Zuständigkeit 1). Die Entscheidung obliegt dem zuständigen Oberlandesgericht.

Quentin                        Maatsch                        Momsen-Pflanz

                  Marks                         Tschakert

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:080425B4STR485.24.0

Fundstelle(n):
XAAAJ-91979