Instanzenzug: LG Darmstadt Az: 5 T 719/23vorgehend AG Darmstadt Az: 501 XIV 34/22 L
Gründe
I.
1Die Antragstellerin und Betroffene begehrt Verfahrenskostenhilfe für eine von ihr beabsichtigte Rechtsbeschwerde. Dem liegt folgendes Geschehen zugrunde:
2Am trafen Polizeibeamte die Betroffene um 16 Uhr in der D. er Innenstadt an und erteilten ihr einen Platzverweis. Um diesen durchzusetzen, nahmen sie die Betroffene in Gewahrsam. Mit Beschluss desselben Tages (501 XIV 34/22 L) hat das Amtsgericht Darmstadt festgestellt, dass die Ingewahrsamnahme gemäß §§ 31, 32 Abs. 1 Nr. 3 des Hessischen Polizeigesetzes (HSOG) rechtmäßig gewesen sei. Den Antrag der Polizeibehörde, die Fortdauer der Freiheitsentziehung bis um 22 Uhr anzuordnen, hat es zurückgewiesen und die Betroffene um 18.30 Uhr aus dem Gewahrsam entlassen.
3Gegen diese Entscheidung hat die Betroffene Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung feststellen zu lassen. Mit Beschluss vom hat das Landgericht Darmstadt die Beschwerde zurückgewiesen (5 T 719/23). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen einer Freiheitsentziehung nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 und 3 HSOG hätten vorgelegen. Es hat der Betroffenen eine Rechtsmittelbelehrung dahin erteilt, gegen den Beschluss sei gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, § 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG binnen eines Monats das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zulässig.
4Der Beschluss ist der Betroffenen am zugestellt worden. Am hat sie beim Landgericht eine Gehörsrüge erhoben. Diese hat die Zivilkammer am als unzulässig verworfen. Das Landgericht hat in seiner Entscheidung unter Verweis auf § 321a Abs. 1 ZPO näher dargelegt, dass und warum weder der Rechtsweg erschöpft noch Sachvortrag der Betroffenen unberücksichtigt geblieben sei.
5Mit Schreiben vom hat die Betroffene beim Bundesgerichtshof beantragt, ihr für das beabsichtigte Rechtsbeschwerdeverfahren „gegen den Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom “ Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Inhaltlich hat sie unter anderem dargelegt, das Landgericht habe einen irreführenden Hinweis erteilt und dadurch ihr rechtliches Gehör verletzt. Sie begehre vorsorglich „Wiedereinsetzung“, um die Möglichkeit zu erhalten, das Beschwerdeverfahren beim Landgericht fortzuführen und ihre Beschwerde dort näher zu begründen. Im Übrigen hat die Betroffene zur Sache ausgeführt.
II.
61. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gemäß §§ 76 ff. FamFG ist zulässig. Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die Betroffene bisher nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten ist. Zwar besteht nach § 10 Abs. 4 Satz 1 FamFG vor dem Bundesgerichtshof grundsätzlich die Pflicht zur Vertretung durch einen solchen. Die genannte Vorschrift nimmt hiervon indes das Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe nach §§ 76 ff. FamFG ausdrücklich aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 ZB 1/21, juris Rn. 4; vom – 3 ZB 4/20, juris Rn. 2).
72. Der Antrag dringt jedoch in der Sache nicht durch. § 76 Abs. 1 FamFG verweist für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auf die Normen der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe. Danach kann Verfahrenskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine positive Erfolgsprognose ist zu stellen, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit für die begehrte Rechtsfolge spricht. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Das gilt sowohl für den Fall, dass die Betroffene tatsächlich gegen den landgerichtlichen Beschluss vom vorgehen möchte, als auch für ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Zivilkammer vom .
8a) Sollte die Betroffene – wie es dem Wortlaut ihres Antrags entspricht – beabsichtigen, sich gegen die Zurückweisung ihrer Gehörsrüge zu wenden, wäre eine Rechtsbeschwerde unstatthaft. § 44 Abs. 4 Satz 3 FamFG bestimmt, dass entsprechende Entscheidungen unanfechtbar sind. Über § 69 Abs. 3 FamFG findet diese Vorschrift auch im Beschwerdeverfahren Anwendung. Im Übrigen bestünde in der Sache kein Anlass für eine „Wiedereinsetzung“.
9b) Sollte der Antrag der Betroffenen dagegen dahin zu verstehen sein, dass sie eine Rechtsbeschwerde gegen den erheben will, wäre ein solches Rechtsmittel ebenfalls unzulässig. Denn in diesem Fall ginge es ihr letztlich darum, die Rechtswidrigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses feststellen zu lassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 ZB 2/21, juris Rn. 8; vom – 3 ZB 4/20, juris Rn. 5; vom – 3 ZB 2/22, juris Rn. 7; BeckOK FamFG/Obermann, 53. Ed., § 70 Rn. 40).
10Das Amtsgericht hat aber seinerseits keine (weitere) Ingewahrsamnahme der Antragstellerin, sondern vielmehr deren umgehende Freilassung angeordnet. Aus diesem Grund steht hier nicht die Rechtmäßigkeit einer gerichtlich, sondern allein der behördlich angeordneten Freiheitsentziehung in Rede, konkret derjenigen zwischen 16 und 18.30 Uhr am . Insoweit ist die Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2, 3 FamFG nicht eröffnet. Denn nach § 70 Abs. 4 FamFG findet sie gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests nicht statt. Darunter fällt auch die behördlich angeordnete Freiheitsentziehung zum Zweck der Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung über den Gewahrsam nach den Vorschriften des Polizei- und Ordnungsrechts (zu Einzelheiten s. , juris Rn. 11 ff. mwN; s. auch , juris Rn. 7; Drews in Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl., § 428 Rn. 11; Sternal/Göbel, FamFG, 21. Aufl., § 428 Rn. 12; MüKoFamFG/Wendtland, 3. Aufl., § 428 Rn. 10).
11So liegt es hier. Bei verständiger Auslegung ficht die Betroffene den Beschluss nur insoweit an, als er den polizeilichen Gewahrsam betrifft, zumal die Entscheidung des Amtsgerichts sie im Übrigen nicht beschwert.
12c) Es kommt danach nicht mehr darauf an, dass die Betroffene den Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe außerdem nicht innerhalb der Einlegungsfrist des § 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG gestellt hat, was für eine Wiedereinsetzung und damit für die Erfolgsaussicht einer entsprechenden Rechtsbeschwerde aber nötig gewesen wäre (vgl. , juris Rn. 6 mwN). Die Betroffene hat auch keine Gründe für die Fristversäumnis vorgetragen.
133. Nachdem die Antragstellerin dem Bundesgerichtshof seit September 2024 vielfach mitgeteilt hat, sie werde kurzfristig zusätzliche Unterlagen zusammenstellen und einen weiteren „Begründungsschriftsatz“ einreichen, ist ein weiteres Zuwarten mit der Entscheidung nicht mehr angezeigt.
Schäfer Berg Erbguth
Kreicker Munk
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:030425B3ZA1.24.0
Fundstelle(n):
PAAAJ-91759