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NWB Nr. 17 vom Seite 1153

Koalitionsvertrag vorgelegt

Univ.-Prof. Dr. Frank Hechtner | Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Steuerpolitik in der 21. Legislaturperiode

Die möglichen Koalitionäre aus CDU, CSU und SPD hatten am den Koalitionsvertrag unter dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ vorgelegt, der nun noch durch die unterschiedlichen Gremien gebilligt werden muss. Auf 144 Seiten wird hier beschrieben, welche einzelnen Projekte die zukünftigen Koalitionäre umsetzen wollen. Die steuerpolitischen Leitlinien werden u. a. in dem zweiten Kapitel „Wirkungsvolle Entlastungen, stabile Finanzen, leistungsfähiger Staat“ dargestellt. Tage zuvor fanden bereits die internen Arbeitspapiere der einzelnen Arbeitsgruppen ihren Weg in die Öffentlichkeit, so auch das Papier der AG 16, Haushalt, Steuern, Finanzen.

Es dürfte unbenommen sein, dass sich Deutschland in einer bereits länger währenden Rezession befindet. Demnach ist es geboten, auch mit steuerpolitischen Maßnahmen hier flankierend zu wirken, um Impulse für Wachstum und Investitionen zu generieren. Die Koalitionäre wollen dies vornehmlich mit einer Senkung der Körperschaftsteuer und der Verbesserung der Abschreibungsbedingungen vollziehen. Konkret soll eine degressive Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen von 30 % in den Jahren 2025, 2026 und 2027 eingeführt werden. Hierbei bleibt offen, ob damit „nur“ eine Verlängerung des bisherigen § 7 Abs. 2 EStG oder ein Abschreibungssatz von 30 % unabhängig von der Höhe der alternativen linearen Abschreibung gemeint ist. Die Körperschaftsteuer soll in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt beginnend ab dem gesenkt werden. So positiv ein solches Vorhaben für Investitionsanreize sein mag, ist doch zu konstatieren, dass Deutschland jetzt in der Krise steckt, nicht erst 2028. Damit bleibt es fraglich, wieso man noch eine derart lange Zeitspanne warten will, wenn man sich auf solch ein Instrument der Steuersenkung verständigt hat. Weitere konkrete Punkte sind die Erhöhung der Pendlerpauschale auf 38 Cent zum und die Einführung der Steuerfreiheit auf bestimmte Formen der Mehrarbeit, u. a. bei Überstunden oder im Rentenalter. Eher vage wird eine Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen bei der Einkommensteuer zur Mitte der Legislatur angekündigt. Demgegenüber wird politisch an dem Solidaritätszuschlag festgehalten. Der Gewerbesteuer-Mindesthebesatz soll auf 280 % erhöht werden, eine rechtsformneutrale Besteuerung soll durch eine Verbesserung von § 34a EStG und § 1a KStG erfolgen.

Alles in allem bietet der Koalitionsvertrag einige steuerpolitische Punkte, die der Rezession entgegenwirken können. Diese Maßnahmen sind nach meiner persönlichen Meinung aber weit weg von einer echten Reform. Viele Punkte sind altbekannte Kalauer. Hinzu kommen Einzelmaßnahmen, die aus ökonomischer Sicht m. E. eher fraglich sind. Die dauerhafte Senkung des Umsatzsteuersatzes auf 7 % für Speisen in der Gastronomie zählt wohl dazu. Zudem können die ständigen unterschiedlichen Auslegungen des Koalitionsvertrags durch einzelne politische Akteure das steuerpolitische Vertrauen noch erodieren lassen. So wird der Finanzierungsvorbehalt in Teilen immer wieder betont und mögliche Entlastungen damit infrage gestellt. In Teilen werden medial auch Steuerbelastungen diskutiert. Offenkundig versteht den Koalitionsvertrag dann doch wieder jeder so, wie es seinen eigenen politischen Zielen entspricht.

FRank Hechtner

Fundstelle(n):
NWB 2025 Seite 1153
OAAAJ-90073