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BGH Beschluss v. - XIII ZB 18/25

Instanzenzug: LG Frankenthal Az: 1 T 25/25vorgehend AG Speyer Az: 73 XIV 17/25 B

Gründe

1I.    Der Betroffene, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste 2013 nach Deutschland ein. Mit Bescheid vom lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seinen Asylantrag ab, erkannte weder eine Flüchtlingseigenschaft noch subsidiären Schutz an und drohte die Abschiebung nach Afghanistan an. Der dagegen in Anspruch genommene verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz blieb ohne Erfolg. Der Betroffene trat wiederholt strafrechtlich in Erscheinung. Er wurde 2021 wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 35 Fällen sowie wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in einem Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und sodann 2023 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Er befand sich bis zum in Strafhaft.

2Das Amtsgericht hat den Antrag der beteiligten Behörde vom auf Anordnung von Haft zur Sicherung der Abschiebung vom 6. Februar bis zum mit Beschluss vom zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der beteiligten Behörde hat das Beschwerdegericht mit Beschluss vom Sicherungshaft bis zum Ablauf des angeordnet, die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen und die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses angeordnet. Im anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahren begehrt der Betroffene, die Vollziehung der Haft bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel auszusetzen.

3II.    Der Antrag auf Aussetzung der Haft ist in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamFG zulässig. Er ist aber bereits auf Grundlage der Feststellungen des Beschwerdegerichts unbegründet, weil nach der gebotenen summarischen Prüfung davon auszugehen ist, dass die Rechtsbeschwerde des Betroffenen keinen Erfolg haben wird.

41.    Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde lag der Haftanordnung ein zulässiger Haftantrag zugrunde. Nach den insoweit anwendbaren Maßstäben (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - V ZB 123/11, InfAuslR 2012, 25 Rn. 8; vom - XIII ZB 5/19, InfAuslR 2020, 165 Rn. 8; vom - XIII ZB 74/19, juris Rn. 7; vom - XIII ZB 116/19, NVwZ 2023, 1523 Rn. 7; vom - XIII ZB 40/20, juris Rn. 7) enthält er insbesondere ausreichende Darlegungen zur notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FamFG) und zur Durchführbarkeit der Abschiebung (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG).

5a)    Die beteiligte Behörde hat die beantragte Haftdauer damit begründet, dass der Betroffene auf dem Luftweg nach Afghanistan abgeschoben werden solle. Nachdem am mit einer durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat (im Folgenden: Bundesministerium) organisierten Maßnahme 28 Personen, die schwere Straftaten begangen hatten, nach Afghanistan rückgeführt worden seien, arbeiteten das Bundesministerium und die Länder intensiv an einer weiteren Abschiebungsmaßnahme. Deren Durchführung werde vom Bundesministerium schnellstmöglich, spätestens aber innerhalb der nächsten sechs Monate angestrebt. Grund für den nicht näher konkretisierten Zeitpunkt sei der komplexe Planungsprozess unter notwendiger Einbindung ausländischer Stellen. Der Betroffene sei dem Bundesministerium für die nächste geplante Abschiebemaßnahme per Charter - dem derzeit einzig zur Verfügung stehenden Rückführungsmodus - gemeldet worden, und dort stehe für ihn ein Platz zur Verfügung. Die Identität des Betroffenen sei geklärt; ein Scan des Reisepasses liege vor.

6b)    Diese Angaben sind mit Blick auf die notwendige Einbeziehung ausländischer Stellen sowie die geringen Erfahrungswerte, die derzeit für Abschiebemaßnahmen nach Afghanistan bestehen, für einen zulässigen Haftantrag ausreichend. Dass Abschiebungen nach Afghanistan auch unter den derzeitigen politischen Verhältnissen nicht ausgeschlossen sind, hat die beteiligte Behörde bereits unter Verweis auf die seitens des Bundesmisteriums am erfolgreich durchgeführte Abschiebemaßnahme dargelegt. Sie hat außerdem die aus ihrer Sicht erforderliche Haftdauer nachvollziehbar unter Bezugnahme auf ein Schreiben des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Familie, Frauen, Kultur und Integration vom mit dem vom Bundesministerium geplanten Charterflug zur Rückführung nach Afghanistan begründet, für den der Betroffene angemeldet sei. Aus dem Schreiben ergibt sich, dass er für diese Rückführungsmaßnahme vorgesehen ist.

72.    Nach derzeitigem Sach- und Streitstand ist auch nicht davon auszugehen, dass die Sicherungshaft gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG unzulässig ist. Nach der vom Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei unter Berücksichtigung des Inhalts der Ausländerakte getroffenen Prognose zur Durchführbarkeit der Abschiebung (vgl. zum Maßstab , juris Rn. 8) steht nicht fest, dass der Betroffene nicht innerhalb der nächsten sechs Monate abgeschoben werden kann. Verbleibende Ungewissheiten gehen zu Lasten des Betroffenen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 36/24, juris Rn. 8; vom - V ZB 188/11, juris Rn. 15). Dass zwischen Deutschland und Afghanistan derzeit kein Rücknahmeabkommen existiert, steht angesichts der am erfolgreich durchgeführten Abschiebemaßnahme der vom Beschwerdegericht getroffenen Prognose nicht entgegen.

Tolkmitt                        Picker                        Vogt-Beheim

                  Holzinger                      Pastohr

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:160425BXIIIZB18.25.0

Fundstelle(n):
VAAAJ-90023