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FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 7 K 7163/22

Gesetze: AO § 147 Abs. 1 Nr. 2, AO § 147 Abs. 1 Nr. 4, AO § 147 Abs. 1 Nr. 5, AO § 173 Abs. 1 Nr. 2, AO § 163 Abs. 1 S. 1

Nachreichung der für eine Vorsteuervergütung relevanten Belege erst nach Eintritt der Bestandskraft der Umsatzsteuerbescheide als grobes Verschulden im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO

kein EU-rechtlicher Anspruch auf Änderung der nach nationalem Recht bestandskräftig gewordenen Umsatzsteuerbescheide

Leitsatz

1. Der Umstand, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin bzw. die Klägerin die für eine Vorsteuervergütung relevanten Belege nicht vor Erlass der zwischenzeitlich bestandskräftig gewordenen Umsatzsteuerbescheide vorgelegt haben, dass allen Beteiligten die Entscheidungserheblichkeit dieser Belege bereits ein halbes Jahr vor Erlass der streitigen Umsatzbescheide bekannt war und die Klägerin gleichwohl nicht rechtzeitig Einspruch eingelegt hat, stellt sich als grobes Verschulden im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO dar.

2. Dem Grunde nach verfügen die EU-Mitgliedstaaten über eine Verfahrensautonomie, die allerdings dadurch begrenzt wird, dass die für die Mehrwertsteuer geltenden Vorschriften nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige interne Sachverhalte regeln (Äquivalenzgrundsatz), und dass sie die Ausübung der vom Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder sie übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz; vgl. EuGH-Rechtsprechung).

3. War zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und dem Finanzamt mehrere Jahre lang streitig, ob der Rechtsvorgängerin der Klägerin Vorsteuervergütungen für die Streitjahre zustanden, und standen ihr bis zur Bestandskraft der endgültigen Steuerfestsetzungen fast vier bzw. drei Jahre nach Ablauf der Streitjahre zur Verfügung, um den Vorsteuerabzug geltend zu machen und die Vorlage der dafür erforderlichen Belege vorzubereiten, und hatte die Klägerin nach Erlass der streitigen Umsatzsteuerbescheide noch einen Monat Zeit, um Einspruch einzulegen und die für den Vorsteuerabzug erforderlichen Belege nachzureichen, so machten es unter diesen Umständen die Verfahrensregelungen des deutschen Rechts der Rechtsvorgängerin der Klägerin oder ihren Gesamtrechtsnachfolgerinnen nicht praktisch unmöglich, den ihr zustehenden Vorsteuerabzug geltend zu machen, und erschwerten dies auch nicht übermäßig. Aus dem EU-Recht bzw. der EuGH-Rechtsprechung ergibt sich bei diesem Sachverhalt kein unionsrechtlicher Anspruch auf Änderung der nach nationalem Recht bestandskräftig gewordenen Umsatzsteuerbescheide.

Fundstelle(n):
OAAAJ-89964

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