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BAG Beschluss v. - 7 ABR 32/23

Vereinfachtes Wahlverfahren

Leitsatz

Macht der Wahlvorstand bei der Durchführung einer Betriebsratswahl nach dem vereinfachten einstufigen Wahlverfahren den einzigen Wahlvorschlag schon vor Ablauf der gesetzlichen Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen nach § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG bekannt, nachdem er ihn als gültig anerkannt hat, begründet dies allein nicht die Anfechtbarkeit der Wahl.

Instanzenzug: ArbG Halle (Saale) Az: 3 BV 23/22 Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Az: 6 TaBV 21/22 Beschluss

Gründe

1A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

2Die zu 1. und 2. beteiligten Arbeitgeberinnen sind Träger eines Gemeinschaftsbetriebs, in dem ca. 77 Arbeitnehmer beschäftigt sind und im Drei-Schicht-System Kunststoffteile hergestellt werden. Die Spätschicht beginnt 13:45 Uhr, die Nachtschicht 21:45 Uhr.

3Zu 3. beteiligt ist der am im Gemeinschaftsbetrieb gewählte Betriebsrat. Zur Einleitung dessen Wahl erließ der von dem vormaligen Betriebsrat bestellte Wahlvorstand unter dem ein Wahlausschreiben unter Angabe der Firmenadresse der Arbeitgeberinnen. In diesem wurde darauf hingewiesen, dass Einwände gegen die Wählerliste vor Ablauf von drei Tagen seit Aushang des Wahlausschreibens schriftlich einzulegen sind; als letzter Tag wurde der benannt. Wahlvorschläge waren ausweislich des Wahlausschreibens bis spätestens beim Wahlvorstand einzureichen. Die Wahlversammlung wurde auf Montag, den von 05:30 Uhr bis 15:00 Uhr mit Unterbrechung von 06:45 Uhr bis 13:15 Uhr bestimmt. Die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe musste bis zum verlangt werden und durch Einreichung der Briefwahlstimmen beim Wahlvorstand bis zum erfolgen. Die öffentliche Stimmauszählung sollte am von 12:00 Uhr bis 12:30 Uhr in öffentlicher Wahlvorstandssitzung im Betriebsratsbüro erfolgen.

4Beim Wahlvorstand gingen keine Einsprüche gegen die Wählerliste ein. Der vormalige Vorsitzende des Betriebsrats - Mitglied des Wahlvorstands und Wahlbewerber - sammelte am ab 10:00 Uhr 16 Stützunterschriften für eine Wahlvorschlagsliste, auf der acht Bewerber aufgeführt waren. Noch am selben Tag machte der Wahlvorstand zu einem Zeitpunkt zwischen 14:30 Uhr und 15:00 Uhr den von ihm als gültig anerkannten Wahlvorschlag mit dem vormaligen Betriebsratsvorsitzenden als Wahlvorschlagsvertreter an dem im Wahlausschreiben benannten Ort bekannt. Gegen 16:50 Uhr wurde der Wahlvorschlag von einem der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH beider Arbeitgeberinnen vorübergehend abgenommen. Am fand die Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats statt. Der Wahlvorstand berücksichtigte bei der öffentlichen Auszählung am eine schriftlich eingegangene Stimme. Am wurden die Namen von fünf gewählten Betriebsratsmitgliedern bekannt gegeben.

5Die Arbeitgeberinnen haben die Wahl mit ihrem am bei Gericht eingegangenen Antrag angefochten. Sie haben die Auffassung vertreten, das Wahlausschreiben enthielte fehlerhafte Angaben. Der vormalige Betriebsratsvorsitzende habe im Zusammenhang mit dem Sammeln von Stützunterschriften als Mitglied des Wahlvorstands unter Missachtung seiner Neutralitätspflicht auf einen Arbeitnehmer eingewirkt; er hätte im Übrigen nur für sich selbst um Stützunterschriften werben dürfen. Aufgrund der Größe des Betriebs und der im vereinfachten Wahlverfahren stattfindenden Mehrheitswahl bedürfe jeder der Bewerber um das Betriebsratsmandat mindestens zwei ihm zugeordnete Stützunterschriften wahlberechtigter Arbeitnehmer. Die bereits am Nachmittag des ausgehängte Liste mit acht Bewerbern sei vor Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist zur Einreichung von Wahlvorschlägen und damit zu Unrecht verfrüht bekannt gemacht worden. Dies habe weitere Wahlvorschläge verhindert haben können.

6Die Arbeitgeberinnen haben beantragt,

7Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, für den Wahlvorschlag seien ungeachtet der Anzahl der ihn umfassenden Wahlbewerber zwei Stützunterschriften ausreichend gewesen. Der vormalige Betriebsratsvorsitzende habe die Stützunterschriften nicht als Mitglied des Wahlvorstands, sondern als Wahlbewerber eingeholt. Die Bekanntmachung des Wahlvorschlags sei mit seinem Aushang am Nachmittag des nicht verfrüht gewesen. Ungeachtet dessen würde eine vorzeitige Bekanntmachung weitere Wahlvorschläge fördern und könne den Ausgang der Wahl nicht beeinflussen. Auch seien im Wahlausschreiben weder die angegebene Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen noch andere Angaben fehlerhaft gewesen.

8Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Ziel der Abweisung des Antrags weiter.

9B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte dem Wahlanfechtungsantrag der Arbeitgeberinnen nicht stattgegeben werden. Die Wahl vom ist nicht deshalb unwirksam, weil der Wahlvorstand den von ihm als gültig erkannten Wahlvorschlag am Nachmittag des - und damit vor Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist für die Einreichung von Wahlvorschlägen - ausgehängt hat. Ob die Wahl aus einem anderen Grund anfechtbar ist, kann der Senat auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist daher zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

10I. Nach § 19 Abs. 1 und 2 BetrVG können mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber die Betriebsratswahl anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Die Wahlanfechtung muss innerhalb von zwei Wochen ab der Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgen.

11II. Die formellen Anfechtungsvoraussetzungen liegen vor. Die Arbeitgeberinnen, die einen Gemeinschaftsbetrieb führen, sind - jedenfalls gemeinsam (vgl.  - Rn. 23, BAGE 161, 276) - gemäß § 19 Abs. 2 BetrVG anfechtungsberechtigt. Ihr Wahlanfechtungsantrag ist am und damit rechtzeitig iSv. § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses am beim Arbeitsgericht eingegangen.

12III. Ob auch die materiellen Anfechtungsvoraussetzungen vorliegen, kann der Senat auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen.

131. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts führt jedenfalls nicht die Bekanntmachung der Bewerber am zwischen 14:30 Uhr und 15:00 Uhr zur Anfechtbarkeit der Wahl iSv. § 19 BetrVG.

14a) Im Hinblick auf die Größe des (Gemeinschafts-)Betriebs, die durch die Anzahl der in der Regel beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer bestimmt wird, und die Bestellung des Wahlvorstands vom Betriebsrat war die Wahl nach § 14a Abs. 3 BetrVG im sog. einstufigen vereinfachten Wahlverfahren für Kleinbetriebe und gemäß § 14 Abs. 2 BetrVG nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchzuführen. Es gelten daher die näheren Maßgaben von § 36 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom Wahlordnung (WO) - (zuletzt geändert durch Art. 1 VO zur Änderung der Wahlordnung, der Wahlordnung Seeschifffahrt und der VO zur Durchführung der Betriebsratswahlen bei den Postunternehmen vom , BGBl. I S. 4640).

15b) Nach § 36 Abs. 5 Satz 3 WO hat der Wahlvorstand nach Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist zur Einreichung der Wahlvorschläge die als gültig anerkannten Wahlvorschläge bis zum Abschluss der Stimmabgabe in gleicher Weise bekannt zu machen wie das Wahlausschreiben. Hiergegen hat der Wahlvorstand nicht verstoßen. Ein die Anfechtung begründender Verstoß liegt vor allem nicht darin, dass er bereits vor Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist zur Einreichung der Wahlvorschläge den von ihm als gültig anerkannten Wahlvorschlag bekannt gemacht hat.

16aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde der vom Wahlvorstand für gültig befundene Wahlvorschlag am Nachmittag des ausgehängt und damit bekannt gemacht, ohne dass dem seine kurzzeitige Entfernung entgegenstünde. Dieser Zeitpunkt lag vor Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist zur Einreichung der als gültig anerkannten Wahlvorschläge iSv. § 36 Abs. 5 Satz 3 WO.

17(1) Maßstab für den an die Bekanntmachungspflicht des § 36 Abs. 5 Satz 3 WO anknüpfenden Termin („nach Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist zur Einreichung der Wahlvorschläge“) ist die in § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG bestimmte zeitliche Grenze für die Einreichung von Wahlvorschlägen. Danach können Wahlvorschläge bis eine Woche vor der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats gemacht werden (vgl. dazu HaKo-BetrVG/Sachadae 6. Aufl. WO § 36 Rn. 5 f.; GK-BetrVG/Jacobs 12. Aufl. BetrVG § 14a Rn. 103 [mit dem zutreffenden Hinweis auf die Ungenauigkeit des Ausdrucks „gesetzliche Mindestfrist“] und WO § 36 Rn. 6; Fitting BetrVG 32. Aufl. WO § 36 Rn. 11; Richardi BetrVG/Forst 17. Aufl. WO § 36 Rn. 12).

18(2) Für die Bestimmung des Zeitpunkts „eine Woche vor der Wahlversammlung“ greifen die Maßgaben der Berechnung einer sog. Rückwärtsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch unter Beachtung von Sinn und Zweck des vereinfachten Wahlverfahrens für Kleinbetriebe iVm. dem von § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG intendierten Zweck.

19(a) Nach § 41 Abs. 1 WO finden für die Berechnung der in der Wahlordnung festgelegten Fristen die §§ 186 bis 193 BGB entsprechende Anwendung; auch die Berechnung einer im Betriebsverfassungsgesetz festgelegten Frist bestimmt sich im Allgemeinen nach §§ 187 ff. BGB (vgl. für die Wochenfrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG  - zu B IV 1 a der Gründe, BAGE 101, 298). Diese Vorschriften gelten nach ihrem Wortlaut nur für „vorwärts“ zu berechnende Fristen; auf Rückwärtsfristen sind sie analog anwendbar (vgl. zB Grüneberg/Ellenberger BGB 83. Aufl. § 187 Rn. 4). Bei § 36 Abs. 5 Satz 1, 3 WO iVm. § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG zählt der Tag der Wahlversammlung analog § 187 Abs. 1 BGB nicht mit („Ereignisfrist“); entsprechend § 188 Abs. 2 Halbs. 1 BGB endet die Rückwärtsfrist „spiegelbildlich“ mit Beginn (00:00 Uhr) des Tags, der durch seine Benennung dem Tag des Ereignisses entspricht (vgl. zur Fristberechnung bei rückwärts laufenden zivilprozessualen Wochenfristen  - Rn. 11; zur Rückwärtsfristberechnung nach § 5 Abs. 3 UmwG vgl. Krause NJW 1999, 1448; zur Rückwärtsberechnung vgl. auch Boemke FS Düwell 2021 S. 679 und - allg. - Druckenbrodt NJW 2013, 2390 sowie BeckOGK/Fervers Stand BGB § 187 Rn. 33 f.). Handlungen und Ereignisse bis zu dem vor diesem rückwärts bestimmten Zeitpunkt (also bis zum Vortag 24:00 Uhr) liegen „vor“ dem mittels § 36 Abs. 5 Satz 3 WO iVm. § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG definierten „Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist“.

20(b) Fällt der Vortag (24:00 Uhr) auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag, ist unter Heranziehung des Rechtsgedankens von § 193 BGB und wahlverfahrensrechtlicher Erwägungen der Ablauf des vorhergehenden Werktags maßgeblich. Zwar ist bei Rückwärtsfristen im Einzelnen umstritten, ob und wie § 193 BGB überhaupt Anwendung findet (vgl. ausf. zB Felsch JZ 2024, 662; BeckOGK/Fervers Stand BGB § 193 Rn. 54 ff.); jedenfalls ist aber im Wesentlichen auf den Schutzzweck der einschlägigen Bestimmungen abzustellen (vgl. - für gesellschaftsrechtliche Einberufungsfristen - MüKoBGB/Grothe 10. Aufl. BGB § 193 Rn. 9 f.). Bei der gesetzlichen Mindestfrist iSv. § 36 Abs. 5 Satz 1, 3 WO iVm. § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG tritt anstelle der Zeitgrenze für die Einreichung von Wahlvorschlägen an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag grundsätzlich das Ende des davorliegenden Werktags (24:00 Uhr). Das gebietet einerseits der Zweck des vereinfachten Wahlverfahrens für Kleinbetriebe, mit dem die Errichtung von Betriebsräten in Kleinbetrieben auch mittels einer Verkürzung relevanter Fristen sichergestellt sein soll (dazu zB MHdB ArbR/Krois 5. Aufl. § 291 Rn. 246), und andererseits die vom Gesetzgeber verlautbarte Intention des § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG, wonach die Arbeitnehmer - ohne dass ersichtlich wäre, Besonderheiten wie die eines Schicht- oder Wechselschichtbetriebs einbeziehen zu wollen - eine Woche „vor dem Tag“ der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats über die Kandidaten informiert sein sollen (so ausdrücklich - in modifiziertem Ausdruck zur textlichen Fassung von § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG, der auf „eine Woche vor der Wahlversammlung“ abstellt - BT-Drs. 14/5741 S. 37).

21(3) In der vorliegenden Konstellation fiel - ausgehend von der für Montag, den festgelegten Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats - der Ablauf der rückwärts zu bestimmenden Wochenfrist des § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG analog § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Halbs. 1 BGB auf Montag, den (00:00 Uhr). Der Vortag (24:00 Uhr) war ein Sonntag; maßgeblich für die Zeitgrenze des Einreichens von Wahlvorschlägen iSv. § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG („bis eine Woche vor der Wahlversammlung“) war - wie im Wahlausschreiben angegeben - Freitag, der (24:00 Uhr).

22bb) Die bereits am Nachmittag des erfolgte Bekanntmachung des vom Wahlvorstand als gültig anerkannten Wahlvorschlags begründet keinen Anfechtungsgrund. § 36 Abs. 5 Satz 3 WO iVm. § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG bildet eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren (nur) insofern, als mit ihr eine - zeitpunktabhängig definierte - Pflicht des Wahlvorstands zur Bekanntmachung der für gültig befundenen Wahlvorschläge festgelegt ist. Ein Regelungsinhalt, dass die Bekanntmachung vor Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist strikt untersagt ist, kommt § 36 Abs. 5 Satz 3 WO iVm. § 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG nicht zu.

23(1) Hierfür spricht schon der Wortlaut der Bestimmung. Zwar ist § 36 Abs. 5 Satz 3 WO zwingend formuliert („hat“); dies bringt aber nur zum Ausdruck, dass der Wahlvorstand nach Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist zur Bekanntmachung der als gültig anerkannten Wahlvorschläge verpflichtet ist. Daraus folgt nicht zwangsläufig, dass es ihm (zugleich) verboten ist, die Bekanntgabe zu einem früheren Zeitpunkt vorzunehmen.

24(2) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts deuten die unterschiedlichen textlichen Fassungen der die Wahlvorschläge betreffenden Bekanntmachungspflichten im Regelwahlverfahren und im vereinfachten Wahlverfahren auf kein mit § 36 Abs. 5 Satz 3 WO aufgestelltes Bekanntmachungsverbot vor Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist. Zwar benennt die bei der Wahl von mehr als fünf Betriebsratsmitgliedern (aufgrund von Vorschlagslisten) geltende Bekanntmachungspflicht des § 10 Abs. 2 WO ausdrücklich einen „Spätestens-Zeitpunkt“ („spätestens eine Woche vor Beginn der Stimmabgabe“), während sich § 36 Abs. 5 Satz 3 WO einer solchen Formulierung enthält. Ein daraus folgender Umkehrschluss verbietet sich aber bereits wegen der auf die unterschiedlichen Wahlverfahren abhebenden Systematik der Wahlordnung. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass der Wahlvorstand im vereinfachten Wahlverfahren bezüglich der Bekanntmachung von Wahlvorschlägen einer stärkeren Bindung unterliegen soll. Eine solche Annahme widerspräche vielmehr der Intention des vereinfachten Wahlverfahrens, mit dem die Errichtung von Betriebsräten in Kleinbetrieben erleichtert werden soll, indem das Wahlverfahren weniger aufwendig gestaltet wird (vgl. GK-BetrVG/Jacobs 12. Aufl. BetrVG § 14a Rn. 2).

25(3) Auch aus der Vorgabe, dass nur „als gültig anerkannte“ Wahlvorschläge bekannt zu machen sind, lässt sich kein Verbot der vorfristigen Bekanntmachung ableiten. Dies bedeutet lediglich, dass sich die Pflicht zur Bekanntmachung auf solche Wahlvorschläge bezieht, die der Wahlvorstand als gültig anerkannt hat; als nicht gültig anerkannte Wahlvorschläge sind gerade nicht bekannt zu machen. Insofern mag in Betracht kommen, dass der Wahlvorstand mehrere gleichzeitig eingereichte, von ihm für gültig erachtete Wahlvorschläge nicht ungleich behandeln darf, indem er diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten (etwa einen Wahlvorschlag vor und einen Wahlvorschlag nach dem Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist) bekannt macht. Dies verletzte aber nicht die Bekanntmachungspflicht „an sich“, sondern das für den Wahlvorstand allgemein geltende Neutralitätsgebot.

26(4) Der Umstand, dass sich die Ungültigkeit eines Wahlvorschlags im Hinblick auf die notwendige Mindestanzahl von Stützunterschriften und eventuelle Mehrfachunterstützungen ggf. erst im Nachhinein ergeben kann, gebietet kein zwingendes Verbot der Bekanntmachung vor dem Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist zur Einreichung der Wahlvorschläge.

27(a) In Betrieben mit in der Regel mehr als bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern (§ 14 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) setzt ein gültiger Wahlvorschlag voraus, dass er von einer ausreichenden Anzahl wahlberechtigter Arbeitnehmer (§ 14 Abs. 4 Satz 2 und 3 BetrVG) unterzeichnet wird (sog. Stützunterschriften). Nach § 36 Abs. 5 Satz 2 iVm. § 6 Abs. 5 Satz 1 WO zählt die Unterschrift eines Wahlberechtigten nur auf einem Wahlvorschlag. Nach der für die Verhältnis- bzw. Listenwahl verfassten Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 2 WO, auf den § 36 Abs. 5 Satz 2 WO verweist, hat ein mehrere Vorschlagslisten unterzeichnender Wahlberechtigter auf Aufforderung des Wahlvorstands binnen einer ihm gesetzten angemessenen Frist, spätestens jedoch vor Ablauf von drei Arbeitstagen, zu erklären, welche Unterschrift er aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, wird sein Name auf der zuerst eingereichten Vorschlagsliste gezählt und auf den übrigen gestrichen, § 6 Abs. 5 Satz 3 WO. Sinkt die Zahl der Unterschriften durch eine Streichung unter die in § 14 Abs. 4 BetrVG festgelegte Mindestanzahl, ist nach § 8 Abs. 2 letzter Halbs. WO zu verfahren. Demnach kann der Mangel der Vorschlagsliste binnen einer Frist von drei Arbeitstagen beseitigt werden; die Vorschlagsliste wird erst mit ex-nunc-Wirkung ungültig. § 36 Abs. 5 Satz 2 WO modifiziert dies dahingehend, dass die Fristen des § 6 Abs. 5 und § 8 Abs. 2 WO nicht zur Überschreitung der gesetzlichen Mindestfrist zur Einreichung von Wahlvorschlägen führen dürfen. Die Erklärungsfrist des § 6 Abs. 5 WO ist also auf weniger als drei Arbeitstage zu kürzen, sofern ein mehrfachunterstützter Wahlvorschlag innerhalb der letzten drei Tage vor Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist eingereicht wird. Erfolgt der mehrfachunterstützte Wahlvorschlag erst so kurzzeitig vor Fristablauf, dass das Setzen einer Erklärungsfrist ausscheidet, greift die Zuordnung der Stützunterschrift nach § 6 Abs. 5 Satz 3 WO. Bewirkt die Streichung oder Zuordnung, dass der Wahlvorschlag nicht mehr die notwendige Zahl von Unterschriften aufweist, ist auch die Frist des § 8 Abs. 2 WO nur dann uneingeschränkt zu beachten, wenn der nach ihrem Ablauf verbleibende Zeitraum ausreicht, um die einwöchige Frist des § 14a Abs. 3 Satz 2 BetrVG zu wahren. Sollte das nicht der Fall sein, verkürzt sie sich entsprechend und kann ggf. sogar ganz leerlaufen.

28(b) Daraus folgt keine Untersagung der „vorfristigen“ Bekanntmachung von Wahlvorschlägen. Gemäß § 36 Abs. 5 Satz 2 iVm. § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand einen Wahlvorschlag unverzüglich und möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach dessen Eingang zu prüfen. Erkennt er ihn als gültig an, begeht er im Hinblick auf die im einstufigen vereinfachten Wahlverfahren allgemein verkürzten Fristen keinen Fehler, den Wahlvorschlag frühzeitiger als zwingend geboten bekannt zu machen. Der Wahlvorstand muss nicht davon ausgehen, dass sich ein als gültig befundener Wahlvorschlag später als ungültig herausstellt, weil sich zum einen das Problem der Mehrfachunterstützung von Wahlvorschlägen ohnehin zwangsläufig erst stellen kann, wenn mehrere Wahlvorschläge - fristgerecht - eingereicht sind. Zum anderen bewirkte die Mehrfachunterstützung von Wahlvorschlägen nur die ex-nunc-Ungültigkeit desjenigen Wahlvorschlags, der nach den Vorgaben des § 36 Abs. 5 Satz 2 iVm. § 6 Abs. 5 WO durch die Streichung einer (oder mehrerer) seiner Stützunterschriften oder deren Zuordnung zu einem anderen Wahlvorschlag nicht mehr die notwendige Mindestanzahl an Stützunterschriften aufwiese und der Mangel trotz der die Nachfrist des § 36 Abs. 5 Satz 2 iVm. § 8 Abs. 2 WO in Gang setzenden Beanstandung durch den Wahlvorstand nicht (mehr) behoben werden kann.

29(5) Schließlich gebieten Sinn und Zweck des § 36 Abs. 5 Satz 2 WO kein Verbot einer frühzeitigeren Bekanntmachung der Wahlvorschläge. Diese dient der neutralen, rechtzeitigen und umfassenden Information der Wähler über die zur Wahl stehenden Kandidaten (vgl. zur Bekanntgabe nach § 10 Abs. 2 WO  - Rn. 23). Durch die Regelung in § 36 Abs. 5 WO wird sichergestellt, dass auch im vereinfachten Verfahren die Arbeitnehmer spätestens eine Woche vor dem Tag der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats über die Kandidaten informiert sind (vgl. BT-Drs. 14/5741 S. 37). Dieser Zweck ist erst recht erfüllt, wenn ein als gültig befundener Wahlvorschlag „vorfristig“ bekannt gegeben wird. Allein die theoretische Möglichkeit, dass sich potenzielle Wahlbewerber durch die Bekanntmachung eines Wahlvorschlags von einer eigenen Kandidatur abschrecken lassen könnten, genügt nicht, um aus der zeitpunktgebundenen Bekanntmachungspflicht im Wege der Rechtsfortbildung ein Verbot der frühzeitigeren Bekanntmachung zu entwickeln, zumal es ebenso möglich erscheint, dass sich Wahlberechtigte durch die Bekanntgabe eines Wahlvorschlags überhaupt erst veranlasst sehen, selbst noch zu kandidieren. Dass ein solcher, nach Bekanntgabe des ersten Wahlvorschlags - noch innerhalb der Frist - eingereichter Wahlvorschlag nicht genauso lange aushängen würde, ist unerheblich. Durch § 36 Abs. 5 Satz 2 WO ist gewährleistet, dass alle als gültig anerkannten Wahlvorschläge zumindest in der maßgeblichen Zeit vor der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats den Wahlberechtigten bekannt gegeben sind.

302. Der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob der Wahlanfechtungsantrag begründet ist.

31a) Nach dem von ihm festgestellten Sachverhalt hat das Landesarbeitsgericht einen Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren im Zusammenhang der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe übersehen. Der Senat vermag aber nicht zu beurteilen, ob dieser geeignet war, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

32aa) Wahlberechtigten Arbeitnehmern, die an der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats im Rahmen des vereinfachten Wahlverfahrens für Kleinbetriebe nicht teilnehmen können, ist nach § 14a Abs. 4 BetrVG Gelegenheit zur schriftlichen Stimmabgabe zu geben. Gemäß § 36 Abs. 4 WO gelten die Vorschriften über die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe nach § 35 WO entsprechend. Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 WO muss die oder der Wahlberechtigte das Verlangen auf nachträgliche schriftliche Stimmabgabe dem Wahlvorstand spätestens drei Tage vor dem Tag der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats mitgeteilt haben. Wird die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe aufgrund eines solchen Antrags erforderlich, hat dies der Wahlvorstand gemäß § 35 Abs. 2 WO unter Angabe des Orts, des Tags und der Zeit der öffentlichen Stimmauszählung in gleicher Weise bekannt zu machen wie das Wahlausschreiben. § 35 Abs. 3 WO bestimmt, dass der Wahlvorstand unmittelbar nach Ablauf der Frist für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe in öffentlicher Sitzung die Auszählung der Stimmen vornimmt.

33bb) Die Wahlordnung gibt nicht vor, wie die Frist für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe zu bestimmen ist. Um die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe nicht faktisch unmöglich zu machen, ist sie so zu bemessen, dass eine Briefwahl unter Berücksichtigung der betrieblichen Verhältnisse und der normalen Postlaufzeit ordnungsgemäß erfolgen kann (Fitting BetrVG 32. Aufl. WO § 35 Rn. 7; Heilmann AiB 2001, 621, 623; DKW/Homburg 19. Aufl. § 35 WO Rn. 4; HaKo-BetrVG/Sachadae 6. Aufl. WO § 35 Rn. 7; Thüsing/Lambrich NZA Sonderheft 2001, 79, 92). Aufgrund der Frist für das Verlangen auf schriftliche Stimmabgabe von drei Tagen vor der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats ist unter Berücksichtigung der Bearbeitungszeit durch den Wahlvorstand und einer regelmäßigen Übermittlungszeit von zwei Werktagen davon auszugehen, dass dem Wahlberechtigten in der Regel die Unterlagen an dem Tag vorliegen, an dem diese Wahlversammlung stattfindet. Stellt man eine entsprechend lange Rücklaufzeit für die Stimmunterlagen in Rechnung, kann die öffentliche Stimmauszählung frühestens am dritten Tag nach dem Datum der Wahlversammlung angesetzt werden (vgl. Richardi BetrVG/Forst 17. Aufl. WO § 35 Rn. 6). Diese Aspekte hat der Wahlvorstand im Rahmen seines Ermessens bei der Festlegung des konkreten Zeitpunkts des Fristablaufs ebenso zu beachten wie den Beschleunigungscharakter des vereinfachten Wahlverfahrens (GK-BetrVG/Jacobs 12. Aufl. WO § 35 Rn. 5).

34cc) Gegen diese wesentlichen Vorgaben hat der Wahlvorstand verstoßen, ohne dass auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen beurteilt werden kann, ob es iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG ausgeschlossen ist, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

35(1) Soweit der Wahlvorstand im Wahlausschreiben angegeben hat, die nachträgliche Stimmabgabe müsse durch Einreichung der Briefwahlstimme beim Wahlvorstand unter der genannten Betriebsadresse bis zum erfolgen, ohne entsprechend der Vorgabe von § 36 Abs. 3 iVm. § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 13 WO eine bestimmte Zeit zu benennen, ist dies unschädlich. Das Landesarbeitsgericht hat das Wahlausschreiben ohne Rechtsfehler dahingehend interpretiert, aus der fehlenden Uhrzeitangabe sei ersichtlich, dass Briefwahlstimmen dem Wahlvorstand an dem genannten Datum bis 24:00 Uhr zugehen können (vgl.  - Rn. 22, BAGE 175, 1).

36(2) Die Frist für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe wurde jedoch auf den Tag der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats festgelegt und ist damit zu kurz bemessen.

37(a) Wahlberechtigte, die - in zulässiger Weise - die Unterlagen zur schriftlichen Stimmabgabe erst am vom Wahlvorstand verlangt hatten, konnten nicht damit rechnen, dass sie die in § 24 Abs. 1 WO genannten Briefwahlunterlagen innerhalb dieser Frist vom Wahlvorstand übermittelt bekommen, ausfüllen und an den Wahlvorstand zurücksenden konnten. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, wie lange eine Frist zur nachträglichen Stimmabgabe mindestens sein muss. Jedenfalls ist das Setzen einer am Tag der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats ablaufenden Frist mit dem Grundgedanken einer „nachträglichen“ schriftlichen Stimmabgabe nicht zu vereinbaren.

38(b) Der Senat vermag hingegen nicht abschließend zu beurteilen, ob sich dieser Verstoß auf das Wahlergebnis iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG auswirken konnte. Das Landesarbeitsgericht hat die Zeitspanne für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe nicht problematisiert und - insofern konsequent - keine Feststellungen dazu getroffen, ob durch sie Wahlberechtigte möglicherweise von der Teilnahme an der Wahl abgehalten worden sind. Zwar hat es festgestellt, dass nur eine Briefwahlstimme abgegeben worden ist, die bei der Auszählung vom Wahlvorstand auch berücksichtigt wurde. Daraus folgt jedoch nur, dass keine Stimmen nach Ablauf der gesetzten Frist eingegangen sind. Der Verstoß hätte jedoch auch dann das Wahlergebnis verändern oder beeinflussen können, wenn Wahlberechtigte aufgrund der zu kurzen Frist von einer Betriebsratswahl abgehalten worden wären. Dies wäre wiederum dann ausgeschlossen, wenn außer der einen Person, die ihre Stimme im Wege der Briefwahl abgegeben hat, keine weiteren Wahlberechtigten am Tag der Wahlversammlung betriebsabwesend waren. Gleiches gölte, wenn nur so wenige Personen abwesend waren, dass ihre Stimmen das Wahlergebnis nicht hätte beeinflussen können. Die hierzu erforderlichen Feststellungen und Wertungen wird das Landesarbeitsgericht zu treffen und nachzuholen haben.

39dd) Im Hinblick auf die Fristsetzung zur Einreichung der Briefwahlstimmen bis zum verstieß zudem die Festlegung der öffentlichen Stimmauszählung auf den ab 12:00 Uhr gegen die wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren von § 36 Abs. 4 iVm. § 35 Abs. 3 WO. Danach hat der Wahlvorstand die Auszählung der Stimmen „unmittelbar“ nach Ablauf der Frist für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe vorzunehmen. Allerdings lässt sich auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen auch insoweit nicht klären, ob dieser Verstoß für das Wahlergebnis kausal iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG war. Dagegen könnte ggf. der Umstand sprechen, dass der Wahlvorstand, der die in der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats abgegebenen Stimmen gemäß § 36 Abs. 4 iVm. § 34 Abs. 2 WO in einer versiegelten Wahlurne aufzubewahren hat, im Rahmen seines Ermessens die Frist zur schriftlichen Stimmabgabe auf den , 12:00 Uhr hätte festlegen können. Bei rechtmäßigem Verhalten des Wahlvorstands wäre es mithin ebenso zu einer Aufbewahrung der persönlich abgegebenen Stimmen bis zum , 12:00 Uhr gekommen. Auch diesbezüglich hat das Landesarbeitsgericht - sollte es darauf ankommen - eine Wertung nachzuholen.

40b) Die Zurückverweisung ist nicht deshalb entbehrlich, weil dem Anfechtungsantrag aus anderen Gründen stattzugeben wäre. Die Wahl ist nicht wegen anderer Verstöße gegen Wahlvorschriften anfechtbar. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

41aa) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt, dass der - acht Wahlbewerber benennende - Wahlvorschlag die notwendige Mindestanzahl an Stützunterschriften iSv. § 14 Abs. 4 Satz 2 BetrVG aufwies. Er bedurfte als Wahlvorschlag der Unterzeichnung von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und nicht, wie die Arbeitgeberinnen meinen, der Zuordnung von mindestens zwei Stützunterschriften zu jedem der acht Wahlbewerber.

42(1) Dies folgt aus § 14 Abs. 4 Satz 2 BetrVG. Danach sind Wahlvorschläge in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern zu unterzeichnen. Unter Wahlvorschlag ist die Benennung einer oder mehrerer Personen gegenüber dem Wahlvorstand zu verstehen, die für die Wahl zum Betriebsrat vorgeschlagen werden (Fitting BetrVG 32. Aufl. § 14 Rn. 40; GK-BetrVG/Jacobs 12. Aufl. BetrVG § 14 Rn. 48; Richardi BetrVG/Forst 17. Aufl. WO § 6 Rn. 1). § 14 Abs. 4 BetrVG gilt unverändert auch im einstufigen vereinfachten Wahlverfahren für Kleinbetriebe (§ 14a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG), wonach die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl erfolgt (§ 14 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Das dort geregelte Mindestquorum an Unterschriften bezieht sich auch bei der Mehrheitswahl nicht auf Wahlbewerber, sondern auf Wahlvorschläge.

43(2) Aus den Vorgaben der Wahlordnung folgt nichts Gegenteiliges. Der dort zT verwandte Begriff „Vorschlagslisten“ trägt dem Umstand Rechnung, dass das Regelwahlverfahren prinzipiell nach den Grundsätzen der Verhältniswahl stattfindet, also eine Listenwahl ist. Die gegenüber dem Begriff „Wahlvorschlag“ abweichende Bezeichnung ist materiell-rechtlich bedeutungslos (vgl. GK-BetrVG/Jacobs 12. Aufl. BetrVG § 14 Rn. 48; Richardi BetrVG/Forst 17. Aufl. WO § 6 Rn. 1) und bedingt vor allem nicht den von den Arbeitgeberinnen gezogenen Schluss, das gesetzlich festgelegte absolute und relative Mindest-Unterschriftenquorum sei bei der Mehrheitswahl wahlbewerberbezogen zu verstehen. Dies verdeutlicht schließlich auch die Wahlordnung selbst. So verweist § 36 Abs. 5 Satz 2 WO ua. auf die Regelung des § 6 Abs. 4 WO zur Bezeichnung eines Listenvertreters; dies wäre unnötig, wenn als Wahlvorschlag nur jeder einzelne Wahlbewerber in Betracht käme. Auch soll nach § 36 Abs. 5 Satz 2 iVm. § 6 Abs. 2 WO ein Wahlvorschlag im einstufigen vereinfachten Wahlverfahren - ebenso wie im Regelwahlverfahren - mindestens doppelt so viele Wahlbewerber aufweisen, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Da in Betrieben mit in der Regel 21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern der Betriebsrat aus drei Mitgliedern und in Betrieben mit 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern bis 100 Arbeitnehmern aus fünf Mitgliedern besteht (vgl. § 9 Abs. 1 BetrVG), bewirkte die Sollvorgabe in Konsequenz der Ansicht der Arbeitgeberinnen für jeden Wahlvorschlag die Notwendigkeit von mindestens zwölf bzw. 20 Stützunterschriften. Dies tangierte das verfassungskonforme Verständnis des § 14 Abs. 4 Satz 2 BetrVG. Die Bestimmung einer Mindestanzahl von Unterschriften für gültige Wahlvorschläge ist - auch bei der Betriebsratswahl - nur insoweit verfassungsgemäß, als sie erforderlich ist, um den Wahlakt auf ernsthafte Bewerber zu beschränken (ausf. dazu  - Rn. 24 mwN).

44bb) Das Landesarbeitsgericht hat weiter zutreffend angenommen, dass der vormalige Betriebsratsvorsitzende als Wahlbewerber befugt war, Stützunterschriften für den Wahlvorschlag im Betrieb zu sammeln, ohne dass dem seine Mitgliedschaft im Wahlvorstand entgegenstünde. Ein Mitglied (Ersatzmitglied) des Wahlvorstands kann zugleich Wahlbewerber für die Betriebsratswahl sein (ausf.  - zu III 2 a der Gründe, BAGE 28, 203), einen Wahlvorschlag für die Betriebsratswahl unterzeichnen (ausf.  - zu III 2 b der Gründe) und sich um Stützunterschriften bemühen. Soweit die Arbeitgeberinnen geltend gemacht haben, der vormalige Betriebsratsvorsitzende habe gegenüber einem wahlberechtigten Arbeitnehmer bei der Werbung um dessen Stützunterschrift nicht als Wahlbewerber, sondern als Wahlvorstandsmitglied agiert, wäre ein solcher (unterstellter) Verstoß gegen die Neutralitätsverpflichtung des Wahlvorstands jedenfalls nicht geeignet gewesen, das Wahlergebnis iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG zu beeinflussen. Als der wahlberechtigte Arbeitnehmer seine Unterschrift leistete, trug der Wahlvorschlag bereits die ausreichende Anzahl an Stützunterschriften. Selbst wenn man also diese Unterzeichnung - und zudem die nachfolgend geleisteten Stützunterschriften - nicht berücksichtigen würde, wäre der Wahlvorschlag von einer ausreichenden Mindestanzahl an Unterzeichnungen von wahlberechtigten Arbeitnehmern getragen gewesen.

45cc) Die Beanstandungen der Angaben im Wahlausschreiben begründen keine Anfechtbarkeit der streitbefangenen Wahl. Auch hiervon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen.

46(1) Es hat zutreffend einen Verstoß gegen § 36 Abs. 3 iVm. § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WO verneint. Danach muss das Wahlausschreiben die Bestimmung des Orts, an dem die Wählerliste und die Wahlordnung ausliegen, sowie im Fall der Bekanntmachung in elektronischer Form (§ 2 Abs. 4 Satz 3 und 4 WO) die Angaben enthalten, wo und wie von der Wählerliste und der Wahlordnung Kenntnis genommen werden kann. Im Wahlausschreiben war angegeben, dass die Wählerliste und die Wahlordnung im Betriebsratsbüro im Bürogebäude zur Einsicht ausliegen „bzw. ... in elektronischer Form (ergänzend) zur Kenntnis genommen werden“ können. Von einer (ergänzenden) Bekanntmachung mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik iSv. § 2 Abs. 4 WO hat der Wahlvorstand nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aber keinen Gebrauch gemacht. Maßgeblich war damit allein die Auslage der Wählerliste und der Wahlordnung in Papierform.

47(2) Soweit im Wahlausschreiben gemäß § 36 Abs. 3 iVm. § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 letzter Halbs. WO als letzter Tag der Frist für einen Einspruch gegen die Wählerliste der genannt war, handelte es sich zwar um ein unzutreffendes Datum. Wie im Wahlausschreiben im Übrigen zutreffend angegeben, können Einsprüche gegen die Wählerliste nur vor Ablauf von drei Tagen seit dem Erlass des Wahlausschreibens schriftlich beim Wahlvorstand eingelegt werden. Das Wahlausschreiben wurde am erlassen. Die Angabe des fehlerhaften Datums für den Fristablauf konnte nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aber keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben. Auch bis zu dem im Wahlausschreiben angegebenen Zeitpunkt ging beim Wahlvorstand kein Einspruch gegen die Wählerliste ein.

48(3) Die Betriebsadresse des Wahlvorstands war iSv. § 36 Abs. 3 iVm. § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 WO hinreichend konkret im Wahlausschreiben angegeben. Dort war neben einer Mail-Adresse auch auf ein Postfach und einen Wahlvorstandsbriefkasten hingewiesen. Dass dieser nur hinsichtlich seiner Belegenheit im Produktionsgebäude beschrieben ist (ohne genaue Adressangabe), ist unschädlich, denn in der Kopfzeile des Wahlausschreibens ist diese Adresse angegeben. Vor diesem Hintergrund hat das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass sich aus dem Wahlausschreiben für die Wahlberechtigten hinreichend klar ergab, wie der Wahlvorstand zu erreichen ist. Damit ist dem Zweck der Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 WO (vgl. zur vergleichbaren Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 12 WO  - Rn. 30 f., BAGE 175, 1) genügt.

49(4) Das Wahlausschreiben entsprach der Anforderung des § 36 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WO, wonach der Wahlvorstand - abweichend von § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 8 WO - anzugeben hat, dass die Wahlvorschläge spätestens eine Woche vor dem Tag der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats beim Wahlvorstand einzureichen sowie der letzte Tag der Frist und im Fall des § 41 Abs. 2 WO zusätzlich die Uhrzeit anzugeben sind. Im Wahlausschreiben war der zutreffend als letzter Tag der Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge benannt. Einer zusätzlichen Uhrzeitangabe bedurfte es nicht. Zwar kann der Wahlvorstand nach § 41 Abs. 2 Satz 1 WO mit der Bestimmung des letzten Tags einer Frist eine Uhrzeit festlegen, bis zu der ihm Erklärungen ua. nach § 36 Abs. 5 Satz 1 und 2 WO - also Wahlvorschläge - zugehen müssen, wobei diese Uhrzeit nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler an diesem Tag liegen darf, § 41 Abs. 2 Satz 2 WO. Trifft der Wahlvorstand aber - wie vorliegend - keine entsprechende Festlegung, liegt kein Fall des § 41 Abs. 2 WO vor und die Uhrzeitnennung gehört nicht zu den Mindestangaben iSv. § 36 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WO.

50dd) Schließlich stellt die Festlegung der Wahlversammlung in der Zeit von 05:30 Uhr bis 15:00 Uhr mit einer Unterbrechung in der Zeit von 06:45 Uhr bis 13:15 Uhr keinen Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren dar. Dies steht vielmehr in Einklang mit §§ 14a44 BetrVG.

51(1) Nach § 44 Abs. 1 BetrVG findet ua. die in § 14a BetrVG bezeichnete Versammlung während der Arbeitszeit statt, soweit nicht die Eigenart des Betriebs eine andere Regelung zwingend erfordert.

52(2) Die Unterbrechung der Wahlversammlung war erkennbar darauf gerichtet, die Versammlung sowohl während des Übergangs von der Nacht- zur Frühschicht als auch vom Übergang von der Früh- zur Spätschicht offenzuhalten. Dem lag augenscheinlich der Gedanke zugrunde, dass die Arbeitnehmer aller drei Schichten die Gelegenheit erhalten sollten, innerhalb ihrer Arbeitszeit die Stimme abzugeben. Die Wahlversammlung lag damit zwar nicht komplett innerhalb der Arbeitszeit aller Wahlberechtigter. Bei Schichtbetrieben kann aber die Anberaumung der Versammlung in dem Zeitraum des Endes der einen und dem Beginn der nächsten Schicht zulässig sein, weil dies der betrieblichen Eigenart geschuldet ist (vgl. DKW/Berg 19. Aufl. § 44 Rn. 16; Fitting BetrVG 32. Aufl. § 44 Rn. 11).

53(3) Soweit mit der Unterbrechung der Wahlversammlung von vornherein einherging, dass an ihr unterschiedliche Personen teilnahmen, bewirkt dies keinen Wahlverfahrensfehler. Die ordnungsgemäße Durchführung der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats setzt nicht die durchgehende gemeinsame Anwesenheit aller Wahlberechtigter voraus. Auch Wahlberechtigte, die zum Zeitpunkt der Eröffnung der Wahlversammlung noch nicht im Versammlungsraum anwesend waren, können ihre Stimme abgeben, solange sie noch vor der Schließung der Versammlung im Raum erscheinen (GK-BetrVG/Jacobs 12. Aufl. BetrVG § 14a Rn. 64). Das folgt aus dem Umstand, dass ausschließlicher Zweck der Wahlversammlung iSv. § 14a Abs. 3 BetrVG die persönliche Stimmabgabe der Wahlberechtigten ist. Die Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats tritt im vereinfachten Wahlverfahren insoweit an die Stelle des Tags der Stimmabgabe im Regelwahlverfahren (GK-BetrVG/Jacobs 12. Aufl. § 14a BetrVG Rn. 64 mit dem zutreffenden Verweis auf § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 11 WO). Wie im Regelwahlverfahren erfolgt die Stimmabgabe nach § 14a Abs. 1 Satz 3 BetrVG in geheimer und unmittelbarer Wahl. Weder das Betriebsverfassungsgesetz noch die Wahlordnung sehen eine gemeinsame Aussprache über die Wahlbewerber im Rahmen der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats vor. Auch das Wahlrecht steht danach einer längeren Unterbrechung der Versammlung nicht entgegen. Nach § 34 Abs. 1 Satz 4 iVm. § 12 Abs. 5 Satz 2 WO ist eine Unterbrechung der Stimmabgabe - unter Beachtung der dort genannten Maßnahme - zulässig.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2024:271124.B.7ABR32.23.0

Fundstelle(n):
DAAAJ-89878