Steinbruch
Leitsatz
Steinbruch
1. § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB bezweckt zu verhindern, dass marktmächtige Unternehmen ihre vom Wettbewerb nicht hinreichend kontrollierten Handlungsspielräume zum Nachteil Dritter ausnutzen und dadurch das Marktgeschehen stören; die Bestimmung dient dagegen nicht dem einseitigen Sozialschutz und schützt den Marktteilnehmer auch nicht vor den Folgen geschäftlicher Fehlentscheidungen (Bestätigung von , WuW/E BGH 2491 [juris Rn. 32] - Opel Blitz I; vom - KZR 1/92, WuW/E BGH 2855 [juris Rn. 10] - Flaschenkästen).
2. Für die Beurteilung, ob dem Unternehmen ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen, kommt es grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Behinderung oder Diskriminierung an.
3. Ob und inwieweit eine unternehmensbedingte Abhängigkeit in der Vergangenheit vom einen oder anderen Unternehmen verursacht worden ist, ist regelmäßig erst bei der Interessenabwägung gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB zu berücksichtigen.
Gesetze: § 19 Abs 2 Nr 1 GWB, § 20 Abs 1 S 1 GWB
Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 11 U 71/22 (Kart) Urteilvorgehend LG Frankfurt Az: 2-06 O 254/21
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin bei der Neuvergabe des Pachtvertrags über einen Steinbruch beteiligen muss. Die Beklagte ist Eigentümerin des Waldes B, den sie vorwiegend als Forstbetrieb bewirtschaftet. Sie ist ferner Verpächterin der im Wald befindlichen Steinbrüche B. (im Folgenden: Steinbruch 1) und B-R (im Folgenden: Steinbruch 2). Steinbruch 1 ist bis 2045 an E verpachtet, die auch im Straßenbau tätig ist.
2Steinbruch 2 wurde vom Rechtsvorgänger der Beklagten (dieser und die Beklagte im Folgenden: Beklagte) mit Pachtvertrag vom an die Klägerin verpachtet. Die Klägerin gehört zur D-Gruppe, einem Familienunternehmen mit einem Gesamtjahresumsatz von etwa 20 Mio. €. Geschäftsgegenstand der Klägerin ist der Betrieb des Steinbruchs 2 als ihrer einzigen Betriebsstätte. Sie hat ein mit dem Pachtverhältnis endendes Erbbaurecht an den Flächen, auf denen sie mit den in ihrem Eigentum stehenden Betriebsmitteln eine Aufbereitungsanlage betreibt. Die Natursteinprodukte aus dem Steinbruch vertreibt sie an von ihr unabhängige Unternehmen, die insbesondere im Straßenbau tätig sind. Mit Vereinbarung vom einigten sich die Parteien auf eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses bis zum .
3Die Klägerin und E haben bis 2014 beim Betrieb der Steinbrüche zusammengearbeitet, sind seither aber im Wettbewerb zueinander tätig. Nach einem mit Zustimmung der Beklagten von der Klägerin betriebenen Planfeststellungsverfahren wurde mit Planfeststellungsbeschluss vom ein Rahmenbetriebsplan festgestellt, der den Betrieb des Steinbruchs 2 bis 2038 gestattet. Jedenfalls seit Ausspruch einer ersten Kündigung des Pachtvertrags vom beabsichtigt die Beklagte, den Pachtvertrag mit der Klägerin zu beenden und auch den Steinbruch 2 an E zu verpachten. Da die Pachtzahlungen zum größten Teil umsatzabhängig sind, will sie durch den Ausschluss des Wettbewerbs zwischen den Steinbruchbetreibern höhere Pachteinnahmen erzielen. Es ist rechtskräftig festgestellt, dass eine zu diesem Zweck zum ausgesprochene Kündigung unwirksam war (, BGHZ 234, 288 - Kartellrecht im Schiedsverfahren). Vor dem Ende des Pachtvertrags mit der Klägerin zum schloss die Beklagte mit E einen verbindlichen Vorvertrag über die Verpachtung des Steinbruchs 2. Auf ein Schreiben der Klägerin vom mit der Aufforderung, die Neuverpachtung kartellrechtskonform und diskriminierungsfrei zu gestalten, antwortete sie nicht.
4Die Klägerin hat zunächst die Feststellung verlangt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Steinbruch 2 erneut an sie zu den Bedingungen zu verpachten, die auch für E gelten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufung hat die Klägerin hilfsweise unter anderem verlangt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die Klägerin bei der Pächterauswahl für Steinbruch 2 unbillig zu behindern oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund zu diskriminieren, insbesondere durch Verweigerung der Entgegennahme oder Kenntnisnahme von Angeboten (im folgenden Antrag 1), Auswahl anhand unsachlicher Kriterien wie der Beseitigung des Wettbewerbsverhältnisses zu E (im folgenden Antrag 2), sowie Angebote für eine Pacht durch die Klägerin zu anderen Konditionen, als sie anderen Bietern geboten werden (im folgenden Antrag 3). Das Berufungsgericht hat dem Hilfsantrag wegen der Anträge 1 bis 3 stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.
Gründe
5Die Revision hat hinsichtlich der Verurteilung wegen des Antrags 3 Erfolg und bleibt im Übrigen erfolglos.
6I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (WuW 2023, 625) - soweit hier erheblich - ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte gemäß § 33 Abs. 1, 2 in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB einen Anspruch darauf, an der Neuvergabe diskriminierungsfrei beteiligt zu werden. Die Klägerin sei auf dem relevanten Markt der Bereitstellung von Flächen für den Betrieb von Steinbrüchen, auf dem sie als Nachfragerin und die Beklagte als Anbieterin aufträten, unternehmensbedingt abhängig. Ihr Geschäft sei standortgebunden, sie habe den Steinbruch mit dem notwendigen Gerät ausgestattet, und ihr stehe keine ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeit zur Verfügung. Es bestehe ein deutliches Ungleichgewicht zwischen der Marktmacht der Parteien. Die Klägerin habe kein anderes Grundstück, während die Beklagte über einen anderen übernahmewilligen Betreiber verfüge. Ferner sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte durch die eine oder andere Gestaltung erheblich oder wie die Klägerin existenzbedrohend beeinträchtigt werde. Es komme nur auf die heutigen Gegebenheiten an. Außer Betracht bleibe, dass die Klägerin den Steinbruch seit langer Zeit habe ausbeuten können und die ihr für eine Amortisation ihrer Investitionen zur Verfügung stehende Zeit gekannt habe. Danach müsse die Beklagte die Entscheidung, wem sie den Steinbruch verpachte, unter gleichberechtigter Einbeziehung der Klägerin treffen. Damit unvereinbar sei das mit den Anträgen 1 und 3 beanstandete Verhalten, nämlich eine Verweigerung der Entgegennahme sowie Kenntnisnahme der Angebote der Klägerin und eine Unterscheidung nach möglichen Pächtern bei eigenen Angeboten der Beklagten.
7Ferner sei das mit dem Antrag 2 beanstandete Verhalten zu untersagen. Das folge schon aus § 1 GWB, denn spätestens mit Abschluss eines Pachtvertrags zwischen der Beklagten und E liege ein Verstoß gegen § 1 GWB vor. Betroffen sei insoweit nicht der Markt der Bereitstellung von Flächen für den Betrieb von Steinbrüchen, sondern der Markt oder die Märkte für gebrochenen Stein, auf denen die Klägerin und E unmittelbare Wettbewerber seien. Aufgrund des Parteivorbringens stehe fest, dass der Pachtvertrag eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung bewirken werde, ohne dass es auf die sachliche und räumliche Abgrenzung des relevanten Marktes ankomme. Es sei unstreitig, dass die Beseitigung der Konkurrenz auf mindestens einem der Märkte, auf denen der gebrochene Stein vermarktet werde, zu einer Wettbewerbsbeeinträchtigung führen werde.
8II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand, soweit die Beklagte verurteilt ist, es zu unterlassen, die Klägerin durch die Verweigerung der Entgegennahme und der Kenntnisnahme von Angeboten der Klägerin für eine Pacht des Steinbruchs 2 sowie durch die Auswahl der Pächterin anhand des Kriteriums der Beseitigung des Wettbewerbsverhältnisses zur Betreiberin des Steinbruchs B. unbillig zu behindern sowie ohne sachlich gerechtfertigten Grund zu diskriminieren. Die Klägerin hat aber keinen Anspruch darauf, dass ihr die Beklagte die Pacht des Steinbruchs 2 zu den gleichen Bedingungen anzubieten hat wie allen anderen Interessenten.
91. Zutreffend und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Unterlassungsantrag nach den dafür geltenden Maßgaben (vgl. , WRP 2010, 1030 [juris Rn. 21] - Erinnerungswerbung im Internet; vom - I ZR 46/09, WM 2011, 665 Rn. 10 - Verbotsantrag bei Telefonwerbung; vom - I ZR 97/21, WRP 2022, 1246 Rn. 12 - dortmund.de) ausreichend bestimmt ist.
10a) Zwar wiederholt er in seinem abstrakten Teil lediglich den Gesetzeswortlaut ("unbillig zu behindern", "ohne sachlichen Grund zu diskriminieren"). Durch den "Insbesondere"-Zusatz hat die Klägerin aber deutlich gemacht, gegen welche Handlungen sich der abstrakte Antragsteil richtet. Der mit "insbesondere" eingeleitete Teil eines Unterlassungsantrags kann grundsätzlich zwei Funktionen haben. Zum einen kann er der Erläuterung des in erster Linie beantragten abstrakten Verbots dienen, indem er beispielhaft verdeutlicht, was unter der im abstrakten Antragsteil genannten Verletzungsform zu verstehen ist. Zum anderen kann der Kläger auf diese Weise deutlich machen, dass Gegenstand seines Begehrens nicht allein ein umfassendes, abstrakt formuliertes Verbot ist, sondern dass er, falls er damit nicht durchdringt, jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens begehrt (st. Rspr., vgl. , GRUR 2016, 705 Rn. 13 - ConText; vom - I ZR 73/17, GRUR 2019, 82 Rn. 21 - Jogginghosen, jeweils mwN). Vorliegend ist mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, dass die mit den Anträgen 1 bis 3 angegriffenen Verhaltensweisen als abschließende Konkretisierungen des Anspruchs auf diskriminierungsfreie Neuverpachtung des Steinbruchs 2 aufzufassen sind. Die Klägerin erstrebt mit dem Hilfsantrag kein darüberhinausgehendes, allgemeines Verbot, von der Beklagten nicht unbillig behindert sowie ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber anderen Interessenten diskriminiert zu werden, was mangels Bestimmtheit unzulässig wäre.
11b) Der "Insbesondere"-Zusatz muss allerdings ebenfalls dem Bestimmtheitsgebot entsprechen (, GRUR 2012, 945 Rn. 22 - Tribenuronmethyl). Auch das ist hier der Fall. Die zu unterlassenden Verhaltensweisen werden in den Anträgen 1 bis 3 hinreichend konkret beschrieben. Das gilt auch für den Antrag 2, mit dem sich die Klägerin gegen eine Auswahl der Pächterin anhand unsachlicher Kriterien wie der Beseitigung des Wettbewerbsverhältnisses zu E wendet. Diesen Antrag hat das Berufungsgericht - von der Revision unbeanstandet - dahingehend ausgelegt, dass das Kriterium der Beseitigung des Wettbewerbsverhältnisses zu E als Konkretisierung zu verstehen ist. Er bezieht sich also nicht allgemein auf eine Auswahl anhand unsachlicher Kriterien, was dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügen würde. Die Auslegung des Berufungsgerichts entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach das Wort "wie" im Klageantrag auch als Konkretisierung, nicht nur als Beispiel verwendet werden kann (, GRUR 2024, 1836 Rn. 17 bis 20).
12 Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der mit den Anträgen 1 und 2 verfolgten Verhaltensweisen gemäß § 33 Abs. 1, 2 in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB im Ergebnis zu Recht bejaht. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB in der hier maßgeblichen und seit dem geltenden Fassung gilt das Verbot der unbilligen Behinderung und Diskriminierung gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht).
13 Die Parteien sind - wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist - Unternehmen im Sinn von § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB. Nach dem für das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen maßgeblichen funktionalen Unternehmensbegriff wird die Unternehmenseigenschaft durch jede selbständige Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr begründet, die auf den Austausch von Waren oder gewerblichen Leistungen gerichtet ist, und sich nicht auf die Deckung des privaten Lebensbedarfs beschränkt (, BGHZ 175, 333 Rn. 21 mwN - Kreiskrankenhaus Bad Neustadt; Hetmank in BeckOK Kartellrecht, 15. Edition, § 20 GWB Rn. 21; Markert/Podszun in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 7. Aufl., § 20 GWB Rn. 12; Zimmer in Immenga/Mestmäcker, aaO, § 1 GWB Rn. 24). Das ist hier sowohl für die Bewirtschaftung des Waldes einschließlich der Verpachtung der darin gelegenen Steinbrüche als auch für deren Betrieb zu bejahen.
14 Als sachlich relevanten Markt hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei den Markt für Grundstücke angesehen, die sich für den Betrieb von Steinbrüchen eignen. Die Abhängigkeit im Sinn von § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB muss sich auf die Stellung der als abhängig in Betracht gezogenen Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen, also auf einen bestimmten abgegrenzten Markt, beziehen (vgl. , [juris Rn. 10 f.] - Zuckerrübenanlieferungsrecht; Beschluss vom - KVR 11/12, WuW/E DE-R 3967 Rn. 18 - Rabattstaffel; Westermann in MüKoWettbR, 4. Aufl., § 20 GWB Rn. 22). Der zutreffenden Annahme des Berufungsgerichts ist die Revision nicht entgegengetreten.
15c) Das Berufungsgericht hat auch im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Klägerin als Pächterin von der Beklagten als Verpächterin im Sinn von § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB abhängig ist. Zu Recht macht zwar die Revision geltend, dass es für die Anerkennung einer unternehmensbedingten Abhängigkeit beim vertraglich vorgesehenen Ende eines Pachtvertrags über ein Geschäftsgrundstück in der Regel keine kartellrechtliche Begründung geben wird. Regelmäßig wird es sich um eine rein bilaterale Vertragsbeziehung ohne eine über die vertragstypische Bindung hinausgehende Wettbewerbsrelevanz handeln, die den Regeln des Zivilrechts unterworfen und bei der der Ausgleich von Härten Aufgabe des Zivilrechts ist (vgl. Taube, Das Diskriminierungs- und Behinderungsverbot für "relativ marktstarke" Unternehmen, 2006, S. 193 bis 196; Markert/Podszun in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 7. Aufl., § 20 GWB Rn. 21, 39 "Fälle von Systembehinderungen und -diskriminierungen"; siehe auch Heuchert, Die Normadressaten des § 26 Abs. 2 Satz 2 GWB - Eine ökonomische Analyse des Rechts, 1987, S. 26 f.; Wagner-von Papp in Bien, Das deutsche Kartellrecht nach der 8. GWB-Novelle, 2013, S. 101 f., S. 149 bis 153). Auf der vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhaltsgrundlage ist hier indes die Annahme gerechtfertigt, dass die Klägerin von der Beklagten im Sinn des § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB unternehmensbedingt abhängig ist.
16aa) Die Vorschrift soll verhindern, dass marktmächtige Unternehmen ihre vom Wettbewerb nicht hinreichend kontrollierten Handlungsspielräume zum Nachteil Dritter ausnutzen und dadurch das Marktgeschehen stören. Sie beruht auf § 26 Abs. 2 Satz 2 GWB aF, der 1973 in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen eingefügt wurde. § 26 Abs. 2 Satz 2 GWB sollte Diskriminierungsfälle aufgrund von Angebots- oder Nachfragemacht erfassen, in denen das diskriminierende Unternehmen nicht marktbeherrschend ist.
17(1) Der Gesetzgeber wollte aufgrund der Ölkrise 1973 insbesondere eine Lieferverweigerung von Mineralölkonzernen gegenüber freien Tankstellen unterbinden ("mangelbedingte Abhängigkeit"; vgl. Taube, aaO, S. 43, 191 f.; Heuchert, aaO, S. 111 ff.). Die Vorschrift sollte ferner vor dem Hintergrund der Abschaffung der Preisbindung verhindern, dass Markenartikelhersteller durch einen gezielten selektiven Vertrieb oder Rabattierungen die Preise weiterhin (faktisch) binden ("sortimentsbedingte Abhängigkeit"; vgl. nur , WRP 1981, 638 [juris Rn. 33] - Allkauf-Saba; vom - KZR 35/83, WuW/E BGH 2125 [juris Rn. 18] - Technics; vom - KZR 25/85, WuW/E 2351 [juris Rn. 39] - Belieferungsunwürdige Verkaufsstätten II; vom - KZR 39/85, WuW/E BGH 2419 [juris Rn. 13] - Saba-Primus; vom - KZR 23/96, WuW/E DE-R 206 [juris Rn. 27] - Depotkosmetik; vom - KZR 28/98, WUW/E DE-R 481 [juris Rn. 19] - Designer-Polstermöbel; Markert/Podszun in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 7. Aufl., § 20 GWB Rn. 28 bis 36).
18(2) Die Gesetzesbegründung nimmt weiter eine Abhängigkeit durch eine langjährige Geschäftsverbindung in den Blick, die entstehen kann, wenn sich ein Unternehmen auf den nachgefragten Artikel besonders eingestellt und seinen Geschäftsbetrieb darauf eingerichtet hat ("unternehmensbedingte Abhängigkeit"; Unterrichtung des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuss) vom , BT-Drucks. 7/765, S. 9 f.; Taube, aaO, S. 31 f.; Markert/Podszun in Immenga/Mestmäcker, aaO, § 20 GWB Rn. 8). Danach kann eine unternehmensbedingte Abhängigkeit vorliegen, wenn ein Unternehmen sich hinsichtlich seines Bezugs oder Vertriebs längerfristig auf einen Vertragspartner festgelegt hat (Nothdurft in Bunte, Kartellrecht, 14. Aufl., § 20 GWB Rn. 54 bis 58; Markert/Podszun in Immenga/Mestmäcker, aaO, § 20 Rn. 37 bis 39). Eine unternehmensbedingte Abhängigkeit ist vom Bundesgerichtshof angenommen worden, wenn ein Händler sich so stark auf den Verkauf von Produkten eines bestimmten Kraftfahrzeugherstellers ausgerichtet hat, dass er nur unter Inkaufnahme erheblicher Wettbewerbsnachteile auf die Vertretung eines anderen Herstellers überwechseln kann (, WuW/E BGH 2491 [juris Rn. 25] - Opel-Blitz I; vom - KZR 33/93, WuW/E BGH 2983 [juris Rn. 28] - Kfz-Vertragshändler; zur Abhängigkeit eines Bierverlegers von einer Brauerei vgl. U (Kart) 7/79, WuW/E OLG 2133; zu Franchisesystemen und Alleinbezugsverpflichtungen vgl. auch LG Köln, - 81 O (Kart) 5/05, juris Rn. 59; Bueren/Wolf-Posch/Picht, ZWeR 2021, 173, 178). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof ausgedehnt auf das Verhältnis eines Kraftfahrzeugherstellers zu einer mit ihm vertraglich verbundenen Werkstatt (, WuW/E DE-R 1621 [juris Rn. 15] - Qualitative Selektion; vom - KZR 6/09, BGHZ 189, 94 Rn. 26 - MAN-Vertragswerkstatt) oder zu einem auf Fahrzeuge des Herstellers spezialisierten Tuning-Unternehmen (, WRP 2016, 229 Rn. 53 bis 55 - Porsche-Tuning). Auch wenn die Abhängigkeit im Wege einer autonomen Bezugskonzentration (ohne vertragliche Vereinbarung) selbst geschaffen worden ist, kann eine unternehmensbedingte Abhängigkeit in einem solchen Fall jedenfalls dann vorliegen, wenn die Ausrichtung des Geschäftsmodells erheblich über eine bloß einseitige Spezialisierung hinausgeht und etwa den Erwerb besonderen, markenspezifischen Know-hows umfasst, das für eine wertschöpfende Tätigkeit im Zusammenhang mit den Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen erforderlich ist (BGH, WRP 2016, 229 Rn. 54 - Porsche-Tuning; vom - KZR 41/14, WuW 2016, 433 Rn. 28 - Jaguar-Vertragswerkstatt; Kirchhoff, WuW 2016, 459, 460).
19(3) Sinn und Zweck von § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB ist demnach, über den Kreis der marktbeherrschenden Unternehmen hinaus Störungen des Wettbewerbs durch andere marktstarke Unternehmen zu verhindern, soweit sie durch einen Missbrauch wirtschaftlicher Macht hervorgerufen werden. Ein Unternehmen kann, auch wenn es nicht marktbeherrschend ist, eine solch starke Stellung auf dem Markt einnehmen, dass von ihm Störungen des Marktgeschehens ausgehen, wie sie auch durch das für marktbeherrschende Unternehmen geltende Behinderungs- und Diskriminierungsverbot bekämpft werden sollen. Marktstarken Unternehmen wird daher dieselbe Einschränkung der Freiheit der Vertragsgestaltung auferlegt (, NJW 1976, 801 [juris Rn. 18] - Rossignol; Markert/Podszun in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 7. Aufl., § 20 GWB Rn. 8 f.).
20bb) § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB dient dagegen nicht dem einseitigen Sozialschutz und schützt den Marktteilnehmer auch nicht vor den Folgen geschäftlicher Fehlentscheidungen (vgl. , BGHZ 80, 371 [juris Rn. 37] - Privatgleisanschluss; WuW/E BGH 2491 [juris Rn. 32] - Opel Blitz I; vom - KZR 1/92, WuW/E BGH 2855 [juris Rn. 10] - Flaschenkästen; Nothdurft in Bunte, Kartellrecht, 14. Aufl., § 20 GWB Rn. 55, § 19 GWB Rn. 347; Markert/Podszun in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 7. Aufl., § 20 GWB Rn. 9; Westermann in MüKoWettbR, 4. Aufl., § 20 GWB Rn. 3). Eingriffe in die Vertragsfreiheit können nur durch den verfassungsrechtlichen und gesetzlich verankerten wettbewerbspolitischen Zweck gerechtfertigt werden, die Ausnutzung von nicht mehr hinnehmbaren Marktungleichgewichten zu verhindern (Nothdurft in Bunte, Kartellrecht, 14. Aufl., § 20 GWB Rn. 2; Markert/Podszun in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 7. Aufl., § 20 GWB Rn. 9, 39). Den anerkannten Anwendungsfällen der relativen Marktmacht gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB ist daher gemeinsam, dass sie der Gefahr einer Störung des Marktgeschehens entgegenwirken und aus diesem Grund wettbewerbsrelevant sind. So fördert die aus der Anwendung des Behinderungs- und Diskriminierungsverbots folgende Belieferungspflicht bei sortimentsbedingter Abhängigkeit den Wettbewerb auf Händlerebene; die quotale Belieferungspflicht bei mangelbedingter Abhängigkeit begegnet der Gefahr, dass diejenigen Unternehmen, die mit ihren Lieferanten nicht vertikal verbunden sind - wie etwa freie Tankstellen im Gegensatz zu den Tankstellen der Mineralölkonzerne - aus dem Markt ausscheiden müssen, wenn im Mangelfall Lieferanten die mit ihnen verbundenen Unternehmen bevorzugen. In den Fällen der unternehmensbedingten Abhängigkeit verhindert § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB Störungen des Marktgeschehens, die durch das Ausscheiden des abhängigen Unternehmens aus dem - oder die Schwächung seiner Marktstellung im - Wettbewerb mit dem relativ marktmächtigen Unternehmen selbst (BGH, WRP 2016, 229 Rn. 64 - Porsche-Tuning) oder mit anderen vom relativ marktmächtigen Unternehmen belieferten Unternehmen entstünden.
21cc) Danach hat das Berufungsgericht eine unternehmensbedingte Abhängigkeit der Klägerin vom von der Beklagten gepachteten Steinbruch unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls zu Recht bejaht.
22(1) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es für die Beurteilung der dem Unternehmen zur Verfügung stehenden ausreichenden und zumutbaren Ausweichmöglichkeiten grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Behinderung oder Diskriminierung ankommt. Damit ist regelmäßig erst bei der Interessenabwägung gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB zu berücksichtigen, ob und inwieweit eine unternehmensbedingte Abhängigkeit in der Vergangenheit vom einen oder anderen Unternehmen verursacht wurde (BGH, WRP 2016, 229 Rn. 54 - Porsche-Tuning; WuW 2016, 433 Rn. 28 - Jaguar-Vertragswerkstatt; Markert/Podszun in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 7. Aufl., § 20 GWB Rn. 18; Westermann in MüKoWettbR, 4. Aufl., § 20 GWB Rn. 26). Allerdings kann bereits eine unternehmensbedingte Abhängigkeit zu verneinen sein, wenn ein Unternehmen wegen einer eindeutig ihm allein zuzurechnenden geschäftlichen Fehlentscheidung oder wegen einer bloß einseitigen Spezialisierung (lediglich) vorübergehende Nachteile hinnehmen muss (BGH, WuW/E BGH 2855 [juris Rn. 10] - Flaschenkästen; Kirchhoff, WuW 2016, 459, 460).
23(2) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin keine ausreichenden und zumutbaren Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die Klägerin hat ihren Geschäftsbetrieb vollständig auf die Ausbeutung des gepachteten Steinbruchs ausgerichtet. Sie gewinnt aus dem Steinbruch die Natursteine, deren Vertrieb den Kern ihres Geschäfts bildet. Aufgrund ihrer auf den Steinbruch ausgerichteten Betriebsanlagen, der darauf bezogenen bergrechtlichen Zulassungen (vgl. BGHZ 234, 288 Rn. 22, 28 - Kartellrecht im Schiedsverfahren) und damit der Ortsgebundenheit ihres Geschäfts ist sie vom Pachtgrundstück vollständig abhängig und muss ihren Betrieb einstellen, wenn der Pachtvertrag nicht verlängert wird. Der Pachtvertrag über den Steinbruch, der das Nutzungsrecht zum Abbau der dort gelegenen Natursteine gewährt und erhebliche standortspezifische Investitionen sowie besondere standortspezifische Kenntnisse erfordert, steht damit einer besonderen Lieferbeziehung gleich, so dass das Geschäftsmodell der Klägerin über eine bloß einseitige Spezialisierung hinausgeht. Es handelt sich beim Pachtgegenstand nicht lediglich um das Geschäftsgrundstück der Klägerin, von dem aus sie ihren auf den Bezug oder Vertrieb von (anderen) Waren gerichteten Geschäftsbetrieb führt. Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Betrieb eines Steinbruchs zahlreicher Genehmigungen bedarf, deren Erhalt zusammen mit der Vorbereitung des Abbaus zehn bis fünfzehn Jahre in Anspruch nimmt und Kosten von etwa 15 Mio. € verursacht, kann die Klägerin - ohne dass es insoweit auf die vom Berufungsgericht nicht vorgenommene räumliche Marktabgrenzung ankommt - ihren Betrieb nicht - auch nicht unter Inkaufnahme von zumutbaren Nachteilen wie etwa einer vorübergehenden Einstellung ihres Geschäftsbetriebs - auf ein anderes Grundstück verlagern. Der Annahme einer unternehmensbedingten Abhängigkeit steht dabei nicht entgegen, dass die Klägerin dazu in der Vergangenheit möglicherweise selbst beigetragen hat, weil sie sich von der Beklagten im Zuge des von ihr betriebenen Planfeststellungverfahrens bis 2016 keine Option auf eine Verlängerung des Pachtvertrags hat einräumen lassen. Dass die Klägerin sich auf diese Weise hätte absichern können, stellt ihre Abhängigkeit von der Beklagten nicht in Frage. Dies ist vielmehr bei der gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB durchzuführenden Interessenabwägung zu berücksichtigen.
24(3) Das Berufungsgericht ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin vor diesem Hintergrund auch keine gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB zu berücksichtigende Gegenmacht zukommt, die ihrer Abhängigkeit entgegenstehen könnte (vgl. , WuW 2018, 209 Rn. 26 - Hochzeitsrabatte). Dem ist die Revision nicht entgegengetreten; es ist angesichts der festgestellten Jahresumsätze der D-Gruppe, die etwa die (parallele) Entwicklung eines (weiteren) Steinbruchs angesichts der dafür nach den Feststellungen des Berufungsgerichts anfallenden Kosten nicht erlaubt hätten, auch sonst nicht ersichtlich.
25(4) Schließlich besteht unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls auch die Gefahr einer wettbewerbsrelevanten Störung des Marktgeschehens. Beim Pachtvertrag über den Steinbruch 2 handelt es sich nicht um eine rein bilaterale Vertragsbeziehung ohne eine über die vertragstypische Bindung hinausgehende Wettbewerbsrelevanz, die den Regeln des Zivilrechts unterworfen und bei der der Ausgleich von Härten Aufgabe des Zivilrechts ist. Denn die Beklagte ist nicht nur Verpächterin des Steinbruchs 2, sondern gleichzeitig Verpächterin des Steinbruchs 1 an die E, die mit der Klägerin auf dem nachgelagerten Markt für den Vertrieb von Natursteinen im Wettbewerb steht. Die gegenüber der Klägerin bestehende Machtstellung der Beklagten ist daher wettbewerbsrelevant, weil sie auf dem nachgelagerten Markt für den Vertrieb von Natursteinen das Marktgeschehen stören kann.
26d) Das Berufungsgericht hätte - wie die Revision zu Recht rügt - einen Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der unbilligen Behinderung und unzulässigen Diskriminierung gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB aber nicht mit der von ihm gegebenen Begründung bejahen dürfen.
27aa) Die Verweigerung der Entgegennahme von Angeboten der Klägerin durch die Beklagte und die Auswahl der Pächterin anhand des Kriteriums der Beseitigung des Wettbewerbsverhältnisses zu E stellen eine Behinderung und Diskriminierung der Klägerin dar. Ob die Behinderung unbillig ist oder die Diskriminierung ohne sachlichen Grund erfolgt, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung und umfassenden Abwägung aller beteiligten Interessen zu beurteilen, die sich an der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu orientieren hat (st. Rspr., vgl. nur , WuW/E BGH 3058 [juris Rn. 31] - Pay-TV-Durchleitung; vom - KZR 65/10, WuW/E DE-R 3549 Rn. 29 - Werbeanzeigen; vom - KZR 48/15, WuW 2018, 326 Rn. 34 - Vertragswerkstatt).
28bb) Eine Gesamtwürdigung und Interessenabwägung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Es geht davon aus, dass der Klägerin (allein) aufgrund ihrer Abhängigkeit ein Anspruch auf Unterlassung der mit dem Antrag 1 beanstandeten Verhaltensweise zustehe. Auch im Hinblick auf den mit dem Antrag 2 geltend gemachten Unterlassungsanspruch fehlt es an einer Gesamtwürdigung und Interessenabwägung. Soweit das Berufungsgericht diesen mit dem Hinweis darauf bejaht, dass die Beklagte und E durch den Abschluss eines Pachtvertrags gegen § 1 GWB verstießen, könnte sich aus einem etwaigen Verstoß gegen § 1 GWB in Verbindung mit § 33 Abs. 1 GWB allenfalls ein Anspruch auf Unterlassung des Abschlusses eines Pachtvertrags zwischen der Beklagten und E ergeben, den die Klägerin im vorliegenden Verfahren aber nicht geltend macht.
29e) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist seine Entscheidung hinsichtlich der Anträge 1 und 2 aber im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Hat das Berufungsgericht die erforderliche Gesamtwürdigung nicht vorgenommen oder erweist sie sich als fehlerhaft, so kann das Revisionsgericht, wenn es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf und eine fehlerfreie Gesamtwürdigung nur ein Ergebnis zulässt, eine abschließende Entscheidung in der Sache treffen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - KVR 1/09, WuW/E DE-R 2905 Rn. 81 - Phonak/GN Store; vom - KVR 95/10, BGHZ 192, 18 Rn. 84 - Total/OMV; Urteile vom - VI ZR 89/02, BGHZ 156, 206 [juris Rn. 22]; vom - VIII ZR 45/16, BGHZ 214, 269 Rn. 51 mwN; vom - I ZR 5/21, WRP 2022, 720 Rn. 39 bis 52 - Kinderzahnärztin). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
30aa) Ausgangspunkt der vorzunehmenden umfassenden Abwägung der Interessen ist im vorliegenden Fall der aus der Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) und der unternehmerischen Handlungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) abzuleitende Grundsatz, dass das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB den Normadressaten grundsätzlich nicht daran hindert, bei seiner unternehmerischen Tätigkeit über sein Eigentum so zu verfügen, wie er dies für wirtschaftlich sinnvoll und richtig erachtet. Kern des Eigentumsrechts ist die Befugnis, das Eigentum wirtschaftlich zu nutzen und andere von dieser Nutzung auszuschließen. Dabei kommt dem Grundsatz, dass auch der Normadressat des § 20 Abs. 1 GWB unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist berechtigt ist, die Vertragsbeziehung zu einem von ihm abhängigen Unternehmen zu beenden, erhebliche Bedeutung zu. Danach reicht eine ordentliche Kündigung mit einer angemessenen Kündigungsfrist in der Regel aus, um die Geschäftsverbindung zu lösen, weil das abhängige Unternehmen dann die zumutbare Möglichkeit hat, seinen Betrieb umzustellen. Deshalb kann das abhängige Unternehmen nach Auslaufen eines langfristigen (Liefer-)Vertrags nicht ohne Weiteres die Fortsetzung der Vertragsbeziehung verlangen. Die Freiheit des Normadressaten besteht aber nur innerhalb der durch das Kartellrecht gezogenen Grenzen. Sie ist ausgeschlossen, wo sie missbraucht wird oder zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führt, die mit der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes unvereinbar ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn mit dem beanstandeten Verhalten des relativ marktmächtigen Unternehmens wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen begünstigt werden sollen. Bei der erforderlichen Interessenabwägung sind an die Schutzwürdigkeit der von einem Normadressaten verfolgten Belange mit zunehmender Abhängigkeit der Marktgegenseite von seinem Angebot in gleichem Maße steigende Anforderungen zu stellen (vgl. , BGHZ 160, 67 [juris Rn. 50 f.] - Standard-Spundfass; WRP 2016, 229 Rn. 59 mwN - Porsche-Tuning; WuW 2016, 433 Rn. 33 - Jaguar-Vertragswerkstatt; WuW 2018, 326 Rn. 35 - Vertragswerkstatt; Beschluss vom - KVR 69/19, BGHZ 226, 67 Rn. 122 - Facebook I).
31bb) Nach diesen Grundsätzen stellt die Verweigerung der Entgegennahme von Angeboten der Klägerin für die Pacht des Steinbruchs 2 sowie die Auswahl der Pächterin nach dem Kriterium der Beseitigung des Wettbewerbsverhältnisses zu E eine unbillige Behinderung und unzulässige Diskriminierung der Klägerin dar.
32(1) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte das Ziel verfolgt, den bestehenden Wettbewerb zwischen den Steinbruchbetreibern auszuschließen, und eine solche Wettbewerbsbeschränkung auf mindestens einem der nachgelagerten Märkte zu einer Preiserhöhung führen wird. Dem liegt nach den Feststellungen die Erwartung der Beklagten zugrunde, dass sich auf diese Weise auch die umsatzabhängige Pacht erhöhen werde. Dabei kann angesichts des von der Beklagten seit 2017 mit erheblichem Aufwand betriebenen Schiedsverfahrens und den gerichtlichen Folgeverfahren davon ausgegangen werden, dass die zum Zweck höherer Pachtzahlungen erstrebte Preiserhöhung jedenfalls nicht unerheblich ist. Dieses von der Beklagten verfolgte Ziel ist indes mit der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes unvereinbar. Das Interesse an einer besseren Verwertung ihres Eigentums am Steinbruch ist zwar grundsätzlich schutzwürdig, nicht aber seine Verwirklichung durch die Ausschaltung des Wettbewerbs auf dem nachgelagerten Markt.
33(2) Da die Klägerin - wie oben dargestellt - beim Abschluss eines Pachtvertrags zwischen der Beklagten und E ihre Existenz vollständig verlöre, könnten sich angesichts ihrer erheblichen Abhängigkeit zudem selbst legitime Belange der Beklagten in der Abwägung nur durchsetzen, wenn ihnen höheres Gewicht beizumessen wäre. Die durch die Anträge 1 und 2 berührten Interessen der Beklagten haben - sofern sie überhaupt schutzwürdig sind - indes nur geringes Gewicht. Die Beklagte wird durch die Verpflichtung zur Entgegennahme oder Kenntnisnahme von Angeboten der Klägerin in ihrer unternehmerischen Handlungsfreiheit nur wenig beeinträchtigt. Sie ist aufgrund des Unterlassungsausspruchs in Bezug auf die mit den Anträgen 1 und 2 beanstandeten Verhaltensweisen grundsätzlich nicht daran gehindert, das Grundstück an ein drittes - mit E im Wettbewerb stehendes - Unternehmen zu verpachten; insoweit wird sie in ihrer unternehmerischen Handlungsfreiheit und Verfügungsbefugnis über das Grundstück nicht beschränkt. Ihr Interesse an höheren Pachteinnahmen durch eine Wettbewerbsbeschränkung ist bei der nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB gebotenen Interessenabwägung nicht berücksichtigungsfähig. Das ferner (einzig) von der Beklagten weiter genannte Interesse, sich nur noch einem Pächter - mithin E - als Vertragspartner gegenüberzusehen, geht zwingend mit der Wettbewerbsbeschränkung einher und kann daher ebenfalls nur durch diese verwirklicht werden. Auch wenn es - was unterstellt werden kann - gleichwohl berücksichtigungsfähig wäre, hätte es allenfalls geringes Gewicht und vermag die Interessen der Klägerin nicht zu überwiegen.
34(3) Schließlich mag - was hier zugunsten der Beklagten unterstellt werden kann - die mangelnde vertragliche Absicherung der Klägerin bis zum Ende des Investitionszeitraums 2038 auf einer geschäftlichen Fehlentscheidung der Klägerin beruhen, die eine rechtzeitige Absicherung während des Planfeststellungsverfahrens unterlassen hat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde das Planfeststellungsverfahren aber mit Zustimmung der Beklagten durchgeführt. Damit ist es zu der weiter fortbestehenden Abhängigkeit der Klägerin jedenfalls in Kenntnis und unter Beteiligung der Beklagten gekommen. Vor diesem Hintergrund kann schon nicht von einer (vollständig) selbstverursachten Abhängigkeit der Klägerin ausgegangen werden. Jedenfalls führt dieser in die Interessenabwägung einzustellende - hier für die Zwecke der Abwägung unterstellte - Umstand angesichts des von der Beklagten verfolgten wettbewerbswidrigen Ziels und der geringen Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen bei der erforderlichen Gesamtwürdigung nicht zu einem abweichenden Ergebnis.
353. Der Klägerin steht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kein Anspruch auf Unterlassung der mit dem Antrag 3 verfolgten Verhaltensweisen zu. Der Antrag 3 ist darauf gerichtet, dass die Beklagte der Klägerin die Pacht des Steinbruchs 2 zu den gleichen Bedingungen anzubieten hat, wie allen anderen Interessenten. Mit diesem Inhalt ist er unbegründet.
36a) § 19 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 GWB enthält keine allgemeine Meistbegünstigungsklausel, die das marktbeherrschende Unternehmen generell zwingt, allen Abnehmern oder Lieferanten die gleichen - günstigsten - Bedingungen einzuräumen. Auch dem marktbeherrschenden Unternehmen ist es nicht verwehrt, auf unterschiedliche Marktbedingungen differenziert zu reagieren. Die Frage, ob für eine unterschiedliche Behandlung ein sachlich gerechtfertigter Grund besteht, ist aufgrund einer umfassenden Abwägung der beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB zu beantworten (BGHZ 160, 67 [juris Rn. 45, 50] - Standard-Spundfass; Urteile vom - KZR 29/17, WuW 2020, 327 Rn. 37 mwN - NetCologne II; vom - KZR 11/18, WuW 2021, 642 Rn. 15 - wilhelm.tel).
37b) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass ihr stets und ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die gleichen Bedingungen eingeräumt werden wie allen anderen Pachtinteressenten. Dem Antrag 3 kann auch nicht als Minus das Begehren entnommen werden, dass die Auswahl unter den in Frage kommenden Interessenten unter angemessenen und fairen Bedingungen in der Weise vorgenommen werden soll, dass die möglichen Pachtinteressenten Kenntnis von der Pachtmöglichkeit und den von der Beklagten gewünschten Bedingungen erlangen können und ihnen die Chance gewährt wird, diskriminierungsfrei Angebote zu unterbreiten und als Pächter ausgewählt zu werden (vgl. , WuW 2021, 362 Rn. 14, 16 mwN - Konkurrenzschutz für Schilderpräger II). Denn während sich Antrag 3 auf die Pachtbedingungen selbst richtet, würde dies die Pflicht zur Durchführung eines diskriminierungsfreien Verfahrens betreffen, und stellt daher ein Aliud dar.
38III. Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil danach aufzuheben, soweit die Beklagte zur Unterlassung der mit dem Antrag 3 verfolgten Verhaltensweisen verurteilt ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nach den obigen Ausführungen in der Sache selbst entscheiden, da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage ist wegen des in der Berufungsinstanz erstmals gestellten (Hilfs-)Antrags 3 abzuweisen (vgl. , juris - Filterstäube). Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen (§ 561 ZPO).
Kirchhoff Roloff Tolkmitt
Holzinger Kochendörfer
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:280325UKZR73.23.0
Fundstelle(n):
VAAAJ-89713