Instanzenzug: Az: 5 StR 287/24 Beschlussvorgehend Az: 5 StR 287/24 Urteilvorgehend Az: 11 KLs 281 Js 35309/18
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
1. Die Rügen des Beschwerdeführers, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft drei Beweisanträge auf Vernehmung des Zeugen H. sowie einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens abgelehnt, bleiben ohne Erfolg.
a) Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei den Beweisbegehren jeweils um Beweisanträge nach § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO oder ob es sich lediglich um Beweisermittlungsanträge gehandelt hat.
Allerdings durfte das Landgericht den begehrten Beweiserhebungen nicht schon deshalb die Eigenschaft als Beweisantrag absprechen, weil es an der erforderlichen Darstellung der Konnexität fehle, „zumal bei hier fortgeschrittener Beweisaufnahme“. Die Strafkammer hat verkannt, dass die hier dargelegten Umstände ausreichend sind. Diesen lässt sich entnehmen, warum es dem Zeugen möglich sein konnte, die Beweistatsache zu bekunden; weitergehende Anforderungen an die Konnexität sieht § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO auch bei fortgeschrittener Beweisaufnahme nicht vor (vgl. , BGHSt 66, 250, 255).
Darauf kommt es aber hier nicht an. Denn die gegen die Ablehnungen gerichteten Rügen sind unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat zum ersten Antrag nicht die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, die sie hierzu nach ihrer Revisionsgegenerklärung in der Hauptverhandlung vom abgegeben hatte. Hinsichtlich der beiden weiteren ebenfalls auf die Vernehmung des Zeugen H. gerichteten Anträge hat der Beschwerdeführer nicht zu den Anträgen vom und den dazu ergangenen Beschlüssen vom vorgetragen, die in den beanstandeten Ablehnungsbeschlüssen vom ausdrücklich von der Strafkammer zur weiteren Begründung in Bezug genommen worden waren.
b) Den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens betreffend hat der Beschwerdeführer weder die in seinem Antrag angeführten Auswertungsberichte, noch die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung vom und den im Ablehnungsbeschluss des ausdrücklich zur weiteren Begründung in Bezug genommenen Beschluss vom mitgeteilt.
c) Gleiches gilt für die insofern jeweils erhobenen Aufklärungsrügen.
2. Die Rüge einer Verletzung von § 338 Nr. 3 StPO wegen fehlerhafter Verwerfung des gegen die erkennenden Richter am angebrachten Ablehnungsgesuchs bleibt ohne Erfolg.
a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Der Vorsitzende ordnete am nach § 249 Abs. 2 StPO zu unter dem Begriff „Urkundenliste 11“ näher bezeichneten Kontounterlagen das Selbstleseverfahren an und stellte am dessen Vollzug fest, ohne dass hiergegen Einwände erhoben wurden. In der Sitzung vom setzte der Vorsitzende eine Frist zur Stellung weiterer Anträge zur Beweisaufnahme bis zum und kündigte bei Ausbleiben entsprechender Begehren an, an diesem Tag die Beweisaufnahme zu schließen. Mit Schreiben vom bat der Verteidiger zu näher bezeichneten Urkunden aus der „Urkundenliste 11“ um Mitteilung, ob diese übersetzt worden seien. Hierzu wies der Vorsitzende in der Hauptverhandlung am darauf hin, angesichts der umfassend gewährten Akteneinsicht keinen Anlass zur Beantwortung der Anfrage zu sehen.
Daraufhin lehnte der Angeklagte die Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab, weil die im Schreiben seines Verteidigers vom angeführten Schriftstücke weder in deutscher Sprache verfasst, noch in lateinischen Buchstaben geschrieben seien. Bei ihm sei vor dem Hintergrund des angekündigten Abschlusses der Beweisaufnahme daher der Eindruck entstanden, das Gericht sei durch Einführung der für beweiserheblich erachteten fremdsprachigen Schriftstücke ihm gegenüber voreingenommen. Das Gesuch sei nach § 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO rechtzeitig angebracht worden, weil er „von der Einführung der im Selbstleseverfahren eingeführten Urkunden erst“ vor Beginn des Sitzungstages von seinem Verteidiger erfahren habe. Er habe im Rahmen des Selbstleseverfahrens weder Akteneinsicht auf der Geschäftsstelle genommen, noch auf andere Weise vom Wortlaut der Urkunden Kenntnis erlangt.
Mit Beschluss vom hat die Strafkammer in der Besetzung mit anderen als den abgelehnten Richtern die Befangenheitsgesuche als unbegründet zurückgewiesen. Der Angeklagte habe sein Gesuch zwar rechtzeitig angebracht, es liege aber kein Ablehnungsgrund vor. Die betreffenden Kontounterlagen wiesen die Besonderheit auf, dass die Firmennamen in deutscher Sprache verfasst und sämtliche Beträge in Euro und in arabischen Zahlen ausgewiesen seien.
b) Die Rüge hat schon deshalb keinen Erfolg, weil das Ablehnungsgesuch vom wegen Verspätung als unzulässig zu verwerfen war (§ 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO); es war nicht unverzüglich angebracht worden.
Nach § 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO sind während laufender Hauptverhandlung eintretende Befangenheitsgründe unverzüglich geltend zu machen. An die Auslegung des Begriffs „unverzüglich“ ist im Interesse einer zügigen Durchführung des Verfahrens ein strenger Maßstab anzulegen. Die Ablehnung muss zwar nicht sofort, aber ohne schuldhaftes Zögern, mithin ohne unnötige, nicht durch die Sachlage begründete Verzögerungen geltend gemacht werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 236/20, NStZ 2021, 56, 57; vom – 3 StR 559/17, NStZ 2018, 610 jeweils mwN).
Danach war das Ablehnungsgesuch nicht unverzüglich angebracht. Zwar wurde der Angeklagte von seinem Verteidiger über die Einführung der fremdsprachigen Urkunden am in Kenntnis gesetzt. Dies ist hier jedoch nicht der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage, ob er sein Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht hat. Entscheidend ist vielmehr derjenige, in dem das beanstandete Beweismittel tatsächlich in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist, mithin der Abschluss des Selbstleseverfahrens am , also mehr als zwei Monate vorher. Denn es war dem Angeklagten unbenommen, das ihm mit dem am angeordneten Selbstleseverfahren zustehende Recht zu nutzen, vom Inhalt der vermeintlich unzureichenden Urkunden Kenntnis zu nehmen.
Hieran ändert auch nichts, dass der Befangenheitsantrag mit dem angekündigten Abschluss der Beweisaufnahme verknüpft worden ist, da dieser nicht hierauf, sondern auf die Einführung fremdsprachiger Urkunden in die Hauptverhandlung abgestellt hat.
Es ist unbeachtlich, dass das Landgericht die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs nicht auf dieses Fristversäumnis gestützt hat. Da auch im Verfahren nach § 27 StPO das Ablehnungsgesuch noch als unzulässig verworfen werden kann (vgl. nur , BGHSt 21, 334, 337), darf das Revisionsgericht nach Beschwerdegrundsätzen auch etwaige Unzulässigkeitsgründe berücksichtigen.
c) Ungeachtet dessen bliebe die Verfahrensbeanstandung auch deshalb erfolglos, weil sie nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend zulässig erhoben ist. Der Beschwerdeführer hat es nicht nur versäumt – worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hinweist –, die im Ablehnungsgesuch zur Glaubhaftmachung in Bezug genommenen Schriftstücke vorzulegen, ohne die der Senat nicht deren Lesbarkeit beurteilen kann. Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus auch nicht die Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, die sie hierzu nach ihrer Revisionsgegenerklärung in der Hauptverhandlung vom und schriftlich am abgegeben hatte.
Cirener
Gericke
RiBGH Köhler ist imUrlaub und kannnicht unterschreiben.Cirener
von Häfen
Werner
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:270225B5STR287.24.0
Fundstelle(n):
FAAAJ-89633