Instanzenzug: Az: 23 KLs 6/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit „vorsätzlicher“ Körperverletzung, wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis und „Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz“, wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort, wegen Beleidigung sowie wegen unerlaubten Aufenthalts im Bundesgebiet zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Seine auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision führt teilweise zur Einstellung des Verfahrens (§ 154 Abs. 2 StPO) und erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der Verfahrensrüge bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts der Erfolg versagt; sie ist unbegründet.
32. Auf die Sachrüge stellt der Senat das Verfahren im aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang auf Antrag des Generalbundesanwalts aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein. Dies zieht das Erfordernis der entsprechenden Änderung des Schuldspruchs nach sich, die der Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog selbst vornimmt. Die Gesamtfreiheitsstrafe hat hingegen Bestand. Der Senat schließt angesichts der verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen von fünf Jahren und sechs Monaten, vier Jahren und acht Monaten sowie vier Jahren und zwei Monaten und drei verbleibender Einzelgeldstrafen aus, dass das Landgericht ohne die entfallende Einzelstrafe im Fall B. IV. der Urteilsgründe (Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen) auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.
4Die Vorschrift des § 315c Abs. 1 StGB setzt in allen Tatvarianten eine konkrete Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert voraus. Dies ist der Fall, wenn die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt hat, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt wurde, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht. Erforderlich ist die Feststellung eines „Beinahe-Unfalls“, also eines Geschehens, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, es sei „noch einmal gut gegangen“ (st. Rspr.; vgl. Rn. 6 mwN). Insoweit ergeben die Urteilsgründe nicht, dass die – vom Schutzbereich des § 315c Abs. 1 StGB im vorliegenden Fall allerdings umfasste (vgl. Rn. 7) – Mitfahrerin des Angeklagten oder Sachen von bedeutendem Wert gefährdet wurden. Weder ist belegt, weshalb die Mitfahrerin des Angeklagten „in ihrer körperlichen Unversehrtheit stark gefährdet“ gewesen sein soll, noch, dass eine Sache von bedeutendem – mithin die Wertgrenze von 750 Euro übersteigenden (vgl. Rn. 7) – Wert gefährdet wurde.
53. Soweit die Strafkammer es unterlassen hat, die Tagessatzhöhe für die verhängten Einzelgeldstrafen festzusetzen, holt der Senat dies nach und setzt sie, wie durch den Generalbundesanwalt beantragt, analog § 354 Abs. 1 StPO jeweils auf den Mindestsatz von einem Euro fest (§ 40 Abs. 2 Satz 4 StGB; vgl. ).
64. Im verbleibenden Umfang hat die sachlich-rechtliche Nachprüfung auf die Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:130325B4STR391.24.0
Fundstelle(n):
WAAAJ-89461