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BAG Urteil v. - 3 AZR 49/24

Betriebliche Altersversorgung - Anrechnung einer fiktiven Erwerbsminderungsrente

Gesetze: § 5 Abs 2 S 1 BetrAVG, § 5 Abs 2 S 2 BetrAVG, § 2 Abs 1 S 1 BetrAVG, § 6 BetrAVG

Instanzenzug: Az: 7 Ca 7069/19 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln Az: 5 Sa 76/22 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Höhe der der Klägerin zustehenden Betriebsrente.

2Die am geborene Klägerin war vom bis zum bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der A Aktiengesellschaft, beschäftigt. Ihr waren von der A Aktiengesellschaft Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe einer Versorgungsordnung „Alters- und Hinterbliebenenversorgung - Geschlossen für Neuzugänge mit Ablauf des “ (im Folgenden VO) zugesagt. Die VO lautet auszugsweise:

3Im Jahr 2000 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang schlossen der Vorstand der A Versicherungs-Aktiengesellschaft - zugleich handelnd im Namen weiterer Gesellschaften, ua. der A Aktiengesellschaft - und der „Gesamtbetriebsrat der A Gesellschaften“ am einen Sozialplan (im Folgenden SP 2000) „zum Ausgleich bzw. zur Milderung von wesentlichen wirtschaftlichen Nachteilen, die den Mitarbeitern durch die im Interessenausgleich vom geregelten Betriebsänderungen … entstehen können“. Der SP 2000 lautet auszugsweise:

4Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete mit dem . Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass für die Berechnung der Betriebsrentenansprüche der Klägerin nach der VO die Regelungen des Sozialplans zur Anwendung kommen. Aufgrund der der Klägerin zugekommenen Abfindungszahlung ist dabei ebenso unstreitig nach V Nr. 3.3 SP 2000 von einem fiktiven Austritt zum auszugehen. Das zuletzt von der Klägerin bezogene Bruttomonatsgehalt betrug 3.350,00 Euro. Zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin betrug der Rückkaufswert der Direktversicherung 8.197,17 Euro, woraus sich eine anzurechnende monatliche fiktive Rente aus der Direktversicherung iHv. 35,45 Euro ergab. Die fiktive monatliche Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung betrug zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin 1.176,52 Euro.

5Mit Vollendung des 65. Lebensjahres der Klägerin zahlte die Beklagte der Klägerin seit Dezember 2017 eine betriebliche Zusatzrente iHv. zunächst 561,97 Euro pro Monat. Bei der Berechnung dieses Betrags ging die Beklagte nach III 5 und 6 VO iVm. V Nr. 3.5 SP 2000 wegen des (nach V 3.3 SP 2000 mit dem am zu unterstellenden) Ausscheidens der Klägerin ein volles Jahr vor Vollendung ihres 55. Lebensjahres von einem Mindestsatz der Gesamtversorgung von 59 % (60 % abzgl. 1 %) des letzten Bruttomonatsgehalts von 3.350,00 Euro, mithin 1.976,50 Euro aus. Darauf rechnete die Beklagte - insoweit unstreitig - die monatliche fiktive Rente aus der Direktversicherung iHv. 35,45 Euro (vgl. I 2 Buchst. a VO) sowie eine monatliche fiktive Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin in unstreitiger Höhe von 1.379,07 Euro an. Eine zeitratierliche Kürzung des sich ergebenden (den Zusatzrentenbetrag nach III 1 VO iHv. 502,50 Euro = 15 % von 3.350,00 Euro übersteigenden) Mindestbetrags von 561,97 Euro wegen des vorzeitigen Ausscheidens nahm die Beklagte nach V Nr. 3.5 SP 2000 nicht vor. Zum wurde die Zusatzrente nach § 16 BetrAVG um 4,55 % auf 588,00 Euro monatlich angepasst.

6Mit ihrer Klage hat die Klägerin zuletzt noch zusätzliche Zusatzrente iHv. monatlich 202,56 Euro ab Dezember 2017 bzw. nach Anpassung ab Januar 2020 bis Februar 2021 iHv. monatlich 211,32 Euro sowie die Feststellung einer monatlichen Zahlungsverpflichtung iHv. 799,32 Euro ab dem geltend gemacht. Nachdem die Beklagte ab Januar 2022 die Betriebsrentenzahlungen zunächst vollständig einstellte, hat die Klägerin die Klage im Berufungsverfahren um monatliche Zusatzrentenzahlungen iHv. 799,32 Euro für den Zeitraum von Januar 2022 bis Mai 2023 erweitert.

7Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe die Zusatzrente fehlerhaft berechnet. Auf die Mindestversorgung, die - was sie zuletzt nicht mehr in Abrede gestellt hat - nach III 5 und 6 VO iVm. V Nr. 3.5 SP 2000 59 % ihres letzten Monatsgehalts entspreche, sei die monatliche fiktive Rente aus der Direktversicherung iHv. 35,45 Euro sowie die monatliche fiktive Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 1.176,52 Euro, nicht jedoch eine fiktive Erwerbsminderungsrente iHv. 1.379,07 Euro anzurechnen. Insoweit fehle es an einer erforderlichen ausdrücklichen Anrechnungsklausel. Die Regelung in V 3.5 SP 2000, wonach für die Berechnung der Versorgungsansprüche zum Austrittstermin die gleichen Regelungen wie bei der Berechnung im Erwerbsunfähigkeitsfall gölten, habe die Vorgabe der VO, wonach lediglich tatsächlich ausgezahlte gesetzliche Renten anzurechnen seien, nicht geändert. Sie sei nie erwerbsunfähig gewesen, sodass es für die Berechnung ihrer Versorgungsansprüche nicht auf Bestimmungen für erwerbsgeminderte Arbeitnehmer ankommen könne. Verstünde man die Regelung in V 3.5 SP 2000 dahingehend, dass eine fiktive Erwerbsminderungsrente anzurechnen sei, verstoße sie gegen § 5 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG. Auch in einer Rentenberechnung der A Aktiengesellschaft vom , die der Klägerin auf Anfrage ausgehändigt worden sei, sei die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zur Anrechnung gebracht worden.

8Die Klägerin hat im Berufungsverfahren zuletzt sinngemäß beantragt,

9Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, nach V Nr. 3.5 SP 2000 seien die Versorgungsansprüche der aufgrund der Betriebsänderung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Anwärter so zu berechnen, als wäre zum Austrittstermin der Erwerbsunfähigkeitsfall eingetreten. Die Klägerin sei also so zu stellen, als habe sie mit ihrem Ausscheiden eine Erwerbsminderungsrente bezogen. Folglich sei für die Berechnung ihrer Ansprüche nicht die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Berechnungsgrundlage heranzuziehen, sondern die fiktive Erwerbsminderungsrente. Mit den Regelungen des Sozialplans zur betrieblichen Altersversorgung hätten die Betriebsparteien in ganz wesentlichen Punkten - etwa durch den Ausschluss einer zeitratierlichen Kürzung wegen des vorzeitigen Ausscheidens und das fiktive Hinausschieben des Austrittstermins - die Auswirkungen der Beendigungen der Arbeitsverhältnisse auf die Betriebsrentenansprüche abgemildert, in diesem Zusammenhang aber mit V Nr. 3.5 SP 2000 die Berechnungsgrundlage angepasst. Auf die Berechnung vom könne sich die Klägerin nicht berufen, da auf die Unverbindlichkeit dieser Berechnung hingewiesen worden sei.

10Das Arbeitsgericht hat dem im Berufungsverfahren noch anhängigen Zahlungsantrag zu 1. und dem Feststellungsantrag stattgegeben. Nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils hat die Beklagte unaufgefordert den ausgeurteilten Betrag nebst Zinsen an die Klägerin geleistet und Berufung eingelegt. Ab Januar 2022 zahlte die Beklagte keine Zusatzrente mehr an die Klägerin mit der Begründung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf den erstinstanzlich ausgeurteilten und ausgezahlten Betrag gehabt, weshalb sie - die Beklagte - eine Verrechnung mit den laufenden Ansprüchen vornehme. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin die Klage daraufhin um eine monatliche Zusatzrentenzahlung iHv. 799,32 Euro für den Zeitraum von Januar 2022 bis Mai 2023, insgesamt 13.588,44 Euro zzgl. Zinsen, erweitert. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert, den Zahlungsantrag zu 1. wegen Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB abgewiesen und dem erstmals im Berufungsverfahren im Wege der Anschlussberufung angebrachten Zahlungsantrag zu 3. für die Monate Januar 2022 bis Mai 2023 iHv. monatlich 588,00 Euro, insgesamt 9.996,00 Euro nebst Zinsen, stattgegeben, die weitere Berufung und Anschlussberufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der Senat die Revision insoweit zugelassen, wie die Klage auf Zahlung einer 588,00 Euro monatlich übersteigenden Betriebsrente für Januar 2022 bis Mai 2023 abgewiesen wurde. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin den Zahlungsantrag zu 3. weiter. Darüber hinaus beantragt die Klägerin festzustellen, dass ihr ab Januar 2022 ein Betriebsrentenanspruch von 799,32 Euro monatlich zusteht. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

11Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage - soweit sie noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist - zu Recht abgewiesen. Der Feststellungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

12I. Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin gegen die teilweise Zurückweisung ihrer Anschlussberufung, mit der sie Zusatzrente für die Zeit vom bis zum verlangt und einen weiteren prozessualen Anspruch in das Berufungsverfahren eingebracht hat. Daneben ist Gegenstand des Revisionsverfahrens der von der Klägerin gestellte Feststellungsantrag, über den das Landesarbeitsgericht nicht entschieden hat.

131. Nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Berufungsurteil, soweit das Landesarbeitsgericht die Klage in Bezug auf die Betriebsrentenansprüche für die Monate Dezember 2017 bis Februar 2021 nebst Zinsen mit der Begründung abgewiesen hat, mögliche Ansprüche der Klägerin seien aufgrund der vorbehaltlosen Zahlung der Beklagten im Dezember 2021 durch Erfüllung erloschen.

142. Dies gilt ebenso, soweit das Landesarbeitsgericht dem mit der Anschlussberufung eingebrachten weiteren Zahlungsantrag über Zusatzrentenansprüche für die Zeit vom bis zum teilweise, nämlich iHv. monatlich 588,00 Euro (insgesamt 9.996,00 Euro) nebst Zinsen, entsprochen hat. Die Klägerin ist insoweit nicht beschwert und die Beklagte hat kein Rechtsmittel eingelegt.

153. Dagegen ist der im Berufungsverfahren gestellte Feststellungsantrag (mit der von der Klägerin im Revisionsverfahren vorgenommenen Anpassung im Hinblick auf den Zeitpunkt) Gegenstand auch des Revisionsverfahrens. Das Landesarbeitsgericht hat diesen Antrag als unechten Hilfsantrag verstanden, der nur dann zur Entscheidung anfallen soll, wenn den Zahlungsanträgen in einer Höhe von mehr als 588,00 Euro, wenigstens teilweise stattgegeben worden ist. Da nach der Begründungslinie des Landesarbeitsgerichts diese innerprozessuale Bedingung nicht eingetreten ist, hat es den Antrag - insoweit konsequent - nicht beschieden. Allerdings ist der vorinstanzlich nicht beschiedene Hilfsantrag der Klägerin allein durch Einlegung der Revision in Bezug auf ihren Hauptantrag in die Revisionsinstanz gelangt (vgl.  - Rn. 30, BAGE 175, 257; - 2 AZR 101/18 - Rn. 24).

16II. Das Landesarbeitsgericht hat den mit der Anschlussberufung angebrachten Zahlungsantrag zu 3., soweit er iHv. 3.592,44 Euro nebst Zinsen Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht für den Zeitraum vom bis zum eine den ihr zugesprochenen Betrag iHv. monatlich 588,00 Euro übersteigende Zusatzrente nicht zu.

171. Der Antrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und auch im Übrigen zulässig.

18a) Der Antrag erstreckt sich zwar dem Wortlaut nach noch auf den im Berufungsverfahren insgesamt geltend gemachten Betrag iHv. 13.588,44 Euro (monatlich 799,32 Euro) nebst Zinsen. Bei der gebotenen, rechtsschutzgewährenden Auslegung (vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen  - Rn. 26 mwN, BAGE 154, 337) ist jedoch nach dem Vorbringen der Klägerin hinreichend erkennbar, dass sie bei sprachlicher Beibehaltung des Antrags - der Reichweite der Zulassung der Revision entsprechend - für die Zeit vom bis zum monatlich nur den Betrag von 588,00 Euro übersteigende weitere 211,32 Euro, insgesamt also 3.592,44 Euro, nebst Zinsen verlangt. Dieser Betrag beschreibt die zwischen den Parteien allein noch streitige rechnerische Differenz im Hinblick auf die Berechnung der Zusatzrente. Dieses Antragsverständnis hat die Klägerin in der Senatsverhandlung bestätigt.

19b) Das die Zusatzrentenansprüche für die Zeit vom bis zum betreffende Klagebegehren konnte durch die zulässige Anschlussberufung in das Verfahren eingeführt werden.

20aa) Die Erweiterung der Klage in der Berufungsinstanz war für die Klägerin als Berufungsbeklagte nur im Wege der Anschlussberufung möglich. Damit ist die Klageerweiterung als Anschlussberufung auszulegen, auch wenn sie nicht als solche bezeichnet ist (vgl.  - Rn. 66 mwN).

21bb) Die Klägerin hat zunächst mit dem am beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag fristgerecht innerhalb der verlängerten Frist zur Beantwortung der Berufung (vgl.  - Rn. 15; § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO) Anschlussberufung eingelegt und die Klage um Betriebsrentenansprüche für den Zeitraum Januar bis März 2022 iHv. 2.397,96 Euro nebst Zinsen erweitert. Die weitere Klageerweiterung um die Ansprüche von April 2022 bis Mai 2023 erfolgte zwar außerhalb der verlängerten Berufungsbeantwortungsfrist mit am eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag. Das ist aber unschädlich. Weitere Klageerweiterungen sind im Rahmen der zulässigen Anschlussberufung nach Ablauf der Frist zur Berufungsbeantwortung unter denselben Voraussetzungen zulässig wie die Erweiterung der Berufung (vgl.  - zu II 1 der Gründe; MüKoZPO/Rimmelspacher 6. Aufl. § 524 Rn. 48). Das Landesarbeitsgericht hat über den Antrag insgesamt in der Sache entschieden. In entsprechender Anwendung von § 268 ZPO ist in der Revisionsinstanz nicht mehr zu prüfen, ob die Klageerweiterung iSv. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 533 ZPO zulässig ist (vgl.  - Rn. 20 mwN).

222. Der im Revisionsverfahren noch anfallende Zahlungsantrag ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Klägerin für den Zeitraum von Januar 2022 bis Mai 2023 keinen Anspruch auf eine den Betrag von 588,00 Euro übersteigende Zusatzrente hat. Seine Annahme, bei der Berechnung der Zusatzrente sei nach V Nr. 3.5 SP 2000 die fiktive Rente wegen voller Erwerbsminderung auf den Mindestsatz der Gesamtversorgung anzurechnen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

23a) Die Anrechnung anderweitiger Versorgungsleistungen auf betriebliches Ruhegehalt bedarf einer besonderen Rechtsgrundlage, da nicht vereinbarte Anrechnungen mit der Vertragserfüllungspflicht des Arbeitgebers unvereinbar und daher unwirksam sind ( - Rn. 86). Insbesondere statuiert § 5 Abs. 2 BetrAVG kein gesetzliches Anrechnungsrecht, sondern setzt eine solche Rechtsgrundlage voraus ( - Rn. 21 mwN). Anrechnungen anderweitiger Bezüge auf eine Betriebsrente sind daher nur insoweit möglich, wie die maßgeblichen Bestimmungen die Anrechnungs- bzw. Berücksichtigungstatbestände, aufgrund derer im Rahmen einer Limitierungsklausel anderweitige Einkünfte berücksichtigt werden, für den Versorgungsberechtigten erkennbar und eindeutig beschreiben ( - Rn. 22 mwN). Dabei reicht es jedoch aus, wenn eine Auslegung nach den jeweils anzuwendenden Auslegungsgrundsätzen zum Ergebnis hat, dass anderweitige Versorgungsleistungen auf das betriebliche Ruhegehalt anzurechnen sind (vgl.  - aaO; - 3 AZR 97/08 - Rn. 16, BAGE 134, 254). Eine im Wege der Auslegung ermittelte Rechtsgrundlage für eine Anrechnung muss daher nicht klarer oder eindeutiger gefasst sein als andere Regelungsinhalte.

24b) Die Auslegung von V Nr. 3.1, 3.5 SP 2000 (zu den Maßstäben der Auslegung von Sozialplänen vgl.  - Rn. 10 mwN) iVm. I 2 Buchst. c, III 5 VO ergibt, dass bei der Berechnung der Versorgungsansprüche der Klägerin die fiktiv ermittelte Rente wegen voller Erwerbsminderung anzurechnen ist.

25aa) Der SP 2000 sieht zum Ausgleich künftiger Nachteile unter V Nr. 3 zunächst Regelungen vor, mit denen die Auswirkungen des Ausscheidens auf Versorgungsansprüche, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können, erheblich abgemildert werden.

26(1) Lässt man die durch V Nr. 3 SP 2000 vorgenommenen Anpassungen außer Betracht, hat ein infolge Alters oder Erwerbsunfähigkeit ausgeschiedener Betriebsangehöriger nach 15-jähriger Betriebszugehörigkeit nach III 1 VO Anspruch auf eine Zusatzrente iHv. 15 % des letzten Monatsgehalts. Ergibt der Gesamtbetrag aus den „drei Quellen“ der Gesamtversorgung Direktversicherungen, Rente der gesetzlichen Rentenversicherung und dieser Zusatzrente nicht mindestens 60 % des letzten Monatsgehalts, wird die Zusatzrente nach III 5 VO auf diesen Prozentsatz aufgestockt. Diese Mindestgesamtversorgung von 60 % wird - allerdings nur bei Ausscheiden wegen Erwerbsunfähigkeit oder Tod - nach III 6 VO um ein Prozent des letzten Monatseinkommens für jedes Jahr des Ausscheidens vor Vollendung des 55. Lebensjahres verringert. Bei einem vorzeitigen Ausscheiden vor Eintritt des Versorgungsfalls unterliegen die Versorgungsansprüche nach der VO zudem der zeitratierlichen Kürzung nach V 1 VO iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG, bei Inanspruchnahme der Zusatzrente vor Erreichen der Altersgrenze nach § 6 BetrAVG zudem nach V 5 VO der zusätzlichen Kürzung um einen versicherungsmathematischen Abschlag.

27(2) Diese Vorgaben mildert der SP 2000 für den Fall eines durch die Betriebsänderung bedingten vorzeitigen Ausscheidens maßgeblich ab. Nach V Nr. 3.1 SP 2000 erhalten mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausscheidende Mitarbeiter die zum Zeitpunkt des Ausscheidens erreichte Anwartschaft, die bei Eintritt des Versorgungsfalls in unveränderter Höhe - also ohne zeitratierliche Kürzung nach V 1 VO iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG - gezahlt wird. Das bedeutet, dass Arbeitnehmern, die (wie die Klägerin) zum Zeitpunkt des Ausscheidens die 15-jährige Betriebszugehörigkeit nach III 1 VO erreicht haben, ein wesentlicher Teil der durch das vorzeitige Ausscheiden bedingten Versorgungsnachteile genommen sind. Nach V Nr. 3.1 Satz 3 SP 2000 findet zudem bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Zusatzrente (nach § 6 BetrAVG) keine weitere Kürzung um einen versicherungsmathematischen Abschlag (wie in der VO vorgesehen) statt. Nach V Nr. 3.3 SP 2000 werden schließlich für die Berechnung der Versorgungsansprüche die Monate, für die eine Abfindung gezahlt wird, als anrechenbare Dienstzeit und Wartezeit im Rahmen der jeweiligen betrieblichen Versorgungsregelung und des BetrAVG mitgerechnet.

28bb) Die hier im Streit stehende Vorschrift in V Nr. 3.5 SP 2000 ist im Lichte dieser Nachteilsausgleichsbestimmungen auszulegen. Nach ihrem Wortlaut gelten „für die Berechnung der Versorgungsansprüche zum Austrittstermin“ die „gleichen Regelungen wie [bei] der Berechnung im Erwerbsunfähigkeitsfall“, wobei - hier nicht einschlägig - besondere Zurechnungszeiten nach einer Versorgungsordnung ausgenommen sind. Dieser Wortlaut lässt klar erkennen, dass der Versorgungsanspruch nach V Nr. 3.1 SP 2000 - also die zum maßgeblichen Ausscheidenszeitpunkt erreichte ungekürzte Anwartschaft - nach der jeweiligen Versorgungsordnung (fiktiv) so zu berechnen ist, wie wenn zu diesem Zeitpunkt der Versorgungsfall Erwerbsunfähigkeit eingetreten wäre. Die Regelung gibt damit nach ihrem Wortlaut unzweideutig die Berechnung insgesamt nach dieser Prämisse vor.

29cc) Mit dem Verweis auf „die gleichen Regelungen wie [bei] der Berechnung im Erwerbsunfähigkeitsfall“ gibt die Regelung in V Nr. 3.5 SP 2000 hinreichend deutlich zu erkennen, dass für die Arbeitnehmer, die - wie die Klägerin - Versorgungsansprüche nach der VO haben, im Rahmen der Berechnung der Mindestgesamtversorgung nach I 2 Buchst. c, III 5 VO nicht die gesetzliche Altersrente, sondern eine fiktive Erwerbsminderungsrente Anrechnung findet. Die Berechnung der Zusatzrente „im Erwerbsunfähigkeitsfall“ hat nach III 6 VO zunächst die Kürzung des Mindestsatzes der Gesamtversorgung für jedes Jahr des Ausscheidens vor dem 55. Lebensjahr zur Folge. Zudem ist nach der VO im Fall des Ausscheidens wegen Erwerbsunfähigkeit bei der Ermittlung des Mindestbetrags der Gesamtversorgung nach III 5 VO die Erwerbsminderungsrente zu berücksichtigen, da I 2 Buchst. c VO als eine der drei in die Gesamtbetrachtung einzubeziehenden „drei Quellen“ die „Renten der gesetzlichen Rentenversicherung“ nennt. Damit kann für den Versorgungsfall Erwerbsunfähigkeit ohne abweichende Regelung als einschlägige gesetzliche Rente (mittlerweile) nur die Erwerbsminderungsrente gemeint sein. Sieht die Versorgungsordnung - wie hier - davon ab, den Begriff der Erwerbsunfähigkeit oder Erwerbsminderung selbst zu definieren und den Eintritt des Versorgungsfalls eigenständig festzulegen, sollen in der Regel die sozialversicherungsrechtlichen Gegebenheiten übernommen werden ( - Rn. 41 mwN, BAGE 155, 125). Unschädlich ist, dass die VO und der SP 2000 noch den Begriff der „Erwerbsunfähigkeit“ verwenden. Nach Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes zum kann der Arbeitnehmer durch einen Bescheid der Rentenversicherung eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zwar nicht mehr nachweisen; gemäß § 43 SGB VI nF ist an die Stelle der Rente wegen Berufsunfähigkeit und der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aber die Rente wegen Erwerbsminderung getreten. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung entspricht nach Voraussetzungen und Inhalt der früheren Erwerbsunfähigkeitsrente (vgl.  - Rn. 47, aaO).

30dd) Diese in V Nr. 3.5 SP 2000 gewählte Berechnungsweise fügt sich in den weiteren Regelungsinhalt des SP 2000 zur betrieblichen Altersversorgung ein, soweit V Nr. 3.1 SP 2000 die zeitratierliche Kürzung bei vorzeitigem Ausscheiden ausschließt, denn bei Eintritt des Versorgungsfalls Erwerbsunfähigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses findet (mangels vorzeitigen Ausscheidens) eine zeitratierliche Kürzung ebenso nicht statt. Die Regelung gibt damit bei im Übrigen weitgehender Besserstellung der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer eine dem typischen Fall des frühzeitigen Ausscheidens ohne zeitratierliche Kürzung entsprechende Berechnung vor. Diesem Auslegungsergebnis stehen Sinn und Zweck der Sozialplanregelungen zur betrieblichen Altersversorgung daher auch nicht entgegen. Sozialpläne haben eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen die künftigen Nachteile ausgleichen, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können ( - Rn. 10). Diesem grundsätzlichen Anliegen werden die Regelungen in V Nr. 3.1 und 3.3 SP 2000 gerecht, ein umfassender Nachteilsausgleich ist hingegen nicht erforderlich und gerade dem Regelungszweck von V Nr. 3.5 SP 2000 isoliert nicht zu entnehmen. Berücksichtigt man, dass der Sozialplan im Übrigen die Ansprüche nach der VO erheblich verbessert bzw. die betriebsänderungsbedingten Nachteile bereits weitgehend ausgleicht, kann auch keine Rede davon sein, die Klägerin habe die durch ihr Ausscheiden bedingte Versorgungslücke alleine zu tragen.

31ee) Dem gefundenen Ergebnis steht schließlich nicht entgegen, dass die Erwerbsminderungsrente nach V Nr. 3.5 SP 2000 „fiktiv“ („wie [bei] der Berechnung im Erwerbsunfähigkeitsfall“) ermittelt und angerechnet wird und die Klägerin tatsächlich keine Erwerbsminderungsrente bezogen hat. Sie konnte mit einer entsprechenden fiktiven Berechnungsweise gleichwohl rechnen, denn die Anrechnung fiktiver Sozialversicherungsrenten ist bei der Berechnung von Betriebsrentenansprüchen bei vorzeitigem Ausscheiden üblich. Zudem löst sich die insgesamt begünstigende Sozialplanregelung in weiten Teilen von der Berechnungsweise der VO.

32ff) Auf die (ohnehin „unverbindliche“) Rentenberechnung der A Aktiengesellschaft vom kann sich die Klägerin zur Begründung des abweichenden Verständnisses schon deshalb nicht berufen, weil die Berechnung danach ersichtlich nicht auf Grundlage der Regelungen des SP 2000 erfolgt ist. Hierauf beruft sich die Klägerin im Revisionsverfahren auch nicht mehr.

33c) Die in V Nr. 3.1, 3.5 SP 2000 iVm. I 2 Buchst. c, III 5 VO geregelte Berücksichtigung der Erwerbsminderungsrente bei der Berechnung der Zusatzrente verstößt nicht gegen § 5 Abs. 2 BetrAVG.

34aa) Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG dürfen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch Anrechnung oder Berücksichtigung anderer Versorgungsbezüge, soweit diese auf eigenen Beiträgen des Versorgungsempfängers beruhen, nicht gekürzt werden. Das gilt nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG nicht für Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, soweit sie auf Pflichtbeiträgen beruhen, sowie für sonstige Versorgungsbezüge, die mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen des Arbeitgebers beruhen. Aus Satz 2 der Vorschrift ergeben sich keine eigenständigen Anrechnungsverbote. Die Bestimmung schränkt vielmehr das Anrechnungsverbot des Satzes 1 ein und erweitert damit die Anrechnungsmöglichkeiten ( - Rn. 42, BAGE 164, 294; - 3 AZR 80/08 - Rn. 27). Entscheidend für das Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG ist deshalb allein, dass der Arbeitnehmer zumindest auch eigene Beiträge aufwenden musste ( - aaO; missverständlich insoweit  - aaO).

35bb) Die hier zu berücksichtigende Erwerbsminderungsrente unterfällt zwar grundsätzlich dem Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG, weil die Klägerin insoweit auch Eigenbeiträge erbracht hat. Die Anrechnung ist jedoch zulässig, weil sie von § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BetrAVG gedeckt ist. Die Erwerbsminderungsrente ist eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf Pflichtbeiträgen beruht.

36cc) Der Nichtanwendung des Anrechnungsverbots steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Erwerbsminderungsrente tatsächlich nicht bezogen hat. Darauf kommt es nach dem Zweck des Gesetzes nicht an (vgl. zur Zulässigkeit der Anrechnung fiktiver Renten  - Rn. 74; - 3 AZR 631/84 -). Das Anrechnungsverbot nach § 5 Abs. 2 BetrAVG soll Leistungen der Eigenvorsorge schützen, um eine Benachteiligung von Arbeitnehmern zu vermeiden, die sich während des Arbeitslebens eine eigene Altersversorgung verschafft haben (vgl. ErfK/Steinmeyer 24. Aufl. BetrAVG § 5 Rn. 6). Die anrechenbare gesetzliche Rente, die nicht allein auf eigenen Beiträgen des Arbeitnehmers, sondern auf beiderseitigen Pflichtbeiträgen beruht, wird aber nicht dadurch zur anrechnungsfreien Eigenvorsorge, dass sie „fiktiv“ zu berücksichtigen ist.

37d) Demgemäß berechnet sich der Zusatzrentenanspruch der Klägerin wie folgt: Nach III 5 und 6 VO iVm. V Nr. 3.5 SP 2000 beträgt der Mindestsatz von der Gesamtversorgung 59 % (60 % abzgl. 1 %) des letzten Bruttomonatsgehalts der Klägerin iHv. 3.350,00 Euro, mithin 1.976,50 Euro. Darauf ist anzurechnen die monatliche fiktive Rente aus der Direktversicherung iHv. 35,45 Euro (vgl. I 2 Buchst. a VO) sowie eine monatliche fiktive Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung in unstreitiger Höhe von 1.379,07 Euro. Der sich ergebende Mindestbetrag der Zusatzrente iHv. 561,97 Euro wurde zum um 4,55 % auf 588,00 Euro monatlich angepasst. Über diesen Betrag hinausgehende Zusatzrentenansprüche hat die Klägerin nicht.

38III. Der im Revisionsverfahren gestellte Feststellungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

391. Der Antrag ist nach der wohlverstandenen Interessenlage der Klägerin - anders als sein Wortlaut erkennen lässt - auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten gerichtet, an die Klägerin ab Juni 2023 monatlich über den Betrag von 588,00 Euro hinausgehend eine Zusatzrente iHv. 211,32 Euro, insgesamt also iHv. 799,32 Euro zu zahlen. Die streitigen Versorgungsansprüche im Zeitraum vor Juni 2023 sind bereits Gegenstand der (zum Teil bereits rechtskräftig entschiedenen) Leistungsanträge. Den Betrag iHv. 588,00 Euro monatlich zahlt die Beklagte - wie die Parteien in der Senatsverhandlung klargestellt haben - seit Juni 2023 aus, ihre Zahlungsverpflichtung ist insoweit unstreitig. Dieses Antragsverständnis hat die Klägerin in der Senatsverhandlung bestätigt.

402. In diesem Verständnis ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Antrag sei als unechter Hilfsantrag in dem Sinne zu verstehen, dass er nur dann zur Entscheidung anfallen soll, wenn den Zahlungsanträgen iHv. monatlich mehr als 588,00 Euro wenigstens teilweise stattgegeben wird. Da die Beklagte ihre Zahlungsverpflichtung iHv. 588,00 Euro ab Juni 2023 nicht bestreitet, liegt es im Kosteninteresse der Klägerin, wenn über ihn nur entschieden wird, wenn die Streitfrage der Anrechnung der Erwerbsminderungsrente im Zusammenhang mit dem Leistungsantrag zu ihren Gunsten entschieden wird. Gegen dieses Verständnis wendet sich die Klägerin im Revisionsverfahren der Sache nach auch nicht.

413. Da die innerprozessuale Bedingung, unter der der Hilfsantrag gestellt wurde, mit der Abweisung des im Revisionsverfahren noch anhängigen Leistungsantrags nicht eingetreten ist, fällt der Feststellungsantrag nicht zur Entscheidung an.

42IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2024:261124.U.3AZR49.24.0

Fundstelle(n):
YAAAJ-89161