Förderung zum Flugkapitän - Seniorität - Gleichbehandlung
Gesetze: Art 9 Abs 3 GG, Art 12 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 1 TVG
Instanzenzug: Az: 15 Ca 770/22 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 12 Sa 529/22 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die (Be-)Förderung des Klägers zum Kapitän und die dabei anzuwendenden tarifvertraglichen Senioritätsregelungen. Nach der Seniorität, einer branchenspezifischen Art der Betriebszugehörigkeit, richtet sich in Luftverkehrsunternehmen typischerweise die Reihenfolge bei der Besetzung ausgeschriebener Schulungen zum Kapitän (sog. Förderung bzw. Upgrading), aber auch - neben weiteren Kriterien - bei der Berücksichtigung von Urlaubsanträgen sowie der Vergabe bestimmter freier Tage.
2Der Kläger ist im Anschluss an seine Tätigkeit als First Officer (Co-Pilot) bei der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG (im Folgenden Air Berlin) seit dem bei der Beklagten, die durch formwechselnde Umwandlung aus der Eurowings Luftverkehrs AG entstand, in gleicher Funktion beschäftigt. Seinen ersten kommerziellen Flug für die Beklagte erbrachte er am . Im Anstellungsvertrag vom ist nach der mit Rügen nicht angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts eine umfassende Bezugnahme auf die im Betrieb jeweils für die Berufsgruppe des Mitarbeiters einschlägigen, normativ geltenden Verbands- und Firmentarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung erfolgt.
3Bis zum fand bei der Beklagten der „Tarifvertrag Wechsel und Förderung für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG“ vom (im Folgenden TV WeFö) Anwendung. Dieser regelte ua. die (Be-)Förderung zum Kapitän. Die dafür maßgeblichen Bestimmungen lauteten auszugsweise wie folgt:
4Der „Tarifvertrag Wachstum für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der Eurowings GmbH“ vom (im Folgenden TV Wachstum) iVm. der letzten Änderungsvereinbarung vom lautet auszugsweise wie folgt:
5Die Beklagte stellte in den Jahren 2017 und 2018 ca. 300 Cockpitmitarbeiter von der ehemaligen Air Berlin nach den Maßgaben des TV Wachstum ein.
6Der am unterzeichnete „Tarifvertrag Karriere … für das Cockpitpersonal der Eurowings“ (im Folgenden TV Karriere), der ausweislich seines § 10 Abs. 1 mit dem Datum seiner Unterzeichnung in Kraft trat und den TV WeFö nahtlos ersetzte, enthält ua. neue Regelungen über die (Be-)Förderung des Cockpitpersonals. Diese lauten auszugsweise wie folgt:
7Noch auf Grundlage des TV WeFö erstellte die Beklagte am eine endgültige Senioritätsliste. Am veröffentlichte die Beklagte eine auf Grundlage des TV Karriere erstellte vorläufige Senioritätsliste. Gegen diese erhob die Personalvertretung Cockpit (im Folgenden PV Cockpit) für zahlreiche Beschäftigte der Beklagten Einspruch. Ein Teil der Einsprüche richtete sich gegen die Festsetzung bestimmter Senioritätsdaten in dieser Liste, ein anderer Teil der Einsprüche machte eine „ungerechte Behandlung“ geltend. Am gab die Beklagte die endgültige Senioritätsliste gemäß TV Karriere bekannt. Der Kläger war in den Senioritätslisten auf der Grundlage der Kriterien des TV Karriere schlechter platziert als auf derjenigen nach den Kriterien des TV WeFö.
8Bereits am hatte die Beklagte eine innerbetriebliche Stellenausschreibung veröffentlicht, der zufolge sie zwölf Co-Piloten für das Upgrading zum Kapitän mit Ausbildungsbeginn suchte. Die Auswahl sollte nach Seniorität gemäß § 5 Abs. 3 TV Karriere erfolgen. Der Kläger bewarb sich hierauf. Er erfüllte die in der Stellenbeschreibung benannten sonstigen Anforderungen.
9Mit den am 6. bzw. veröffentlichten innerbetrieblichen Stellenausschreibungen suchte die Beklagte nach weiteren jeweils zwölf Co-Piloten für das Upgrading zum Kapitän. In den vorgenannten Stellenausschreibungen führte die Beklagte aus, dass die Auswahl wiederum nach Seniorität erfolge und erfolglose Bewerbungen von Mitarbeitern auf die vorangegangene Stellenausschreibung mitberücksichtigt würden. Der Kläger erfüllte die in den Stellenausschreibungen jeweils benannten sonstigen Anforderungen.
10Die Beklagte besetzte alle in den genannten Stellenausschreibungen ausgeschriebenen Stellen mit auf der Grundlage der vorläufigen Senioritätsliste vom ausgewählten und nachfolgend über ca. zwei Monate mit erfolgreicher Prüfung ausgebildeten Bewerbern. Den Kläger berücksichtigte die Beklagte nicht.
11Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, seine Seniorität bei künftigen (Be-)Förderungsmaßnahmen vom First Officer zum Kapitän nach den Kriterien des TV WeFö zu ermitteln. Jedenfalls dürfe sie nicht die Senioritätsliste auf Grundlage der Kriterien des TV Karriere anwenden, soweit sein Senioritätsstatus hierdurch beeinträchtigt werde. Er meint, der damalige Flugbetriebsleiter Herr S habe im Rahmen eines einwöchigen Operator Conversion Course (OCC) im September 2017 beim Wechsel des Klägers und fünf weiterer Kollegen von Air Berlin zur Beklagten eine vertragliche Zusage dahingehend erteilt, dass Bestandsschutz für die Einordnung in die Senioritätsliste nach Maßgabe des TV WeFö bestehe. Dies habe sich durch die vom Landesarbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme in Form der Zeugeneinvernahme des Herrn S bestätigt. Insoweit habe das Berufungsgericht aber eine abschließende Beweiswürdigung unterlassen.
12Jedenfalls habe die Senioritätsliste vom der Auswahlentscheidung deshalb zugrunde gelegt werden müssen, weil die Regelungen des TV Karriere gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstießen und dieser vollständig, jedenfalls aber teilweise unwirksam sei, so dass der TV WeFö weitergelte. Es fehle bereits an einem sachlichen Differenzierungskriterium. Die von den Tarifvertragsparteien getroffene Gruppenbildung erweise sich objektiv als willkürlich. Zudem sei es nicht sachgerecht, zur Ermittlung der Seniorität unterschiedliche Anknüpfungspunkte zu wählen und bei der Beschäftigtengruppe 2 von der Nichtberücksichtigung der Vorbeschäftigungszeiten bei anderen Arbeitgebern abzurücken, um sodann für die Beschäftigten der Gruppe 3 wieder zu diesem Grundsatz zurückzukehren. Schließlich verstoße die Neuregelung der Senioritätsreihenfolge durch den TV Karriere gegen das Rückwirkungsverbot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
13Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
14Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keinen Anspruch auf Anwendung der Senioritätsliste auf Grundlage des TV WeFö bei künftigen (Be-)Förderungen. Eine Zusage von Bestandsschutz hinsichtlich der Einordnung des Klägers in die Senioritätsliste der Beklagten sei nicht erfolgt. Die (Be-)Förderungen anhand der hierfür maßgeblichen vorläufigen Senioritätsliste vom seien rechtmäßig erfolgt. Infolge der vollständigen Ersetzung des TV WeFö durch den TV Karriere am sei die Senioritätsliste vom nicht mehr anzuwenden gewesen. Dies entspreche auch der von den Tarifvertragsparteien mit dem TV Karriere beabsichtigten Neuregelung der Seniorität.
15Der TV Karriere sei auch wirksam. Ziel des vor dem Hintergrund der Sondersituation der Insolvenz der Air Berlin geschlossenen TV Wachstum sei es gewesen, ein geordnetes Verfahren zu schaffen, das die Rekrutierung einer dreistelligen Zahl von Piloten in kurzer Zeit und in einem breiten „Erfahrungsmix“ ermöglicht habe. Mit den Neuregelungen zur Seniorität im TV Karriere sei eine Neuordnung des nach den Maßgaben des TV Wachstum eingestellten Personals bezweckt. Die ausschließliche Anknüpfung an die „Betriebszugehörigkeit“ sei nur dann angemessen, wenn der Flugbetrieb organisch wachse. Weil das Wachstum zwischen dem und dem aber in einer großen Welle erfolgt sei und erfahrene Piloten betroffen habe, sei es sachgerecht, für Neuzugänge in dieser Phase weitere Kriterien - wie die Berufserfahrung - heranzuziehen. Es sei nicht angemessen, diese Cockpitmitarbeiter trotz relevanter Flugerfahrung wie Berufsanfänger zu behandeln.
16Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Gründe
17Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger kann nicht die Feststellung der Anwendung der Senioritätskriterien des TV WeFö verlangen, weder aufgrund einer Zusage noch aufgrund einer Unwirksamkeit des TV Karriere.
18I. Der Hauptantrag auf Feststellung ist zulässig, aber unbegründet.
191. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Es liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sowie das erforderliche Feststellungsinteresse vor. Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt.
20a) Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (sog. Elementenfeststellungsklage). Ein Feststellungsinteresse ist dafür nur gegeben, wenn der Streit durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente des Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden (st. Rspr., vgl. - Rn. 12 mwN).
21b) Diesen Anforderungen genügt der Feststellungsantrag des Klägers, der die zukunftsbezogene Feststellung auf Anwendung eines konkreten Tarifvertrags mit bestimmten Senioritätskriterien bei künftigen (Be-)Förderungsmaßnahmen vom First Officer zum Kapitän begehrt. Es handelt sich um ein feststellungsfähiges Teilrechtsverhältnis. Für den Feststellungsantrag besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, weil die Beklagte von der Ablösung des TV WeFö ausgeht und die Seniorität nach den Maßgaben des TV Karriere bestimmen will. Damit besteht in dieser für das weitere Arbeitsverhältnis erheblichen Frage Streit zwischen den Parteien, der mit dem vorliegenden Antrag abschließend geklärt werden kann.
22c) Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger, der sein Begehren aus zwei Streitgegenständen - einem Anspruch aus einzelvertraglicher Zusage auf Absicherung eines bestimmten Senioritätsstatus und aus der Unwirksamkeit der Ablösung der Senioritätskriterien des TV WeFö durch diejenigen des TV Karriere - herleitet, hat diese hinreichend in ein Eventualverhältnis gesetzt (zu den Anforderungen - Rn. 11; - 4 AZR 230/20 - Rn. 18). Er stützt seine Klage vorrangig auf die Individualzusage und hilfsweise auf einen Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG wegen Unwirksamkeit des TV Karriere.
23Der Antrag ist schließlich auch im Hinblick auf das konkrete Begehren des Klägers hinreichend bestimmt. Dies ergibt eine Auslegung des Antrags (zum Erfordernis einer solchen vgl. - Rn. 39), wonach die Senioritätskriterien nach dem TV WeFö „hinsichtlich seiner Person“ Anwendung finden sollen. Das Klageziel ist die Feststellung, dass der Kläger dann für eine (Be-)Förderung ausgewählt werden muss, wenn er bei einer Entscheidung nach den Senioritätskriterien des TV WeFö ausgewählt würde.
242. Der Hauptantrag auf Feststellung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, bei künftigen (Be-)Förderungsmaßnahmen vom First Officer zum Kapitän nach den Senioritätskriterien des TV WeFö bewertet zu werden.
25a) Die vom Kläger begehrte Anwendung der Senioritätskriterien des TV WeFö folgt nicht aus einer einzelvertraglichen Zusage von Seiten des Herrn S, die der Beklagten zuzurechnen wäre.
26aa) Eine ausdrückliche Zusage eines bestimmten Senioritätsstatus wurde dem Kläger nicht erteilt. Diese vom Landesarbeitsgericht getroffene Feststellung wird in der Revision nicht mit Rügen angegriffen. Der Senat hat sie somit seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 559 Abs. 2 ZPO).
27bb) Die Rügen des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe den zu seinen Gunsten zugrunde gelegten Sachverhalt, wonach Herr S mitgeteilt habe, der TV Wachstum sei nicht maßgeblich und der Kläger würde zum Bestands- bzw. Stammpersonal gehören, unzutreffend gewürdigt, haben keinen Erfolg. Die Wertungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
28(1) Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO haben die Tatsacheninstanzen unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer ggf. durchgeführten Beweisaufnahme nach ihrer freien Überzeugung darüber zu befinden, ob sie eine tatsächliche Behauptung für wahr erachten oder nicht. Revisionsrechtlich ist ihre Würdigung allein darauf hin zu überprüfen, ob alle Umstände vollständig berücksichtigt und Denk- und Erfahrungsgrundsätze nicht verletzt wurden. Um diese Überprüfung zu ermöglichen, haben sie nach § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO die wesentlichen Grundlagen ihrer Überzeugungsbildung nachvollziehbar darzulegen (st. Rspr., vgl. - Rn. 24 mwN).
29(2) Gemessen daran ist die Würdigung des zugrunde gelegten Sachverhalts durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat die - unstreitigen - Äußerungen des Herrn S ausgelegt und unter allen denkbaren rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten gewertet. Es hat die Begriffe des Stammpersonals bzw. des Bestandspersonals und der Belohnung, den Zeitpunkt der Äußerungen, den Stand der Tarifverhandlungen zum Zeitpunkt der Äußerungen, die kollektiv-rechtlichen Aspekte der zu diesem Zeitpunkt geltenden Regelungen sowie die Bedeutung des sog. Drei-Letter-Codes berücksichtigt und umfassend gewürdigt, ohne sie in ihrer Bedeutung zu verkennen. Die Rügen des Klägers vermögen dies nicht mit Erfolg anzugreifen. Letztendlich beschränkt sich seine Argumentation - aus Sicht des Klägers konsequent - darauf, das Auslegungsergebnis des Landesarbeitsgerichts für unzutreffend zu erklären und durch seine Würdigung zu ersetzen. Das Landesarbeitsgericht hat indes ohne Rechtsfehler angenommen, dass sich aus der Mitteilung, der Kläger zähle zum Bestandspersonal bzw. zum Stammpersonal oder er erhalte eine Belohnung, noch nicht die vom Kläger begehrte Rechtsfolge ergibt.
30Auch wenn man - wie das Landesarbeitsgericht - annimmt, die mündlichen Erklärungen des Herrn S seien Allgemeine Geschäftsbedingungen, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht zur Anwendung. Entgegen der Revision bestehen keine „erheblichen Zweifel“ an der richtigen Auslegung. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt nicht (vgl. - Rn. 19; - 10 AZR 109/22 - Rn. 21).
31(3) Soweit im Revisionsangriff des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe nach der Beweisaufnahme zunächst „Anhaltspunkte für die Version des Klägers“ gesehen, dann jedoch eine gegenteilige Entscheidung getroffen, eine Rüge der Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) aufgrund einer Überraschungsentscheidung zu sehen sein sollte, ist diese jedenfalls unbegründet. Nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom vor dem Landesarbeitsgericht hat die Kammer mitgeteilt, sie sehe „bei vorläufiger Würdigung durchaus Anhaltspunkte für die Version des Klägers“. Damit hat die Kammer lediglich über ihre vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage informiert (vgl. hierzu - Rn. 41, BAGE 178, 343). Für den Kläger war erkennbar, dass die Einschätzung keine bindende Wirkung hat, vielmehr eine abschließende Entscheidung noch aussteht. Zudem hat das Landesarbeitsgericht den Kläger in der Fortsetzungsverhandlung vom ausdrücklich auf den von ihm anschließend der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt hingewiesen.
32(4) Mit der Rüge, die Auslegung der Erklärungen des Herrn S könne nicht bezogen auf dessen inneren Willen vorgenommen werden, vermag der Kläger ebenfalls nicht durchzudringen. Rechtsgeschäftliche Willenserklärungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nach einem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen. Geht man - wie das Landesarbeitsgericht - vom Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen aus, ist deren Inhalt nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (vgl. - Rn. 15 mwN). In jedem Fall haben aber die Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbarer Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben (vgl. - Rn. 49 mwN, BAGE 162, 293 und für Allgemeine Geschäftsbedingungen - Rn. 19). Diesen Maßstab hat das Landesarbeitsgericht seiner Betrachtung zugrunde gelegt. Der Kläger irrt, wenn er nur darauf abstellt, angesichts des Gesamtbilds der Aussagen habe sich „für die Klägerseite unmissverständlich gezeigt, dass sich die Bestandszusage tatsächlich zielgerichtet auf den Senioritätsstatus bezog“. Damit stellt der Kläger für die Auslegung fehlerhaft auf seine subjektive Sichtweise, jedoch gerade nicht auf den objektiven Empfängerhorizont ab.
33b) Die vom Kläger begehrte Anwendung der Senioritätskriterien des TV WeFö folgt auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG wegen Unwirksamkeit des TV Karriere. Die Beklagte ist berechtigt, die Senioritätskriterien auf Grundlage des TV Karriere bei künftigen (Be-)Förderungsmaßnahmen vom First Officer zum Kapitän anzuwenden. Der TV Karriere gilt aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsverhältnis der Parteien. Seine Regelungen sind wirksam und beeinträchtigen den Kläger nicht in unzulässiger Weise. Das hat der Senat in dem führenden Parallelverfahren (- 6 AZR 131/23 - Rn. 33 ff.) ausführlich begründet und nimmt darauf Bezug. Damit ist für den Kläger die nach den Vorgaben des TV Karriere erstellte, jeweils aktuelle Senioritätsliste maßgeblich.
34II. Der zulässige Hilfsantrag auf Feststellung, der dem Senat wegen Abweisung des Hauptantrags zur Entscheidung anfällt, ist aus den gleichen Gründen unbegründet.
35III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2024:191224.U.6AZR252.23.0
Fundstelle(n):
XAAAJ-88266