Anbringung der Klage beim Finanzamt
Bezug: BStBl 1995 II S. 601
Nach § 64 Abs. 1 FGO ist die Klage beim Finanzgericht zu erheben. Die Klage kann jedoch zur Fristwahrung auch bei dem nach § 47 Abs. 2 FGO zuständigen Finanzamt angebracht oder zur Niederschrift erklärt werden. Das Finanzamt ist dann nur Annahmestelle für das Finanzgericht. Es muss die Klageschrift mit der für das Amt und die sonstigen Beteiligten bestimmten Ausfertigungen unverzüglich dem Finanzgericht übersenden (§ 47 Abs. 2 Satz 2 FGO). Die Klageschrift darf also nicht so lange zurückbehalten werden, bis die Stellungnahme hierzu fertiggestellt oder geprüft worden ist, ob die Klage außergerichtlich (z. B. nach § 172 AO) erledigt werden kann. Die unverzügliche Übersendung der Klage ist auch deshalb notwendig, da die Streitsache erst mit dem Eingang beim Finanzgericht rechtshängig wird (§ 66 i. V. m. § 64 Abs. 1 FGO). Und z. B. erst ab diesem Zeitpunkt Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge entstehen können (§ 236 AO). Außerdem beginnt die Monatsfrist für die Zustimmung zur Sprungklage erst, wenn das Finanzgericht dem Finanzamt die Klageschrift zugestellt hat (§§ 45 Abs. 1, 71 Abs. 1 FGO).
Mit der Weiterleitung der Klageschrift an das Finanzgericht ist dem Steuerpflichtigen eine Abgabenachricht zu erteilen. Darin ist darauf hinzuweisen, dass alle weiteren Schriftsätze unmittelbar beim Finanzgericht einzureichen sind und Kopien für die übrigen Beteiligten und deren Bevollmächtigte beigefügt werden sollen. Es ist zu beachten, dass Steuerberater und Rechtsanwälte nach § 52d FGO verpflichtet sind, elektronisch mit dem Finanzgericht zu kommunizieren. Eine von diesen Berufsgruppen mit der Post eingereichte Klage beim Finanzamt wäre dennoch an das Finanzgericht weiterzuleiten, da über die Zulässigkeit der Klage das Finanzgericht entscheidet.
Für das Anbringen einer Klage beim Finanzamt nach § 47 Abs. 2 Satz 1 FGO genügt es, wenn diese in einem verschlossenen und postalisch an das Finanzgericht adressierten Briefumschlag in den Briefkasten des Finanzamts eingeworfen oder beim Finanzamt abgegeben wird. Die Klageschrift muss entgegen der früheren Rechtsprechung nicht derart in den Verfügungsbereich des Finanzamts gelangen, dass es von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann ( BStBl 1995 II S. 601). So ist eine beim Finanzamt eingegangene Klage – unabhängig davon, ob der dazugehörige Briefumschlag die Adresse des Finanzamts oder des Finanzgerichts aufweist – auch beim Finanzamt angebracht. Nach dem BStBl 1995 II S. 601, ist das Finanzamt in Fällen, in denen ein an das Finanzgericht adressierter (verschlossener) Briefumschlag eingegangen ist, verpflichtet, den Eingangstag zu dokumentieren. Auf solchen Briefumschlägen ist deshalb ein Eingangsstempel anzubringen.
Oberfinanzdirektion Karlsruhe v. - FG
2020
Fundstelle(n):
AO-Kartei BW
FGO §
47 Karte Karte
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SAAAJ-87102