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BGH Beschluss v. - IV ZB 13/24

Instanzenzug: Az: 12 U 76/23vorgehend LG Mainz Az: 4 O 75/20

Gründe

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3II. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der für die Berufungseinlegung erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 600 € nicht erreicht und die Berufung der Beklagten zu 2 deshalb unzulässig sei. Der Streitwert für die Beschwer des zur Auskunft Verpflichteten orientiere sich allein an dem Interesse der verurteilten Partei, die in Rede stehende Auskunft nicht erteilen zu müssen, wobei im Wesentlichen auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen sei, der für die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs erforderlich sei. Weder sei die Beschwer im Minimum mit dem Betrag der Kostenlast zu bemessen, die von der auskunftsverpflichteten Partei zu tragen sei, wenn es bei der angefochtenen Entscheidung verbleibe, noch komme es auf das Interesse der Beklagten zu 2 an, die von den Klägern mit der Auskunfts- und Rechnungslegung vorbereitete Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern oder zu erschweren. Eine über 500 € hinausgehende Beschwer sei nach diesem Maßstab weder dargetan noch anderweitig erkennbar. Der Einwand der Beklagten, dass sie sich infolge der ihr versagten Anfechtung des Teilurteils im weiteren Verfahren nicht mehr auf die Einrede der Verjährung berufen könne, führe zu keiner anderweitigen Bemessung der Beschwer. Die auf der Auskunftsstufe ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch stehe einem Grundurteil nicht gleich und entfalte für die Entscheidung über den Zahlungsanspruch keine Bindungswirkung im Sinne von § 318 ZPO. Unterstellt, das Landgericht sei von einer Beschwer der Beklagten zu 2 von mehr als 600 € ausgegangen, sei zwar in der Berufungsinstanz die Zulassungsentscheidung nach § 511 Abs. 4 ZPO nachzuholen; es lägen aber die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht vor. Der Sachverhalt weise weder Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch handele es sich um bislang nicht geklärte Rechtsprobleme oder solche, die in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt würden.

4III. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist im Übrigen nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts ist insbesondere nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt die Beklagte zu 2 nicht in ihren Verfahrensgrundrechten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip).

51. Das Berufungsgericht ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Beurteilung gelangt, der Wert des Beschwerdegegenstandes der von der Beklagten zu 2 eingelegten Berufung erreiche den gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Wert von über 600 € nicht.

6a) Im Fall der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung bemisst sich der Wert des Beschwerdegegenstandes nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Hierbei kommt es grundsätzlich auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der Auskunft erfordert (Senatsbeschlüsse vom - IV ZB 29/23, ZEV 2024, 832 Rn. 6; vom - IV ZB 18/23, ZEV 2024, 828 Rn. 7; jeweils m.w.N.; st. Rspr.). Zur Bewertung des anfallenden Zeitaufwandes ist in der Regel auf die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Regelungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) zurückzugreifen (Senatsbeschlüsse vom aaO; vom aaO). Kosten für die Hinzuziehung von sachkundigen Hilfspersonen können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung allein nicht in der Lage ist. Das kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa bei Angaben zu größeren Unternehmensbeteiligungen für länger zurückliegende Zeiträume (Senatsbeschlüsse vom aaO; vom - IV ZB 40/15, juris Rn. 5; vom - IV ZR 255/08, FamRZ 2010, 891 Rn. 6).

7b) An diesen Grundsätzen hat sich das Berufungsgericht orientiert und den Wert der Beschwer ohne - vom Rechtsbeschwerdegericht insoweit allein nachprüfbare (vgl. Senatsbeschlüsse vom - IV ZB 29/23, ZEV 2024, 832 Rn. 7; vom - IV ZB 18/23, ZEV 2024, 828 Rn. 8; jeweils m.w.N.) - Ermessensfehler mit bis zu 500 € bewertet.

8aa) Kosten, die durch die Hinzuziehung von Hilfspersonen entstünden, hat das Berufungsgericht zu Recht nicht in Ansatz gebracht. Insbesondere wird der Beklagten zu 2 mit Blick auf vorgerichtlich schon erteilte Auskünfte keine weitergehende "Auskunftsverpflichtung höherer Qualität" abverlangt, die nur mithilfe anwaltlicher Unterstützung erbracht werden könnte. Zwar hat das Berufungsgericht eine E-Mail des in der Berufungsinstanz beauftragten Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 nicht als Erfüllung des klägerischen Auskunftsanspruchs angesehen. Diese Beurteilung hat es aber nicht darauf gestützt, die Auskunft sei qualitativ unzureichend, sondern vielmehr darauf, dass die E-Mail der Beklagten zu 2 nicht als eigene Auskunftsleistung zuzurechnen sei, weil es sich lediglich um eine Wissenserklärung des Prozessbevollmächtigten gehandelt habe. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Im Übrigen sprechen keine Gründe dafür, dass die Auskunftsleistung nicht von der Rechtsbeschwerdeführerin durch ihre Organe erbracht werden könnte.

9bb) Die durch die Beklagte zu 2 im Zusammenhang mit der Bewertung ihrer Beschwer durch das Berufungsgericht gerügten Gehörsverstöße liegen nicht vor.

10(1) Das Berufungsgericht hat nicht gegen den Anspruch der Beklagten zu 2 auf rechtliches Gehör verstoßen, weil es ihr - auch mit Blick auf den in der Berufungsinstanz gehaltenen Vortrag - nicht darin gefolgt ist, dass die Auskunftserteilung besonderen Erschwernissen unterliege.

11Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Erst wenn es in seinen Entscheidungsgründen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens einer Partei zu einer Frage nicht eingeht, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen (Senatsbeschlüsse vom - IV ZB 18/23, ZEV 2024, 828 Rn. 13; vom - IV ZB 31/23, NJW-RR 2024, 1506 Rn. 17; jeweils m.w.N.).

12Mit dem Vortrag der Beklagten zu 2, das Berufungsgericht sei bei der Beurteilung des Inhalts der ausgeurteilten Auskunftsverpflichtung "logisch paradoxen" Annahmen unterlegen, weshalb ihr implizit eine nur mit Hilfe von Rechtsanwälten zu erfüllende "Auskunftsverpflichtung höherer Qualität" auferlegt worden sei, hat sich das Berufungsgericht in den Gründen seiner Entscheidung auseinandergesetzt. Es ist ihm lediglich in der Sache nicht gefolgt. Davor, dass das Gericht abweichend von der eigenen Rechtsauffassung entscheidet, bietet der Anspruch auf rechtliches Gehör aber keinen Schutz (Senatsbeschlüsse vom - IV ZB 18/23, ZEV 2024, 828 Rn. 13; vom - IV ZB 2/14, ZEV 2014, 424 Rn. 9).

13(2) Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt auch nicht darin, dass das Berufungsgericht nicht darauf eingegangen ist, ob die durch das Landgericht gegenüber der Rechtsbeschwerdeführerin ausgesprochene Auskunftsverpflichtung einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.

14Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde allerdings darauf hin, dass sich die Beschwer um die mit der Abwehr einer ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten erhöht, wenn die Auskunftsverpflichtung, gegen die sich der Rechtsmittelführer zur Wehr setzt, keinen vollstreckbaren Inhalt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom - IV ZB 18/23, ZEV 2024, 828 Rn. 9; vom - IV ZB 21/16, ZEV 2017, 648 Rn. 9; jeweils m.w.N.). Dem von der Rechtsbeschwerde gerügten Gehörsverstoß steht aber der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Er erfordert, dass ein Beteiligter alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden Mittel ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (Senatsurteil vom - IV ZR 68/22, BGHZ 240, 95 Rn. 84; Senatsbeschluss vom - IV ZB 10/15, VersR 2016, 137 Rn. 7). Auf den Einwand fehlender Vollstreckbarkeit der Auskunftsverpflichtung, den die Beklagte zu 2 in der Berufungsbegründung erhoben hatte, ist das Berufungsgericht in seinem Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wie schon zuvor in einer Hinweisverfügung, nicht eingegangen. Trotzdem hat die Beklagte weder in ihrer auf den Hinweisbeschluss abgegebenen Stellungnahme noch in einer weiteren Stellungnahme darauf hingewiesen, dass sich unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Vollstreckungsfähigkeit möglicherweise eine über 600 € hinausgehende Beschwer ergeben könnte. Die ihr eingeräumten prozessualen Möglichkeiten zur Verhinderung der nunmehr mit der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Verfahrensgrundrechtsverletzung sind damit ungenutzt geblieben.

15Unabhängig davon ist der durch das Landgericht geschaffene Vollstreckungstitel hinreichend bestimmt. Ein Vollstreckungstitel ist bestimmt genug und zur Zwangsvollstreckung geeignet, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Inhalt und Umfang seiner Leistungspflicht bezeichnet. Das Vollstreckungsorgan muss in der Lage sein, allein mit dem Titel ohne Verwertung der Gerichtsakten oder anderer Urkunden die Vollstreckung durchzuführen (Senatsbeschlüsse vom - IV ZB 18/23, ZEV 2024, 828 Rn. 9; vom - IV ZB 21/16, ZEV 2017, 648 Rn. 12). Das ist der Fall. Die ausgeurteilte Verpflichtung, "unabhängig von einer Frist Auskunft über Zuwendungen des Erblassers zu erteilen, soweit dieser sich Nutzungsrechte, wie einen Nießbrauch oder ein Wohnrecht, vorbehalten hat", bezieht sich ihrem Wortlaut nach auf durch den Erblasser an die Beklagte zu 2 bewirkte Zuwendungen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Erblasser am Zuwendungsgegenstand Nutzungsrechte vorbehalten hat. Die Verwendung des Begriffs "Nutzungsrechte" macht die Auskunftsverpflichtung nicht unbestimmt. Erfasst werden nur solche Zuwendungen, hinsichtlich deren Gegenstand sich der Erblasser vorbehalten hat, ihn wirtschaftlich weiter nutzen zu dürfen. Auf den Rechtsgrund des vorbehaltenen Nutzungsrechts oder weitere, nicht aus dem Vollstreckungstitel ersichtliche Umstände kommt es für Inhalt und Umfang der ausgeurteilten Auskunftspflicht dagegen nicht an.

162. Die von der Rechtsbeschwerde im Zusammenhang mit der durch das Berufungsgericht nachgeholten Entscheidung über die Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 4 ZPO gerügten Verletzungen der Beklagten zu 2 in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör und ihrem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes liegen ebenfalls nicht vor.

17a) Hat das erstinstanzliche Gericht nur deshalb nicht über die Zulassung der Berufung entschieden, weil es rechtsirrtümlich davon ausgegangen ist, dass sein Urteil ohnehin aufgrund einer ausreichenden Beschwer der unterlegenen Partei mit der Berufung anfechtbar ist, so muss das Berufungsgericht die Entscheidung darüber nachholen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung erfüllt sind (Senatsbeschlüsse vom - IV ZB 18/16, ZEV 2017, 278 Rn. 11; vom - IV ZB 23/10, ZEV 2012, 149 Rn. 15; jeweils m.w.N.; st. Rspr.). Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist allerdings nur festzustellen, ob das Berufungsgericht seiner gesetzlichen Pflicht zur Nachholung der Entscheidung über die Zulassung der Berufung entsprochen, hierbei den Maßstab des § 511 Abs. 4 ZPO angelegt und alle maßgeblichen Zulassungsgründe geprüft hat. Ob die Entscheidung über die Zulassung der Berufung sachlich richtig ist, ist dagegen nicht zu prüfen (BGH, Beschlüsse vom - V ZB 66/15, NJW-RR 2016, 509 Rn. 16; vom - XII ZB 561/10, NJW-RR 2012, 126 Rn. 16).

18b) Daran gemessen sind keine im Rechtsbeschwerdeverfahren beachtlichen Rechtsfehler der Berufungsentscheidung festzustellen.

19aa) Das Berufungsgericht hat seine hilfsweise getroffene Zulassungsentscheidung - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht lediglich formelhaft begründet, sondern ist konkret auf Vortrag der Beklagten zu 2 eingegangen. Der Schluss, dass das Berufungsgericht den Prüfungsmaßstab des § 511 Abs. 4 ZPO verkannt hätte, lässt sich aus seinen Ausführungen nicht ziehen. Insbesondere hat es nicht ausdrücklich auf alle in Betracht kommenden Zulassungsgründe eingehen müssen. Das Berufungsgericht muss die von ihm nachgeholte Zulassungsentscheidung nicht begründen. Unterbleibt eine Begründung oder ist sie auf einzelne Aspekte beschränkt, lässt dies deshalb nicht den Schluss zu, das Berufungsgericht habe einen von § 511 Abs. 4 ZPO abweichenden Maßstab angelegt oder nicht alle Zulassungsgründe geprüft (, NJW-RR 2016, 509 Rn. 17).

21bb) Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, das Berufungsgericht habe dadurch den Anspruch der Beklagten zu 2 auf rechtliches Gehör verletzt, dass es ihr nach dem Hinweisbeschluss vor der Verwerfung ihrer Berufung keinen weiteren Hinweis bzw. keine weitere Gelegenheit zu weiterem Vorbringen gegeben habe, dringt sie damit ebenfalls nicht durch.

22(1) Zwar folgt für den Fall der Verwerfung einer unzulässigen Berufung eine Pflicht des Gerichts zur Anhörung des Rechtsmittelführers aus Art. 103 Abs. 1 GG (, VersR 2008, 1087 Rn. 6 m.w.N.). Nach einer Anhörung - wie hier durch den Hinweisbeschluss - bedarf es weiterer Gelegenheit zur Stellungnahme aber nur dann, wenn in einer auf den Hinweis erfolgten Stellungnahme in zulässiger Weise wesentlich neu vorgetragen wird oder wenn sich die Prozesssituation geändert hat (vgl. zum Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO: , BGHZ 163, 324 Rn. 12). Der Berufungsführer kann daher in der Regel nicht darauf vertrauen, die Ausführungen, die er auf einen vor der beabsichtigten Verwerfung seiner Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO ergangenen Hinweis des Berufungsgerichts macht, nochmals in einer weiteren Stellungnahme ergänzen zu können.

23Demgegenüber hat die Beklagte zu 2 in ihrer Stellungnahme auf den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts ihren Vortrag zu den Zulassungsgründen, die das Berufungsgericht im Rahmen der nachzuholenden Zulassungsentscheidung ihrer Ansicht nach zu prüfen hatte, unvollständig gelassen und sich weiteren Vortrag vorbehalten. Dass ihr weiterer Vortrag zu den Zulassungsgründen im Rahmen ihrer Stellungnahme zum damaligen Zeitpunkt unzumutbar oder nicht möglich gewesen wäre, hat sie weder in der Berufungsinstanz noch mit der Rechtsbeschwerde geltend gemacht. Etwaige Erschwernisse ergeben sich auch nicht aus dem in der Rechtsbeschwerde erstmals gehaltenen Vortrag, den die Beklagte zu 2 auf den von ihr beanspruchten weiteren Hinweis des Berufungsgerichts gehalten hätte. Dieser Vortrag ist derart beschaffen, dass er schon ohne besondere Aufforderung durch das Berufungsgericht im Verfahren nach § 522 Abs. 1 ZPO hätte gehalten werden können, zumal er unmittelbar die Zulässigkeit der Berufung und damit eine spätestens nach dem Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts im Zentrum des Verfahrens stehende Rechtsfrage betraf.

24(2) Im Zusammenhang mit einer möglicherweise aus § 139 Abs. 2 ZPO herzuleitenden Hinweispflicht ergibt sich nichts Anderes. Eine gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Überraschungsentscheidung liegt nur vor, wenn sie sich ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (BGH, Beschlüsse vom - VI ZB 115/21, NJW 2024, 3520 Rn. 13; vom - VI ZR 418/18, r+s 2020, 48 Rn. 8 m.w.N.; BVerfG NJW 2017, 3218 Rn. 51 m.w.N.). Daran fehlt es schon deshalb, weil die Beklagte zu 2 ausweislich ihrer Stellungnahme auf den Hinweisbeschluss erkannt hatte, dass die Frage, ob ein Zulassungsgrund gemäß § 511 Abs. 4 ZPO vorlag, aufgrund der vom Berufungsgericht nachzuholenden Zulassungsentscheidung für die Zulässigkeit der eingelegten Berufung von Bedeutung sein könnte.

Prof. Dr. Karczewski               Dr. Brockmöller               Dr. Götz

                                 Rust                               Piontek

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:190225BIVZB13.24.0

Fundstelle(n):
YAAAJ-86436