Vermeintlicher Aktienerwerb einer GmbH von einem nach dem Schneeballsystem vorgehenden Anlagebetrüger: außerbilanzielle Hinzurechnungen
der infolge der Insolvenzanfechtung durch den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Anlagebetrügers an den Insolvenzverwalter
zu leistenden Rückzahlungen bezüglich des Anlagekapitals bzw. der Scheinrendite
steuerliche Zuordnung von Wirtschaftsgütern (hier: Aktien) im Rahmen eines Schneeballsystems
Leitsatz
1. Wurde einer GmbH von einem betrügerischen Schneeballsystembetreiber der Erwerb von Aktien in ein Depot sowie bei Beendigung
des vermeintlichen Aktieninvestments ein vermeintlicher – nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreier – Gewinn aus der Aktienveräußerung
vorgegaukelt und das Anlagekapital sowie der vermeintliche Gewinn (Scheinrendite) ausgezahlt, so steht, wenn in einem späteren
Jahr nach dem Zusammenbruch des Schneeballsystems infolge der Insolvenzanfechtung des Insolvenzverwalters über das Vermögen
des Anlagebetrügers eine Rückzahlung an den Insolvenzverwalter geleistet werden muss, die Rückzahlung nicht im Zusammenhang
mit einem „Anteil” im Sinne des § 8b Abs. 2 KStG und unterfällt deswegen nicht der außerbilanziellen Hinzurechnung nach §
8b Abs. 3 Satz 3 KStG.
2. Soweit die Rückzahlungsverpflichtung an den Insolvenzverwalter jedoch die nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei bezogenen Gewinne
aus der vermeintlichen Veräußerung von Aktien (Scheinrendite) umfasst, kann in dem späteren Jahr, in dem der Insolvenzverwalter
die Rückzahlung fordert, eine außerbilanzielle Hinzurechnung bei der GmbH nach Maßgabe des § 8b Abs. 2 KStG erfolgen; denn
insoweit liegen negative Einnahmen vor, die einer korrespondieren Behandlung nach § 8b Abs. 2 KStG (Steuerfreiheit) unterliegen.
3. Das Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG setzt voraus, dass dem Steuerpflichtigen ein Anteil im Sinne des § 8b Abs.
2 KStG – bei abweichender zivilrechtlicher Zuordnung – wirtschaftlich zuzurechnen ist. Daran fehlt es, wenn bei einem betrügerischen
Schneeballsystem dem Anleger lediglich der Erwerb -tatsächlich nicht vorhandener – Aktien vorgegaukelt wird.
4. Im Gegensatz zu § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG erfordert § 8b Abs. 2 KStG für die Steuerfreistellung keine Objektbezogenheit.
Vielmehr knüpft diese Vorschrift an die rechtliche Qualifizierung der Gewinne als Veräußerungsgewinne im Sinne des § 8b Abs.
2 Satz 1 KStG an. Diese Qualifizierung bestimmt sich aber nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Fällen von
Scheinrenditen aus Schneeballsystemen nach der Sicht des Anlegers. Der Zuordnung von Rückzahlungen von Veräußerungsgewinnen
als negative Einnahmen unter § 8b Abs. 2 KStG steht nicht entgegen, dass von § 8b Abs. 2 KStG regelmäßig Sachsituationen erfasst
werden, die zu einem Gewinn führen, während nach der Regelungsstruktur des § 8b KStG entsprechende Vorgänge, die zu Verlusten
führen, unter § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG fallen.
5. Die insolvenzrechtliche Anfechtung löst kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aus.
Fundstelle(n): WAAAJ-86373
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