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BVerwG Beschluss v. - 2 VR 3/24

Leitsatz

1. Die Forderung in einem Anforderungsprofil für die "förderliche" Besetzung eines Dienstpostens nach dem Abschluss eines Hochschulstudiums in bestimmten Studienbereichen ist zulässig, wenn zu erwarten ist, dass den Absolventen die für die Erfüllung der Aufgaben des Dienstpostens erforderlichen Fachkenntnisse vermittelt worden sind (im Anschluss an 2 VR 5.20 -).

2. Setzt der Dienstposten besondere Fachkenntnisse über die Arbeitsweise und den Aufbau von mechanischen und elektrischen Systemen voraus, so ist der Ausschluss von Bewerbern, die den Studiengang "Bauingenieurwesen" absolviert haben, rechtmäßig.

Gründe

I

1Der Antragsteller beansprucht vorläufigen Rechtsschutz gegen die Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens an den Beigeladenen im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes (BND).

2Der ... geborene Antragsteller studierte nach seinem Wehrdienst bei der Bundeswehr Bauingenieurwesen an der ... und schloss das Studium als Diplom-Bauingenieur (FH) Schwerpunkt Bauingenieurwesen ab. Seit 2006 war er als Tarifangestellter beim BND beschäftigt, ab 2009 als Beamter im gehobenen technischen Verwaltungsdienst. Im ... wurde er in das Statusamt eines Regierungsamtmanns (Besoldungsgruppe A 11 BBesO) befördert. Nach einer Vielzahl unterschiedlicher Verwendungen innerhalb des BND ist der Antragsteller seit August 2022 dem Referat X. zugewiesen. Dieses Referat ist grundsätzlich mit Aufgaben der materiellen und technischen Sicherheit des BND betraut. Dazu zählen Beratungen, Dienstleistungen und Kontrollaufgaben zur Wahrung des sicherheitlichen Geheimschutzes im Rahmen der Eigensicherung des BND sowie die Planung und Realisierung von materiellen Sicherheitsschutzkonzepten und darauf aufbauender technischer Sicherungseinrichtungen und Abläufe zum Schutz des BND, seiner Einrichtungen, Mitarbeiter, Unterlagen und Daten. Zudem werden im Referat X. Aufgaben der sicherheitlichen Projektbetreuung wahrgenommen und anteilige Beiträge zum Terrorschutz geleistet. Im Referat X. ist das Sachgebiet Y. für die Planung, Realisierung und Betrieb von technischen Sicherheitseinrichtungen nach den Vorgaben der materiellen Sicherheit zum Schutz des BND, seiner Einrichtungen, Mitarbeiter und Daten verantwortlich.

3Im Februar 2024 schrieb der BND beim Referat X. den mit der Besoldungsgruppe A 12 BBesO bewerteten Dienstposten A. für die Statusgruppe der Beamten "förderlich" aus. Aufgrund der Zugehörigkeit zum Sachgebiet Y. sind diesem Dienstposten folgende Fachaufgaben zugewiesen: Betrieb, Wartung und Planung sicherheitstechnischer Großsysteme am Standort Berlin, Planung, Entwicklung und Realisierung von Projekten der technischen Sicherheit im In- und Ausland, Projektcontrolling und Qualitätssicherung sowie Dokumentation, Beratung und Erstellung von Arbeitsvorgaben für sicherheitstechnische Maßnahmen und Ausrüstung, fachlicher Austausch und Abstimmung mit internen und externen Stellen sowie Marktbeobachtung, Analyse und Erprobung neuer, innovativer Produkte der Sicherheitstechnik. Im Anforderungsprofil der Stellenausschreibung ist neben der Zugehörigkeit zu einem Statusamt der Besoldungsgruppe A 11 BBesO genannt, dass der Bewerber die Befähigung für die Laufbahn des gehobenen technischen Verwaltungsdienstes aus den Studienbereichen "Elektro- und Informationstechnik", "Maschinenbau/Verfahrenstechnik" oder "Ingenieurwesen allgemein" besitzt.

4Auf die Ausschreibung bewarben sich vier Beamte; die Auswahl fiel auf den Beigeladenen, weil dieser als einziger Bewerber die zwingenden Voraussetzungen des Anforderungsprofils der Stellenausschreibung erfülle. In Bezug auf den Antragsteller ist im Auswahlvermerk vom ausgeführt, dieser erfülle die Vorgaben des Profils nicht. Denn die Ausbildung des Antragstellers als Diplom-Ingenieur mit dem Schwerpunkt Bauingenieurwesen sei dem Bereich "Bauingenieurwesen" zuzuordnen und erfülle damit nicht einen der im Anforderungsprofil genannten Studienbereiche.

5Am teilte der BND dem Antragsteller das Ergebnis des Auswahlverfahrens mit und führte zur Begründung aus, dass der Nachweis der Laufbahnbefähigung für den gehobenen technischen Verwaltungsdienst aufgrund des im Jahr 2004 abgeschlossenen Studiums zum Diplom-Ingenieur (FH) Schwerpunkt Bauingenieurwesen an der ... nicht den im Anforderungsprofil geforderten Studienbereichen entspreche. Seinen Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung begründete der Antragsteller damit, dass sein Studium Bauingenieurwesen dem geforderten "Ingenieurwesen allgemein" zuzuordnen sei.

6Zur Begründung seines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz trägt der Antragsteller vor: Während der Errichtung des Dienstgebäudes des BND in Berlin sei er im Bereich der Bauüberwachung, des Zugangsmanagements und des sicherheitstechnischen Betriebs des Bauvorhabens eingesetzt gewesen. Vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Bestenauslese sei die vom BND praktizierte Einengung des Bewerberkreises nicht zulässig. Ausgehend von der Stellenausschreibung und des konkreten Aufgabengebiets sei der Ausschluss von Bewerbern mit einem Hochschulabschluss im Studienbereich Bauingenieurwesen nicht plausibel. Der BND könne nicht begründen, weshalb für das Aufgabengebiet des Dienstpostens nur eine spezielle Art von Ingenieuren befähigt sei. Die in Rede stehenden Großsysteme könnten Querbezüge ebenso zu bauingenieurwissenschaftlichen Zusammenhängen aufweisen wie zu der geforderten "Elektro- und Informationstechnik". Dass auch der Studienbereich "Ingenieurwesen allgemein" ausreiche, belege, dass spezielle ingenieurwissenschaftliche Fähigkeiten nicht erforderlich seien. Die im Studienbereich "Ingenieurwesen allgemein" vermittelten Kenntnisse würden auch im Studiengang Bauingenieurwesen vermittelt, der darüber hinaus noch eine Spezialisierung der Absolventen beinhalte. In dem unter Einschluss des Antragstellers neu durchzuführenden Auswahlverfahren seien dessen Erfolgsaussichten zumindest offen. Er habe bereits viele Jahre im Sachgebiet des streitgegenständlichen Dienstpostens erfolgreich gearbeitet und in der Vergangenheit stets hervorragende dienstliche Beurteilungen erhalten. Sein Erfahrungsvorsprung spreche für seine Auswahl. Durch die Einarbeitung in die Aufgabengebiete des Dienstpostens könne er jederzeit ohne langwierige Einarbeitung den Dienst aufnehmen.

7Der Antragsteller beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die zum Geschäftszeichen ... ausgeschriebene Stelle eines Sachbearbeiters A. mit dem Beigeladenen zu besetzen, diesen zum technischen Regierungsamtsrat in der Besoldungsgruppe A 12 zu ernennen und in eine entsprechende Planstelle einzuweisen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.

8Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

9Die Nichtberücksichtigung des Antragstellers verletze dessen Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht. Aufgrund der konkreten Aufgaben des Dienstpostens seien ausnahmsweise dienstpostenbezogene Anforderungen, insbesondere eine bestimmte Fachausbildung, zulässig. Der in Rede stehende Studiengang müsse regelmäßig diejenigen Fachkenntnisse vermitteln, die nach allgemeinem Verständnis mit seiner Bezeichnung verbunden seien. Der Inhaber des Dienstpostens müsse über vertiefte und umfassende Fachkenntnisse im Bereich der Sicherheitstechnik verfügen. Denn der Dienstposten bringe die Aufgabe einer Teamleitung für Themen der elektronischen und mechanischen Sicherheitstechnik mit sich. Bei den in der Ausschreibung genannten Studienfächern sei davon auszugehen, dass sie die für den Dienstposten relevanten Kenntnisse über Funktionsweise und Aufbau von elektrischen Systemen und Anlagen vermittelten. Der Studienbereich "Ingenieurwesen allgemein" vermittle zumindest interdisziplinäre Fachkenntnisse, die auch für den Dienstposten im sicherheitstechnischen Sinne von Bedeutung seien. Dagegen könnten bei dem Studienfach des Antragstellers "Bauingenieurwesen" die für den Dienstposten relevanten interdisziplinären, sicherheitstechnischen Fachkenntnisse nicht unterstellt werden. Dies folge zum einen aus der Systematik des Statistischen Bundesamtes, die das Bauingenieurwesen als eigenständigen Studienbereich einordne. Zum anderen belege die Beschreibung des Studiengangs durch die vom Antragsteller absolvierte Fachhochschule, dass der Studiengang "Bauingenieurwesen" keine Kenntnisse zur Funktionsweise und Aufbau von technischen Systemen und Anlagen vermittle. Auch durch die frühere Tätigkeit im Referat X. habe der Antragsteller nicht die erforderliche Bandbreite an Fachwissen über die elektronische und mechanische Sicherheitstechnik von Systemen und Anlagen erlangt, die bei der Leitung eines Teams erforderlich sei.

10Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und hat auch keinen Antrag gestellt.

11Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die dem Gericht übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II

12Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, ist zulässig, aber nicht begründet. Zwar hat der Antragsteller den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (1.), nicht aber den Anordnungsanspruch (2.).

131. Dem Antragsteller steht ein Anordnungsgrund i. S. v. § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO für den begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite.

14Zwar ist Gegenstand des Verfahrens nicht die Vergabe eines statusrechtlichen Amts, die nach Ernennung des ausgewählten Bewerbers nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nur noch rückgängig gemacht werden könnte, wenn der unterlegene Bewerber unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG an der Ausschöpfung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten gehindert worden wäre (vgl. 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 27 und vom - 2 A 5.18 - BVerwGE 164, 84 Rn. 22 ff.). Ausschreibung und Auswahlentscheidung sind vielmehr ausdrücklich nur auf die Vergabe eines Dienstpostens bezogen. Diese kann nachträglich aufgehoben und der Dienstposten anderweitig besetzt werden, sodass dem Antragsteller nachgelagerter Rechtsschutz zur Verfügung steht (stRspr, vgl. zuletzt 2 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1933 Rn. 19 m. w. N.).

15Mit der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens ist auch keine "Anwartschaft" oder in sonstiger Weise rechtlich gesicherte Position im Hinblick auf die Vergabe des höherwertigeren Statusamts verbunden ( 2 VR 3.23 - NVwZ 2024, 236 Rn. 12). Die Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens begründet keinen Anspruch auf Beförderung ( 6 C 55.68 - BVerwGE 36, 218 <222> und vom - 2 C 51.13 - BVerwGE 151, 114 Rn. 16). Die Einstufung und Wertigkeit des Dienstpostens, den der Beamte innehat, ist vielmehr kein den Vorgaben des Grundsatzes der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG entsprechendes Kriterium ( 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103>; Beschluss vom - 2 B 117.07 - DÖD 2009, 99 <100>; ebenso - NVwZ 2013, 1603 Rn. 22 f.).

16Die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe vermag die Rechtsstellung des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG aber dennoch zu beeinträchtigen, weil sie Vorwirkungen auf die nachfolgende Vergabe von Statusämtern entfalten kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 14 ff. und zuletzt vom - 2 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1933 Rn. 21). Der von der Antragsgegnerin zur Nachbesetzung vorgesehene und mit der Besoldungsgruppe A 12 BBesO bewertete Dienstposten stellt für den Antragsteller, der ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 BBesO innehat, einen höherwertigen Dienstposten dar. Die Übertragung schafft daher die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung (§ 22 Abs. 2 BBG; vgl. zur ämtergleichen Umsetzung dagegen 2 A 6.13 - BVerwGE 153, 246 Rn. 18). Diese Vorwirkung ist mit der bewusst "förderlichen" Besetzung des Dienstpostens durch Beamte mit einem Statusamt der niedrigeren Besoldungsgruppe A 11 BBesO von der Antragsgegnerin auch beabsichtigt.

172. Dem Antragsteller steht aber der Anordnungsanspruch für die beantragte einstweilige Anordnung nicht zu. Er hat nicht glaubhaft gemacht, dass durch die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens mit dem Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin zu Gunsten des Beigeladenen verletzt nicht den aus § 9 Satz 1 BBG und Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Antragstellers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch).

18a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Dies bedeutet, dass öffentliche Ämter nach Maßgabe des Grundsatzes der Bestenauswahl zu besetzen sind. Der Grundsatz gilt unbeschränkt und vorbehaltlos. Er dient primär dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Ämter des öffentlichen Dienstes und daneben auch dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Dem trägt er dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf eine ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet (vgl. - NVwZ 2009, 389 m. w. N.; 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 20). Art. 33 Abs. 2 GG gibt die entscheidenden Maßstäbe für die Bewerberauswahl abschließend vor. Eine Auswahlentscheidung kann grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Dabei erfasst die Eignung im engeren Sinne insbesondere Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, die für ein bestimmtes Amt von Bedeutung sind. Der in Ausfüllung des Begriffs der Eignung ebenso wie der Begriffe Befähigung und fachliche Leistung dem Dienstherrn eröffnete Beurteilungsspielraum unterliegt von Verfassungs wegen einer nur begrenzten gerichtlichen Kontrolle ( - IÖD 2013, 182 <183> m. w. N.; 2 VR 5.23 - NVwZ-RR 2024, 1050 Rn. 21).

19b) Ausgehend hiervon ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsteller nicht in die abschließende Auswahlentscheidung einbezogen worden ist.

20aa) Die Auswahlentscheidung hat sich grundsätzlich am Statusamt zu orientieren und nicht an den Anforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens. Nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten seiner Laufbahn auszuführen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind ( 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 Rn. 15). Eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines konkreten Dienstpostens ist mit Art. 33 Abs. 2 GG nur dann zu vereinbaren, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 ff., 24 ff. und vom - 2 VR 1.14 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 Rn. 20 ff., 24 ff.). Derartige Ausnahmeanforderungen können sich insbesondere aus dem Erfordernis bestimmter Fachausbildungen ergeben (vgl. 2 VR 10.23 - NVwZ 2024, 827 Rn. 33 m. w. N.).

21Die Voraussetzungen einer solchen Ausnahme sind im Hinblick auf den konkreten Dienstposten erfüllt. Die Tätigkeit auf dem Dienstposten erfordert vom Inhaber umfassende Fachkenntnisse über die Funktionsweise von Anlagen der elektrischen und mechanischen Sicherheitstechnik. Aufgrund der Bandbreite der technischen Vorbildungen derjenigen Beamten, die in der Laufbahn des technischen Verwaltungsdienstes zusammengefasst sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 BLV), kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Angehörige über diese Fachkenntnisse verfügt. Angesichts des Spektrums der Aufgaben des Dienstpostens und ihrer Bedeutung für die Arbeitsweise des BND kann auch nicht hingenommen werden, dass sich der Inhaber die erforderlichen Fachkenntnisse erst im Verlaufe der praktischen Tätigkeit auf diesem Dienstposten aneignet.

22bb) Es kann auch nicht beanstandet werden, dass der BND ein Studium in den Bereichen "Elektro- und Informationstechnik", "Maschinenbau/Verfahrenstechnik" oder "Ingenieurwesen allgemein" als für die Vermittlung der für den ausgeschriebenen Dienstposten erforderlichen Fachkenntnisse ausreichend angesehen hat, nicht aber den vom Antragsteller absolvierten Studiengang "Bauingenieurwesen".

23Die Benennung von Studiengängen, deren Absolvierung nach Einschätzung des Dienstherrn regelmäßig die für den konkreten Dienstposten unabdingbar vorausgesetzten Fachkenntnisse vermittelt, setzt die plausible Annahme voraus, dass die Absolventen dieser Studiengänge aufgrund des Gegenstands der Ausbildung während des Studiums regelmäßig diejenigen Fachkenntnisse erworben haben, die die besonderen Anforderungen des Dienstpostens ausmachen und damit die Beschränkung des Bewerberkreises rechtfertigen ( 2 VR 5.20 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 106 Rn. 30).

24Diese Voraussetzung ist beim Studium "Bauingenieurwesen" im Hinblick auf die vom BND plausibel dargelegten Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens nicht erfüllt. Zu den Aufgaben des konkreten Dienstpostens gehört insbesondere die Planung, Realisierung und Wartung von Großsystemen der Sicherheitstechnik sowohl in der Zentrale in Berlin als auch in den BND-Residenturen im Ausland sowie die Beobachtung und Analyse des Marktes für neue Produkte der Sicherheitstechnik. Dass bei einem Nachrichtendienst die Anforderungen an den Schutz vor unberechtigten Zutritten in die Dienstgebäude des Dienstes durch technische Einrichtungen besonders hoch sind, ist offenkundig.

25Das Studium "Bauingenieurwesen" ist im Wesentlichen auf die Planung, die Konstruktion, die Herstellung sowie den Betrieb von Bauwerken des Hoch- und Tiefbaus, des Wasserbaus sowie von Verkehrsanlagen einschließlich wichtiger Aspekte des technischen Umweltschutzes, wie Lärmschutz, Gewässer- und Bodenschutz und Schadstoffuntersuchungen ausgerichtet. Der Studiengang bereitet die Absolventen auf Tätigkeiten in verschiedenen Fachgebieten des Bauwesens vor, die ganz überwiegend die Konzeption, Errichtung und den Betrieb von Bauwerken zum Gegenstand haben, wie etwa die Bauleitung, das Vermessungswesen, die Kontrolle von Baustoffen und des Baugrundes oder etwa die Konstruktion von besonderen baulichen Anlagen (z. B. Stahl-, Massiv- oder Holzbau) oder von Anlagen des Verkehrswesens oder der Wasser- und Abfallwirtschaft. Grundlagen der Funktionsweise von mechanischen und elektrischen Systemen, die für die Aufgaben des Dienstpostens im Bereich der Sicherheitstechnik des BND von zentraler Bedeutung sind, gehören danach nicht zu den wesentlichen Bestandteilen der Ausbildung von Bauingenieuren. Der BND hat im gerichtlichen Verfahren ergänzend auf die Beschreibung des Fachhochschul-Studiengangs "Bauingenieurwesen" an der vom Antragsteller besuchten Fachhochschule ... verwiesen. Auch diese macht deutlich, dass hauptsächlich Kenntnisse über Baustoffe und über die Organisation und Überwachung der Errichtung einer baulichen Anlage von der Baugrube bis zur Inbetriebnahme vermittelt wurden. Für Zwecke der bundeseinheitlichen Studenten- und Prüfungsstatistik (z. B. Ausgaben der Hochschulen oder Hochschulpersonal nach Fächergruppen) verwendet das Statistische Bundesamt eine Fächersystematik, in der die speziellen hochschulinternen Studienfächer einer entsprechenden Schlüsselposition zugeordnet werden; verwandte Fächer werden zu Studienbereichen und diese wiederum zu Fächergruppen zusammengefasst (zur Heranziehung dieser Fächersystematik, 2 VR 5.20 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 106 Rn. 34). Auch in dieser Statistik, der keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, wird das "Bauingenieurwesen" als untergliederter Studienbereich in der Fächergruppe "Ingenieurwissenschaften" gesondert neben den Studienbereichen "Ingenieurwesen allgemein", "Maschinenbau/Verfahrenstechnik" und "Elektrotechnik und Informationstechnik" aufgeführt.

26Ausgehend von den genannten Anforderungen des Dienstpostens kann die Einschätzung des BND, eine Ausbildung in den Studiengängen "Maschinenbau/Verfahrenstechnik" sowie "Elektrotechnik und Informationstechnik" reiche als Vorbildung eines Bewerbers aus, nicht beanstandet werden. Aufgrund des regelmäßigen Inhalts dieser Studiengänge ist davon auszugehen, dass den Absolventen dieser Ausbildungen die erforderlichen Fachkenntnisse über die Arbeitsweise und den Aufbau von mechanischen und elektrischen Systemen und Anlagen vermittelt worden sind. Der Antragsteller kann nicht geltend machen, der von ihm absolvierte Studiengang "Bauingenieurwesen" sei als "Ingenieurwesen" dem vom BND als Vorbildung für ausreichend bewerteten Studienbereich "Ingenieurwesen allgemein" zuzuordnen. Die genannte Fächersystematik des Statistischen Bundesamtes, an der sich der BND bei der Bestimmung der erforderlichen Vorbildung für die Wahrnehmung der Aufgaben eines konkreten Dienstpostens regelmäßig orientiert, unterscheidet zwischen den Studienbereichen "Ingenieurwesen allgemein" (Nr. 61) und "Bauingenieurwesen" (Nr. 68). Wie ausgeführt, befasst sich das Studium eines Bauingenieurs überwiegend mit der Planung, Konstruktion, Herstellung sowie dem Betrieb von Bauwerken. Dem Studienbereich "Ingenieurwesen allgemein" werden in der Systematik als Studienfächer u. a. "Angewandte Systemwissenschaften", "interdisziplinäre Studien (Schwerpunkt Ingenieurwissenschaften)", "Mechatronik", "Medientechnik" und "Regenerative Energien" zugeordnet. Bei diesen Studienfächern besteht nach der allgemeinen Verkehrsanschauung aufgrund der thematischen Bezeichnung und Umschreibung die begründete Annahme, dass die vom BND zulässigerweise geforderten Fachkenntnisse vermittelt werden. Die Studiengänge in diesen Fächern befassen sich als angewandte Wissenschaften regelmäßig mit der Entwicklung, Konstruktion, Herstellung und dem Betrieb von technischen Anlagen.

27Schließlich kann der Antragsteller nicht geltend machen, aufgrund seiner bisherigen Verwendung beim BND, insbesondere im Hinblick auf seine stets sehr gut bewertete Tätigkeit bei der Bauüberwachung und der Regulierung des Zugangs zum Bauvorhaben während der Errichtung der Dienstgebäude in Berlin, dürfe er von der Auswahl nicht ausgeschlossen werden. Denn es ist nicht gewährleistet, dass der Antragsteller infolge seiner konkreten dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Sicherung des Bauvorhabens des BND in Berlin über die erforderlichen Fachkenntnisse über die Funktionsweise von Systemen verfügt, die im Bereich der elektronischen und mechanischen Sicherheitstechnik verwendet werden, und damit sein Kenntnisstand dem eines Absolventen der vom BND benannten Studienbereiche gleichgestellt werden kann. Dies gilt auch für den Umstand, dass der Antragsteller vor 15 Jahren an einem viertägigen Lehrgang zum "Security-Beauftragten" teilgenommen hat.

283. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, hat er keine Kosten zu tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO), kann aber billigerweise auch keine Kostenerstattung beanspruchen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 1 und in Orientierung an § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG. Da der Antragsteller mit dem streitgegenständlichen Eilverfahren nur eine vorläufige Freihaltung der Stelle erreichen kann und nicht eine Vergabe an sich selbst, ist eine weitere Halbierung des Betrags geboten, sodass der Wert auf ein Viertel des sich aus § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG berechneten Betrags festzusetzen ist (vgl. 2 VR 2.19 - Buchholz 232.0 § 9 BBG Nr. 9 Rn. 43).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2025:300125B2VR3.24.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-86286