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BGH Beschluss v. - I ZB 26/24

Fernbus in Belgien

Leitsatz

 Fernbus in Belgien

1.    Die Rechtmäßigkeit einer von der zuständigen deutschen Behörde (hier: dem Umweltbundesamt) auf Ersuchen einer für die Verfolgung irreführender Angaben gegenüber Verbrauchern zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats der Europäischen Union (hier: der belgischen Generaldirektion Wirtschaftsinspektion, ADEI) auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 2017/2394 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden (ABl. EU 2017 L 345 S. 1, Consumer Protection Cooperation - CPC-Verordnung) gegen ein in Deutschland ansässiges Unternehmen erlassenen Untersagungsanordnung setzt nicht voraus, dass eine den innerstaatlichen Anforderungen des belgischen Rechts genügende "Grundverfügung" der ADEI als ersuchende Behörde vorliegt. Die Befugnisse der ersuchenden Behörde ergeben sich vielmehr ebenso wie diejenigen der ersuchten Behörde unmittelbar aus den Bestimmungen der CPC-Verordnung.

2.    Die gegen die im Rahmen eines Verfahrens gemäß der CPC-Verordnung ergangene Beschwerdeentscheidung erhobene Rechtsbeschwerde kann nicht auf eine Verletzung von ausländischem Recht gestützt werden. An die Feststellungen des Beschwerdegerichts, die das Bestehen und den Inhalt des materiellen ausländischen Rechts betreffen, ist das Rechtsbeschwerdegericht vielmehr gebunden. Auch die Anwendung ausländischen Rechts durch das Tatgericht kann durch das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich nicht nachgeprüft werden.

3.    Allerdings kann mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden, das ausländische Recht sei unter Verletzung der Maßstäbe des § 293 ZPO unzureichend oder fehlerhaft ermittelt worden. Diese Rügemöglichkeit ist indessen beschränkt. Sie besteht nicht, wenn mit ihr in Wirklichkeit die Nachprüfung irrevisiblen ausländischen Rechts bezweckt wird. Außerdem überprüft das Rechtsbeschwerdegericht lediglich, ob das Tatgericht das ihm eingeräumte pflichtgemäße Ermessen fehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat. Dabei werden die Grenzen der Ermessensausübung des Tatgerichts durch die jeweiligen Umstände des Einzelfalls gezogen.

4.    An die Ermittlungspflicht des deutschen Tatgerichts sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je komplexer oder fremder im Vergleich zum eigenen das anzuwendende ausländische Recht ist, während es im umgekehrten Fall, in dem eine Norm des ausländischen Rechts - etwa aufgrund einer unionsrechtlichen Harmonisierung - mit einer Vorschrift des inländischen Rechts übereinstimmt, nicht selten naheliegt, dem ausländischen Rechtssatz dieselbe Bedeutung wie der entsprechenden inländischen Vorschrift beizumessen.

5.    Bei der für die Irreführungsverbote gemäß Art. 6 und 7 der Richtlinie 2005/29/EG maßgeblichen Frage, wie der angesprochene Durchschnittsverbraucher die angegriffenen Angaben versteht, geht es nicht um eine reine Tatsachenfeststellung im eigentlichen Sinne, sondern um eine Rechtsfrage, die dem Anwendungsbereich von § 293 ZPO unterfällt. Da die nationalen Gerichte wegen des harmonisierten Begriffs des Durchschnittsverbrauchers in der Regel in gleicher Weise beurteilen dürfen, ob eine Werbeaussage irreführend ist (vgl. , WRP 1998, 848 [juris Rn. 32] - Gut Springenheide und Tusky), genügt es grundsätzlich den Anforderungen des § 293 ZPO, wenn das Tatgericht zum einen die Anschauung des deutschen Durchschnittsverbrauchers feststellt und zum anderen die Feststellung trifft, dass sich die Anschauungen des Durchschnittsverbrauchers in einem anderen Mitgliedstaat davon nicht entscheidungserheblich unterscheiden.

Gesetze: § 113 Abs 1 S 1 VwGO, § 114 S 1 VwGO, § 293 ZPO, § 560 ZPO, § 576 Abs 3 ZPO, Art 3 Nr 1 EUV 2017/2394, Art 3 Nr 2 EUV 2017/2394, Art 3 Nr 6 EUV 2017/2394, Art 3 Nr 9 EUV 2017/2394, Art 3 Nr 10 EUV 2017/2394, Art 3 Nr 14 EUV 2017/2394, Art 7 Abs 1 EUV 2017/2394, Art 9 Abs 1 EUV 2017/2394, Art 9 Abs 4 Buchst a EUV 2017/2394, Art 9 Abs 4 Buchst d EUV 2017/2394, Art 9 Abs 4 Buchst e EUV 2017/2394, Art 9 Abs 4 Buchst f EUV 2017/2394, Art 10 Abs 1 EUV 2017/2394, Art 10 Abs 2 EUV 2017/2394, Art 12 Abs 1 EUV 2017/2394, Art 14 Abs 2 Buchst c EUV 2017/2394, Art 36 Abs 2 EUV 2017/2394, § 2 Nr 1 Buchst a VSchDG, § 6 Abs 1 VSchDG, § 6 Abs 4 VSchDG, § 7 Abs 1 VSchDG, § 13 Abs 1 S 1 Nr 1 VSchDG, § 13 Abs 4 VSchDG, § 20 Abs 2 VSchDG, § 22 S 1 Nr 2 VSchDG, § 24 Abs 1 VSchDG, § 26 Abs 3 VSchDG, § 26 Abs 4 VSchDG, § 26 Abs 5 VSchDG, § 27 S 2 VSchDG, Art 6 Abs 1 Buchst b EGRL 29/2005, Art 7 Abs 1 EGRL 29/2005, Art 7 Abs 4 Buchst a EGRL 29/2005

Instanzenzug: LG Dessau-Roßlau Az: 3 T 1/23

Gründe

1A. Die Beschwerdeführerin ist ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, das unter der Bezeichnung "F.  -Bus" Verkehrsdienstleistungen anbietet. Sie betreibt in Deutschland und Belgien Fernbuslinien sowie in Deutschland unter der Bezeichnung "F.  -Train" auch Bahnlinien. Die Beschwerdegegnerin ist die Bundesrepublik Deutschland. Sie hat auf Ersuchen einer belgischen Behörde auf der Grundlage der Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 2017/2394 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden (ABl. EU 2017 L 345 S. 1, Consumer Protection Cooperation - CPC-Verordnung) gegen die Beschwerdeführerin wegen als irreführend bewerteter Angaben auf deren belgischer Internetseite eine Untersagungsanordnung erlassen.

2Im Januar 2022 warb die Beschwerdeführerin auf ihrer belgischen Internetseite www.f.  -bus.be für ihre Fernbusreisen mit den Angaben "milieuvriendelijk" (umweltfreundlich) und "klimaatvriendelijk" (klimafreundlich). Außerdem fand sich dort die Angabe, dass der Fernbus das umweltfreundlichste Verkehrsmittel sei ("De plus, voyager en bus longue distance est le mode de transport le plus respectueux de l'environnement"). Auf einer Unterseite zum Thema Nachhaltigkeit wurden in Bezug sowohl auf den "F.  -Bus" als auch auf den - in Belgien nicht angebotenen - "F.  -Train" Angaben zu Umweltvorteilen dieser Verkehrsmittel ge-macht. Auf der Internetseite www.f.  -bus.be bot die Beschwerdeführerin außer-dem innerhalb des Buchungsvorgangs für Reisen mit dem "F.  -Bus" als Zusatz-leistung eine CO2-Kompensationszahlung an, ohne anzugeben, auf welchem Emissionswert diese beruhte.

3Die belgische Algemene Directie Economische Inspectie (Generaldirektion Wirtschaftsinspektion, ADEI) hielt die Angaben "umweltfreundlich", "klimafreundlich" und "umweltfreundlichstes Verkehrsmittel" für irreführend und das Angebot einer CO2-Kompensationszahlung als Zusatzleistung ohne die Angabe des maßgeblichen Emissionswerts für in irreführender Weise unvollständig. Die ADEI sah darin einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Buchst. b beziehungsweise Art. 7 Abs. 1 und 4 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern in Form der diese Bestimmungen in belgisches Recht umsetzenden Vorschriften (Art. VI.97 Nr. 2 und Art. VI.99 §§ 1 und 4 Nr. 1 Belgisches Wirtschaftsgesetzbuch).

4Mit Blick auf den Sitz der Beschwerdeführerin in Deutschland entschloss sich die ADEI, ihre Beanstandungen im Rahmen der CPC-Verordnung zu verfolgen. Die ADEI erbat mit Schreiben vom an das damals bei der Beschwerdegegnerin zuständige Bundesamt für Justiz die Untersuchung des CO2-Kompensationsprogramms der Beschwerdeführerin sowie die Ergreifung notwendiger Durchsetzungsmaßnahmen in Bezug auf die irreführenden "green claims".

5Am erließ das inzwischen zuständig gewordene, in Dessau-Roßlau ansässige Umweltbundesamt gegen die Beschwerdeführerin eine Entscheidung, mit dem diese unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 20.000 € verpflichtet wurde,

1.    es zu unterlassen, für Beförderungsdienstleistungen auf der Internetseite f.  -bus.be wie folgt zu werben und/oder werben zu lassen:

a)    mit der Behauptung, dass Fernbusreisen umweltfreundlich ("milieuvriendelijk") und/oder klimafreundlich ("klimaatvriendelijk") seien;

b)    mit der Behauptung, dass der Fernbus das umweltfreundlichste Verkehrsmittel sei ("De plus, voyager en bus longue distance est le mode de transport le plus respectueux de l'environnement");

c)    mit Werbeaussagen, die sich auf die Umweltvorteile des ".  -Trains" bezie-hen, solange dieser weder von der Beschwerdeführerin in Belgien angeboten noch dies in der Werbeaussage klargestellt wird;

2.    innerhalb des Buchungsvorgangs für Reisen mit dem "F.  -Bus" auf der Internet-seite f.  -bus.be anzugeben, auf welchem Emissionswert (= auf der konkret ge-planten Strecke voraussichtlich pro Person emittierte CO2-Äquivalente) die angebotene CO2-Kompensationszahlung basiert, solange die Beschwerdeführerin diese CO2-Kompensationszahlung als Zusatzleistung anbietet.

6Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin hat das Landgericht Dessau-Roßlau (Beschwerdegericht) zurückgewiesen.

7Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beschwerdegegnerin beantragt, verfolgt die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Aufhebung der Entscheidung des Umweltbundesamtes vom und Zurückweisung des Durchsetzungsersuchens Belgiens nach der CPC-Verordnung weiter.

8B. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die zulässige Beschwerde sei unbegründet. Der Beschluss des Umweltbundesamtes vom sei rechtmäßig. Es hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

9Das Umweltbundesamt sei für das von den belgischen Behörden gemäß Art. 12 CPC-Verordnung an die Beschwerdegegnerin gerichtete Durchsetzungsersuchen zuständig und nach den Bestimmungen dieser Verordnung auch befugt gewesen, alle erforderlichen und verhältnismäßigen Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, wozu auch der Erlass des angefochtenen Bescheids zähle. Die von der ersuchenden belgischen Behörde beanstandeten Angaben seien als Verstoß gegen Unionsrecht zum Schutz von Verbraucherinteressen zu qualifizieren. Die Behauptungen "umweltfreundlich" und "klimafreundlich" seien irreführend gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG sowie der Umsetzungsbestimmung des Art. VI.97 Nr. 2 Belgisches Wirtschaftsgesetzbuch. Die Aussagen auf der Unterseite zur Nachhaltigkeit der belgischen Internetseite seien auch auf "F.  -Trains" bezogen gewesen. Dadurch sei der unrichtige Eindruck entstanden, dass die Beschwerdeführerin die Beförderung mit einem "F.  -Train" auch in Belgien anbiete. Das als Zusatzleistung erfolgte Angebot einer CO2-Kompensationszahlung im Rahmen des Buchungsvorgangs sei als irreführende Unterlassung gemäß Art. 7 Abs. 1 und 4 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/EG sowie der Umsetzungsbestimmung gemäß Art. VI.99 §§ 1 und 4 Nr. 1 Belgisches Wirtschaftsgesetzbuch zu qualifizieren, weil nicht angegeben worden sei, auf welchem Emissionswert - nämlich den auf der konkret geplanten Strecke voraussichtlich pro Person emittierten CO2-Äquivalenten - die CO2-Kompensationszahlung basiere. Die in der Entscheidung angeordneten Maßnahmen dienten der Durchsetzung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen und wahrten die gesetzlichen Grenzen des Ermessens. Sie seien erforderlich und angemessen, mildere Mittel stünden nicht zur Verfügung. Dabei sei zu berücksichtigen, dass immer mehr Verbraucher ein gesteigertes Interesse an nachhaltigen und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln hätten und Aspekte des Umweltschutzes zunehmend Gegenstand geschäftlicher Entscheidungen seien.

10C. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 24 Abs. 1 EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetz, EU-VSchDG) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO in Verbindung mit § 22 Satz 1 Nr. 2, § 26 Abs. 3 und 5 EU-VSchDG). In der Sache hat sie allerdings keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat als zuständiges Gericht entschieden (dazu C I). Seine Entscheidung ist auch in der Sache frei von Rechtsfehlern (dazu C II).

11I. Das Landgericht Dessau-Roßlau ist das für den Erlass der angefochtenen Entscheidung zuständige Beschwerdegericht.

121. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 EU-VSchDG entscheidet über die Beschwerde gegen eine Entscheidung nach Art. 9 Abs. 4 Buchst. e CPC-Verordnung das für den Sitz der zuständigen Behörde zuständige Landgericht.

132. Das Umweltbundesamt mit Sitz in Dessau-Roßlau ist die für die Anwendung der im Streitfall maßgeblichen Bestimmungen gemäß Art. 9 Abs. 4 Buchst. e CPC-Verordnung zuständige Behörde.

14a) Gemäß Art. 5 Abs. 1 CPC-Verordnung benennt jeder Mitgliedstaat die oder mehrere zuständige Behörden, die für die Anwendung dieser Verordnung verantwortlich sind. Die Bestimmung der zuständigen Behörden ist für Deutschland in § 2 EU-VSchDG in Abhängigkeit von den verletzten Vorschriften zum Schutz der Verbraucherinteressen vorgenommen worden.

15b) Gemäß § 2 Nr. 1 Buchst. a EU-VSchDG in Verbindung mit Art. 3 Nr. 1 CPC-Verordnung ist im Falle des Verdachts eines Verstoßes gegen die in Nummer 9 des Anhangs der CPC-Verordnung genannte Richtlinie 2005/29/EG und die zu ihrer Umsetzung oder Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften das Umweltbundesamt zuständig, auf das die ursprünglich beim Bundesamt für Justiz liegende Zuständigkeit mit Wirkung zum übergegangen ist (Art. 19 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung von Rechtsvorschriften zum Verbraucherschutz und zur Verbraucherrechtsdurchsetzung vom , BGBl. I S. 959). Gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Errichtung eines Umweltbundesamtes in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom (BGBl. I S. 660) hat das Umweltbundesamt seinen Sitz in Dessau.

16II. Das Beschwerdegericht hat auch in der Sache frei von Rechtsfehlern angenommen, dass der Antrag der Beschwerdeführerin auf Aufhebung der vom Umweltbundesamt erlassenen Entscheidung vom unbegründet ist.

171. Gemäß § 20 Abs. 2, § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EU-VSchDG in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist eine vom Umweltbundesamt gemäß Art. 9 Abs. 4 Buchst. e CPC-Verordnung getroffene Unterlassungsanordnung vom Beschwerdegericht aufzuheben, wenn sie rechtswidrig ist und den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt. Das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass sich die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung nach Art. 12 Abs. 1 CPC-Verordnung beurteilt und sowohl die dort bestimmten Voraussetzungen einer Untersagungsanordnung vorliegen als auch die vom Umweltbundesamt angeordnete Maßnahme ermessensfehlerfrei ist sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht.

182. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 CPC-Verordnung ergreift die ersuchte Behörde auf Ersuchen einer ersuchenden Behörde alle erforderlichen und verhältnismäßigen Durchsetzungsmaßnahmen, um die Einstellung oder Untersagung des Verstoßes innerhalb der Union zu bewirken, indem sie die Befugnisse gemäß Art. 9 sowie alle zusätzlichen Befugnisse, über die sie nach nationalem Recht verfügt, ausübt. Die ersuchte Behörde entscheidet über die angemessenen Durchsetzungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um die Einstellung oder Untersagung des Verstoßes innerhalb der Union zu bewirken, und ergreift diese unverzüglich, spätestens jedoch sechs Monate nach Eingang des Ersuchens, sofern sie keine besonderen Gründe für eine Verzögerung vorbringt (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 CPC-Verordnung).

193. Das Beschwerdegericht hat frei von Rechtsfehlern angenommen, dass das Umweltbundesamt gemäß den Anforderungen eines Durchsetzungsersuchens nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 CPC-Verordnung tätig geworden ist (dazu C II 3 a). Mit Recht ist es außerdem davon ausgegangen, dass die beanstandete Durchsetzungsmaßnahme des Umweltbundesamtes gemäß Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 4 Buchst. e CPC-Verordnung dazu dient, die Untersagung eines Verstoßes innerhalb der Union zu bewirken (dazu C II 3 b). Die vom Umweltbundesamt angeordnete Maßnahme ist auch ermessensfehlerfrei sowie erforderlich und angemessen im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 CPC-Verordnung (dazu C II 3 c).

20a) Das Umweltbundesamt ist gemäß den Anforderungen eines Durchsetzungsersuchens nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 CPC-Verordnung tätig geworden. Dem Verfahren lag mit dem Schreiben der ADEI vom an das damals bei der Beschwerdegegnerin zuständige Bundesamt für Justiz ein den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 CPC-Verordnung entsprechendes Durchsetzungsersuchen zugrunde (dazu C II 3 a aa). Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde setzt die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung nicht voraus, dass eine den innerstaatlichen Anforderungen des belgischen Rechts genügende "Grundverfügung" der ADEI als ersuchende Behörde vorliegt; die Befugnisse der ersuchenden und der ersuchten Behörde ergeben sich vielmehr unmittelbar aus den Bestimmungen der CPC-Verordnung (dazu C II 3 a bb). Die Untersagungs- und Verpflichtungsanordnung des Umweltbundesamtes entspricht auch im Übrigen den Bestimmungen zur Zuständigkeit der beteiligten Behörden sowie den Verfahrens- und Formvorschriften des in Rede stehenden Verfahrens (dazu C II 3 a cc).

21aa) Das Beschwerdegericht hat mit Recht angenommen, dass dem Verfahren mit dem Schreiben der ADEI vom an das damals bei der Beschwerdegegnerin zuständige Bundesamt für Justiz ein den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 CPC-Verordnung entsprechendes Durchsetzungsersuchen zugrunde liegt.

22(1) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die Untersagungsanordnung des Umweltbundesamtes sei insoweit formell rechtswidrig, als im Durchsetzungsersuchen der ADEI vom die auf den "F.  -Train" bezogene und in dem vom Umweltbundesamt im Unterlassungsausspruch 1 c der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck kommende Beanstandung nicht erwähnt gewesen sei. Diese sei erst durch die Ermittlungstätigkeit des Bundesamtes für Justiz in den Fokus gerückt. Damit fehle es insoweit an einem Durchsetzungsersuchen als Rechtsgrundlage gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 CPC-Verordnung. Indem das Umweltbundesamt dennoch den Unterlassungsausspruch 1 c erlassen habe, habe es seine Kompetenzen als ersuchte Behörde überschritten. Mit dieser Rüge dringt die Rechtsbeschwerde nicht durch.

23(2) Die Rechtsbeschwerdeerwiderung macht zutreffend geltend, dass das Durchsetzungsersuchen vom auf die gesamte belgische Internetseite der Beschwerdeführerin und damit auch auf die Angabe zum "F. -Train" bezogen war und deshalb alle sich daraus ergebenen Irreführungen als vom Gegenstand des Ersuchens umfasst anzusehen sind. Jedenfalls hat sich die ADEI im Verlauf der Kommunikation mit dem Bundesamt für Justiz beziehungsweise dem Umweltbundesamt mit Schreiben vom , und die auf die Angabe zum "F.  -Train" bezogene Beanstandung zu Eigen und damit zum Gegenstand ihres Durchsetzungsersuchens gemacht. Jedenfalls wäre damit ein möglicher Verfahrensfehler gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 EU-VSchDG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG geheilt worden. Danach ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 VwVfG nichtig macht, bei Nachholung der erforderlichen Mitwirkung einer anderen Behörde unbeachtlich.

24Etwas anderes ergibt sich nicht aus den die Beschwerdeführerin schützenden und gemäß Art. 10 Abs. 2 CPC-Verordnung zu beachtenden Verfahrensgarantien. Die Rechtsbeschwerde rügt nicht, dass die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht in einer diesen Vorschriften entsprechenden Weise auch zu der Beanstandung angehört wurde, die sich auf die Werbeaussagen zu den Umweltvorteilen des "F.  -Trains" beziehen. Im Gegenteil macht sie geltend, auf die ihrer Ansicht insoweit vorliegende Kompetenzüberschreitung der ersuchten Behörde mehrfach hingewiesen zu haben.

25Es kann nach alledem die Frage offenbleiben, ob sich aus Art. 9 Abs. 6 CPC-Verordnung und Erwägungsgrund 8 der Verordnung vor dem Hintergrund des in der Verordnung zum Ausdruck kommenden Ziels einer effektiven Durchsetzung des Verbraucherschutzes bei grenzüberschreitendem Handeln von Unternehmen im Rahmen einer auf gegenseitige Unterstützung und Kommunikation der ersuchenden und der ersuchten Behörde beruhenden Zusammenarbeit die weitergehende Befugnis der ersuchten Behörde ergibt, unabhängig von einem im Ersuchen zur Untersagung konkret bezeichneten Verstoß weitere Verstöße zu ermitteln und zu untersagen.

26bb) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde setzt die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung des Umweltbundesamts nicht voraus, dass eine den innerstaatlichen Anforderungen des belgischen Rechts genügende "Grundverfügung" der ADEI als ersuchende Behörde vorliegt. Die Befugnisse der ersuchenden Behörde ergeben sich vielmehr ebenso wie diejenigen der ersuchten Behörde unmittelbar aus den Bestimmungen der CPC-Verordnung.

27(1) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, das Beschwerdegericht habe es rechtsfehlerhaft versäumt zu prüfen, ob die Grundentscheidung der belgischen Behörde ADEI rechtmäßig und damit eine tragfähige Grundlage gewesen sei, einen Verstoß innerhalb der Union anzunehmen und hierauf ein Durchsetzungsersuchen zu stützen. Es hätte prüfen müssen, ob es eine eigenständige materiell-rechtliche Ermächtigungsgrundlage im belgischen Recht gebe, die die belgische ADEI ermächtige, ein Amtshilfedurchsetzungsersuchen an die in Deutschland zuständige Behörde zu richten. Nicht ausreichend sei die vom Beschwerdegericht vorgenommene Prüfung der Voraussetzungen des Art. VI.97 Nr. 2 und des Art. VI.99 §§ 1 und 4 Nr. 1 Belgisches Wirtschaftsgesetzbuch. Diese Bestimmungen seien lediglich die Umsetzungsvorschriften der unionsrechtlichen Irreführungsverbote gemäß Art. 6 Abs. 1 beziehungsweise Art. 7 Abs. 1 und 4 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/EG. Ihnen könne keine Ermächtigung zum Tätigwerden als eine um Amtshilfe ersuchende belgische Behörde nach der CPC-Verordnung entnommen werden. Eine solche Ermächtigung ergebe sich auch nicht aus den Bestimmungen der CPC-Verordnung selbst. Fehle es - wie in Deutschland und Belgien - an einer Ermächtigungsgrundlage für eine behördliche innerstaatliche Rechtsdurchsetzung in Bezug auf einen vermeintlichen Verstoß gegen unionsrechtliche Vorschriften zum Schutz von Verbraucherinteressen, könne der CPC-Verordnung jedenfalls für Verstöße innerhalb der Union keine kompetenzerweiternde Wirkung für ersuchende nationale Behörden wie die belgische ADEI zukommen.

28Damit hat die Rechtsbeschwerde keinen Rechtsfehler des Beschwerdegerichts dargelegt.

29(2) Dem Wortlaut der Bestimmungen der CPC-Verordnung lässt sich die Notwendigkeit einer im nationalen Recht geregelten Ermächtigungsbestimmung zugunsten der ersuchenden Behörde nicht entnehmen. Vielmehr ergeben sich die Kompetenzen der ersuchenden wie der ersuchten Behörde nach dem klaren Wortlaut der hier maßgeblichen Vorschriften unmittelbar aus der Verordnung selbst. Gemäß Art. 12 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1, 3, 4 und 6 CPC-Verordnung verfügt jede zuständige Behörde über die für die Anwendung der Verordnung erforderlichen Mindestermittlungs- und Durchsetzungsbefugnisse, zu denen auch die Befugnis gehört, die Einstellung von Verstößen schriftlich anzuordnen (Art. 9 Abs. 4 Buchst. e CPC-Verordnung). Gemäß Art. 9 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 Buchst. a CPC-Verordnung kann die Ausübung der Befugnisse nach Artikel 9 unmittelbar durch die zuständigen Behörden in eigener Verantwortung erfolgen. Die ersuchte Behörde entscheidet selbst über die angemessenen Durchsetzungsmaßnahmen zur Einstellung oder Untersagung des Verstoßes innerhalb der Union (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 CPC-Verordnung). Sie kann ein Durchsetzungsersuchen ablehnen, wenn nach einer sachdienlichen Ermittlung ihrer Ansicht nach kein Verstoß innerhalb der Union stattgefunden hat (Art. 14 Abs. 2 Buchst. c CPC-Verordnung). Ein diese weitreichenden Kompetenzen einschränkender, auf nationales Recht bezogener Vorbehalt findet sich nicht.

30Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von der Rechtsbeschwerde geäußerten Ansicht ergibt sich nichts anderes aus Art. 3 CPC-Verordnung. Soweit dort bei der Begriffsbestimmung der "ersuchenden Behörde" (Art. 3 Nr. 9 CPC-Verordnung) und der "ersuchten Behörde" (Art. 3 Nr. 10 CPC-Verordnung) in der deutschen Sprachfassung von einem "Antrag auf Amtshilfe" die Rede ist, fehlt jeglicher Anhaltspunkt für die Annahme der Rechtsbeschwerde, ein Antrag auf Amtshilfe könne nicht auf der Grundlage der in der CPC-Verordnung selbst geregelten Ermächtigungen, sondern nur aufgrund einer eigenständigen materiell-rechtlichen Ermächtigungsgrundlage des belgischen Rechts gestellt werden. Zu berücksichtigen ist überdies, dass in der englischen Sprachfassung der CPC-Verordnung nicht der Begriff "apply", sondern "request" und damit derselbe Begriff verwendet wird, mit der in der deutschen Sprachfassung ansonsten ein Ersuchen bezeichnet wird.

31Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde lässt sich auch aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 CPC-Verordnung und dem dort verwendeten Begriff des "Verstoßes" kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, ein Antrag auf Amtshilfe könne nicht auf der Grundlage der in der CPC-Verordnung selbst geregelten Ermächtigungen, sondern nur aufgrund einer eigenständigen materiell-rechtlichen Ermächtigungsgrundlage des belgischen Rechts gestellt werden. Die Rechtsbeschwerde lässt außer Acht, dass die ersuchte Behörde auf Ersuchen der ersuchenden Behörde keineswegs nur die Befugnisse ausüben darf, über die sie nach nationalem Recht verfügt. Sie kann vielmehr alle erforderlichen und verhältnismäßigen Durchsetzungsmaßnahmen gemäß Art. 9 CPC-Verordnung ergreifen und damit auch die im Streitfall in Rede stehende schriftliche Anordnung der Einstellung von Verstößen (Art. 9 Abs. 4 Buchst. e) und die Bewirkung der Einstellung oder Untersagung von Verstößen (Art. 9 Abs. 4 Buchst. f).

32(3) Gegen das Erfordernis einer zusätzlichen Ermächtigungsgrundlage im nationalen Recht spricht auch der Regelungszusammenhang.

33(a) Zu berücksichtigten ist insoweit zunächst die vom Unionsgesetzgeber gewählte Regelungsform. Die maßgeblichen Kompetenzen der zuständigen Behörden sind in einer Verordnung des Unionsrechts geregelt. Gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV hat die Verordnung allgemeine und unmittelbare Geltung in jedem Mitgliedstaat. Eine Umsetzung in nationales Recht und damit die Schaffung kompetenzbegründender Vorschriften ist - anders als bei einer Richtlinie (Art. 288 Abs. 3 AEUV) - nicht erforderlich.

34(b) Gegen die Maßgeblichkeit einer nach dem nationalen Recht der ersuchenden Behörde erlassenen "Grundverfügung" spricht überdies der Umstand, dass die Bestimmung des Art. 14 Abs. 2 CPC-Verordnung der ersuchten Behörde zwar mehrere Gründe zubilligt, ein Durchsetzungsersuchen abzulehnen. Das Fehlen oder die nach nationalem Recht zu beurteilende Unrechtmäßigkeit einer "Grundverfügung" gehört aber ebenso wenig zu diesen Gründen wie eine sonstige formelle Rechtswidrigkeit des Durchsetzungsersuchens.

35(c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch aus der Bestimmung des Art. 36 Abs. 2 CPC-Verordnung keine volle gerichtliche Überprüfung einer "Grundentscheidung" der ersuchenden Behörde und damit kein Indiz für deren Erforderlichkeit. Nach dieser Bestimmung haftet in Bezug auf Durchsetzungsersuchen nach Art. 12 der Verordnung der Mitgliedstaat der ersuchenden Behörde dem Mitgliedstaat der ersuchten Behörde für Kosten und Verluste, die infolge von Maßnahmen entstanden sind, die von einem Gericht bei der Beurteilung des Vorliegens des entsprechenden Verstoßes zurückgewiesen und als unbegründet angesehen wurden. Von einer "Grundentscheidung" der ersuchenden Behörde ist dort nicht die Rede. Geregelt wird lediglich eine Lastenverteilung im Innenverhältnis der nach den Bestimmungen der CPC-Verordnung kooperierenden Behörden. Die in Art. 12 und Art. 9 CPC-Verordnung der ersuchten Behörde ausdrücklich eingeräumten Kompetenzen werden von der Bestimmung des Art. 36 Abs. 2 CPC-Verordnung in keiner Weise berührt.

36(4) Gegen die von der Rechtsbeschwerde vertretene Ansicht spricht auch das in den Erwägungsgründen 1 bis 3 zum Ausdruck kommende Ziel des Verordnungsgebers, mit der CPC-Verordnung einen im Vergleich zu der als nicht hinreichend effektiv erkannten Vorgängerverordnung (EG) Nr. 2006/2004 erhöhten Harmonisierungsgrad der maßgeblichen Bestimmungen zu schaffen. Dadurch soll eine wirksamere und effizientere Zusammenarbeit bei der Durchsetzung zwischen den zuständigen Behörden ermöglicht werden, um Verstöße nach der CPC-Verordnung zu erkennen, Ermittlungen dazu zu führen und ihre Einstellung oder Untersagung anzuordnen. Dieses Ziel einer mit Hilfe harmonisierter Maßnahmen effektiv gestalteten Durchsetzung des Verbraucherschutzes bei grenzüberschreitendem Verhalten von Unternehmen wäre erheblich erschwert, wenn die Rechtmäßigkeit der von der ersuchten Behörde getroffenen Maßnahme zur Durchsetzung des Unionsrechts für den Schutz von Verbraucherinteressen davon abhinge, dass dieser Maßnahme ein Durchsetzungsersuchen einer Behörde aus einem anderen Mitgliedstaat zugrunde liegt, das nicht nur die in der CPC-Verordnung unmittelbar für die gesamte Europäische Union einheitlich geltenden Voraussetzungen erfüllt, sondern zusätzlich den jeweils von der ersuchten Behörde und dem gegebenenfalls vom Unternehmen angerufenen Beschwerdegericht zu ermittelnden Anforderungen gerecht werden muss, die in einer etwaigen in der für die ersuchende Behörde maßgeblichen nationalen Rechtsordnung vorhandenen Ermächtigungsgrundlage bestimmt sind.

37(5) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die in den Erwägungsgründen 3, 6 und 14 der CPC-Verordnung zum Ausdruck kommende Absicht des Unionsgesetzgebers, eine Art "forum shopping" von grenzüberschreitend tätigen Unternehmen zu verhindern, sei nur sinnvoll, wenn dem Unternehmen eine Durchsetzung des Verbraucherschutzrechts an seinem ursprünglichen Standort überhaupt drohe, so dass vorliegend der hypothetische Fall geprüft werden müsse, ob die Beschwerdeführerin, wäre sie ein in Belgien ansässiges Unternehmen, die behördliche Durchsetzung der Art. VI.97 Nr. 2, Art. VI.99 §§ 1 und 4 Nr. 1 Belgisches Wirtschaftsgesetzbuch durch die ADEI überhaupt fürchten müsste.

38Die Rechtsbeschwerde lässt unberücksichtigt, dass der Anwendungsbereich der CPC-Verordnung nicht auf Unternehmen begrenzt ist, die sich einer Rechtsdurchsetzung missbräuchlich durch einen Wechsel ihres Standorts entziehen. Ihre Anwendung setzt überdies nicht voraus, dass am jeweiligen Marktort die behördliche Rechtsdurchsetzung ("public enforcement") etabliert ist. Die Ansicht der Rechtsbeschwerde ist auch mit den Zielen der CPC-Verordnung unvereinbar. Sie hätte zur Folge, dass die verbraucherschützende Funktion ihrer Bestimmungen in Mitgliedstaaten wie Deutschland, in denen traditionell die private Rechtsdurchsetzung fest verankert ist (vgl. Podszun in Festschrift Harte-Bavendamm, 2020, S. 417, 432; Köhler, WRP 2020, 803 Rn. 3), leerliefe, weil etwa deutsche Behörden - mangels Anspruchsberechtigung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und dem Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Vorschriften (Unterlassungsklagegesetz, UKlaG) - keine Durchsetzungsersuchen an Behörden anderer Mitgliedstaaten richten dürften, wenn dort ansässige Unternehmen die kollektiven Interessen deutscher Verbraucher verletzten. Eine solche einschränkende Auslegung liefe dem erklärten Ziel der CPC-Verordnung zuwider, durch eine Harmonisierung der Verfahrensregeln eine effektive behördliche Rechtsdurchsetzung grenzüberschreitend zu ermöglichen.

39(6) Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde ergibt sich Abweichendes nicht aus dem Primärrecht der Union.

40(a) Die Rechtsbeschwerde macht insoweit geltend, es liege eine die Dienstleistungsfreiheit beeinträchtigende offene Ausländerdiskriminierung vor, sähe man in Art. 9 Abs. 6 CPC-Verordnung eine Ermächtigungsgrundlage für Behörden, um einen Verstoß innerhalb der Union gemäß Art. 3 Nr. 2 CPC-Verordnung zu verfolgen. Den Mitgliedstaaten sei es unbenommen, Verstöße gegen Verbraucherschutzbestimmungen gemäß der Richtlinie 2005/29/EG allein durch Private und nicht durch Behörden verfolgen zu lassen. Dies sei in Deutschland auch geschehen. Könnten in Deutschland ansässige Unternehmen aber aufgrund des Ersuchens der Behörde eines Mitgliedstaats, in dem gegebenenfalls eine behördliche Verfolgung von Verstößen gegen solche Verbraucherschutzbestimmungen vorgesehen sei, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, würde dies zu einer an den Niederlassungsort anknüpfenden und daher offenen Diskriminierung dieser Unternehmen führen. Es mache einen erheblichen Unterschied, ob man sich auf Augenhöhe mit Wettbewerbern oder Wirtschafts- oder Verbraucherverbänden nach den Regeln der Zivilprozessordnung streite oder ob man sich einer Behörde gegenübersehe, die auf die Infrastruktur und Ressourcen des Staats mit invasiven Ermittlungsinstrumenten und mit Zwangswirkung versehbaren Durchsetzungsmaßnahmen zurückgreifen könne. Zudem würde ein Hineinlesen einer Ermächtigungsgrundlage in Art. 9 Abs. 6 CPC-Verordnung dem allgemeinen unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechen, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden dürften, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt sei. Die Niederlassung des Unternehmens in dem Mitgliedstaat, in dem Verbraucherinteressen beeinträchtigt würden, oder in einem anderen Mitgliedstaat rechtfertige nicht, dass sich der Unternehmer einmal nur dem Vollzug durch Private ausgesetzt sehe und einmal (zusätzlich) einem behördlichen Vollzug.

41(b) Mit dieser Argumentation kann die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben.

42Es liegt bereits keine unionsrechtlich relevante Ungleichbehandlung vor. Die Rechtsbeschwerde verkennt, dass der Unionsgesetzgeber von einer Gleichwertigkeit der Verfolgung von Verstößen gegen das Lauterkeitsrecht durch Private und durch Behörden ausgeht (vgl. Art. 11 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2005/29/EG). Außerdem ist die Zielsetzung der Grundfreiheiten auf einen ungehinderten Marktzugang unter gleichen Wettbewerbsbedingungen gerichtet (vgl. Ludwigs in Dauses/Ludwigs, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Werkstand 60. EL Februar 2024, Kap. E.I. Rn. 31 mwN). Hieran anknüpfend sieht das Regelungsregime der CPC-Verordnung ein unionsweit einheitliches Verfahren bei grenzüberschreitenden Verstößen gegen Verbraucherschutzvorschriften vor. Dieses Verfahren dient der effektiven Durchsetzung harmonisierten Rechts im Interesse der Verbraucher und beseitigt so bestehende Wettbewerbsverzerrungen für gesetzestreue Unternehmer, die im Inland oder grenzüberschreitend tätig sind (Erwägungsgrund 3 CPC-Verordnung; vgl. auch Köhler/Feddersen in Köhler/Feddersen, UWG, 43. Aufl., § 12 Rn. 6.1a). Auf die Aufrechterhaltung eines unterschiedlichen Verbraucherschutzniveaus zwischen den Mitgliedstaaten besteht indessen kein Anspruch; derlei Unterschiede zu eliminieren ist vielmehr gerade das Ziel der CPC-Verordnung. Hierin liegt weder eine unionsrechtswidrige Ungleichbehandlung noch eine Maßnahme gleicher Wirkung (zu diesem Gesichtspunkt vgl.  8/74, NJW 1975, 515 [juris Rn. 5] - Dassonville). Die Rechtsbeschwerdeerwiderung macht mit Recht geltend, dass in diesem Zusammenhang allein maßgeblich ist, dass die Beschwerdeführerin an den von ihr adressierten Marktorten nicht diskriminiert wird, weil sie dasselbe materielle Recht zu beachten hat wie ihre dort ansässigen Mitbewerber (vgl. und C-268/91, Slg. 1993, I-6097 = NJW 1994, 121 [juris Rn. 16 f.] - Keck und Mithouard; Urteil vom - C-55/94, Slg. 1995, I-4165 = NJW 1996, 579 [juris Rn. 37] - Gebhard).

43cc) Vorliegend bestehen keine Zweifel, dass die Untersagungs- und Verpflichtungsanordnung des Umweltbundesamtes auch im Übrigen formell rechtmäßig ergangen ist. Insbesondere ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften weder gerügt worden noch sonst ersichtlich. Das Beschwerdegericht hat seiner Beurteilung zutreffend zugrunde gelegt, dass die ADEI in Belgien für die Durchsetzung des Unionsrechts zum Schutz von Verbraucherinteressen verantwortlich und gemäß Art. XV.2 § 1 Belgisches Wirtschaftsgesetzbuch als die zuständige Behörde im Sinne von Art. 3 Nr. 6 CPC-Verordnung anzusehen ist. Wie ausgeführt ist das Umweltbundesamt ebenfalls die für die Anwendung der im Streitfall maßgeblichen Bestimmungen der CPC-Verordnung zuständige Behörde. Die Rechtsbeschwerde macht über die vorstehend erörterten Rügen hinausgehend nicht geltend, dass Vorschriften des Verfahrens verletzt worden seien.

44b) Das Beschwerdegericht ist außerdem rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die beanstandete Durchsetzungsmaßnahme des Umweltbundesamts gemäß Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 und 4 Buchst. e CPC-Verordnung dazu dient, die Untersagung eines Verstoßes innerhalb der Union zu bewirken.

45aa) Unter "Verstoß innerhalb der Union" ist jede Handlung oder Unterlassung zu verstehen, die gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen verstößt und die Kollektivinteressen von Verbrauchern geschädigt hat, schädigt oder voraussichtlich schädigen kann, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in anderen Mitgliedstaaten als dem Mitgliedstaat ansässig sind, in dem der für die Handlung oder Unterlassung verantwortliche Unternehmer niedergelassen ist (Art. 3 Nr. 2 Buchst. b CPC-Verordnung).

46bb) Im Streitfall steht ein Verstoß gegen Bestimmungen des Unionsrechts zum Schutz von Verbraucherinteressen in Rede.

47(1) Das Umweltbundesamt hat die auf der belgischen Internetseite der Beschwerdeführerin gemachten Angaben der Beschwerdeführerin als Verstoß gegen das Verbot der Irreführung von Verbrauchern gemäß Art. VI.97 Nr. 2 und Art. VI.99 §§ 1 und 4 Nr. 1 Belgisches Wirtschaftsgesetzbuch beanstandet. Das Beschwerdegericht ist zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet davon ausgegangen, dass es sich bei diesen Vorschriften um die Umsetzungsbestimmungen der unionsrechtlichen Irreführungsverbote gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. b beziehungsweise Art. 7 Abs. 1 und 4 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/EG handelt. Gemäß Art. 3 Nr. 1 CPC-Verordnung gehören zum "Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen" die im Anhang der Verordnung aufgeführten Verordnungen und Richtlinien, letztere in der in die innerstaatliche Rechtsordnung der Mitgliedstaaten umgesetzten Form. In Nr. 9 des Anhangs der CPC-Verordnung ist die Richtlinie 2005/29/EG aufgeführt.

48(2) Das Beschwerdegericht hat ferner angenommen, dass die Beschwerdeführerin gegen Art. VI.97 Nr. 2 und Art. VI.99 §§ 1 und 4 Nr. 1 Belgisches Wirtschaftsgesetzbuch verstoßen hat. Die Behauptungen "umweltfreundlich" und "klimafreundlich" seien irreführend im Sinne der Bestimmung des Art. VI.97 Nr. 2 Belgisches Wirtschaftsgesetzbuch, mit der Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG in belgisches Recht umgesetzt worden sei. Sie könnten aufgrund ihres vagen Bedeutungsgehalts vom angesprochenen Verkehrskreis, den belgischen Verbrauchern, unterschiedlich interpretiert werden und genügten damit nicht den strengen Anforderungen an die Klarheit umweltbezogener Werbeangaben. Die in Form eines uneingeschränkten Superlativs erfolgte Angabe, der Fernbus sei das umweltfreundlichste Verkehrsmittel, sei ebenfalls nicht in einer die Irreführung ausschließenden Weise hinreichend erläutert worden. Die Aussagen auf der Unterseite zur Nachhaltigkeit der belgischen Internetseite seien auch auf "F.  -Trains" bezogen gewesen. Dadurch sei der unrichtige Eindruck entstanden, dass die Beschwerdeführerin die Beförderung mit einem "F. -Train" auch in Belgien anbiete. Das als Zusatzleistung erfolgte Angebot einer CO2-Kompensationszahlung im Rahmen des Buchungsvorgangs sei als irreführende Unterlassung gemäß den in Art. VI.99 §§ 1 und 4 Nr. 1 Belgisches Wirtschaftsgesetzbuch geregelten Bestimmungen zu qualifizieren, die eine Umsetzung von Art. 7 Abs. 1 und 4 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/EG darstellten. Es sei die für die Verbraucherentscheidung wesentliche Angabe unterlassen worden, auf welchem Emissionswert - nämlich den auf der konkret geplanten Strecke voraussichtlich pro Person emittierten CO2-Äquivalenten - die angebotene CO2-Kompensationszahlung basiere. Insgesamt sei nach dem Verbraucherleitbild des Europäischen Gerichtshofs auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen. Die Werbung richte sich an Verbraucher und Verbraucherinnen in Belgien. Daher sei das Verständnis der dortigen Verbraucher und Verbraucherinnen zu berücksichtigen.

49Gegen diese Beurteilung wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.

50(3) Im Hinblick auf die Überprüfung der durch die Tatgerichte vorgenommenen Beurteilung ausländischen Rechts durch das Revisions- und Rechtsbeschwerdegericht bestehen Besonderheiten. Gemäß § 26 Abs. 5, § 22 Satz 1 Nr. 2 EU-VSchDG gelten für die vorliegende Rechtsbeschwerde die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Aus den Bestimmungen gemäß § 576 Abs. 3 und § 560 ZPO ergibt sich, dass die Rechtsbeschwerde auf eine Verletzung von ausländischem Recht nicht gestützt werden kann. An die Feststellungen des Beschwerdegerichts, die das Bestehen und den Inhalt des materiellen ausländischen Rechts betreffen, ist das Revisions- und das Rechtsbeschwerdegericht mithin gebunden (st. Rspr.; vgl. , NJW 1992, 438 [juris Rn. 9]; Urteil vom - IX ZR 233/90, BGHZ 118, 151 [juris Rn. 25]; Beschluss vom - V ZB 197/12, BGHZ 198,14 [juris Rn. 13 bis 25]; Urteil vom - II ZR 192/13, NJW 2014, 1244 [juris Rn. 14]; Urteil vom - IV ZR 375/21, NJW-RR 2023, 1146 [juris Rn. 21]; BeckOK ZPO/Bacher, 53. Edition [Stand: , § 293 Rn. 26; Zöller/Feskorn, ZPO, 35. Aufl., § 545 Rn. 6; zur Parallelität von Revision und Rechtsbeschwerde vgl. Prütting in Festschrift Schütze, 2014, S. 449, 451 f.). Auch die Anwendung ausländischen Rechts durch das Tatgericht kann durch das Revisions- und Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich nicht nachgeprüft werden (, BGHZ 104, 178 [juris Rn. 31]; Urteil vom - VI ZR 291/94, NJW-RR 1996, 732 [juris Rn. 14]; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl., § 545 Rn. 9; Zöller/Feskorn aaO § 545 Rn. 6). Die Verletzung ausländischen Rechts kann auch dann nicht mit der Rechtsbeschwerde gerügt werden, wenn die Ausführungen des Beschwerdegerichts über das ausländische Recht nicht erschöpfend sind (vgl. , NJW 1988, 647 [juris Rn. 11]). Diese Grundsätze gelten sogar dann, wenn das ausländische Recht mit dem entsprechenden deutschen Recht übereinstimmt (vgl. BGH, NJW-RR 1996, 732 [juris Rn. 14] mwN).

51Allerdings kann mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden, dass das ausländische Recht unter Verletzung der Maßstäbe des § 293 ZPO unzureichend oder fehlerhaft ermittelt wurde (, WM 2013, 858 [juris Rn. 16] mwN). Diese Rügemöglichkeit ist indessen beschränkt. Sie ist nicht gegeben, wenn mit ihr in Wirklichkeit die Nachprüfung irrevisiblen ausländischen Rechts bezweckt wird (BGHZ 118, 151 [juris Rn. 26] mwN). Außerdem überprüft das Revisionsgericht lediglich, ob das Tatgericht das ihm eingeräumte pflichtgemäße Ermessen fehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat (st. Rspr.; zur Revision vgl. BGHZ 118, 151 [juris Rn. 26]; , WM 2002, 1186 [juris Rn. 17]; Urteil vom - XI ZR 82/05, BGHZ 165, 248 [juris Rn. 33]). Dabei lassen sich die Anforderungen, die an Umfang und Intensität der Ermittlungspflicht des Tatgerichts zu stellen sind, nur in eingeschränktem Maße generell-abstrakt bestimmen. Im Allgemeinen werden die Grenzen der Ermessensausübung des Tatgerichts durch die jeweiligen Umstände des Einzelfalls gezogen. An die Ermittlungspflicht werden umso höhere Anforderungen zu stellen sein, je komplexer oder fremder im Vergleich zum eigenen das anzuwendende Recht ist. Stimmt eine Norm des ausländischen Rechts mit einer Vorschrift des inländischen überein oder ist sie gar von diesem Recht übernommen, wird es namentlich bei auch sonst verwandten Rechtsordnungen nicht selten naheliegen, der ausländischen Bestimmung dieselbe Bedeutung wie der entsprechenden inländischen beizumessen (st. Rspr.; zur Revision vgl. nur BGHZ 118, 151 [juris Rn. 27 und 28] mwN sowie BGHZ 165, 248 [juris Rn. 33]). Von Einfluss auf das Ermittlungsermessen können auch Vortrag und sonstige Beiträge - etwa Privatgutachten - der Parteien sein. Tragen die Parteien eine bestimmte ausländische Rechtspraxis detailliert und kontrovers vor, wird das Gericht regelmäßig umfassendere Ausführungen zur Rechtslage zu machen - gegebenenfalls sämtliche ihm zugänglichen Erkenntnismittel auszuschöpfen - haben, als wenn der Vortrag der Parteien zu dem Inhalt des ausländischen Rechts übereinstimmt oder sie zu dem Inhalt dieses Rechts nicht Stellung nehmen, obwohl sie dessen Anwendbarkeit kennen oder mit ihr rechnen (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 118, 151 [juris Rn. 29] mwN).

52(4) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Beschwerdegericht habe das maßgebliche belgische Recht unzureichend ermittelt.

53Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erschöpfen sich die Ausführungen des Beschwerdegerichts zum ausländischen Recht nicht in einer bloßen Erwähnung der einschlägigen Normen des belgischen Lauterkeitsrechts. Das Beschwerdegericht hat vielmehr die maßgeblichen Art. VI.97 Nr. 2, Art. VI.99 §§ 1 und 4 Nr. 1 Belgisches Wirtschaftsgesetzbuch, die ihm in einer deutschen Übersetzung als Anlage 2 zu der angegriffenen Entscheidung vorgelegen haben, unter Heranziehung der Leitlinien der Kommission der Europäischen Union zur Auslegung und Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG (ABl. EU 2021 C 526 S. 1) ausgelegt. Darüber hinaus hat es zur konkreten Rechtsanwendung auf die online abrufbaren und vom Umweltbundesamt nebst einer auszugsweisen deutschen Arbeitsübersetzung als Anlage BG 13 vorgelegten Richtlinien "Guidelines Milieuclaims" des Belgischen Wirtschaftsministeriums - Föderaler Öffentlicher Dienst (FÖD) Wirtschaft, KMB, Mittelstand und Energie vom abgestellt. Das Beschwerdegericht hat außerdem mit Blick darauf, dass es sich bei den in Rede stehenden lauterkeitsrechtlichen Irreführungstatbeständen um vollharmonisiertes Recht handelt, nicht nur auf den Wortlaut der einschlägigen belgischen Rechtsnormen abgestellt, sondern zu deren Auslegung und Anwendung das zugrundeliegende Unionsrecht und darauf bezogene weitere Erkenntnisquellen in den Blick genommen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Rechtsbeschwerde keine von der Annahme des Beschwerdegerichts abweichende belgische Rechtspraxis dargelegt, sondern die Beschwerdeführerin sich im Gegenteil im Verfahren durchgängig auf einen Gleichlauf der deutschen und der belgischen Umsetzungsnormen berufen hat. Daher war das Beschwerdegericht entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde nicht gehalten, sich gründlicher als geschehen mit dem belgischen Recht auseinanderzusetzen. Insbesondere bestand für das Beschwerdegericht bei dieser Sachlage keine Veranlassung, zusätzlich ein Sachverständigengutachten zum belgischen Recht einzuholen oder ein Ersuchen über Auskünfte zum belgischem Recht nach dem Europäischen Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht vom (BGBl. 1974 II S. 938) mit Ausführungsgesetz vom (BGBl. I S. 1433) zu stellen.

54(5) Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die vom Beschwerdegericht vorgenommene Subsumtion des Sachverhalts unter die Irreführungstatbestände des belgischen Rechts wendet und geltend macht, die angegriffenen Angaben verstießen nicht gegen diese Vorschriften, rügt sie nicht die pflichtwidrige Ausübung des dem Beschwerdegericht bei der Ermittlung des ausländischen Rechts gemäß § 293 ZPO zukommenden Ermessens, sondern beanstandet die richtige Anwendung des belgischen Rechts durch das Beschwerdegericht. Ihre Rügen sind mithin auf die Nachprüfung der Anwendung nicht revisiblen ausländischen Rechts gerichtet und können der Rechtsbeschwerde damit nicht zum Erfolg verhelfen.

55(6) Gleiches gilt, soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, das Beschwerdegericht habe bei der Beurteilung der Anschauungen des belgischen Durchschnittsverbrauchers zwei Ebenen der Maßstabsbildung vermengt, nämlich zum einen das unionsrechtliche Verbraucherleitbild und zum anderen das darunter angesiedelte nationale Verbraucherverständnis.

56(7) Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe das Verständnis des belgischen Verkehrs zu Unrecht aufgrund eigener Sachkunde beurteilt, liegt allerdings eine zulässige Rüge der Verletzung der Ermittlungspflicht gemäß § 293 ZPO vor. Die Beanstandungen der Rechtsbeschwerde greifen jedoch in der Sache nicht durch.

57(a) Geht es - wie im Streitfall - um die Anwendung der durch die Richtlinie 2005/29/EG vollharmonisierten Irreführungsverbote gemäß Art. 6 und 7 der Richtlinie, kommt es darauf an, wie der Durchschnittsverbraucher die angegriffenen Angaben versteht. Diese Frage unterfällt dem Anwendungsbereich von § 293 ZPO. Es geht nicht um eine reine Tatsachenfeststellung im eigentlichen Sinne. Nach dem Erwägungsgrund 18 der Richtlinie 2005/29/EG beruht der Begriff des Durchschnittsverbrauchers nicht auf einer statistischen Grundlage. Die nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden müssen sich bei der Beurteilung der Frage, wie der Durchschnittsverbraucher in einem gegebenen Fall typischerweise reagieren würde, auf ihre eigene Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verlassen.

58(b) Das Beschwerdegericht hat aber sein ihm gemäß § 293 ZPO zustehendes Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt.

59Allerdings hat es die Anschauungen des belgischen Durchschnittsverbrauchers nicht mittels Einholung eines Sachverständigengutachtens oder eines demoskopischen Gutachtens ermittelt. Es hat vielmehr - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats, wonach es im Allgemeinen keines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens bedarf, sofern die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören (vgl. nur , GRUR 2021, 1534 [juris Rn. 62] = WRP 2021, 1556 - Rundfunkhaftung I, mwN) - aus eigener Sachkunde die Anschauung des deutschen Verbrauchers festgestellt und ist weiter davon ausgegangen, die Anschauung des belgischen Durchschnittsverbrauchers unterscheide sich davon nicht in entscheidungserheblicher Weise. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

60Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die beanstandete Werbung an die belgischen Verbraucher gerichtet hat und daher das Verständnis der dortigen Verbraucher maßgeblich ist. In seinem darüber hinaus gegebenen Hinweis auf das weitgehend harmonisierte Wettbewerbsrecht kommt überdies der zutreffende Gedanke zum Ausdruck, dass aufgrund des für das harmonisierte Lauterkeitsrecht maßgeblichen Begriffs des Durchschnittsverbrauchers die nationalen Gerichte in der Regel in gleicher Weise beurteilen dürfen, ob eine Werbeaussage irreführend ist (vgl. , WRP 1998, 848 [juris Rn. 32] - Gut Springenheide und Tusky). Das Beschwerdegericht hat sich überdies erkennbar von dem bereits dargestellten Grundsatz leiten lassen, dass an die Ermittlungspflicht umso höhere Anforderungen zu stellen sein werden, je komplexer oder fremder im Vergleich zum eigenen das anzuwendende Recht ist, während es im umgekehrten Fall, in dem eine Norm des ausländischen Rechts - etwa wie hier aufgrund einer unionsrechtlichen Harmonisierung - mit einer Vorschrift des inländischen Rechts übereinstimmt, nicht selten naheliegt, dem ausländischen Rechtssatz dieselbe Bedeutung wie der entsprechenden inländischen Vorschrift beizumessen.

61Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass die Beschwerdeführerin Umstände vorgebracht hätte, nach denen dies vorliegend ausnahmsweise anders zu beurteilen wäre. Vielmehr bestand zwischen den Parteien bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht Einigkeit darüber, dass sich das Verständnis des belgischen Durchschnittsverbrauchers in Bezug auf die im Streitfall in Rede stehenden Fragen nicht von demjenigen des deutschen Durchschnittsverbrauchers unterscheidet. Hierzu setzt sich die Beschwerdeführerin in Widerspruch, wenn sie nunmehr erstmals zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerde auf ein vermeintlich abweichendes belgisches Verbraucherverständnis abstellt. Damit kann sie nicht gehört werden (§ 22 Satz 1 Nr. 2, § 26 Abs. 5 EU-VSchDG, § 559 Abs. 1 in Verbindung mit § 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO).

62(8) Das Beschwerdegericht hat bei seiner nachvollziehbar dargelegten und in der Sache vertretbar begründeten Ermittlung der Verkehrsauffassung auch den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft.

63(a) Entgegen der Rüge der Rechtsbeschwerde hat sich das Beschwerdegericht mit dem bei erheblichen Teilen der Verbraucher vorhandenen und in der öffentlichen Wahrnehmung weiter an Bedeutung gewinnenden Umweltbewusstsein befasst. Dass es insoweit der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung, der Umwelt- und Klimaschutz spiele gerade im Verkehrssektor bis heute nur eine untergeordnete Rolle im Konsumverhalten der Verbraucher, nicht gefolgt ist, stellt keinen Verfahrensfehler dar.

64(b) Die Rechtsbeschwerde rügt außerdem zu Unrecht, das Beschwerdegericht habe den im Laufe des Verwaltungsverfahrens eingefügten Sternchenhinweis, dass der "F.  -Train" nur in ausgewählten Ländern verfügbar sei, übergangen. Sie hat insoweit bereits kein entsprechendes Vorbringen der Beschwerdeführerin benannt, sondern sich insoweit lediglich auf eine Aktenstelle gestützt, in der die Untersagungsentscheidung des Umweltbundesamtes referiert wird. Da das Gericht nicht jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden braucht, sondern sich bei der Abfassung seiner Entscheidungsgründe auf die für den Entscheidungsausgang wesentlichen Aspekte beschränken darf (st. Rspr.; vgl. nur , juris Rn. 12 mwN), ist es auch unerheblich, dass das Beschwerdegericht den Sternchenhinweis, der überdies unmittelbar aus der Anlage zum Tenor der vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Untersagungsentscheidung ersichtlich ist, nicht ausdrücklich in seiner Entscheidung erwähnt hat. Es ist auch weder von der Rechtsbeschwerde nachvollziehbar dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass der durch das Sternchen gekennzeichnete Hinweis, dass der "F.  -Train" nur in bestimmten Ländern verfügbar sei ("*Momenteel alleen beschikbaar in bepaalde landen." beziehungsweise "*Uniquement accessible dans certains pays."), geeignet sein könnte, die vom Beschwerdegericht festgestellte Fehlvorstellung auszuräumen.

65cc) Die Untersagungsanordnung des Umweltbundesamtes betrifft außerdem einen Verstoß gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen, der die Kollektivinteressen von Verbrauchern schädigen kann (Art. 3 Nr. 2 CPC-Verordnung).

66Eine Schädigung der kollektiven Verbraucherinteressen setzt voraus, dass mehrere Verbraucher von der tatsächlichen oder möglichen Schädigung ihrer Interessen betroffen sind (Art. 3 Nr. 14 CPC-Verordnung). Diese Umstände liegen nach den vom Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei getroffenen und damit für den Senat gemäß § 26 Abs. 4 EU-VSchDG bindenden Feststellungen vor. Die irreführenden Angaben wurden auf einer an das belgische Publikum gerichteten Internetseite der Beschwerdeführerin gemacht und konnten daher eine Vielzahl von Verbrauchern in Belgien erreichen. Das Beschwerdegericht hat außerdem festgestellt, dass die beanstandeten Angaben gemäß den belgischen Bestimmungen geeignet waren, die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher an einer informierten, nicht durch unklare Versprechen fehlgeleiteten geschäftlichen Entscheidung zu beeinträchtigen.

67dd) Im Streitfall steht zudem die Schädigung der Kollektivinteressen der belgischen Verbraucher und damit von solchen Verbrauchern in Rede, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat ansässig sind, in dem die Beschwerdeführerin niedergelassen ist.

68c) Das Beschwerdegericht ist ferner mit Recht davon ausgegangen, dass die vom Umweltbundesamt angeordnete Untersagung ermessensfehlerfrei ist.

69aa) Ist die nach den Bestimmungen der CPC-Verordnung zuständige Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 EU-VSchDG, § 40 VwVfG). Gesetzliche Grenzen des Ermessens können sich aus dem zur Ermessensentscheidung ermächtigenden Gesetz selbst, aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben (vgl. BeckOK.VwVfG/Aschke, 66. Edition [], § 40 Rn. 50, 55 und 57; Rn. 58 mwN). Gemäß § 26 Abs. 5, § 20 Abs. 2 EU-VSchDG, § 114 Satz 1 VwGO unterliegt die Einhaltung dieser Anforderungen der Überprüfung durch das Beschwerdegericht.

70bb) Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die vom Umweltbundesamt angeordneten Maßnahmen ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig sind.

71(1) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, das Umweltbundesamt habe dadurch, dass sie die Untersagung selbst angeordnet und nicht stattdessen eine benannte Stelle im Sinne von Art. 7 Abs. 1 CPC-Verordnung eingeschaltet habe, rechtsfehlerhaft ihr Entschließungsermessen nicht ausgeübt.

72(a) Allerdings kann die zuständige Behörde ("anweisende Behörde") nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 CPC-Verordnung gegebenenfalls und in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht eine benannte Stelle anweisen, die erforderlichen Informationen über einen Verstoß nach dieser Verordnung zu sammeln oder die erforderlichen und ihr nach nationalem Recht zur Verfügung stehenden Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, um die Ermittlung oder Untersagung dieses Verstoßes zu bewirken. Gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 2 CPC-Verordnung weist die anweisende Behörde eine benannte Stelle allerdings nur an, wenn nach Abstimmung mit der ersuchenden Behörde oder den anderen von dem Verstoß nach dieser Verordnung betroffenen zuständigen Behörden sowohl die ersuchende Behörde als auch die ersuchte Behörde oder alle betroffenen zuständigen Behörden darin übereinstimmen, dass durch die benannte Stelle die Einholung der erforderlichen Informationen oder die Einstellung oder Untersagung des Verstoßes voraussichtlich in einer mindestens ebenso effizienten und wirksamen Weise bewirkt wird wie im Fall eines Tätigwerdens der anweisenden Behörde.

73In Umsetzung dieser unionsrechtlichen Vorgaben bestimmt § 7 Abs. 1 Satz 1 EU-VSchDG, dass die nach § 2 Nr. 1, 2 oder 2a EU-VSchDG zuständige Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 CPC-Verordnung eine in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 UKlaG oder in § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG genannte Stelle (beauftragter Dritter) nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 beauftragen soll, nach § 2a UKlaG, auch in Verbindung mit § 8 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 UWG, auf das Abstellen dieser Verstöße hinzuwirken.

74(b) Das Beschwerdegericht hat angenommen, das Umweltbundesamt sei nicht verpflichtet gewesen, gemäß Art. 7 CPC-Verordnung und § 7 EU-VSchDG einen Dritten zu beauftragen. Denn über diese Vorschriften werde zwar eine entsprechende Sollvorschrift geschaffen. Art. 10 CPC-Verordnung erlaube es aber der ersuchten Behörde, die Befugnisse selbst wahrzunehmen. Nach der Regelung der Verordnung habe die Behörde alle erforderlichen und verhältnismäßigen Durchsetzungsmaßnahmen zu treffen. Sie könne dem durch Anweisung an eine entsprechende Stelle nachkommen, was aber unter dem Vorbehalt der ersuchenden Behörde stehe (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 CPC-Verordnung). Andererseits sei sie aber durch die zugrunde gelegten Regelungen auch befugt, die Durchsetzungsmaßnahmen selbst durch eine entsprechende Entscheidung zu erlassen. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.

75(c) Die Rechtsbeschwerde lässt bei ihrer Rüge des nicht ausgeübten Ermessens unberücksichtigt, dass die Voraussetzungen, unter denen Art. 7 Abs. 1 CPC-Verordnung der ersuchten Behörde ein Ermessen zur Anweisung an eine benannte Stelle gewährt, im Streitfall nicht vorliegen. Gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 2 CPC-Verordnung weist die ersuchte Behörde eine benannte Stelle nur an, wenn zumindest sie selbst der Ansicht ist, dass durch die benannte Stelle die Untersagung des Verstoßes voraussichtlich in einer mindestens ebenso effizienten und wirksamen Weise bewirkt wird wie im Fall eines Tätigwerdens der anweisenden Behörde.

76Diese Voraussetzung für die Eröffnung einer Ermessensentscheidung lag im Streitfall nicht vor.

77Die Beschwerdegegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung vom ausgeführt, dass nach ihrer Ansicht die Beauftragung eines Wettbewerbs- oder Verbraucherverbands als benannte Stelle gemäß Art. 7 CPC-Verordnung nicht effizienter oder wirksamer gewesen wäre als der Erlass der Untersagungsanordnung durch das Umweltbundesamt selbst. Dass diese Beurteilung von Rechtsfehlern beeinflusst ist, macht die Rechtsbeschwerde - die selbst davon ausgeht, dass eine behördliche Rechtsdurchsetzung erheblich effektiver sei als eine Durchsetzung durch Wirtschafts- oder Verbraucherverbände nach den Regeln der Zivilprozessordnung - nicht geltend.

78(2) Das Beschwerdegericht ist außerdem mit Recht davon ausgegangen, dass das Umweltbundesamt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet hat.

79(a) Gemäß Art. 10 Abs. 2 CPC-Verordnung muss die in Anwendung dieser Verordnung erfolgende Durchführung und Ausübung der Befugnisse nach Art. 9 CPC-Verordnung verhältnismäßig sein und im Einklang mit dem Unionsrecht und dem nationalen Recht, einschließlich der geltenden Verfahrensgarantien und der Grundsätze der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, stehen (Satz 1). Die in Anwendung dieser Verordnung ergriffenen Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen müssen der Art und dem tatsächlichen oder potenziellen Gesamtschaden des Verstoßes gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen angemessen sein (Satz 2). Auch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 CPC-Verordnung fordert die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der ergriffenen Durchsetzungsmaßnahmen, Art. 12 Abs. 1 Satz 2 CPC-Verordnung wiederum verlangt deren Angemessenheit.

80(b) Das Umweltbundesamt hat in der Begründung seiner Entscheidung vom ausgeführt, die getroffene Anordnung entspreche dem Zweck der Ermächtigung, namentlich der Durchsetzung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen. Sie sei erforderlich und angemessen, um die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher in ihrer informierten und nicht durch falsche Versprechen fehlgeleiteten Auswahl des Beförderungsmittels zu schützen. Eine Verpflichtung nach § 6 Abs. 4 EU-VSchDG, nach der die zuständige Behörde den Unternehmer verpflichten kann, seine Zusage zur Einstellung oder eine Abhilfezusage zu erfüllen, habe nicht als milderes Mittel zur Verfügung gestanden, da die von der Beschwerdeführerin unterbreiteten Zusagen nicht ausreichend gewesen seien, die Einstellung aller beanstandeten Verstöße zu bewirken. Auch die Heranziehung anderer in Art. 9 Abs. 4 CPC-Verordnung genannter Durchsetzungsbefugnisse sei nach dem gescheiterten Versuch, weitergehende Zusagen zur Einstellung der Verstöße zu erhalten, nicht in Betracht gekommen. Vorläufige Maßnahmen nach Art. 9 Abs. 4 Buchst. a CPC-Verordnung oder Verbraucherinformationen nach Art. 9 Abs. 4 Buchst. d CPC-Verordnung seien nicht geeignet, die Irreführung der Verbraucher wirksam und dauerhaft zu beenden. Die ergriffenen Durchsetzungsmaßnahmen seien auch der Art und dem tatsächlichen und/oder potenziellen Gesamtschaden der Verstöße gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen angemessen. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass immer mehr Verbraucher ein gesteigertes Interesse an nachhaltigen und umweltfreundlichen Fernverkehrsmitteln hätten und davon auszugehen sei, dass viele dieser Verbraucher bei der Suche nach Fernbusreisen auf die Internetseite der Beschwerdeführerin und die dortigen Umweltversprechen aufmerksam würden. Dies liege nicht zuletzt daran, dass diese nach eigenen Angaben "Europas größtes Fernbusnetz" geschaffen habe und somit über eine führende Marktposition verfüge.

81(c) Das Beschwerdegericht hat diese Beurteilung für rechtsfehlerfrei erachtet. Es hat ausgeführt, die angeordneten Maßnahmen seien erforderlich und angemessen, um die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher und Verbraucherinnen für eine informierte und nicht durch unklare Versprechen fehlgeleitete geschäftliche Entscheidung zu schützen. Ein milderes Mittel habe nicht zur Verfügung gestanden. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsmittels erweise sich nicht als unverhältnismäßig. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

82Es ist weder ersichtlich noch von der Rechtsbeschwerde dargelegt worden, dass das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft mildere gleich geeignete Mittel als die in Rede stehende Untersagungsanordnung unberücksichtigt gelassen oder zu Unrecht Interessen der Beschwerdeführerin nicht in seine Beurteilung aufgenommen oder unzutreffend gewichtet hat. Eine Verletzung von Verfahrensgarantien und der Grundsätze der Charta der Grundrechte der Europäischen Union rügt sie ebenfalls nicht. Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, es hätte spätestens bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden müssen, dass die Angaben auf der Webseite der Beschwerdeführerin zur Umwelt- und Klimafreundlichkeit keineswegs falsch und unwahr gewesen seien, begibt sich sie sich erneut auf das ihr in der Rechtsbeschwerdeinstanz verschlossene Gebiet der Rüge der unrichtigen Anwendung ausländischen Rechts (§ 26 Abs. 5, § 22 Satz 1 Nr. 2 EU-VSchDG, § 576 Abs. 3, § 560 ZPO).

83III. Da eine Auslegung der hier entscheidungserheblichen Bestimmungen der CPC-Verordnung nach ihrem Wortlaut, dem Regelungszusammenhang und den mit ihnen verfolgten Zielen sowie der Entstehungsgeschichte zu einem zweifelsfreien Ergebnis führt und deren Vereinbarkeit mit übergeordnetem Primärrecht der Europäischen Union eindeutig gegeben ist, ist eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht veranlasst (vgl.  283/81, Slg. 1982, 3415 [juris Rn. 21] = NJW 1983, 1257 - Cilfit u.a.; Urteil vom - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 [juris Rn. 43] - Doc Generici; Urteil vom - C-561/19, NJW 2021, 3303 [juris Rn. 32 f.] - Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi, mwN).

84D. Danach ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 27 Satz 2 EU-VSchDG.

Koch                         Löffler                         Schwonke

            Feddersen                      Odörfer

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:200225BIZB26.24.0

Fundstelle(n):
MAAAJ-86171