Instanzenzug: Az: 3 StR 327/24 Beschlussvorgehend LG Wuppertal Az: 26 KLs 18/23nachgehend Az: 3 StR 327/24 Beschluss
Gründe
1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2 1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen betrieb ein Mitangeklagter von Mitte Juni 2023 bis zur Durchsuchung am eine bereits eingerichtete Cannabisplantage für unbekannt gebliebene Hintermänner. Der Angeklagte kam am auf die Plantage, um in der Folgezeit die Überwachung der Plantagentechnik und die Pflege der Pflanzen zu übernehmen. Er sollte von dem Mitangeklagten eingearbeitet werden, verschaffte sich zunächst einen Überblick über Plantage sowie Räumlichkeiten und führte sodann Aufräumarbeiten durch. Im Zeitpunkt der Durchsuchung umfasste die Plantage sechs Räume mit insgesamt 801 Pflanzen mit einer Gesamtwirkstoffmenge von 2.295 Gramm THC. Die Rauschmittel waren ausschließlich zum gewinnbringenden Verkauf bestimmt.
3 2. Während die Feststellungen ohne Rechtsfehler getroffen worden sind, ist der Schuldspruch infolge einer Gesetzesänderung nach Urteilsverkündung zu ändern. Dies zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich.
4 Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift insoweit das Folgende ausgeführt:
„II. Jedoch kann der - zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei ergangene - Schuldspruch keinen Bestand haben. Denn das am in Kraft getretene Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz - KCanG; BGBl. I Nr. 109) führt regelmäßig und auch im vorliegenden Fall dazu, dass nunmehr - auch noch im Revisionsverfahren - dessen Vorschriften anzuwenden sind, soweit sich das Tathandeln auf Cannabis bezieht, § 2 Abs. 3 StGB iVm § 354a StPO (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 142/24 Rn. 5; vom - 5 StR 26/24; vom - 6 StR 73/24; vom - 5 StR 115/24; vom - 5 StR 550/23; vom - 5 StR 44/24; vom - 5 StR 136/24 und 5 StR 570/23; zu Sonderfällen, in denen sich die neue Rechtslage nicht ohne Weiteres als milder iSd § 2 Abs. 3 StGB darstellt s. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 159/24 Rn. 10 ff.; vom - 3 StR 154/24 Rn. 5 und ff.).
1. Bei seiner Entscheidung vor der Rechtsänderung hat das Landgericht die Strafe aus dem Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG geschöpft, der Freiheitsstrafe von einem bis zu 15 Jahren androht. Entgegen den Einwänden der Revision war auf Grundlage der vormaligen Rechtslage die Ablehnung eines minder schweren Falles (§ 29a Abs. 2 BtMG) nicht zu beanstanden, weil die strafmildernden Gesichtspunkte die - gravierenden - straferschwerenden Umstände nicht beträchtlich überwogen haben (vgl. , BeckRS 2015, 6200, Rn. 4). Indes ist die Rechtsfolgenbestimmung nunmehr an § 34 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 KCanG zu messen, der Freiheitsstrafe von lediglich drei Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht und damit milderes Gesetz iSd § 2 Abs. 3 StGB ist.
a) Die Feststellungen (UA S. 5 f., insbes. S. 6 oben, S. 27) weisen die Verwirklichung des Besitztatbestandes gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1c) KCanG aus (vgl. Patzak in ders./Fabricius, BtMG, 11. Aufl. 2024, § 29 Rn. 1004 ff.; zur Anlehnung der Tathandlungen an die Begrifflichkeiten des BtMG und zur Entbehrlichkeit einer Kennzeichnung als ‚verboten‘ s. Rn. 6) - wobei Besitz zum Eigenkonsum nicht in Rede steht. Dabei bezog sich die Tat auf eine nicht geringe Menge iSv § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG und kann ausgeschlossen werden, dass tatrichterlich die Indizwirkung des Regelbeispiels als widerlegt erachtet würde (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 159/24 Rn. 10; vom - 3 StR 154/24 Rn. 5).
b) Demgegenüber tragen die Urteilsfeststellungen noch keine täterschaftliche Beteiligung am Anbautatbestand iSd § 34 Abs. 1 Nr. 2b) KCanG, jedoch eine entsprechende Beihilfe (§ 27 StGB).
aa) Soweit der Angeklagte die vom Mitangeklagten ausgeübte Aufgabe der Pflanzenaufzucht von diesem übernehmen sollte, kam es dazu nicht mehr (UA S. 5). Hierzu wurde auch noch nicht unmittelbar angesetzt (§ 22 StGB), zumal der Versuch nicht strafbewehrt ist, § 34 Abs. 2 KCanG. Dass der Angeklagte bis zur Festnahme Verfügungsgewalt über die Plantage hatte, verwirklicht den Begriff des Anbauens für sich genommen noch nicht (vgl. dazu Weber in ders./Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl. 2021, § 29 Rn. 54 ff.; MüKoStGB/Oğlakcıoğlu, 4. Aufl. 2022, § 29 BtMG Rn. 33). Täterschaftlicher Anbau kann auch nicht dadurch begründet werden, dass dem Angeklagten die Handlungen des Mitangeklagten gemäß § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden (vgl. auch Wienroeder in Franke/Wienroeder, BtMG, 3. Aufl. 2008, § 29 Rn. 8; Weber aaO, § 29 Rn. 76, 78 ff.; Patzak aaO, § 29 Rn. 88 ff.). Denn hierzu müsste der Angeklagte einen konkreten Tatbeitrag gerade in Bezug auf den Anbauvorgang geleistet haben (vgl. Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 25 Rn. 31) und dies nach allgemeinen Kriterien - wie insbesondere dem Grad des eigenen Interesses am Erfolg, dem Umfang der Tatbeteiligung und der Tatherrschaft oder wenigstens dem Willen dazu (s. , juris Rn. 6) - als täterschaftlich begangen zu werten sein (vgl. Wienroeder aaO). Daran fehlt es hier. Dass die erbrachten Aufräumarbeiten (UA S. 5) der Aufzucht der Pflanzen zugute kamen, ist nicht ersichtlich (vgl. zu Hilfen bei Umbaumaßnahmen zur Errichtung einer Aufzuchtanlage , NStZ 2006, 578 f.).
bb) Danach kann lediglich davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte zu dem vom Mitangeklagten bewirkten Anbau Hilfe geleistet hat (§ 27 StGB). Denn die mit der Inbesitznahme der Plantage einhergehende Anwesenheit vor Ort - gemeinsam mit dem Mitangeklagten - trug zum ‚Schutz der Cannabispflanzen vor Zugriff durch andere Personen‘ bei (UA S. 5 unten) und förderte dadurch die vom Mitangeklagten entfalteten Anbaubemühungen (vgl. Fischer aaO, § 27 Rn. 12 f.). Die dadurch erbrachte Beihilfe zum Anbau steht mit dem täterschaftlich verwirklichten Besitz in Tateinheit (vgl. Wienroeder aaO, § 29 Rn. 140; Weber aaO, § 29 Rn. 1406 iVm 1402).
cc) In weiterer Tateinheit tritt die Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis hinzu, § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, §§ 27, 52 StGB.
2. Im Zuge des Günstigkeitsvergleiches ist nicht etwa auf § 30a Abs. 1 bzw. gegebenenfalls Abs. 3 BtMG einerseits und § 34 Abs. 4 Nr. 3 iVm Abs. 1 Nr. 2b), Nr. 4 KCanG andererseits abzustellen (je iVm §§ 27, 49 StGB). Denn eine bandenmäßige Begehungsweise lässt sich den Urteilsfeststellungen noch nicht entnehmen.
a) Der Angeklagte handelte nicht als Mitglied einer Bande. So war seine Tätigkeit für die ‚unbekannt gebliebenen Personen‘ (UA S. 4) von vornherein auf einen bestimmten, begrenzten Zeitraum angelegt (UA S. 30; vgl. dazu , juris Rn. 5; MüKoStGB/Oğlakcıoğlu aaO, § 30 Rn. 37 f.; Maier in Weber/Kornprobst/Maier aaO, § 30 Rn. 43; Patzak aaO, § 30 Rn. 38 f.; Toepel, ZStW 2003, 60, 70). Zudem ist nicht festgestellt, dass sie sich auch auf weitere Pflanzungen hätte erstrecken sollen (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 392/18, NStZ 2019, 416; vom - 3 StR 363/10; Urteil vom - 3 StR 252/96, NStZ 1997, 90 f.). Dies gilt zumal im Hinblick darauf, dass sich alle vorgefundenen Pflanzen - vor dem Hintergrund der mitgeteilten Größenverhältnisse und Wirkstoffgehalte - in einem mehr oder minder einheitlichen Wuchsstadium befunden haben dürften.
b) Auch kann dem Angeklagten keine Beilhilfe zum Bandendelikt (vgl. ) angelastet werden. Denn es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die‚ unbekannt gebliebenen Personen‘ für sich genommen eine Bande im Rechtssinn bildeten, namentlich die erforderliche Mitgliederzahl von drei (unter Ausschluss etwaiger weiterer bandenfremder Tatgenossen) erreichten. Weiterer Aufschluss ist nicht zu erwarten (vgl. UA S. 12 f. zu den insoweit zurückhaltenden Einlassungen der beiden Angeklagten).
3. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung - wie eingangs beantragt - nicht entgegen, da sich der ohnehin geständige Angeklagte nicht wirksamer hätte verteidigen können (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 26/24 Rn. 4; vom - 3 StR 95/18, juris Rn. 8).
III. Aufgrund der erheblich milderen Strafandrohung des § 34 Abs. 3 KCanG unterliegt der Strafausspruch der Aufhebung, ohne dass im Einzelnen auf den Revisionsangriff eingegangen werden müsste. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des nunmehr einschlägigen Strafrahmens eine niedrigere Strafe gegen den Angeklagten verhängt hätte. Dies gilt ungeachtet des - angesichts der großen Cannabismenge - nicht unbeträchtlichen Schuldumfangs, der - unter dem KCanG nicht mehr statthaften - strafmildernden Berücksichtigung der im Vergleich zu anderen Drogen minderen Gefährlichkeit (‚weiche Droge‘; UA S. 30) durch das Landgericht sowie des Umstandes, dass es jedenfalls zuvörderst auf die bereits ausgebildete Wirkstoffmenge abgestellt hat (UA S. 27, 30) und nicht auf die erzielbare (die zumindest in Ansehung der Beihilfe zum Handeltreiben maßgeblich sein könnte, vgl. , NJW 2013, 1318, 1319 f.). Einer Aufhebung der zugehörigen Feststellungen bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO). Soweit die Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten gewertet hat, dass es sich bei Marihuana um eine weiche Droge handele, liegt darin keine Tatsachenfeststellung. Das zur neuen Verhandlung und Entscheidung berufene Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese den bisherigen nicht widerstreiten (vgl. , juris Rn. 15 f.).“
5 Dem schließt sich der Senat an und bemerkt ergänzend: Vor dem Hintergrund, dass es sich um zwei verschiedene Haupttäter handelt, tritt die Beihilfe zum Anbau von Cannabispflanzen nicht hinter die Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis zurück.
Schäfer Berg Hohoff
Anstötz Kreicker
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:090125B3STR327.24.1
Fundstelle(n):
IAAAJ-85841