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BGH Beschluss v. - 3 StR 498/24

Instanzenzug: LG Duisburg Az: 36 KLs 4/23

Gründe

1 Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen, nachdem die Verfolgung in der Hauptverhandlung gemäß § 154a Abs. 1 und 2 StPO auf diese Gesetzesverletzung beschränkt worden war. Gegen den Angeklagten K.         hat die Strafkammer eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Den Angeklagten P.     hat sie mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren belegt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Gegen das Urteil wenden sich die Beschwerdeführer mit der jeweils auf die nicht ausgeführte allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Die Rechtsmittel haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2 Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen vermietete der Angeklagte K.         im Sommer 2021 seiner Ehefrau gehörende Räumlichkeiten in Kenntnis aller Umstände an eine unbekannt gebliebene Person, die dort eine professionelle Cannabis-Indoorplantage einrichtete und von August 2021 bis zum polizeilichen Zugriff am betrieb. Zudem half der Angeklagte K.         bei der erforderlichen Ausstattung der vermieteten Räume. Der Angeklagte P.     war über einen Zeitraum von sieben Wochen gegen das Versprechen eines Entgelts sowie Gewährung von Unterkunft und Verpflegung in der Plantage als Anbauhelfer tätig; ihm oblag es im Wesentlichen, die Cannabispflanzen zu wässern. Bei dem polizeilichen Zugriff wurden 917 Cannabis-Pflanzen sichergestellt, die 8,92 Kilogramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 141 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) enthielten. Bei Erntereife hätten mindestens 22,93 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffanteil von wenigstens 10 Prozent und damit einer Wirkstoffmenge von jedenfalls 2,29 Kilogramm THC gewonnen werden können.

II.

3 Die auf die Sachrügen veranlasste umfassende materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils führt zur Änderung der Schuld- und Aufhebung der Strafaussprüche.

4 1. Die Schuldsprüche haben keinen Bestand, weil das Landgericht die Angeklagten für ihre Tätigkeiten - entsprechend der zum Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage und gemessen an dieser rechtsfehlerfrei - nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt hat. Am ist jedoch das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz - KCanG) vom in Kraft getreten (BGBl. 2024 I Nr. 109). Diese Rechtsänderung hat der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO zu berücksichtigen. Nach der Neuregelung unterfällt Cannabis nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz, sondern bestimmt sich die Strafbarkeit der hier zu beurteilenden Taten nach dem Konsumcannabisgesetz (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 201/24, juris Rn. 5; vom - 5 StR 1/24, juris Rn. 4; vom - 6 StR 24/24, juris Rn. 5; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321).

5 Unter dessen Geltung sind die Taten jeweils als Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, § 27 StGB) zu werten. Soweit in Bezug auf den Angeklagten P.      auch eine Strafbarkeit wegen Anbaus von Cannabispflanzen gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 KCanG in Betracht kommt (vgl. zur Strafbarkeit von Plantagenhelfern BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 278/24, juris Rn. 8; vom - 3 StR 98/24, juris Rn. 9 ff.; vom - 3 StR 201/24, juris Rn. 6 ff.), bleibt die vom Tatgericht vorgenommene Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a StPO beachtlich; sie steht einer Aufnahme weiterer (tateinheitlich) verwirklichter Straftatbestände in einen geänderten Schuldspruch entgegen. Denn der Verfolgungsbeschränkung ist der weiterhin maßgebliche Wille zu entnehmen, die Tat allein unter dem Aspekt der Unterstützung fremden Handeltreibens mit Rauschgift zu ahnden (vgl. , juris Rn. 10).

6 Dass sich die Taten auf Cannabis in nicht geringer Menge bezogen - diese ist auch unter dem Konsumcannabisgesetz bei einer Wirkstoffmenge von 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) erreicht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 154/24, NStZ 2024, 547 Rn. 8; vom - 2 StR 480/23, juris Rn. 27 ff.; vom - 4 StR 5/24, NStZ-RR 2024, 249, 250) -, stellt lediglich ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall dar (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG), der im Schuldspruch nicht zum Ausdruck zu bringen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 481/23, juris Rn. 7; vom - 5 StR 1/24, juris Rn. 5). Auch bei Straftaten nach dem Konsumcannabisgesetz bedarf es keiner Tatkennzeichnung als „unerlaubt“ (oder „verboten“), weil die Strafvorschriften des § 34 KCanG allein den untersagten Umgang mit Cannabis betreffen (vgl. , NStZ-RR 2024, 216; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321, 328).

7 Die neue Rechtslage unter dem Konsumcannabisgesetz ist bei dem nach § 2 Abs. 3 StGB gebotenen konkreten Gesamtvergleich im Einzelfall (st. Rspr.; vgl. , juris Rn. 7; Urteile vom - 3 StR 412/22, NZWiSt 2024, 187 Rn. 70; vom - 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130 Rn. 12 f. mwN; Beschluss vom - 3 StR 363/82, NStZ 1983, 80; Urteil vom - 3 StR 32/64, BGHSt 20, 74, 75; Fischer, StGB, 72. Aufl., § 2 Rn. 9 f.; Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Aufl., § 2 Rn. 28 ff. mwN; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321, 327) für die Angeklagten günstiger als die nach dem Tatzeitrecht (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG); sie ist daher gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO maßgeblich.

8 Der Senat ändert die Schuldsprüche deshalb in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO wie aus der Beschlussformel ersichtlich. Die Regelung des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die umfassend geständigen Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.

9 2. Die Strafaussprüche bedürfen der Aufhebung, weil die in Betracht kommenden Strafrahmen nach dem Konsumcannabisgesetz erheblich milder sind als die von der Strafkammer in Anwendung gebrachten nach dem Betäubungsmittelgesetz. Es ist ungeachtet des - angesichts der großen potentiell mit der Plantage erlangten Cannabismenge - jeweils beachtlichen Schuldumfangs und der - unter dem Konsumcannabisgesetz nicht mehr statthaften (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 154/24, NStZ 2024, 547 Rn. 10; vom - 6 StR 116/24, NStZ-RR 2024, 215, 216; vom - 6 StR 132/24, juris Rn. 5) - strafmildernden Berücksichtigung der im Vergleich zu anderen Drogen minderen Gefährlichkeit von Cannabis („weiche Droge“) durch das Landgericht nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des einschlägigen Strafrahmens des Konsumcannabisgesetzes niedrigere Strafen gegen die Angeklagten verhängt hätte (§ 337 Abs. 1 StPO). Die Strafen sind daher neu zu bemessen.

10 Einer Aufhebung der zugehörigen Feststellungen bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO). Soweit die Strafkammer zu Gunsten der Angeklagten gewertet hat, dass es sich bei Marihuana um eine weiche Droge handele, liegt darin eine bloße Wertung und keine Tatsachenfeststellung. Das zur neuen Verhandlung und Entscheidung berufene Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese den bisherigen nicht widerstreiten.

11 3. Eine Erstreckung der Entscheidung auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten gemäß § 357 Satz 1 StPO kommt nicht in Betracht. Denn zum einen sind sie nicht wegen derselben Tat verurteilt worden (vgl. zu diesem Erstreckungserfordernis Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 357 Rn. 13), zum anderen beruhen die Schuldspruchänderungen und Aufhebungen der Strafaussprüche allein auf dem Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes nach Erlass des angefochtenen Urteils, nicht auf einer Gesetzesverletzung durch das Tatgericht (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 6 StR 257/24, juris Rn. 9; vom - 4 StR 111/24, juris Rn. 8; vom - 1 StR 111/24, juris Rn. 13; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 357 Rn. 9).

Schäfer                         Paul                         Berg

                 Erbguth                   Kreicker

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:070125B3STR498.24.0

Fundstelle(n):
LAAAJ-85772