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BVerwG Beschluss v. - 1 B 36/24

Kein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG durch Ausschluss der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Tatsachenrevision nach § 78 Abs. 8 AsylG

Leitsatz

Ein Verstoß gegen § 78 Abs. 8 Satz 1 AsylG kann auch im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht entgegen der eindeutigen Regelung in § 78 Abs. 8 Satz 2 AsylG als Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügt werden.

Gesetze: § 78 Abs 8 S 1 AsylG, § 78 Abs 8 S 2 AsylG, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, Art 19 Abs 4 S 1 GG

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: 11 A 1460/23.A Urteilvorgehend Az: 20 K 792/23.A

Gründe

1Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und eines Verfahrensmangels (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

21. Soweit die Beschwerde ausführt,

"Es mag sich die Frage stellen, ob die Zulassung einer Tatsachenfrage i. S. d. § 78 Abs. 8 AsylG auch i[m] Beschwerdewege[] für den Antragsteller einklagbar sein muss",

lässt sich dem bereits die Geltendmachung eines Zulassungsgrundes im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht hinreichend deutlich entnehmen. Insoweit fehlt es zudem an einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Begründung, etwa im Hinblick auf eine vermeintliche Grundsatzbedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

32. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Soweit der Kläger sinngemäß geltend macht, die unterbliebene Zulassung der Revision durch das Oberverwaltungsgericht verstoße - jedenfalls bei der gebotenen verfassungskonformen Rechtsanwendung - gegen § 78 Abs. 8 Satz 1 AsylG, kann darauf nach § 78 Abs. 8 Satz 2 AsylG eine Nichtzulassungsbeschwerde - auch im Hinblick auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO - von vornherein nicht gestützt werden. Dieses Verständnis ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 78 Abs. 8 Satz 2 AsylG und aus der gesetzgeberischen Zielsetzung, eine anderenfalls drohende zusätzliche Belastung des Bundesverwaltungsgerichts zu verhindern und diesem eine Konzentration auf Tatsachenfragen von fallübergreifender Bedeutung zu ermöglichen (BT-Drs. 20/4327 S. 43). Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG steht dem nicht entgegen.

4Das in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Gebot effektiven Rechtsschutzes gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges. Zwar darf - hat der Gesetzgeber mehrere Instanzen geschaffen - der Zugang zu ihnen durch die gerichtliche Anwendung und Auslegung des einschlägigen Prozessrechts nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. - BVerfGE 134, 106 Rn. 34 m. w. N.). Art. 19 Abs. 4 GG verlangt indes gerade nicht, dass den Verfahrensbeteiligten von Verfassungs wegen stets die Möglichkeit eröffnet sein müsste, eine - vermeintliche - Verletzung des genannten Verbots der unzumutbaren Erschwerung des Zugangs zu Rechtsmitteln mit einem Rechtsbehelf geltend machen zu können, zumal dies jedenfalls mit der Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann. Aus Art. 19 Abs. 4 GG lässt sich daher nicht herleiten, dass ein Verstoß gegen § 78 Abs. 8 Satz 1 AsylG entgegen der eindeutigen Regelung in § 78 Abs. 8 Satz 2 AsylG als Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügt werden könnte.

53. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert folgt aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:111224B1B36.24.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-85612