Instanzenzug: Az: VI-3 Kart 738/18 (V)
Gründe
1 I. Mit Beschluss vom hat die Bundesnetzagentur den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor (nachfolgend: Produktivitätsfaktor) für Betreiber von Gasversorgungsnetzen gemäß § 9 Abs. 3 ARegV für die dritte Regulierungsperiode auf 0,49 % festgelegt (nachfolgend: Festlegung Gas). Die Betroffene, die ein Gasversorgungsnetz betreibt, hat - wie auch zahlreiche weitere Netzbetreiber - die Festlegung mit der Beschwerde angegriffen. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zurückgewiesen; die Rechtsbeschwerde hat es nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Betroffene mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
2 II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, weil ihre Begründung den Anforderungen von § 87 Abs. 4 Satz 1, § 78 Abs. 4 Nr. 1 EnWG (nunmehr § 78 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EnWG) nicht genügt.
3 1. Für die Nichtzulassungsbeschwerde im energiewirtschaftlichen Verwaltungsverfahren gelten dieselben Maßstäbe wie im kartellrechtlichen Verwaltungsverfahren und im Zivilprozess. Die gerichtliche Prüfung ist daher auf die geltend gemachten Zulassungsgründe beschränkt, und diese müssen in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde konkret dargelegt werden (, RdE 2023, 282 Rn. 6 mwN).
4 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde stützt sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG. Sie macht geltend, dass die normativen Anforderungen des § 9 Abs. 3 Satz 1 ARegV und die daraus abzuleitenden Maßstäbe nicht hinreichend geklärt seien, weil die gebotene Herausarbeitung der qualitativen Mindeststandards, die nach den aktuellen Erkenntnissen der Ökonomie etwa an die Wahl der Datengrundlage (Stützintervall), an die Umrechnung von Preis- in Mengengrößen (Deflationierung) oder die Berechnung des Malmquist-Index zu stellen seien, in den bisherigen Beschwerdeverfahren ausgeblieben sei. Eine Aufklärung des Standes der Wissenschaft im Zusammenhang mit den einzelnen bei der Ermittlung des Produktivitätsfaktors getroffenen Entscheidungen zu Daten und Methoden sei erforderlich. Damit legt sie eine Grundsatzbedeutung indes nicht dar.
5 a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des Bundesgerichtshofs erforderlich machen (, RdE 2022, 291 Rn. 7; BGH, RdE 2023, 282, juris Rn. 8 mwN). Um dies ordnungsgemäß darzutun, ist es grundsätzlich erforderlich, die durch die angefochtene Entscheidung aufgeworfene Rechtsfrage konkret zu benennen sowie ihre Klärungsbedürftigkeit und Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen im Einzelnen aufzuzeigen beziehungsweise die Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit und das sich daraus ergebende Bedürfnis für ein korrigierendes Eingreifen des Bundesgerichtshofs darzustellen. In Bezug auf die aufgeworfene Rechtsfrage sind insbesondere auch Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite diese umstritten ist (, BGHZ 159, 135, 137 f. [juris Rn. 7]; Johanns/Roesen in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 87 Rn. 8 f. mwN).
6 b) Gemessen hieran ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt. Welche abstrakt klärungsbedürftige Rechtsfrage durch die Rechtssache aufgeworfen wird, führt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht aus. Bei der Behauptung der Erforderlichkeit weiterer Aufklärungsmaßnahmen handelt es sich nicht um eine abstrakt klärungsbedürftige Rechtsfrage (vgl. , juris Rn. 11). Der Bundesgerichtshof hat die für die Ermittlung des Produktivitätsfaktors gemäß § 9 Abs. 1 und 3 ARegV geltenden Maßstäbe bereits geklärt, auch in Bezug auf die Deflationierung, das herangezogene Stützintervall, die Berechnung der Abschreibungen und den bei der Ermittlung der netzwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung herangezogenen jährlich aktualisierten Zins für das eingesetzte Fremdkapital bei der Törnqvist-Methode sowie den Malmquist-Index, insbesondere in der Festlegung Gas (BGH, Beschlüsse vom - EnVR 7/20, BGHZ 228, 286 Rn. 14 bis 28, 52, 77 bis 125 - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor I; vom - EnVR 17/20, WM 2023, 528 Rn. 18, 21 bis 36, 41 bis 47 - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor II). Das Beschwerdegericht hat sich dem angeschlossen. Nach diesen Maßstäben waren weitere Ermittlungen oder Aufklärungsmaßnahmen nicht erforderlich. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt letztlich lediglich die Fehlerhaftigkeit der genannten Senatsentscheidungen und der darauf beruhenden Beschwerdeentscheidung. Sie meint, auf der Grundlage des von ihr für richtig gehaltenen Prüfungsmaßstabs habe eine weitere Aufklärung stattfinden müssen. Damit ist indes ein Zulassungsgrund nicht aufgezeigt.
7 c) Im Übrigen wäre die Nichtzulassungsbeschwerde auch unbegründet. Es liegt kein Grund vor, nach dem die Rechtsbeschwerde gemäß § 86 Abs. 2 EnWG zuzulassen wäre.
8 3. Mit Schriftsatz vom konnte die Betroffene keine weiteren Zulassungsgründe geltend machen. Die Begründungsfrist für die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 87 Abs. 3 EnWG war zum Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes bereits abgelaufen. Ein Nachschieben von Zulassungsgründen ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig (, juris Rn. 15 mwN; Johanns/Roesen in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 87 EnWG Rn. 8; van Rossum in BeckOK EnWG, Stand , § 87 Rn. 8). Im Übrigen ist weder geltend gemacht noch ersichtlich, dass eine etwaige Änderung der individuellen Effizienzwerte der Betreiber von Gasverteilernetzen Auswirkungen auf den nach der Malmquist-Methode ermittelten Produktivitätsfaktor haben und dies zudem im vorliegenden Verfahren berücksichtigt werden könnte (vgl. , WM 2024, 1864 Rn. 119).
9 III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG; die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.
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Holzinger Kochendörfer
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:140125BENVZ46.23.0
Fundstelle(n):
WAAAJ-85404