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BSG Beschluss v. - B 9 SB 39/24 B

Gründe

1I. Die 2009 geborene Klägerin, die an einem adrenogenitalen Syndrom mit Salzverlust leidet, begehrt in der Hauptsache noch die Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens H.

2Klage und Berufung gegen die sowohl eine Anhebung des zuletzt 2010 bestandskräftig festgestellten Grads der Behinderung (GdB) von 30 als auch die Feststellung von Merkzeichen ablehnenden Verwaltungsentscheidungen des Beklagten sind erfolglos geblieben (; ).

3Gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt und ausschließlich mit einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet.

4II. Werden - wie hier - mehrere eigenständige Streitgegenstände im Sinne einer objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) geltend gemacht, erfordert die Zulassung der Revision die formgerechte Darlegung von Zulassungsgründen für jeden prozessualen Anspruch (vgl - juris RdNr 5 mwN). Da sich die Beschwerdebegründung auf die Feststellung des Merkzeichens H beschränkt, bezüglich der Entscheidung über die Höhe des GdB aber keinen Revisionszulassungsgrund geltend macht, geht der Senat davon aus, dass sich die Nichtzulassungsbeschwerde lediglich auf die Entscheidung des LSG über das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens bezieht. Hinsichtlich der Höhe des GdB ist das Urteil des LSG damit bereits nach Ablauf der Beschwerdefrist rechtskräftig geworden.

5Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig.

61. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form. Die Klägerin hat den von ihr allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht in der danach vorgeschriebenen Weise dargelegt.

7Eine Rechtssache hat nur grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie ggf des Schrifttums angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um dieser Darlegungspflicht zu genügen, muss er eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB - juris RdNr 6; - juris RdNr 4). Diese Darlegungsanforderungen verfehlt die Beschwerde.

8Die Beschwerde misst den Fragen grundsätzliche Bedeutung bei, "ob bei anderen Gesundheitsstörungen als Diabetes mellitus im Wege einer Analogie auch auf Teil A Nr 5 Buchst d Doppelbuchst jj VMG zurückgegriffen werden kann", und "ob aus Gründen der Gleichbehandlung nicht sogar bei der Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit jedenfalls dann ein Rückgriff rechtlich geboten ist, wenn bei der Frage des GdB entsprechend der Regelung des VG, Teil B, Nr. 1 Buchst. b eine Analogie gebildet wurde".

9Die Klägerin zeigt indes weder die Klärungsbedürftigkeit noch die Klärungsfähigkeit dieser Fragen in der für eine Grundsatzrüge gebotenen Weise auf.

10a) Eine Rechtsfrage ist dann nicht (mehr) klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Letzteres ist auch dann der Fall, wenn das Revisionsgericht darüber zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr; zB - juris RdNr 9; - juris RdNr 9). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung vorliegt oder durch die schon ergangenen Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet ist (vgl - juris RdNr 7 mwN).

11Die Beschwerdebegründung unterlässt indes jegliche Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens H. Sie geht auch weder auf die maßgebende Definition der Hilflosigkeit in § 33b Abs 3 Satz 4 EStG noch auf die diesbezüglichen Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG) ein. Daher zeigt sie auch nicht auf, inwieweit die für einen Analogieschluss erforderliche Regelungslücke angesichts der detaillierten allgemeinen Regelungen in Teil A Nr 4 VMG und der in Teil A Nr 5 VMG normierten "Besonderheiten der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen" sowie insbesondere angesichts des Charakters der in Teil A Nr 5 Buchst d VMG enthaltenen Einzelfälle als bloße Regelbeispiele überhaupt denkbar ist.

12b) Darüber hinaus hat es die Klägerin aber auch versäumt, die Klärungsfähigkeit und damit die Entscheidungserheblichkeit der von ihr aufgeworfenen Fragen in dem von ihr angestrebten Revisionsverfahren darzulegen. Insofern lässt die Beschwerdebegründung bereits die tatsächlichen Feststellungen des LSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen hätte (§ 163 SGG), nicht ausreichend erkennen. Sie zeigt insbesondere nicht auf, dass das LSG von der Vergleichbarkeit der bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen mit denjenigen ausgegangen ist, die bei einer gleichaltrigen Diabetikerin zu erwarten wären (dazu schon - juris RdNr 9). Dazu heißt es in der Beschwerdebegründung lediglich, das LSG habe diese "jedenfalls nicht ausdrücklich verneint", sondern sei davon ausgegangen, dass "möglicherweise eine Vergleichbarkeit bei den Beeinträchtigungen in der Lebensführung aufgrund zweier unterschiedlicher Erkrankungen vorhanden ist". Dies bedeute indes "nicht, daß auch die notwendige Hilfebedürftigkeit gleich zu beurteilen wäre".

132. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

143. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

154. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:210125BB9SB3924B0

Fundstelle(n):
WAAAJ-85281