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BGH Urteil v. - VIa ZR 751/22

Instanzenzug: Az: 16a U 337/19vorgehend Az: 20 O 165/19

Tatbestand

1Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

2Sie kaufte im Januar 2015 bei einem Dritten einen gebrauchten Mercedes-Benz E 250 CDI, der mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 (Schadstoffklasse Euro 5) ausgestattet ist.

3Die Klägerin verlangt von der Beklagten, sie im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als habe sie den Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Sie hat zuletzt Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Deliktszinsen (Berufungsantrag zu 1), Feststellung des Annahmeverzugs (Berufungsantrag zu 2) sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Sie hat außerdem die Feststellung begehrt, dass der Rechtsstreit sich in Höhe von 1.172,93 € erledigt hat. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer insoweit vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Berufungsanträge - mit Ausnahme der ursprünglich mit dem Berufungsantrag zu 1 begehrten Deliktszinsen - weiter.

Gründe

4Die Revision der Klägerin hat Erfolg.

I.

5Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen wie folgt begründet:

6Ein Anspruch gemäß §§ 826, 31 BGB bestehe nicht, da es bei einer - unterstellten - Abschalteinrichtung, die im Grundsatz auf dem Prüfstand und im realen Fahrbetrieb in gleicher Weise funktioniere, an tatsächlichen Anhaltspunkten für sittenwidriges Verhalten der Beklagten fehle. Weder das Vorbringen der Klägerin zum Thermofenster noch zur Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung rechtfertigten den Vorwurf der Sittenwidrigkeit. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV sei gleichfalls nicht gegeben, da die Vorschriften der EG-FGV nicht den Schutz der Vermögensinteressen von Fahrzeugerwerbern bezweckten.

II.

7Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

81. Es begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwände.

92. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl.  VIa ZR 335/21, Rn. 29 bis 32).

10Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl.  VIa ZR 335/21, Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass der Klägerin nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso , WM 2023, 1839 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom - VII ZR 412/21, juris Rn. 20).

III.

11Der angefochtene Beschluss ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO, weil er sich insoweit nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der Senat kann im Umfang der Aufhebung nicht in der Sache selbst entscheiden, weil diese nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

12die erforderlichen

C. Fischer                    Möhring                    Vogt-Beheim

                 Messing                   F. Schmidt

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:040225UVIAZR751.22.0

Fundstelle(n):
UAAAJ-85127