Instanzenzug: LG Erfurt Az: 4 KLs 910 Js 8552/19
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Erfurt vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und fünf Monaten verurteilt. Ferner hat es zur Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung drei Monate der Strafe für vollstreckt erklärt und die im einbezogenen Urteil angeordnete Kompensation von einem weiteren Monat aufrechterhalten. Gegen dieses Urteil richtet sich die mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
21. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende revisionsrechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch, zu der auf Grund der abgeurteilten Tat verhängten Freiheitsstrafe sowie zur Kompensationsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
32. Der Gesamtstrafenausspruch hält hingegen sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand; auf die insoweit erhobene Verfahrensrüge, die sich allein auf den Ausspruch über die Gesamtstrafe bezieht, kommt es nicht an.
4Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift u.a. ausgeführt:
„a) Die Strafkammer […] geht zutreffend davon aus, dass die Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Erfurt vom nicht gemäß § 55 Abs. 1 StGB in die Gesamtstrafe einzubeziehen war, weil die durch ihn verhängte Strafe gemäß Art. 316p EGStGB in Verbindung mit Art. 313 Abs. 1 EGStGB erlassen ist. Der Strafbefehl bezieht sich auf den Besitz von 0,32 Gramm Marihuana. Das ist nach der mit dem Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl. I Nr. 109) geschaffenen Rechtslage seit dem (§ 34 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 1 KCanG) nicht mehr strafbar oder mit Geldbuße bedroht gemäß Art. 313 Abs. 1 Satz 1 EGStGB.
Ist eine Strafe nach Art. 316p EGStGB in Verbindung mit Art. 313 Abs. 1 EGStGB erlassen worden, kommt eine Einbeziehung der Strafe in eine nachträgliche Gesamtstrafe nicht in Betracht (vgl. ; Beschluss vom – 3 StR 177/24, Rn. 9 ff.).
b) Der Straferlass hat jedoch entgegen der Ansicht der Strafkammer […] und nach richtiger Auffassung des Beschwerdeführers […] zur Folge, dass der Strafbefehl des Amtsgerichts Erfurt vom auch keine Zäsurwirkung entfaltet.
Der Angeklagte beging die neu abgeurteilte Tat in der Nacht vom 23. auf den . Seither sind der Strafbefehl des Amtsgerichts Erfurt vom und die Urteile des Landgerichts Erfurt vom und vom gegen ihn ergangen. Folgen der Beendigung der neu abgeurteilten Tat mehrere Verurteilungen des Täters nach, ist bei der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe von der frühesten nicht erledigten Verurteilung auszugehen. Dieser Verurteilung kommt regelmäßig eine Zäsurwirkung zu (vgl. , Rn. 13 m. w. N.). Bei einer Erledigung der Strafe entfällt die mit der Vorverurteilung verbundene Zäsur (vgl. , Rn. 5 m. w. N.). Es kommt deshalb in Folge des Erlasses der Strafe aus dem Strafbefehl nicht mehr darauf an, dass der Angeklagte sowohl die abgeurteilte Tat als auch die dem ersten Urteil zu Grunde liegenden Taten vor dem Strafbefehl begangen hat und die dem zweiten Urteil zu Grunde liegende Tat danach. Ohne die Zäsurwirkung des Strafbefehls sind die Urteile untereinander gesamtstrafenfähig und die Strafkammer hätte eine Gesamtstrafe aus der Strafe für die neu abgeurteilte Tat und den Strafen für alle Taten aus den beiden Urteilen bilden müssen.
Dass die Strafkammer lediglich die Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Erfurt vom und nicht auch die Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Erfurt vom in die Gesamtstrafe einbezogen hat, ist mithin fehlerhaft. […].“
5Dem tritt der Senat bei und merkt an, dass sich die Urteilsgründe auch zum Vollstreckungsstand der weiteren durch das Amtsgericht Sömmerda am festgesetzten Geldstrafe nicht verhalten.
63. Der Rechtsfehler zwingt nicht zur Zurückverweisung der Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO. Vielmehr kann die neu zu treffende Gesamtstrafenentscheidung gemäß § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO dem nachträglichen Beschlussverfahren nach den §§ 460, 462 StPO überlassen werden.
Menges Zeng Meyberg
Grube Schmidt
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:191224B2STR534.24.0
Fundstelle(n):
XAAAJ-84248