Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/30 KLs 13/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Amphetamin und Marihuana) in nicht geringer Menge unter Einbeziehung einer Strafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
21. Der Schuldspruch ist an die Änderungen durch das am in Kraft getretene Konsumcannabisgesetz (KCanG) anzupassen, auf das gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der revisionsgerichtlichen Kontrolle abzustellen ist.
3Das Konsumcannabisgesetz erweist sich bei der nach § 2 Abs. 3 StGB gebotenen konkreten Betrachtung als das mildere Gesetz. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts handelte der Angeklagte sowohl mit Amphetamin als auch mit Marihuana. Bei Marihuana handelt es sich um ein Produkt der Cannabispflanze, das nach den Begriffsbestimmungen des KCanG als „Cannabis“ erfasst wird (§ 1 Nr. 4 und 8 KCanG). Das vom Landgericht abgeurteilte Handeltreiben des Angeklagten mit Marihuana ist nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbewehrt. Dieser sieht – anders als der vom Landgericht angewandte § 29a Abs. 1 BtMG – nicht mehr eine erhöhte Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe, sondern Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor. Auch mit Rücksicht darauf, dass der Gesetzgeber in § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG das Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge als Regelbeispiel eines besonders schweren Falls mit einem Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren ausgestaltet hat, erweist sich das Konsumcannabisgesetz hier als das mildere Gesetz. Zwar tritt nunmehr eine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Cannabis zur Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tateinheitlich hinzu. Jedoch lässt die Herausnahme des tatgegenständlichen Marihuanas aus der Strafbarkeit nach dem Betäubungsmittelgesetz und die gesonderte Erfassung des Handeltreibens mit Cannabis durch eine tateinheitliche Verurteilung aufgrund des geringeren Schuldgehalts von Taten nach dem Konsumcannabisgesetz grundsätzlich Raum für eine mildere Bestrafung (vgl. , Rn. 11).
4Der Senat ergänzt entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch um die tateinheitliche Verwirklichung des Tatbestands des Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG. Der Schuldspruchänderung steht § 265 Abs. 1 StPO nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
52. Einer Aufhebung des Strafausspruchs bedarf es nicht. Das Landgericht hat die verhängte Strafe dem nach § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB weiter maßgeblichen Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen, einen minder schweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG abgelehnt und dabei sowie bei der konkreten Strafzumessung u.a. berücksichtigt, dass die „(teilweise) Entkriminalisierung [von Marihuana] absehbar ist“ und die Handelsmenge des Amphetamins den Grenzwert der nicht geringen Menge „deutlich“ – um das Siebeneinhalbfache – überschritten hat. Hinsichtlich des Handeltreibens mit Cannabis ist das Regelbeispiel des § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG verwirklicht und damit der gegenüber dem Grundtatbestand des § 34 Abs. 1 KCanG höhere Strafrahmen des § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG in die Gesamtwürdigung einzustellen. Anhaltspunkte, die für ein Entfallen der Regelwirkung sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Senat kann daher ausschließen, dass das Landgericht bei Berücksichtigung der gesetzlichen Neuregelung eine für den Angeklagten günstigere Strafe verhängt hätte (vgl. , Rn. 7).
63. Der geringe Teilerfolg lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den gesamten Kosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Menges Zeng Meyberg
Grube Schmidt
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:081024B2STR366.24.0
Fundstelle(n):
NAAAJ-84247