Leitsatz
1. Ein Ersatzgegenstand, den der Alleinerbe bei einer zwischen Annahme der Erbschaft und Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommenen Veräußerung eines zum Nachlass gehörenden Gegenstands erwirbt, tritt nicht im Wege der dinglichen Surrogation an die Stelle des Nachlassgegenstands.
2. Ein aus der Veräußerung eines Nachlassgegenstands erlangter Erlös ist dem Nachlass und damit der Nachlassinsolvenzmasse jedenfalls dann zuzurechnen, wenn der Alleinerbe den Erlös dergestalt strikt von seinem Eigenvermögen trennt, dass dieser damit einem Sondervermögen gleichsteht, und das Rechtsgeschäft nach den objektiven Umständen erkennbar der Verwaltung des Nachlasses dient.
Gesetze: § 1978 BGB, § 1980 BGB, § 2041 BGB, § 315 InsO, §§ 315ff InsO
Instanzenzug: OLG Bamberg Az: 3 U 261/22vorgehend LG Aschaffenburg Az: 61 O 125/21
Tatbestand
1Der Beklagte ist Verwalter in dem auf Antrag der Klägerin am eröffneten Insolvenzverfahren über den Nachlass des am verstorbenen K. (im Folgenden: Erblasser). Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Erlös aus dem Verkauf einer zum Nachlass gehörenden Immobilie nicht Bestandteil der Insolvenzmasse geworden ist und Verfügungen der Klägerin über den Erlös nicht der Insolvenzanfechtung unterliegen.
2Der Erblasser war verheiratet; aus der Ehe ging neben der Klägerin ein Sohn hervor. Die Klägerin ist aufgrund eigenhändigen gemeinschaftlichen Testaments ihrer Eltern Alleinerbin des Erblassers. Die Mutter der Klägerin verzichtete in einer privatschriftlichen Erklärung auf ihre Pflichtteilsansprüche. In einem gerichtlichen Vergleich vom verpflichtete sich die Klägerin, an ihren Bruder einen Betrag von 90.000 € zur Abgeltung von etwaigen erbrechtlichen Ansprüchen am dereinstigen Nachlass der Mutter zu bezahlen.
3Mit notariellem Kaufvertrag vom veräußerte die Klägerin die zum Nachlass gehörende Immobilie zum Kaufpreis von 480.000 € an einen Dritten. Vom Kaufpreis wurde ein Teilbetrag in Höhe von 90.000 € unmittelbar an den Bruder der Klägerin ausgezahlt. Ein weiterer Teilbetrag in Höhe von 132.320,99 € wurde zur Ablösung einer im Grundbuch der veräußerten Immobilie eingetragenen Grundschuld verwendet. Der verbleibende Restbetrag in Höhe von 257.679,01 € wurde auf ein Anderkonto der Rechtsanwälte O. ausgezahlt, die zuvor sowohl für den Erblasser als auch für die Klägerin in diversen Rechtsstreitigkeiten tätig waren. Ein eigenes Konto besaß die in Vermögensverfall geratene Klägerin zum damaligen Zeitpunkt nicht. Der Veräußerungserlös wurde in der Folgezeit bis zum unter anderem zur Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten und von eigenen Verbindlichkeiten von der Klägerin vollständig verbraucht.
4Mit einer im Dezember 2019 erhobenen Stufenklage nahm die Mutter der Klägerin, vertreten durch ihren gesetzlichen Betreuer, die Klägerin auf Zahlung des Pflichtteils nach dem Erbfall des Erblassers in Anspruch. Außerdem verlangte die Mutter der Klägerin mit einer im Jahr 2020 erhobenen Stufenklage die Zahlung von Zugewinnausgleich. Daraufhin beantragte die Klägerin am die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass.
5Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass forderte der Beklagte die Klägerin auf, den auf dem Anderkonto der Rechtsanwälte O. eingegangenen Veräußerungserlös in Höhe von 257.679,01 € auf das von ihm eingerichtete Insolvenzanderkonto zu überweisen. Außerdem forderte er verschiedene Gläubiger der Klägerin auf, von dem Anderkonto auf Veranlassung der Klägerin erhaltene Beträge zum Nachlass zurückzuzahlen. Im Januar 2023 wurden Forderungen zur Tabelle in Höhe von 219.284,08 € festgestellt, darunter Zugewinnausgleichsansprüche der Mutter der Klägerin über 123.853,11 € und 86.922,50 €.
6Die Klägerin ist der Auffassung, der Erlös aus dem noch vor Insolvenzeröffnung vorgenommenen Verkauf der Immobilie sei Teil ihres Eigenvermögens geworden, über das sie frei habe verfügen können. Mit ihrer Klage begehrt sie - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - die Feststellung, dass der Veräußerungserlös nicht Bestandteil des Nachlasses geworden ist und Verfügungen der Klägerin über den Erlös damit auch nicht der Insolvenzanfechtung unterliegen.
7Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.
Gründe
8Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
9Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Zurückweisung des Feststellungsantrags ausgeführt, der vom Beklagten außergerichtlich gegen die Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Auskehr des Veräußerungserlöses an die Masse bestehe, weil der durch die Veräußerung der zum Nachlass gehörenden Immobilie erzielte Erlös der Insolvenzmasse zugeflossen sei. Zum Schutz der Nachlassgläubiger sei die Vorschrift des § 2041 BGB bei Veräußerung von Nachlassgegenständen durch einen Alleinerben analog anwendbar. Die analoge Anwendung des § 2041 BGB habe zur Folge, dass der Veräußerungserlös unmittelbar in die Insolvenzmasse falle. Verfügungen des Erben über das Surrogat unterlägen deshalb der insolvenzrechtlichen Anfechtung. Andernfalls blieben Verfügungen des Erben über das Surrogat in Kenntnis der Insolvenzreife des Nachlasses sanktionslos; jede Anfechtungsmöglichkeit gegen Dritte wäre abgeschnitten. Den Nachlassgläubigern stünde allein das Vermögen des Erben als Haftungsmasse zur Verfügung. Habe der Erbe (wie hier) das geerbte Vermögen verbraucht und verfüge auch sonst über kein Vermögen, liefen die Ansprüche der Nachlassgläubiger ins Leere.
10Selbst wenn eine dingliche Surrogation abzulehnen wäre, sei unter Berücksichtigung der Interessen der Nachlassgläubiger der Begriff des Nachlasses nicht statisch auf das Vermögen des Erblassers im Zeitpunkt des Erbfalls zu verstehen. Unter den Begriff des Nachlasses falle alles, was der Alleinerbe kraft Erbfolge vom Erblasser erlangt habe und was daraus geworden sei. Jedenfalls fielen all diejenigen Vermögenswerte in den Nachlass (und in der Konsequenz: in die Insolvenzmasse), die der Alleinerbe durch ein Rechtsgeschäft erlangt habe, welches er wirtschaftlich betrachtet und nach seinem Willen zur Verwaltung des Nachlasses abgeschlossen habe. Ein solches Rechtsgeschäft gelte als für den Nachlass abgeschlossen, selbst wenn dies für den Vertragspartner nicht erkennbar sei. Die Klägerin habe - entgegen ihrer Behauptung - bei der Veräußerung der Immobilie für den Nachlass gehandelt, wie sich anhand äußerer Umstände feststellen lasse.
II.
11Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung im Ergebnis stand. Der Feststellungsantrag der Klägerin hat keinen Erfolg, weil der Erlös aus der Veräußerung des Grundstücks zur Insolvenzmasse gehört. Bezüglich des Antrags auf Feststellung, dass Verfügungen der Klägerin über den Erlös aus dem Verkauf der Immobilie nicht der Insolvenzanfechtung unterliegen, fehlt es an einem Feststellungsinteresse der Klägerin.
121. Die Insolvenzmasse im Nachlassinsolvenzverfahren bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 35 ff InsO, die mangels einer entsprechenden Sondervorschrift in den §§ 315 ff InsO ergänzend heranzuziehen sind (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 229; Schmidt/Schmidt, InsO, 20. Aufl., vor § 315 Rn. 14). Die §§ 35 ff InsO bauen im Nachlassinsolvenzverfahren auf den vorrangig zu berücksichtigenden Regeln des allgemeinen Vermögensrechts sowie des Erbrechts in einem engeren Sinne auf (vgl. Jaeger/Windel, InsO, § 315 Rn. 87; FK-InsO/Schallenberg/Rafiqpoor, 10. Aufl., vor § 315 ff Rn. 18, 21).
13a) Das Insolvenzverfahren erfasst das gesamte Vermögen, das zur Zeit der Verfahrenseröffnung zum Nachlass gehört. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung der Nachlassinsolvenzmasse ist der Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Schmidt/Schmidt, InsO, 20. Aufl., vor § 315 Rn. 15; Jaeger/Windel, InsO, § 315 Rn. 90; Uhlenbruck/Lüer/Weidmüller, InsO, 15. Aufl., § 315 Rn. 7; Frege/Keller/Riedel, Handbuch Insolvenzrecht, 9. Aufl., Teil 7 Rn. 80) und nicht der Zeitpunkt des Erbfalls. Mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens werden das Eigenvermögen des Erben und der Nachlass getrennt. Der Insolvenzbeschlag tritt ex nunc ein.
14Der Nachlass ist keine statische, abgeschlossene Vermögensmasse. Allein schon durch Wertsteigerungen oder -verluste von zum Nachlass gehörenden Gegenständen kann sich der Nachlass nach dem Erbfall vergrößern oder verringern (BT-Drucks. 12/2443, S. 231). Zur Insolvenzmasse gehören daher alle Gegenstände, Rechte und Rechtspositionen, die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass noch unterscheidbar vom Eigenvermögen des oder der Erben vorhanden sind (Gottwald/Haas/Döbereiner, Insolvenzrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 112 Rn. 1). Da rechtsgeschäftliche Verfügungen des Erben über Gegenstände der Insolvenzmasse wirksam bleiben (, ZIP 2014, 134 Rn. 11), gehört nicht zur Insolvenzmasse, was der Erbe der Insolvenzmasse zwischenzeitlich durch Verfügung entzogen hat (Schmidt/Schmidt, InsO, 20. Aufl., vor § 315 Rn. 15; Uhlenbruck/Lüer/Weidmüller, InsO, 15. Aufl., § 315 Rn. 9; Frege/Keller/Riedel, Handbuch Insolvenzrecht, 9. Aufl., Teil 7 Rn. 80; Gottwald/Haas/Döbereiner, aaO Rn. 1).
15Das steht nicht im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers, wonach die Wirkungen der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens so weit wie möglich auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückbezogen werden sollen (RegE § 367 InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 231) und so weit wie möglich die Rechtslage wiederherzustellen ist, die zur Zeit des Erbfalls bestand (RegE §§ 364, 365 InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 231). Damit ist nicht gemeint, dass im Sinne einer Fiktion das Insolvenzverfahren so abzuwickeln ist, als sei bereits im Zeitpunkt des Erbfalls das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Denn dann wären Verfügungen des Erben zwischen Erbfall und Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens über zum Nachlass gehörende Gegenstände rückwirkend als Verfügungen eines Nichtberechtigten zu behandeln mit entsprechenden Unsicherheiten für den Rechtsverkehr. Außerdem tragen bereits die §§ 1976 ff BGB und §§ 321 ff InsO Veränderungen des Nachlasses Rechnung (Jaeger/Windel, InsO, § 315 Rn. 90).
16b) Im Streitfall ist die Immobilie, welche die Klägerin im Zeitraum zwischen dem Erbfall und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen Dritten veräußert hat, nicht mehr Gegenstand der Insolvenzmasse. Der bei der Veräußerung erzielte Kaufpreis gehörte ursprünglich nicht zum Nachlass; er ist erst nach dem Erbfall durch die von der Klägerin vorgenommene Veräußerung geflossen.
172. Der auf das Anderkonto der Rechtsanwälte O. eingezahlte Veräußerungserlös ist gleichwohl Teil des Nachlasses und damit der Insolvenzmasse geworden.
18a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der bei der Veräußerung der ursprünglich zum Nachlass gehörenden Immobilie erzielte Erlös allerdings nicht im Wege dinglicher Surrogation nach § 2041 BGB analog an die Stelle des Grundstücks getreten.
19aa) Gemäß § 2041 Satz 1 BGB gehört zum Nachlass, was auf Grund eines zum Nachlass gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Nachlassgegenstands oder durch ein Rechtsgeschäft, das sich auf den Nachlass bezieht, erworben wird. Bei der unter § 2041 Satz 1 BGB fallenden Veräußerung eines Nachlassgegenstands tritt der durch die Veräußerung erlangte Ersatzgegenstand ohne weiteres an die Stelle des veräußerten Nachlassgegenstands und in dessen rechtliche Bestimmtheit ein, ohne dass es auf den subjektiven Willen des Erben ankommt, für den Nachlass zu handeln. Die erbrechtlichen Fälle der dinglichen Surrogation haben den Zweck, die realen Werte eines bestimmten Sondervermögens zu binden und im Interesse bestimmter begünstigter Personen (bei §§ 2019, 2041 BGB der Erben; bei § 2111 BGB der Nacherben) und der Nachlassgläubiger über alle Wechsel der zu ihm gehörenden konkreten Bestandteile hinweg zusammen zu halten und für den Zweck des Sondervermögens zu reservieren (vgl. , NJW 1987, 434, 435; vom - IVa ZR 220/88, BGHZ 109, 214, 217; vom - V ZR 232/16, FamRZ 2017, 1966 Rn. 12; MünchKomm-BGB/Gergen, 9. Aufl., § 2041 Rn. 22).
20bb) Ausweislich seiner Stellung im Buch 5, Abschnitt 2, Titel 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt § 2041 BGB allerdings nur für die Erbengemeinschaft. Eine dingliche Surrogation, wie sie etwa in §§ 2019, 2041, 2111 BGB normiert ist, ist im Fall des Alleinerben gesetzlich nicht vorgesehen. Während § 2041 Satz 1 BGB im Bereich der Testamentsvollstreckung auch dann entsprechend anzuwenden ist, wenn es sich um einen Alleinerben handelt (RGZ 138, 132, 134; , FamRZ 1991, 188), ist eine analoge Anwendung im Fall der rechtsgeschäftlichen Verfügung des Alleinerben über einen Nachlassgegenstand nach zutreffender herrschender Meinung ausgeschlossen (Schmidt/Schmidt, InsO, 20. Aufl., vor § 315 Rn. 15; Frege/Keller/Riedel, Handbuch Insolvenzrecht, 9. Aufl., Teil 7 Rn. 80; Gottwald/Haas/Döbereiner, Insolvenzrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 112 Rn. 5 f; BeckOK-BGB/Lohmann, 2024, § 1978 Rn. 4; Erman/Horn, BGB, 17. Aufl., § 1978 Rn. 3a; Damrau/Tanck/Gottwald, Praxiskommentar Erbrecht, 4. Aufl., § 1978 BGB Rn. 6; aA Staudinger/Dobler, BGB, 2020, § 1978 Rn. 17).
21(1) Eine Analogie setzt zunächst voraus, dass die Interessenlage des gesetzlich geregelten Falles mit der des zu entscheidenden Falles übereinstimmt. Zusätzlich müssen auch die Wertungsgrundlage und die gesetzgeberische Interessenbewertung der Gesetzesnorm auf den zu entscheidenden Fall zutreffen. Schließlich darf die Übertragung der gesetzlichen Regelung auf den ungeregelten Fall nicht durch gesetzgeberische Entscheidung ausgeschlossen sein. Diese Voraussetzungen sind - auch wenn ein Interesse der Nachlassgläubiger an der Erhaltung des Werts des Nachlasses im Fall des Alleinerben in vergleichbarer Weise besteht und schützenswert ist wie im Fall der Erbengemeinschaft - nicht erfüllt.
22(2) Bei § 2041 BGB handelt es sich - wie bei anderen Vorschriften zur dinglichen Surrogation im Bürgerlichen Gesetzbuch - um eine Sondervorschrift. Die dingliche Surrogation ist kein allgemeines Prinzip des Bürgerlichen Gesetzbuchs (RGZ 105, 84, 87; , FamRZ 1989, 1070, 1072; Schmidt/Schmidt, InsO, 20. Aufl., vor § 315 Rn. 15). Sie stellt den Schutz des von ihr begünstigten Vermögens über den sachenrechtlichen Publizitätsgrundsatz und ist schon deswegen nur für bestimmte Einzelfälle vorgesehen (jurisPK-BGB/Schneider, 2024, § 2111 Rn. 5; Wolf, JuS 1975, 643, 644).
23(3) Der Grundsatz der dinglichen Surrogation ist für die verschiedenen familienrechtlichen Sondervermögen (etwa §§ 1418, 1473, 1638 BGB) und für den Nachlass anerkannt, soweit es seiner Sonderung vom Eigenvermögen des Erben oder des Erbschaftsbesitzers bedarf (§§ 2019, 2041, 2111 BGB). Dieser Grundsatz besagt, dass Sondervermögen alles das wird, was aufgrund eines zum Sondervermögen gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zum Sondervermögen gehörenden Gegenstandsoder durch ein Rechtsgeschäft erworben wird (RGZ 138, 132, 134; IVa ZR 220/88, BGHZ 109, 214, 217). Die auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannte analoge Anwendung des § 2041 BGB für den Fall, dass nur ein Erbe vorhanden ist und eine Testamentsvollstreckung besteht, beruht darauf, dass der Nachlass aufgrund der Anordnung der Testamentsvollstreckung ein vom Eigenvermögen des Erben getrenntes Sondervermögen bildet (RGZ 138, 132, 134; , FamRZ 1991, 188).
24Am Vorhandensein eines Sondervermögens fehlt es im Regelfall beim Alleinerben. Im Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft vermischen sich bei ihm das Eigenvermögen und das Vermögen aus dem Nachlass. Nutzungen aus Nachlassgegenständen oder Erlöse aus Veräußerungen von zum Nachlass gehörenden Gegenständen fließen in das ungeteilte Vermögen des Erben. Vom Erben gezahlte Kosten, laufende Lasten oder Nachlassverbindlichkeiten können aus dem Eigenvermögen des Erben stammen oder aus Nachlassmitteln gezahlt worden sein. Getrennte Vermögensmassen wie im Fall der Erbengemeinschaft oder der Testamentsvollstreckung gibt es beim Alleinerben nicht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Nachlassinsolvenz dem Prinzip der Vermögenstrennung folgt und nur den Nachlass als ein Sondervermögen, nicht aber das Eigenvermögen des Erben betrifft (, BGHZ 224, 177 Rn. 22). Denn eine Trennung der Vermögensmassen tritt erst ex nunc mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens ein, soweit dies noch dinglich möglich ist.
25(4) Schließlich fehlt es in Anbetracht der vom Gesetzgeber vorgesehenen Möglichkeit zur schuldrechtlichen Inanspruchnahme des Erben nach § 1978 BGB auch an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke. Nach § 1978 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Erbe im Fall der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens den Nachlassgläubigern für die bisherige Verwaltung so verantwortlich, wie wenn er von der Annahme der Erbschaft an die Verwaltung für sie als Beauftragter zu führen gehabt hätte. Zweck dieser Vorschrift ist es, den Nachlass den Nachlassgläubigern möglichst ungeschmälert zur Verfügung stehen zu lassen (, ZIP 2014, 134 Rn. 11). Dies hat zur Folge, dass der Erbe nach § 1978 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 667 BGB verpflichtet ist, dem Insolvenzverwalter alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, herauszugeben.
26Der Senat hat bereits entschieden, dass sich eine entsprechende Anwendung des Surrogationsgedankens im Wege der Rechtsanalogie jedenfalls im Anwendungsbereich des § 1990 BGB verbietet. Denn für diesen Fall trifft das Gesetz durch die Verweisung auf die Regeln des Auftragsrechts in den §§ 1991, 1978 BGB eine abweichende, dem Schuldrecht angehörende Regelung (, FamRZ 1989, 1070, 1072 mwN). Gleiches gilt im Streitfall, in dem § 1978 BGB unmittelbar zur Anwendung kommt.
27b) Die Zugehörigkeit des Veräußerungserlöses zum Nachlass ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht aus einer möglichst weiten Definition des Begriffs des Nachlasses. Eine vereinzelt in der Literatur vertretene Auffassung, der sich auch das Berufungsgericht anschließt, will unter dem Begriff des Nachlasses alles das verstehen, was der Alleinerbe kraft Erbfolge vom Erblasser erlangt hat und was daraus geworden ist (Schmidt-Kessel, WM 2003, 2086, 2089; dagegen Roth/Pfeuffer/Roth, Praxishandbuch Nachlassinsolvenzverfahren, 2. Aufl., S. 38 f). Auch die rechtsgeschäftlichen Äquivalente, die der Alleinerbe für die Veräußerung von Nachlassgegenständen erlangt hat, sollen ohne einen Eingriff in die dingliche Zuordnung derselben als Nachlass qualifiziert werden. Erwirbt der Erbe mit dem Erlös aus dem Verkauf eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks unter zusätzlicher Verwendung von Eigenmitteln ein wertvolleres Grundstück, soll diese zu dem entsprechenden Bruchteil zum Nachlass gehören, und zwar ohne dass es dabei auf den Willen des Erben ankomme (Schmidt-Kessel, aaO).
28Diese weite Definition des Begriffs des Nachlasses enthält jedoch keine dogmatische Begründung für die dingliche Zuordnung des aus der Veräußerung eines Nachlassgegenstands erzielten Erlöses zum Nachlass. Eine solche wäre nur über eine dingliche Surrogation möglich, die aber von Schmidt-Kessel zu Recht ausdrücklich abgelehnt wird (WM 2003, 2086, 2088). Im Übrigen begegnet die von Schmidt-Kessel vorgeschlagene Definition des Begriffs Nachlass praktischen Problemen, sobald Vermögensumschichtungen mit Wertdifferenzen stattfinden und hinsichtlich neu hinzugekommener Gegenstände Bruchteilseigentum von Nachlass und Eigenvermögen des Erben entstehen soll. Insbesondere im Fall mehrerer aufeinanderfolgender Rechtsgeschäfte kann sich ein aus mehreren Bruchteilen bestehender Nachlass kaum mehr ermitteln oder berechnen lassen (vgl. im Einzelnen Roth/Pfeuffer/Roth, Praxishandbuch Nachlassinsolvenzverfahren, 2. Aufl., S. 39).
29c) Die vom Berufungsgericht im weiteren bejahte Frage, ob der Erbe kraft seines - gegebenenfalls für den Vertragspartner nicht erkennbaren - Willens rechtsgeschäftlich Gegenstände mit dinglicher Wirkung für den Nachlass erwerben kann, hat der Senat zuletzt offen gelassen (, FamRZ 1989, 1070, 1072), weil im dort entschiedenen Fall ein entsprechender Wille der Erbin schon nicht festzustellen war. Der Senat entscheidet diese Frage dahingehend, dass ein aus der Veräußerung eines Nachlassgegenstands erlangter Erlös dem Nachlass und damit der Insolvenzmasse jedenfalls dann zuzurechnen ist, wenn der Erbe den Erlös dergestalt strikt von seinem Eigenvermögen trennt, dass dieser damit einem Sondervermögen gleichsteht, und das Rechtsgeschäft nach den objektiven Umständen erkennbar der Verwaltung des Nachlasses dient.
30aa) Nach verbreiteter Auffassung gehört ein vom Erben erworbener Gegenstand zum Nachlass, wenn der Erbe beim Erwerbsakt in dem Willen handelt, dass der fragliche Gegenstand dem Nachlass zufallen soll. Hierbei wird teilweise vertreten, dass der Erbe einen entsprechenden Willen gegenüber seinem Vertragspartner nicht erkennbar machen muss; schon der in objektiven Umständen zum Ausdruck kommende Wille des Erben soll eine dingliche Zuordnung des Gegenstands zum Nachlass ermöglichen (Römermann/Weiß, InsO, 2023, § 315 Rn. 31; MünchKomm-BGB/Küpper, 9. Aufl., § 1978 Rn. 6; BeckOK-BGB/Lohmann, 2024, § 1978 Rn. 4; Erman/Horn, BGB, 17. Aufl., § 1978 Rn. 3a). Teilweise wird davon ausgegangen, dass eine dingliche Zuordnung zum Nachlass nur dann erfolge, wenn der Erbe nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen gegenüber seinem schuldrechtlichen Vertragspartner beim Erwerbsakt erkennbar macht, dass der fragliche Gegenstand dem Nachlass zufallen soll (Jaeger/Windel, InsO, § 315 Rn. 98; Burandt/Rojahn/Joachim, Erbrecht, 4. Aufl., § 1978 BGB Rn. 8).
31Hiergegen wird geltend gemacht, dass die sachenrechtliche Rechtsgüterzuordnung nicht allein dem Willen des Erben unterstellt werden könne. Außerdem ergäben sich praktische Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Umstands, ob der Erbe ein Rechtsgeschäft für Rechnung des Nachlasses oder für eigene Rechnung vorgenommen hat, wenn er später einen Willen zum Tätigwerden für den Nachlass bestreitet (Damrau/Tanck/Gottwald, Praxiskommentar Erbrecht, 4. Aufl., § 1978 BGB Rn. 6; FK-InsO/Schallenberg/Rafiqpoor, 10. Aufl., vor §§ 315 ff Rn. 24). Verbreitet wird deshalb angenommen, dass der Insolvenzverwalter den Alleinerben im Fall der Veräußerung eines Nachlassgegenstands im Zeitraum zwischen Annahme der Erbschaft und Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens allein nach § 1978 Abs. 1 Satz 1, § 667 BGB auf Herausgabe des Erlangten in Anspruch nehmen kann (Schmidt/Schmidt, InsO, 20. Aufl., vor § 315 Rn. 15; BeckOGK-BGB/Herzog, 2024, § 1978 Rn. 36.1; Kreplin/Fanselow in MAH Insolvenz und Sanierung, 4. Aufl., § 36 Rn. 72; Roth/Pfeuffer/Roth, Praxishandbuch Nachlassinsolvenz, 2. Aufl., S. 39 f; Roth, ZInsO 2010, 118, 120 f; ders., NZI 2023, 922, 923).
32bb) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die Zugehörigkeit eines durch den Verkauf von Nachlassgegenständen erzielten Veräußerungserlöses zum Nachlass allein vom Willen des Alleinerben abhängen kann, und ob dies nur dann in Betracht kommt, wenn der Erbe seinen entsprechenden Willen dem Vertragspartner gegenüber offenlegt. Jedenfalls wenn der Erbe den Erlös aus der Veräußerung eines Nachlassgegenstands dergestalt strikt von seinem Eigenvermögen trennt, dass dieser damit einem Sondervermögen gleichsteht, und das Rechtsgeschäft nach den objektiven Umständen erkennbar der Verwaltung des Nachlasses dient, folgt daraus eine fortbestehende Zuordnung des Veräußerungserlöses zum Nachlass.
33Diese Voraussetzungen sind nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall erfüllt. Die Klägerin war nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vermögenslos. Die Veräußerung der Immobilie erfolgte zudem - zumindest auch - zur Verwaltung des Nachlasses. Von dem vereinbarten Kaufpreis von 480.000 € wurde ein Teilbetrag in Höhe von 132.320,99 € zur Ablösung einer im Grundbuch der veräußerten Immobilie eingetragenen Grundschuld verwendet. Ein weiterer Teilbetrag von 90.000 € wurde zur Abgeltung von erbrechtlichen Ansprüchen des Bruders der Klägerin verwendet. Ein Restbetrag von 257.679,01 € wurde auf ein Anderkonto der Rechtsanwälte O. und nicht auf ein eigenes Konto der Klägerin eingezahlt. Von dem auf dem Anderkonto eingegangenen Restbetrag beglich die Klägerin sodann auch noch offene Honorarforderungen der Rechtsanwälte O. , die aus Mandatsverhältnissen mit dem Erblasser herrührten. Einzahlungen auf das Anderkonto (von der Klägerin selbst oder von Dritten zugunsten der Klägerin) erfolgten nicht. Diese Umstände tragen den Schluss, dass der Erlös damit einem Sondervermögen gleichstand.
343. Der Antrag auf Feststellung, dass Verfügungen der Klägerin über den Erlös aus dem Verkauf der Immobilie nicht der Insolvenzanfechtung unterliegen, ist mangels Feststellungsinteresse unzulässig. Anfechtungsansprüche des Insolvenzverwalters richten sich gegen den Empfänger einer anfechtbaren Leistung. Entscheidungen über die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung wirken allein im Verhältnis zwischen dem Insolvenzverwalter und dem jeweiligen Anfechtungsgegner. Der Erbe eines Nachlasses, über den das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist, ist hieran nicht beteiligt.
Schoppmeyer Schultz Selbmann
Harms Kunnes
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:191224UIXZR119.23.0
Fundstelle(n):
GAAAJ-84138