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BGH Urteil v. - AnwZ (Brfg) 17/23

Instanzenzug: Anwaltsgerichtshof Berlin Az: I AGH 6/20

Tatbestand

1Der Kläger ist im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und als Rechtsanwalt im elektronischen Verzeichnis der im Bezirk der Beklagten niedergelassenen Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte (im Folgenden: elektronisches Verzeichnis) eingetragen. Seit September 2019 ist der Kläger daneben als Leiter der Rechtsabteilung bei der                                                                                                   (im Folgenden: Arbeitgeberin des Klägers) angestellt. Auf seinen Antrag ließ ihn die Beklagte im Hinblick auf diese Tätigkeit zusätzlich als Syndikusrechtsanwalt zu. Sie nahm den Kläger auch als Syndikusrechtsanwalt in das elektronische Verzeichnis auf, wobei dieser weitere Eintrag unter anderem den Namen und die Anschrift der Arbeitgeberin des Klägers enthielt.

2Der Kläger forderte die Beklagte auf, die Angaben zu seiner Arbeitgeberin bei der Eintragung als Syndikusrechtsanwalt zu löschen, was die Beklagte ablehnte. Daraufhin hat der Kläger den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und zudem Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, in dem von ihr geführten elektronischen Verzeichnis in den mit dem Kläger verknüpften Datensätzen die Arbeitgeberin des Klägers nicht zu veröffentlichen.

3Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

4Der Anwaltsgerichtshof hat die Beklagte mit Beschluss vom im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Namen der Arbeitgeberin des Klägers in den mit dem Kläger verknüpften Datensätzen im elektronischen Verzeichnis vorläufig und längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu streichen und durch die Privatanschrift des Klägers zu ersetzen. Mit Beschluss vom hat der Anwaltsgerichtshof klargestellt, dass die Verpflichtung der Beklagten bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache gilt.

5Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 der Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung (RAVPV) verpflichtet, die Arbeitgeberin des Klägers in dem zwingend von ihr zu führenden Verzeichnis aufzuführen. Diese Vorschrift habe in Gestalt von § 31 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 27 und § 46c Abs. 4 Satz 1 und 2 BRAO eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage nach Art. 80 Abs. 1 GG. Der vom Gesetzgeber in § 46c Abs. 4 Satz 1 verwendete Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte als Kanzlei im Sinne des § 27 BRAO, die wiederum nach § 31 Abs. 3 Nr. 3 BRAO in das Verzeichnis aufzunehmen sei, sei nach der hierbei erforderlichen Auslegung als Angabe des Arbeitgebers so zu verstehen, wie es die Rechtsanwaltsverzeichnis und -postfachverordnung vorsehe.

6Das elektronische Anwaltsverzeichnis diene der Information der Behörden und Gerichte, der Rechtsuchenden sowie anderer am Rechtsverkehr Beteiligter. Bei den danach nötigen Daten eines Syndikusrechtsanwalts sei insbesondere zu berücksichtigen, dass den Syndikusrechtsanwalt Vertretungshindernisse träfen, die von den Gerichten auch bei der Bestellung eines Anwalts als Pflichtverteidiger oder beigeordneter Rechtsanwalt zu beachten seien bzw. die Vertretung im Prozess durch diesen Anwalt ausschlössen. Die Kenntnis vom Arbeitgeber des Syndikusrechtsanwalts sei über den Kreis der Gerichte auch für den sonstigen am Rechtsverkehr teilnehmenden Personenkreis jedenfalls bei der Kombination der Tätigkeit als Anwalt und Syndikusrechtsanwalt sinnvoll. Ein Syndikusrechtsanwalt werde vom rechtsuchenden Publikum nicht für die Mandatierung in Betracht gezogen, da er ersichtlich an einen bestimmten Arbeitgeber geknüpft sei. Ein Syndikusrechtsanwalt, der aber zusätzlich als Anwalt zugelassen sei, sei in dieser Eigenschaft als Rechtsanwalt an der Vertretung auch in seiner Aufgabe als Rechtsanwalt in bestimmten Angelegenheiten aufgrund seiner Syndikusrechtsanwaltstätigkeit von vornherein gehindert. Dies zu erkennen und des Weiteren beurteilen zu können, in welchen Mandaten auch nur der Versuch einer Mandatsanbahnung daher untunlich sei, weil wegen der Stellung als Syndikusrechtsanwalt für einen bestimmten Arbeitgeber solche Mandate ohnehin nicht übernommen werden dürften und der potentielle Mandant diesem Rechtsanwalt Informationen zu einem bestimmten Mandat gar nicht erst mitteilen sollte, sei ein legitimes Interesse aller am Rechtsverkehr Teilnehmenden, welches mit dem elektronischen Anwaltsverzeichnis befriedigt werden solle.

7Die Angabe einer zustellfähigen Anschrift allein genüge hingegen schon deshalb nicht, weil der Gesetzgeber zwischen dieser und der regelmäßigen Arbeitsstätte differenziere. Der Senat lege den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte daher als Angabe des Arbeitgebers und der konkreten Adresse, unter der der Syndikusrechtsanwalt tätig sei, aus. Insbesondere bei Großunternehmen mit mehreren Örtlichkeiten, an denen gearbeitet werde, bestehe zwischen Arbeitgeber und der einzutragenden Anschrift noch ein Unterschied, da der Ort, an dem der Syndikusrechtsanwalt regelmäßig tätig sei, mit Anschrift anzugeben sei, nicht der Hauptsitz des Arbeitgebers.

8Es seien auch keine Grundrechtsverstöße ersichtlich. Zwar seien die Schutzbereiche des informationellen Selbstbestimmungsrechts wie auch der Berufsausübungsfreiheit berührt. Die Zugänglichmachung der Kerndaten bezüglich der Tätigkeit des Klägers als Syndikusrechtsanwalt durch ein elektronisches Anwaltsverzeichnis sei aber ein legitimes Interesse der Allgemeinheit. Die Namensnennung der Arbeitgeberin des Klägers sei verhältnismäßig und zumutbar.

9Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Anwaltsgerichtshof zugelassenen Berufung.

10Zur Begründung führt er aus, § 2 Abs. 4 Satz 3 RAVPV fehle es bereits an einem legitimen Regelungsziel. Die Vorschrift sei auch nicht grundrechtskonform. Entgegen der Ansicht des Anwaltsgerichtshofs bedürfe es keines öffentlich einsehbaren Registers für Syndikusrechtsanwälte, um die Einhaltung des Vertretungsverbots nach § 46c Abs. 2 BRAO zu unterstützen. Das elektronische Verzeichnis diene allein dazu, überprüfbar zu machen, ob jemand überhaupt als Rechtsanwalt zugelassen sei.

11Außerdem sei der Kläger unter der Postadresse seiner Arbeitgeberin auch ohne deren namentliche Benennung problemlos erreichbar. Gleichwohl werde es der Beklagten anheimgestellt und hiermit hilfsweise beantragt, es bei der Eintragung im elektronischen Anwaltsverzeichnis zu belassen, die dort derzeit vorzufinden sei, und mithin auch im Eintrag der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt die private Postadresse des Klägers anzugeben.

12Der Anwaltsgerichtshof habe sich nicht damit auseinandergesetzt, welche Auswirkungen die Angabe der Arbeitgeberin auf den Kläger habe, insbesondere auf die Wahrnehmung des Klägers durch Dritte wie beispielsweise Mandanten oder potentielle Arbeitgeber.

13Der Kläger beantragt,

das Urteil des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, in dem von ihr geführten elektronischen Verzeichnis der zugelassenen Anwälte in den mit dem Kläger verknüpften Datensätzen den Arbeitgeber des Klägers als Syndikusrechtsanwalt nicht allgemein zu veröffentlichen, hilfsweise als Angabe der Arbeitsstätte die Privatanschrift, alternativ die Anschrift des                                        , anzugeben.

14Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

15Sie verteidigt das angefochtene Urteil. § 2 Abs. 4 Satz 3 RAVPV habe in Gestalt von § 31 Abs. 3 Nr. 3 BRAO i.V.m. § 27 und § 46c Abs. 4 Satz 1 und 2 BRAO eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage und halte sich auch an diese. Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt hänge von der Tätigkeit bei einem konkreten Arbeitgeber ab. Dieser bilde insoweit den entscheidenden Anknüpfungspunkt, um eine umfassende Unterscheidung und Identifizierung des Syndikusrechtsanwalts für den Rechtsverkehr zu gewährleisten. Verstöße gegen Grundrechte des Klägers, insbesondere gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs.1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), seien nicht ersichtlich. Die Publikationspflichten träfen alle Normadressaten gleichermaßen und dienten dazu, die Informationsbedürfnisse der angesprochenen Verkehrskreise zu befriedigen sowie Transparenz herzustellen. Dies gelte gleichermaßen für die Angabe der Kanzlei eines Rechtsanwalts wie für die Angabe der regelmäßigen Arbeitsstätte eines Syndikusrechtsanwalts. Der Kanzleiname, die Kanzleianschrift und der Name des Arbeitgebers bei Syndikusrechtsanwälten seien Informationen, die dem geschäftlichen Bereich zuzuordnen seien. Auch wenn der Name des Arbeitgebers möglicherweise negative Assoziationen hervorrufen könnte, so handele es sich dabei doch um geschäftliche, nicht dem privaten Leben zuzurechnende Informationen. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers (§§ 133, 157 BGB) stelle sich der Name des Arbeitgebers als schlichte Information über das berufliche Tätigkeitsfeld des Syndikusrechtsanwalts dar.

16Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

17Die vom Anwaltsgerichtshof zugelassene Berufung ist nach § 112e Satz 1 BRAO statthaft und auch im Übrigen gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 2 und 3 VwGO zulässig. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

I.

18Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Hauptantrag des Klägers ist darauf gerichtet, dass die Arbeitgeberin des Klägers in dem elektronischen Verzeichnis nicht namentlich aufgeführt wird.

19Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte es unterlässt, die Arbeitgeberin des Klägers in dem den Kläger betreffenden Eintrag im elektronischen Verzeichnis als Syndikusrechtsanwalt namentlich zu benennen.

201. Die Beklagte ist gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 RAVPV verpflichtet, in dem bei ihr zu führenden Verzeichnis bei einem Syndikusrechtsanwalt dessen Arbeitgeber mit Namen anzugeben. Diese Vorschrift ist verfassungsgemäß.

21a) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 RAVPV führt jede Rechtsanwaltskammer ein elektronisches Verzeichnis der in ihrem Bezirk zugelassenen Rechtsanwälte einschließlich der Syndikusrechtsanwälte. Gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 RAVPV ist als Name der Kanzlei, Zweigstelle oder Berufsausübungsgesellschaft die Bezeichnung einzutragen, unter der die eingetragene Person oder Berufsausübungsgesellschaft am jeweiligen Standort beruflich auftritt. Bei Syndikusrechtsanwälten ist als Name der Arbeitgeber in das Verzeichnis einzutragen (§ 2 Abs. 4 Satz 3 RAVPV). Demnach ist die Beklagte verpflichtet, den Kläger als in ihrem Bezirk zugelassenen Syndikusrechtsanwalt unter Nennung der Arbeitgeberin in das elektronische Verzeichnis einzutragen.

22b) Die Verpflichtung der Beklagten, den Namen des Arbeitgebers eines Syndikusrechtsanwalts in das elektronische Verzeichnis einzutragen, geht - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht über die Verordnungsermächtigung hinaus, sondern hält sich in deren Grenzen.

23aa) Gemäß Art. 80 Abs. 1 GG i.V.m. § 31c Nr. 1 BRAO in der vom bis zum geltenden Fassung/§ 31d Nr. 1 BRAO ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ermächtigt, die Einzelheiten der Datenerhebung für die elektronischen Verzeichnisse der Rechtsanwaltskammern, der Führung dieser Verzeichnisse und der Einsichtnahme in diese zu regeln. § 2 Abs. 4 RAVPV soll sich nach seiner Zielsetzung in diesem Rahmen bewegen und nur den Begriff des Kanzleinamens in § 31 Abs. 3 Nr. 2 BRAO konkretisieren (vgl. BR-Drucks. 417/16, S. 22). Der Anwaltsgerichtshof ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass sich bereits aus den Regelungen der Bundesrechtsanwaltsordnung ergibt, dass als Name der Kanzlei bei einem Syndikusrechtsanwalt der Name der Arbeitsstätte anzugeben ist und dass der Name der Arbeitsstätte durch den Namen des Arbeitgebers charakterisiert wird.

24Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BRAO führen die Rechtsanwaltskammern elektronische Verzeichnisse der in ihren Bezirken zugelassenen Rechtsanwälte und der zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften, deren Sitz sich in ihrem Bezirk befindet. Darin einzutragen sind unter anderem der Name und die Anschrift der Kanzlei eines Rechtsanwalts (§ 31 Abs. 3 Nr. 2 Halbsatz 1 BRAO) sowie der Name und die Anschrift bestehender weiterer Kanzleien und Zweigstellen (§ 31 Abs. 3 Nr. 4 BRAO).

25Dass diese Angabepflichten auch für Syndikusrechtsanwälte gelten, ergibt sich aus § 46c Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 BRAO, wonach ergänzend zu den in § 31 Abs. 3 BRAO genannten Angaben aufzunehmen ist, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt erfolgt ist. Es sind somit sämtliche der in § 31 Abs. 3 BRAO aufgeführten Angaben auch für den Syndikusrechtsanwalt einzutragen, darunter auch der Name und die Anschrift der Kanzlei (§ 46c Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 31 Abs. 3 Nr. 2 Halbsatz 1 BRAO). Gemäß § 46c Abs. 4 Satz 1 BRAO findet § 27 BRAO - wonach der Rechtsanwalt im Bezirk der Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied er ist, eine Kanzlei einrichten und unterhalten muss - mit der Maßgabe Anwendung, dass die regelmäßige Arbeitsstätte als Kanzlei gilt. Aus diesen Regelungen ergibt sich, dass bei einem Syndikusrechtsanwalt Name und Anschrift seiner Arbeitsstätte im elektronischen Verzeichnis anzugeben sind.

26Soweit § 31 Abs. 3 Nr. 2 Halbsatz 2 BRAO bestimmt, dass eine zustellfähige Anschrift anzugeben ist, wenn keine Kanzlei geführt wird, bezieht sich dies nicht auf den Syndikusrechtsanwalt. Die Vorschrift ist auf die Fälle zugeschnitten, in denen es an einer beruflichen Niederlassung (noch) fehlt und der Rechtsanwalt daher die private Wohnanschrift als zustellfähige Anschrift angeben muss (vgl. BT-Drucks. 18/6915, S. 18). Dadurch, dass bei einem Syndikusrechtsanwalt die regelmäßige Arbeitsstätte als Kanzlei gilt, ist eine berufliche Niederlassung vorhanden.

27bb) Dass der Name der Arbeitsstätte durch den Namen des Arbeitgebers charakterisiert wird und daher dieser einzutragen ist, ergibt sich ebenfalls aus den Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung (aA Posegga, AnwBl Online 2018, 824, 826 f.).

28Schon in der Definition der Syndikusrechtsanwälte in § 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO wird darauf abgestellt, dass diese "im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind". So ist im Falle eines Arbeitgeberwechsels die bisherige Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach § 46b Abs. 2 BRAO zu widerrufen und - bei Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen - eine neue Zulassung für die anschließend aufgenommene Tätigkeit nach § 46a BRAO zu erteilen (vgl. Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 49/19, NJW 2020, 2190 Leitsatz und Rn. 10 ff.).

29Die Zulassung kann gemäß § 46a Abs. 1 Satz 2 BRAO für mehrere Arbeitsverhältnisse erteilt werden. § 46c Abs. 4 Satz 2 BRAO stellt klar, dass Syndikusrechtsanwälte für jede Tätigkeit eine weitere Kanzlei zu errichten und zu unterhalten haben, wenn sie im Rahmen mehrerer Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt tätig oder - wie der Kläger - zugleich als Rechtsanwalt nach § 4 BRAO zugelassen sind. Eine verlässliche Unterscheidung zwischen den verschiedenen Einträgen im elektronischen Verzeichnis ist nur dann möglich, wenn diese Informationen darüber enthalten, welcher Tätigkeit der jeweilige Eintrag zuzuordnen ist. Insbesondere in den Fällen, in denen die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt mehrere Arbeitsverhältnisse umfasst, ließen sich die verschiedenen Einträge als Syndikusrechtsanwalt aber nicht verlässlich voneinander unterscheiden, wenn sie keine Angaben zum Arbeitgeber enthielten. Eine Arbeitsstätte wird auch nicht allein durch ihre Anschrift charakterisiert. Denn an einer Adresse können eine Vielzahl von Personen verzeichnet sein, so dass aus ihr allein nicht ersichtlich ist, wer Arbeitgeber des Syndikusrechtsanwalts ist.

30c) Die mit der Angabe der Arbeitgeberin des Klägers in dem elektronischen Verzeichnis verbundenen Eingriffe in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) sind gerechtfertigt. Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt nicht vor.

31aa) Die Eintragung des Arbeitgebernamens nach § 46c Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1, § 31 Abs. 3 Nr. 3 BRAO, § 2 Abs. 4 Satz 3 RAVPV steht im Einklang mit der grundgesetzlich verbürgten Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Sie stellt eine bloße Berufsausübungsregelung dar. Denn sie enthält keine Vorschriften über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, sondern eine Regelung, die an die bereits erfolgte Zulassung zur Rechtsanwaltschaft geknüpft ist und die Art und Weise der Berufsausübung betrifft.

32Regelungen, die lediglich die Berufsausübung betreffen, sind mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie als zweckmäßig erscheinen lassen und das Grundrecht nicht unverhältnismäßig eingeschränkt wird (vgl. BVerfGE 7, 377, 404 ff.; 97, 228, 255). Gemessen an diesem Maßstab ist der Kläger in seiner Berufsfreiheit nicht verletzt.

33(1) Die gemäß § 46c Abs. 1 BRAO auch für Syndikusrechtsanwälte geltenden Regelungen des § 31 BRAO verfolgen die verfassungsrechtlich legitimen Ziele, die Transparenz des Rechtsdienstleistungsmarkts zu gewährleisten und die Interessen der Verbraucher zu schützen (vgl. BT-Drucks. 16/513, S. 15; Siegmund in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 31 BRAO Rn. 2) und mithin hinreichende Gründe des Gemeinwohls. Entgegen der Auffassung des Klägers erschöpft sich die Aufgabe des Verzeichnisses dabei nicht darin, überprüfbar zu machen, ob ein Rechtsdienstleister überhaupt als Rechtsanwalt zugelassen ist.

34(a) § 31 Abs. 2 BRAO ist weiter gefasst und sieht vor, dass die Verzeichnisse der Rechtsanwaltskammern und das Gesamtverzeichnis der Information der Behörden und Gerichte, der Rechtsuchenden sowie anderer am Rechtsverkehr Beteiligter dienen. Die Vorschrift schränkt die Information daher nicht auf den vom Kläger bezeichneten Umstand der Zulassung ein.

35Auch die weiteren gemäß § 31 Abs. 3 BRAO in das elektronische Verzeichnis aufzunehmenden Angaben sprechen für einen umfassenderen Informationszweck im Sinne einer Transparenz des Rechtsdienstleistungsmarkts (vgl. BT-Drucks. 16/513, S. 15 und BT-Drucks. 18/9521, S. 105 f.). So geht etwa die gemäß § 31 Abs. 3 Nr. 7 BRAO verpflichtende Angabe zu bestehenden Berufs-, Berufsausübungs- und Vertretungsverboten - die der Gesetzgeber für dringend geboten hält (vgl. BT-Drucks. 16/513, S. 15) - über die Information, dass eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vorliegt, hinaus. Auch die Angaben zu Fachanwaltsbezeichnungen (§ 31 Abs. 3 Nr. 5 BRAO), zu dem Zeitpunkt der Zulassung (§ 31 Abs. 3 Nr. 6 BRAO) und zu einem von dem Rechtsanwalt angezeigten Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen (§ 31 Abs. 3 Nr. 10 BRAO) führen Informationen auf, die es einem Rechtsuchenden erleichtern, einen geeigneten Rechtsanwalt zu finden, und die daher über den bloßen Umstand, ob überhaupt eine Zulassung besteht, hinausreichen.

36(b) In den Gesetzgebungsverfahren ist mehrfach zum Ausdruck gebracht worden, dass die mit dem Register bezweckte Transparenz des Rechtsdienstleistungsmarkts über die Frage der Zulassung hinausgeht.

37(aa) In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte wird ausgeführt, dass die Verzeichnisse der Rechtsanwaltskammern und das Gesamtverzeichnis der BRAK der Klärung der Frage dienen, ob eine bestimmte Person als Rechtsanwalt zugelassen ist und ob sie zur Vertretung herangezogen werden kann (BT-Drucks. 18/6915, S. 18). Die Frage der Vertretungsbefugnis stellt sich beim Syndikusrechtsanwalt nicht nur in Bezug auf die in § 46c Abs. 2 BRAO geregelten Vertretungsverbote, sondern bereits dann, wenn eine Person als Syndikusrechtsanwalt auftritt. Für den Rechtsverkehr kann insoweit das Interesse bestehen, die Vertretungsbefugnis zu überprüfen.

38So sind vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 1 VwGO Beschäftigte eines Beteiligten vertretungsbefugt, so dass es insoweit nicht ausreicht, nur die Stellung als Syndikusrechtsanwalt zu kennen, sondern es auch erforderlich ist, festzustellen, bei welchem Arbeitgeber dieser angestellt ist (vgl. BVerwG, DVBl 2023, 1413 Rn. 12).

39(bb) Die Eintragungsregelungen zum Syndikusrechtsanwalt erfolgten auch im Hinblick auf das besondere elektronische Anwaltspostfach. Dass bei einem Syndikusrechtsanwalt, der zugleich als Rechtsanwalt zugelassen ist, und einem Syndikusrechtsanwalt mit mehreren Arbeitgebern gemäß § 46c Abs. 5 Satz 2 BRAO jeweils eine gesonderte Eintragung im elektronischen Verzeichnis zu erfolgen hat, ist im Zusammenhang mit der Regelung zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach zu sehen und bewirkt, dass bei mehreren Eintragungen jeweils ein gesondertes besonderes elektronisches Anwaltspostfach einzurichten ist. Damit soll sichergestellt werden, dass speziell auf den jeweiligen Tätigkeitsbereich zugeschnittene Zugangsberechtigungen vergeben werden können und die Vertraulichkeit innerhalb der jeweiligen Mandats- und Arbeitsverhältnisse gewährleistet ist (BT-Drucks. 18/5201, S. 40; vgl. auch BT-Drucks. 18/9521, S. 109 f.).

40Die Eintragung verfolgt daher insoweit den Zweck, die Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs für den Rechtsverkehr zu erleichtern. Die Nutzergruppe des elektronischen Verzeichnisses beinhaltet nach der beispielsweisen Aufzählung des Gesetzgebers auch Anwälte, die Zustellungen bewirken wollen (vgl. BT-Drucks. 18/9521, S. 106). Ihnen ist nicht gedient, wenn ein Syndikusrechtsanwalt mehrfach eingetragen ist, aber jeweils nur mit seinem Namen und unterschiedlichen Adressen aufgeführt wird. Auch bei der Frage, ob bei der Einreichung von Schriftsätzen das besondere elektronische Anwaltspostfach genutzt werden darf beziehungsweise muss, kann es darauf ankommen, ob jemand als Syndikusrechtsanwalt für einen bestimmten Arbeitgeber tätig ist (vgl. , juris Rn. 113 ff. und BAG, NJW 2023, 3253 Rn. 11 mwN). In diesem Fall können das Gericht beziehungsweise die am Rechtsstreit Beteiligten Anlass zu einer schnellen Klärung durch Konsultation des elektronischen Verzeichnisses haben.

41(cc) Zudem sollte auch für die Rechtsuchenden die Information über die berufliche Tätigkeit des Rechtsanwalts verbessert werden.

42Die Syndikusrechtsanwälte werden im elektronischen Rechtsanwaltsverzeichnis explizit als solche geführt, um auf diese Weise für einen nach Rechtsrat suchenden Bürger erkennbar zu machen, welcher Rechtsanwalt ausschließlich als Syndikusrechtsanwalt zugelassen und damit nicht gegenüber jedermann zur Rechtsberatung befugt ist und demzufolge insbesondere auch keine Beratungshilfe leistet (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 40).

43Indem der Gesetzgeber die Regelungen zur Angabe der Kanzlei erweitert hat, hat er auch zum Ausdruck gebracht, dass nicht nur darüber informiert werden soll, ob jemand als Rechtsanwalt oder als Syndikusrechtsanwalt zugelassen ist, sondern dass der Nutzer des Verzeichnisses auch einen Einblick bekommen soll, welche Tätigkeiten der betreffende Rechtsanwalt entfaltet. Im Hinblick auf die Angabe des Kanzleinamens hat der Gesetzgeber betont, dass aufgrund der zunehmend, auch vonseiten der rechtsuchenden Bevölkerung mit dem Kanzleinamen verbundenen Identifikations- und Unterscheidungskraft die generelle Eintragung des Kanzleinamens sowie der Namen von Zweigstellen in die Verzeichnisse aller Rechtsanwaltskammern und in das Gesamtverzeichnis geboten sei (BT-Drucks. 18/6915, S. 17). Ein Rechtsanwalt dürfe in einer eigenen Kanzlei und daneben in einem oder mehreren beruflichen Zusammenschlüssen bzw. Berufsausübungsgesellschaften tätig sein. Eine Zuordnung, in welchem Rahmen die Entfaltung der beruflichen Tätigkeit bei verschiedenartig tätigen Rechtsanwälten im jeweiligen Fall erfolge, ermögliche nur das Auftreten unter dem Kanzleinamen (BT-Drucks. 18/6915, aaO). Damit solle zuverlässig festgestellt werden können, in welchen Formen ein Rechtsanwalt seine berufliche Tätigkeit entfalte (BT-Drucks. 18/6915, aaO).

44Mit der Einführung des Begriffs der "weiteren Kanzlei" durch das Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. I 2017, S. 1121) bezweckte der Gesetzgeber eine "Verbesserung der Transparenz der anwaltlichen Berufsausübung" und sah daher vor, dass neben der Zulassungskanzlei nach § 27 Absatz 1 BRAO und den bestehenden Zweigstellen auch bestehende weitere Kanzleien in die Verzeichnisse nach § 31 BRAO aufgenommen werden. Dies ermögliche dem Rechtsverkehr die eindeutige Unterscheidung, ob der neben der Zulassungskanzlei unterhaltene weitere Standort einer gesonderten, keiner Hauptkanzlei nachgeordneten Berufsausübung diene oder nur eine unselbstständige Zweigstelle darstelle. Nur hierdurch lasse sich eine den wirklichen Verhältnissen entsprechende Information des Rechtsverkehrs gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 18/9521, S. 105 f.).

45Vor diesem Hintergrund gewinnt auch die Vorschrift des § 46c Abs. 4 Satz 1 BRAO an Bedeutung, wonach § 27 BRAO auf den Syndikusrechtsanwalt mit der Maßgabe Anwendung findet, dass die regelmäßige Arbeitsstätte als Kanzlei gilt. Denn wenn die Angabe der Kanzlei gerade der Information des Rechtsverkehrs zur Tätigkeit des jeweiligen Anwalts dienen soll, gilt dies auch für die Angabe zur regelmäßigen Arbeitsstätte des Syndikusrechtsanwalts, die der Kanzlei gleichgestellt wird.

46(2) Die Aufnahme des Namens des Arbeitgebers eines Syndikusrechtsanwalts in das elektronische Verzeichnis ist auch geeignet, einen Beitrag zur Erreichung des vorgenannten Ziels zu leisten.

47Ein Mittel ist bereits dann im verfassungsrechtlichen Sinn geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt; dem Gesetzgeber kommt dabei ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu (BVerfGE 116, 202, 224 mwN). Diesen Anforderungen wird die namentliche Nennung des Arbeitgebers eines Syndikusrechtsanwalts im elektronischen Verzeichnis gerecht.

48Die Angabe des Arbeitgebernamens ermöglicht - wie bei verschiedenartig tätigen Rechtsanwälten (vgl. dazu BT-Drucks. 18/6915, S. 17) - eine Zuordnung, in welchem Rahmen die Entfaltung der beruflichen Tätigkeit im jeweiligen Fall erfolgt. Außerdem wird dem Rechtsverkehr dadurch ermöglicht, schnell und unbürokratisch zu klären, ob und in welchem Umfang eine bestimmte Person im konkreten Fall zur Vertretung herangezogen werden kann.

49(3) Der durch § 46c Abs. 1, § 31 Abs. 3 Nr. 3 BRAO erfolgende Grundrechtseingriff steht weder außer Verhältnis zur angestrebten Transparenz des Rechtsdienstleistungsmarkts noch wird der Kläger dadurch unangemessen belastet.

50(a) Ein Eingriff in die Berufsfreiheit ist nur dann erforderlich, wenn ein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit weniger einschränkendes Mittel nicht zur Verfügung steht (vgl. BVerfGE 80, 1, 30 mwN). Bei der Beurteilung dessen, was er bei der Verwirklichung der von ihm verfolgten Gemeinwohlzwecke für erforderlich halten darf, steht dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die vorgenommene Maßnahme abgeben können (vgl. BVerfGE 117, 163 189).

51Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist ein weniger belastendes, aber gleich wirksames Mittel wie die Eintragung des Namens des Arbeitgebers eines Syndikusrechtsanwalts in das für jedermann zugängliche elektronische Verzeichnis nicht ersichtlich.

52(aa) Insbesondere erweist sich der Vorschlag des Klägers, lediglich die Postadresse seiner Arbeitgeberin in das elektronische Verzeichnis einzutragen, als nicht gleichermaßen geeignet. Der Blick allein auf die Postadresse, die möglicherweise von mehreren Personen genutzt wird, gibt noch keinen Aufschluss darüber, mit wem der betreffende Syndikusrechtsanwalt im Anstellungsverhältnis verbunden ist, in welchem Rahmen er beruflich tätig wird und wie weit die Vertretungsbefugnis reicht.

53(bb) Ferner ist der Vorschlag des Klägers, die Einsehbarkeit des elektronischen Verzeichnisses von der Darlegung eines berechtigten Interesses abhängig zu machen, nicht gleichermaßen geeignet wie ein Zugang ohne ein entsprechendes Erfordernis. Vielmehr würde mit dem Vorschlag des Klägers eine Zugangsschranke errichtet, die dem Zweck, den am Rechtsverkehr Beteiligten eine voraussetzungslose Informationsmöglichkeit zu verschaffen (vgl. § 31 Abs. 2 Satz 2 BRAO), zuwiderliefe.

54(cc) Gleiches gilt für den Vorschlag des Klägers, den Rechtsverkehr darauf zu verweisen, eine Bescheinigung des Arbeitgebers über das Beschäftigungsverhältnis anzufordern. Auch dies würde auf eine zusätzliche Hürde hinauslaufen. Außerdem wäre damit, selbst wenn einer solchen Anforderung nachgekommen würde, jedenfalls eine zeitliche Verzögerung verbunden.

55(dd) Auch ein halböffentliches Verzeichnis, auf das beispielsweise nur Gerichte und Behörden Zugriff hätten, liefe dem in § 31 Abs. 2 Satz 1 und 2 BRAO ausdrücklich niedergelegten Zweck, auch den Rechtsuchenden die Einsicht in die elektronischen Verzeichnisse zu ermöglichen, zuwider (vgl. Siegmund in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 31 BRAO Rn. 42).

56(ee) Ferner wäre eine Regelung, die den Rechtsanwaltskammern ein Ermessen einräumt, nicht gleichermaßen geeignet wie die streitgegenständliche Regelung, welche die Rechtsanwaltskammern zur Eintragung des Arbeitgebernamens verpflichtet. Die Einräumung von Ermessen könnte den bundesweit einheitlichen Vollzug der Regelung erschweren und damit dem Sinn des § 31 Abs. 2 BRAO, allen Rechtsuchenden einen schnellen, unbürokratischen und dem Stand der Technik entsprechenden Zugang zu den in § 31 Abs. 3 BRAO genannten Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. BT-Drucks. 16/513, S. 15; Siegmund, in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 31 BRAO Rn. 2), zuwiderlaufen.

57(b) Schließlich wird der Kläger durch die angegriffenen Regelungen nicht unangemessen belastet. Die namentliche Nennung seiner Arbeitgeberin in dem seine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt betreffenden Eintrag im elektronischen Verzeichnis ist ihm zuzumuten.

58Voraussetzung der Angemessenheit ist, dass das Maß der Belastung des Einzelnen noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen steht. Um dies feststellen zu können, ist eine Abwägung zwischen den Gemeinwohlbelangen, zu deren Wahrnehmung der Eingriff in Grundrechte erforderlich ist, und den Auswirkungen auf die Rechtsgüter der davon Betroffenen notwendig (st. Rspr.; vgl. nur BVerfGE 117, 163, 193 mwN). Dabei ist zu berücksichtigen, dass gewisse Härten für einzelne in Kauf genommen werden, da ein Gesetz, das seiner Natur nach typisieren muss, nicht alle Einzelfälle berücksichtigen kann und fast immer mit anderen Interessen in Konflikt gerät; es genügt, wenn es eine für möglichst viele Tatbestände angemessene Regelung schafft (vgl. BVerfGE 13, 230, 236).

59(aa) Das Informationsinteresse der am Rechtsverkehr Beteiligten hat ein erhebliches Gewicht (vgl. BT-Drucks. 16/513, S. 15). Während Gerichten und Behörden keine mit dem elektronischen Verzeichnis vergleichbar niedrigschwellige Möglichkeit zur Verfügung steht, um die Zulassung einer Person als Rechtsanwalt oder Syndikusrechtsanwalt sowie den Umfang der Vertretungsbefugnis und die Einhaltung von Berufs-, Berufsausübungs- und Vertretungsverboten schnell und zuverlässig zu klären, gilt dies gleichermaßen im Hinblick auf Rechtsuchende, die eine schnelle und zuverlässige Auskunft darüber gewinnen wollen, welche Rechtsanwälte sie zu ihrer Vertretung heranziehen können.

60Soweit der Kläger hiergegen einwendet, ein Syndikusrechtsanwalt schreibe auf dem Briefbogen seines Arbeitgebers, weshalb für alle Beteiligten ohnehin eindeutig sei, wer sein Arbeitgeber ist, greift dies insbesondere in den Fällen der Doppelzulassung nach § 4 und § 46a Abs. 1 BRAO zu kurz. Gerade in diesen Fällen sind Rechtsuchende besonders schützenswert. Insoweit hat der Anwaltsgerichtshof zutreffend darauf verwiesen, dass sich Rechtsuchende durch eine zuverlässige Auskunft auch darüber informieren können müssen, für wen ein Rechtsanwalt daneben als Syndikusrechtsanwalt tätig wird. Andernfalls liefen sie Gefahr, im Rahmen der Mandatsanbahnung Informationen an jemanden preiszugeben, der bei der Gegenseite angestellt ist. Dieser Gefahr kann nur durch eine zuverlässige Information im Vorfeld wirksam begegnet werden.

61(bb) Demgegenüber steht es dem für einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber tätigen (Unternehmens-)Juristen frei, seinen Beruf auch ohne die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt - im Rahmen der Grenzen des Rechtsdienstleistungsgesetzes - auszuüben (vgl. Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 Rn. 90; vgl. auch Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 12/21, NJW 2023, 2724 Rn. 75). In dem Fall entfiele der zweite Eintrag des Klägers als Syndikusrechtsanwalt. Bereits deshalb wiegt der Wunsch des Klägers nach Geheimhaltung des Namens seiner Arbeitgeberin weniger schwer.

62Soweit der Kläger private, berufliche und finanzielle Nachteile befürchtet, wenn er in der Öffentlichkeit mit seiner Arbeitgeberin in Verbindung gebracht würde, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis der Abwägung. Der Kläger ist der Ansicht, dass die öffentliche Meinung weder zwischen Anwalt und Mandant noch zwischen           und                                unterscheide, und sieht daher die Gefahr, durch die Veröffentlichung des Namens seiner Arbeitgeberin ausgegrenzt zu werden.

63Die Tätigkeit des Klägers für seine Arbeitgeberin wird jedoch nicht allein deshalb bekannt, weil das elektronische Verzeichnis seine Arbeitgeberin benennt. Auch jedes nach außen wirkende Tätigwerden des Klägers in seiner Funktion als Syndikusrechtsanwalt seiner Arbeitgeberin trägt zur Verbreitung dieser Information bei. Dass der Syndikusrechtsanwalt befugt ist, nach außen verantwortlich aufzutreten (vgl. § 46 Abs. 3 Nr. 4 BRAO), zeichnet nach der gesetzlichen Konzeption die Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts gerade aus. Der Kläger musste demnach durch die Aufnahme einer solchen Tätigkeit mit der auch öffentlichen Verbreitung von Informationen über diese Tätigkeit rechnen. Soweit der Kläger in einem LinkedIn-Beitrag auf eine "Beratung im       bereich in            " verweist, trägt er ferner selbst dazu bei, Nachfragen von Nachbarn oder Eltern von Mitschülern seiner Kinder nach der genauen Art seiner Tätigkeit hervorzurufen.

64Zudem ist zu berücksichtigen, dass das elektronische Verzeichnis von seiner Konzeption her nicht darauf ausgerichtet ist, eine öffentliche Fehlvorstellung zu fördern. Es richtet sich an einen bestimmten Personenkreis, nämlich an die am Rechtsverkehr Beteiligten (vgl. § 31 Abs. 2 Satz 1 BRAO). Durch die Gestaltung und den Umfang der Eintragung wird auch nach außen deutlich, dass es allein um die Darstellung der beruflichen Tätigkeit des jeweiligen Anwalts geht. Aus der gesetzlichen Regelung zur Stellung eines Syndikusrechtsanwalts ergibt sich für den Nutzer des Verzeichnisses zudem, dass das Arbeitsverhältnis des Syndikusrechtsanwalts durch fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten geprägt ist (vgl. § 46 Abs. 3 BRAO).

65bb) Die Aufnahme des Namens der Arbeitgeberin des Klägers in das elektronische Verzeichnis der Beklagten verstößt zudem nicht gegen das verfassungsmäßige Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).

66Der Senat hat bereits entschieden, dass die elektronischen Verzeichnisse mit den darin einzutragenden Angaben keinen Bedenken im Hinblick auf das als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung begegnen (vgl. Senat, Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 50/12, BRAK-Mitt 2013, 38 Rn. 10 und Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 43/15, NJW-RR 2017, 310 Rn. 21; vgl. auch Siegmund in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 31 BRAO Rn. 46 ff.).

67Der mit § 46c Abs. 1, § 31 Abs. 3 Nr. 3 BRAO, § 2 Abs. 4 Satz 3 RAVPV verbundene Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung erweist sich aus den oben genannten Gründen als verhältnismäßig und den Kläger nicht unzumutbar belastend.

68Die Veröffentlichung personenbezogener Daten stellt im Vergleich zu anderen Eingriffsmöglichkeiten, etwa der bloßen Erhebung, verwaltungsinternen Speicherung und Weitergabe an bestimmte Dritte, zwar eine besonders weitgehende Form des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar (BVerfG, NJW 2008, 1435 Rn. 32). Mit dem Register wird jedoch ein erheblicher öffentlicher Belang - nämlich die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege - verfolgt, der durch die Gestaltung des Registers auch nach außen hervortritt. Eine diesen Gemeinwohlbelang überragende Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Klägers ist nicht ersichtlich.

69cc) Die Aufnahme des Namens des Arbeitgebers eines Syndikusrechtsanwalts verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

70Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl.BVerfGE 122, 210, 230; vgl. Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 Rn. 93; jeweils mwN).

71Soweit der Kläger eine gegen den Gleichheitssatz verstoßende Ungleichbehandlung darin zu sehen glaubt, dass Rechtsanwälte nicht verpflichtet seien, die Eintragung ihrer Mandanten in ein Register zu dulden, übersieht er, dass es sich bei einer Zulassung als Rechtsanwalt und einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt um zwei unterschiedliche Arten von Anwaltszulassungen handelt und dass das Arbeitsverhältnis des Syndikusrechtsanwalts mit seinem Arbeitgeber nicht mit dem Verhältnis eines Rechtsanwalts zu einem Mandanten gleichzusetzen ist.

72Zudem werden angestellte Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte wesentlich gleich behandelt.

73Denn bei den Rechtsanwälten, die gemäß § 46 Abs. 1 BRAOihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind, wird es auch oft dazu kommen, dass der Name des Arbeitgebers in das Verzeichnis eingetragen wird. Denn bei diesen angestellten Rechtsanwälten ist als Kanzlei der Kanzleiname ihres Arbeitgebers anzugeben. Unter dem Kanzleinamen ist die Bezeichnung zu verstehen, unter der ein Rechtsanwalt an dem jeweiligen Standort beruflich auftritt (vgl. BT-Drucks. 18/6915, S. 18.; vgl. auch § 2 Abs. 4 Satz 1 RAVPV). Bei nicht in einem beruflichen Zusammenschluss tätigen Rechtsanwälten wird der Kanzleiname häufig dem um die Berufsbezeichnung ergänzten Vor- und Familiennamen entsprechen. Bei gemeinschaftlicher Berufsausübung bzw. der Berufsausübung im Rahmen einer Berufsausübungsgesellschaft ist die verwendete Kurzbezeichnung einzutragen (BT-Drucks. 18/6915, S. 18). Dies wird mit dem Namen des Arbeitgebers oftmals übereinstimmen oder nicht wesentlich abweichen.

74d) Die Aufnahme des Namens der Arbeitgeberin des Klägers in das elektronische Verzeichnis der Beklagten steht auch im Einklang mit den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung.

75aa) Die Verarbeitung ist gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. c DS-GVO rechtmäßig, weil sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt.

76(1) Mit § 46c Abs. 1, § 31 Abs. 1 BRAO, §§ 1 ff. RAVPV beruht die mit der Eintragung verbundene Datenverarbeitung auf einer ausreichenden rechtlichen Grundlage im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Buchst. c DS-GVO. Die Rechtsanwaltskammern sind gemäß § 46c Abs. 1, § 31 Abs. 1 BRAO, § 1 Abs. 1 Satz 1 RAVPV verpflichtet, elektronische Verzeichnisse (auch) der in ihrem Bezirk zugelassenen Syndikusrechtsanwälte zu führen und in diese Verzeichnisse die in § 31 Abs. 3, § 46c Abs. 5 BRAO, § 2 RAVPV näher bestimmten Daten einzutragen.

77(2) Der Zweck der Verarbeitung, elektronische Verzeichnisse zu führen, die der Information der Behörden und Gerichte, der Rechtsuchenden sowie anderer am Rechtsverkehr Beteiligter dienen, ist entsprechend der Vorgabe des Art. 6 Abs. 3 Satz 2 DS-GVO in der Rechtsgrundlage angegeben (vgl. § 31 Abs. 1 und 2 BRAO).

78(3) Außerdem muss die Verarbeitung zur Erfüllung der rechtlichen Verpflichtung des Verantwortlichen tatsächlich erforderlich sein, diese Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 3 Satz 4 DS-GVO ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgen und in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten legitimen Zweck stehen und die Verarbeitung muss innerhalb der Grenzen des unbedingt Notwendigen erfolgen (, BGHZ 239, 253 Rn. 18 mwN). Auch diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

79(a) Da die genannten Regelungen weder Ausnahmen, sei es abstrakt-generell für bestimmte Fallgruppen oder konkret bei besonderen Umständen im Einzelfall, vorsehen noch der Anwaltskammer bei der Anwendung einen Beurteilungsspielraum oder Ermessen einräumen, ist die Datenverarbeitung auch im Fall des Klägers zur Erfüllung der rechtlichen Verpflichtungen der Rechtsanwaltskammer tatsächlich erforderlich (vgl. , BGHZ 239, 253 Rn. 27 [zu der Datenverarbeitung durch das Registergericht]).

80(b) Die rechtlichen Verpflichtungen der Rechtsanwaltskammer stehen in einem angemessenen Verhältnis zu dem damit verfolgten legitimen Zweck (Art. 6 Abs. 3 Satz 4 DS-GVO).

81Bei der nach Art. 6 Abs. 3 Satz 4 DS-GVO vorzunehmenden Abwägung ist davon auszugehen, dass Art. 1 Abs. 2 DS-GVO i.V.m. mit den Erwägungsgründen 1, 4 und 10 ein hohes Niveau des Schutzes der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gewährleisten soll (, BGHZ 239, 253 Rn. 34 mwN). Dieses Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten ist allerdings, wie in Erwägungsgrund 4 DS-GVO ausgeführt, kein uneingeschränktes Recht, sondern muss im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden (BGH, aaO mwN).

82Für diese Abwägung sind allein die Unionsgrundrechte maßgeblich, wenn die im Rechtsstreit anwendbaren Regelungen durch das Unionsrecht vollständig vereinheitlicht sind; andernfalls ist auf die Grundrechte des Grundgesetzes abzustellen (, BGHZ 239, 253 Rn. 35 mwN). Ob danach hier wegen des von der Datenschutz-Grundverordnung angestrebten gleichmäßigen Datenschutzniveaus (Erwägungsgrund 9 und 10 DS-GVO) die Unionsgrundrechte heranzuziehen sind oder in Anbetracht des in Art. 6 Abs. 3 DS-GVO enthaltenen Regelungsspielraums für die Mitgliedstaaten die Grundrechte des Grundgesetzes (vgl. dazu , BGHZ 239, 253 Rn. 35 mwN), bedarf keiner Entscheidung. Die in Rede stehende Datenverarbeitung durch die Rechtsanwaltskammer erweist sich auch bei Anwendung der Unionsgrundrechte als verhältnismäßig.

83(c) Bei Maßgeblichkeit der Unionsgrundrechte sind die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung im Lichte von Art. 8 GRCh (Schutz personenbezogener Daten) und Art. 7 GRCh (Achtung des Privat- und Familienlebens) auszulegen, die ihrerseits eine Entsprechung in Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) haben (, BGHZ 239, 253 Rn. 36 mwN). Art. 7 GRCh und Art. 8 EMRK schließen dabei auch berufliche oder geschäftliche Tätigkeiten ein (vgl. , AfP 2023, 149 Rn. 22; EGMR, NJW 2021, 3647 Rn. 39).

84Nach Art. 8 Abs. 2 GRCh dürfen personenbezogene Daten nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Für die übrigen Unionsgrundrechte bestimmt Art. 52 Abs. 1 GRCh, dass Einschränkungen der Unionsgrundrechte zulässig sind, sofern sie gesetzlich vorgesehen sind und den Wesensgehalt der Grundrechte sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Einschränkungen dürfen danach nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen. Sie müssen sich auf das absolut Notwendige beschränken und die den Eingriff enthaltende Regelung muss klare und präzise Regeln für die Tragweite und die Anwendung der betreffenden Maßnahme vorsehen (, BGHZ 239, 253 Rn. 37 mwN).

85(d) Das ist hier der Fall. Das elektronische Verzeichnis dient der Transparenz des Rechtsdienstleistungsmarkts und den Interessen der Verbraucher. Durch die schnelle Verfügbarkeit der Daten für die Gerichte, Staatsanwaltschaften, Anwälte und Rechtsuchenden trägt es zur Funktionsfähigkeit der Rechtspflege bei. Dies gilt auch für die Auskunft über den Arbeitgeber eines Syndikusrechtsanwalts, da dadurch Zustellungen erleichtert werden, die Vertretungsbefugnis vor Gericht oder die formgemäße Einreichung von Schriftsätzen schnell geklärt werden können oder Interessenkonflikte offenbar werden.

86Wie im Rahmen der Abwägung der nationalen Grundrechte bereits ausgeführt worden ist, gibt es kein milderes, gleich geeignetes Mittel. Insbesondere ist eine Verarbeitung der Daten unter Ausschluss der Veröffentlichung nicht gleich geeignet, um den Zweck zu erreichen. Ein Auskunftsanspruch, der gegenüber der Rechtsanwaltskammer geltend gemacht werden müsste, würde mehr Aufwand für die Klärung von Fragen bedeuten, die vor einer Entscheidung in der Sache beantwortet werden müssen und daher eine schnelle Verfügbarkeit der notwendigen Informationen erfordern.

87In den Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung und der Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung ist genau und klar geregelt, welche Daten erhoben werden und welche Daten veröffentlicht werden.

88bb) Die Datenverarbeitung ist selbst dann rechtmäßig, wenn man den Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 1 DS-GVO als eröffnet ansieht.

89Die Vorschrift des Art. 9 Abs. 1 DS-GVO gilt neben den dort aufgeführten personenbezogenen Daten auch für Verarbeitungen, die sich nicht nur auf ihrem Wesen nach sensible Daten beziehen, sondern auch auf Daten, aus denen sich mittels eines Denkvorgangs der Ableitung oder des Abgleichs indirekt sensible Informationen ergeben (EuGH, NJW 2023, 2837 Rn. 344 - Europäische Kommission/Republik Polen; , juris Rn. 83 - Lindenapotheke).

90Ob es sich vorliegend bei der Veröffentlichung der Arbeitgeberin des Klägers um sensible Daten handelt, braucht jedoch nicht entschieden zu werden. Denn die Veröffentlichung ist gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. g DS-GVO gerechtfertigt.

91Gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. g DS-GVO gilt Art. 9 Abs. 1 DS-GVO nicht, wenn die Verarbeitung auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats, das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz wahrt und angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht, aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich ist.

92(1) Die Verarbeitung ist auf der Grundlage von § 31 BRAO i.V.m. den Vorschriften der Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich. Öffentliches Interesse kann alles sein, was der Gemeinschaft dient. Das Interesse muss von besonderer Bedeutung sein, wobei dem konkretisierenden Normgeber aber ein weiter Gestaltungsspielraum belassen wird (Weichert in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 4. Aufl., Art. 9 Rn. 90). Von einem erheblichen öffentlichen Interesse wird allgemein dann auszugehen sein, wenn die Gründe für die Verarbeitung ein ähnliches Gewicht aufweisen wie die übrigen in Art. 9 Abs. 2 aufgeführten Verarbeitungsgründe (Kampert in Sydow/Marsch, DS-GVO/BDSG, 3. Aufl., Art. 9 Rn. 35).

93Die Verzeichnisse der Rechtsanwaltskammern und das Gesamtverzeichnis dienen gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 BRAO der Information der Behörden und Gerichte, der Rechtsuchenden sowie anderer am Rechtsverkehr Beteiligter und somit der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Dies ist ein erhebliches öffentliches Interesse (vgl. EuGH, NJW 2023, 2837 Rn. 354). Dies ergibt sich auch aus Art. 9 Abs. 2 Buchst.  f DS-GVO, wonach Art. 9 Abs. 1 DS-GVO nicht gilt, wenn die Verarbeitung zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen oder bei Handlungen der Gerichte im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit erforderlich ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Rechtsansprüche in einem Gerichtsverfahren oder in einem Verwaltungsverfahren oder einem außergerichtlichen Verfahren geltend gemacht, ausgeübt oder verteidigt werden (vgl. Erwägungsgrund 52 der DS-GVO). Diese Regelung dient der Sicherung des Justizgewährleistungsanspruchs. Lässt sich ein rechtlicher Anspruch nur unter Verarbeitung sensitiver Daten durchsetzen, so soll es hieran nicht scheitern(Weichert in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 4. Aufl., Art. 9 Rn. 83).

94(2) Die Verarbeitung der Daten steht auch in einem angemessenen Verhältnis zu dem damit verfolgten Ziel. Bei der Beurteilung der Schwere des Eingriffs ist insbesondere der Art der in Rede stehenden personenbezogenen Daten Rechnung zu tragen, vor allem der möglicherweise sensiblen Natur dieser Daten, sowie der Art und den konkreten Modalitäten ihrer Verarbeitung, insbesondere der Zahl der Personen, die Zugang zu diesen Daten haben, und den Zugangsmodalitäten (EuGH, NJW 2023, 2837 Rn. 374 - Europäische Kommission/Republik Polen).

95Die Schwere des Eingriffs ist mit der Bedeutung des geltend gemachten, dem Gemeinwohl dienenden Ziels abzuwägen (EuGH, NJW 2023, 2837 Rn. 379 - Europäische Kommission/Republik Polen). Zu diesem Zweck sind unter anderem die konkreten Ausprägungen und das Ausmaß der Gefahr, die auf diese Weise bekämpft werden soll, und die mit den beanstandeten nationalen Bestimmungen tatsächlich verfolgten Ziele zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf den Kontext, in dem die Bestimmungen erlassen wurden, so dass das Ergebnis der Abwägung zwischen diesen Zielen einerseits und dem Recht der betroffenen Personen auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten andererseits nicht unbedingt für alle Mitgliedstaaten gleich ist (EuGH, NJW 2023, 2837 Rn. 380 - Europäische Kommission/Republik Polen).

96Vorliegend führt die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zwar dazu, dass diese Angaben im Internet öffentlich und somit einer potenziell unbegrenzten Zahl von Personen zugänglich gemacht werden, so dass durch diese Verarbeitung auch Personen, die sich aus Gründen, die nicht mit dem geltend gemachten, dem Gemeinwohl dienenden Ziel zusammenhängen, Kenntnis über die anwaltliche Tätigkeit des Betroffenen verschaffen wollen, auf diese Angaben zugreifen können (vgl. EuGH, NJW 2023, 2837 Rn. 376 - Europäische Kommission/Republik Polen). Allerdings muss die Abfrage über eine Suchfunktion erfolgen, so dass ein Nutzer nicht durch das bloße Aufrufen der Seite Zugang zu einer Gesamtübersicht hat.

97Wie bereits dargelegt, verfolgen die in der Bundesrechtsanwaltsordnung und der Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung getroffenen Regelungen das Ziel, der Information aller am Rechtsverkehr Beteiligten zu dienen. Im Bereich des elektronischen Anwaltspostfachs dienen die Regelungen zudem dazu, durch die Zuteilung der Zugangsberechtigungen auch die Vertraulichkeit innerhalb der jeweiligen Mandats- und Arbeitsverhältnisse zu gewährleisten. In Bezug auf die Rechtsuchenden sollte durch die Neuregelungen auch der Verbraucherschutz gestärkt werden, indem die Wahl eines geeigneten Rechtsanwalts erleichtert werden sollte. Der Gesetzgeber verfolgt damit mehrere Ziele, um die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu erhalten und zu stärken.

98Das Verfahren der Datenverarbeitung hat nicht gezielt zum Gegenstand, besondere personenbezogene Daten im Sinne von Art. 9 Abs. 1 DS-GVO zu verarbeiten (vgl. BFHE 281, 482 Rn. 36). Der Zweck der Verarbeitung wird auch nach außen für die Abfragenden klar. Denn es geht ersichtlich darum, auf den Beruf des Rechtsanwalts/Syndikusrechtsanwalts bezogene Angaben zu machen, um den Rechtsuchenden die Auswahl des für sie geeigneten Anwalts zu ermöglichen und um den am Rechtsverkehr Beteiligten eine unkomplizierte Informationsmöglichkeit zu eröffnen. Durch die Angabe der Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" bzw. "Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)" wird zudem die unabhängige Stellung des jeweiligen Berufsträgers nach außen deutlich gemacht. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass dem Syndikusrechtsanwalt die Befugnis zukommt, nach außen verantwortlich aufzutreten (vgl. § 46 Abs. 3 Nr. 4 BRAO), wobei er selbst jeweils angeben muss, für wen er tätig wird, wer also sein Arbeitgeber ist.

99Zwar überwiegen die durch die Art. 7 und 8 der Charta geschützten Rechte der betroffenen Person im Allgemeinen gegenüber dem Recht von Internetnutzern auf freie Information; der Ausgleich kann in besonders gelagerten Fällen aber von der Art der betreffenden Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person und vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information abhängen, das unter anderem je nach der Rolle, die die Person im öffentlichen Leben spielt, variieren kann (EuGH, NJW 2019, 3503 Rn. 66 - GC u.a. (Auslistung sensibler Daten)). Vorliegend geht es nicht nur um das Recht auf freie Information, sondern um das Recht des Nutzers des Registers, zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen - also in Ausübung eines von Art. 9 Abs. 2 Buchst. f DS-GVO geschützten erheblichen Interesses - auf das Register zuzugreifen, um so beispielsweise festzustellen, an wen er die Geltendmachung von Rechtsansprüchen adressieren kann, oder ob der Gegner in einem gerichtlichen Verfahren ordnungsgemäß vertreten ist.

100(3) Der Wesensgehalt des Grundrechts ist nicht beeinträchtigt, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass grundlegende Bestandteile des Grundrechts völlig missachtet würden (vgl. Petri in Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, Datenschutzrecht, 2019, Art. 9 Rn. 76).

101(4) Die Vorschriften der Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung sehen angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vor.

102So hat insbesondere unverzüglich eine Sperrung der Angaben zu erfolgen, wenn die Zulassung des Syndikusrechtsanwalts widerrufen wird (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 RAVPV). Gesperrte Eintragungen dürfen nicht durch Einsichtnahme in das Register ersichtlich sein (§ 5 Abs. 2 RAVPV) und werden spätestens zwei Jahre nach der Sperrung beziehungsweise auf Antrag des Eingetragenen unverzüglich gelöscht (§ 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 RAVPV).

103Die das Verzeichnis führende Rechtsanwaltskammer hat zu gewährleisten, dass Eintragungen, Berichtigungen, Sperrungen, Entsperrungen und Löschungen allein durch sie selbst vorgenommen werden können (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 RAVPV). Zudem muss nachträglich überprüft und festgestellt werden können, wer diese Maßnahmen innerhalb der Rechtsanwaltskammer zu welchem Zeitpunkt vorgenommen hat (Art. 8 Abs. 1 Satz 2 RAVPV). Jede Rechtsanwaltskammer hat gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 RAVPV durch geeignete organisatorische und dem aktuellen Stand entsprechende technische Maßnahmen Vorkehrungen zu treffen, dass sie von auftretenden Fehlfunktionen des von ihr zu führenden Verzeichnisses unverzüglich Kenntnis erlangt. Schwerwiegende Fehlfunktionen hat sie unverzüglich, andere Fehlfunktionen hat sie zeitnah zu beheben (Art. 8 Abs. 3 Satz 2 RAVPV).

104Gemäß § 7 Abs. 2 RAVPV kann die Nutzung der Suchfunktion von der Eingabe eines auf der Internetseite angegebenen Sicherheitscodes abhängig gemacht werden. Die Suche in den Verzeichnissen auf Grundlage bestimmter Kriterien (vgl. Art. 7 Abs. 1 RAVPV) ermöglicht zudem eine gezielte Einsichtnahme in die Verzeichnisse und schließt eine durch das Informationsinteresse des Rechtsverkehrs nicht gebotene Einsehbarkeit einer Gesamtdarstellung aller in den Verzeichnissen eingetragenen Personen aus (BR-Drs. 417/16, S. 27).

1052. Über den Hilfsantrag des Klägers ist nicht zu entscheiden. Denn der Hilfsantrag ist nur für den Fall gestellt, dass der Kläger mit dem Antrag auf Unterlassung der namentlichen Nennung der Arbeitgeberin Erfolg hat, aber das Gericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Angabe des Namens des Klägers und die Anschrift der Arbeitgeberin nicht ausreicht, um die postalische Erreichbarkeit des Klägers sicherzustellen. In diesem Fall hätte der Kläger mit dem Hilfsantrag die Eintragung seiner Privatanschrift oder die Nennung des                                       begehrt. Da aber die Arbeitgeberin des Klägers in dem elektronischen Verzeichnis namentlich einzutragen ist, kommen diese Varianten von vornherein nicht in Betracht.

II.

106Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 1 BRAO, § 52 Abs. 2 GKG.

Limperg                         Liebert                         Ettl

                     Kau                                Merk

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:111124UANWZ.BRFG.17.23.0

Fundstelle(n):
FAAAJ-83739