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BGH Urteil v. - 2 StR 170/24

Instanzenzug: Az: 102a KLs 2/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind und mit Unternehmen des Sichverschaffens kinderpornographischer Inhalte in fünf Fällen, Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind in zwei Fällen, versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit Unternehmen des Sichverschaffens jugendpornographischer Inhalte, sexuellen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind in Tateinheit mit sexueller Nötigung und mit Unternehmen des Sichverschaffens kinderpornographischer Inhalte in zwei Fällen, versuchten sexuellen Missbrauchs eines Kindes ohne Körperkontakt mit dem Kind in Tateinheit mit einem versuchten sexuellen Übergriff und mit Unternehmen des Sichverschaffens kinderpornographischer Inhalte, sexuellen Missbrauchs eines Kindes ohne Körperkontakt mit dem Kind in Tateinheit mit versuchter Nötigung und mit Unternehmen des Sichverschaffens kinderpornographischer Inhalte, Nötigung in drei Fällen, versuchter Nötigung in sechs Fällen sowie wegen Unternehmens des Sichverschaffens jugendpornographischer Inhalte in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

2Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

31. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

4Der Angeklagte nahm über Online-Plattformen Kontakt zu minderjährigen Mädchen im Alter zwischen 13 und 16 Jahren auf. Er benutzte dabei verschiedene Pseudonyme, unter denen er sich als minderjähriger Junge oder minderjähriges Mädchen ausgab. Ihm war vor allem daran gelegen, Nacktfotos sowie Fotos und Videos seiner Gesprächspartnerinnen mit pornographischen Inhalten zu erlangen. Zudem ging es ihm darum, über die Manipulation und Erniedrigung der Mädchen ein Gefühl von Überlegenheit und Macht zu erleben, wobei er schrittweise vorging. Hinsichtlich der Fälle II.9, II.11 und II.14 der Urteilsgründe hat das Landgericht folgenden Sachverhalt festgestellt.

5a) In der Zeit vom bis zum kommunizierte der Angeklagte mit der im Tatzeitraum 15 Jahre alten Geschädigten über „WhatsApp“, wobei der Angeklagte hierbei das jugendliche Alter der Geschädigten jedenfalls billigend in Kauf nahm. Der Angeklagte forderte die Geschädigte wiederholt zur Übersendung von Nacktaufnahmen auf, was sie schließlich tat. Um die Geschädigte unter Druck zu setzen, schrieb der Angeklagte ihr am gegen 23:12 Uhr: „Sagt dir das was [bestimmte Schule]“ und „Das ist deine Schule“. Sodann drohte er: „Wie schlimm ist es wenn die Videos und die Bilder alle an deiner Schule und bei dem Spiel sehen könnten wie schlimm währe das von 10 bis 1000+ und ich jemand aus deine Schule bin“. Nachdem die Geschädigte mit „1000+“ geantwortet hatte, schrieb der Angeklagte: „Was würdest du alles machen damit die niemand zu sehen bekommt“. Als die Geschädigte diese Frage nicht beantwortete, erhöhte der Angeklagte den Druck: „Ok dann werde ich das allen in Schule schicken und bei dem Spiel und ins Internet“ sowie „Dann gebe mir eine Antwort auf meine Frage was würdest du alles dafür machen“. Schließlich schrieb der Angeklagte: „Nein du wirst 6 Monate machen was ich verlange“. Zudem forderte er die Geschädigte auf, in ihr Badezimmer zu gehen und sich während eines Videoanrufes mit ihm auszuziehen.

6Die Geschädigte, die aus Angst vor der von dem Angeklagten angedrohten Bloßstellung dem Druck nachgab, jedoch den Live-Videoanruf scheute, schlug dem Angeklagten beschwichtigend die Anfertigung einer entsprechenden Videodatei vor, was der Angeklagte zunächst mit „Ok dann bye und dich sieht jeder“ und später mit der Nachricht „Ok ein Video 8 Minuten lang wo du dich ausiehst und dich mit unterschidlich vielen Fingern fingerst“ kommentierte. Im Verlauf der weiteren Kommunikation forderte der Angeklagte die Geschädigte zur Übersendung der entsprechenden Videodatei auf und erwähnte hierbei regelmäßig, dass er anderenfalls die zuvor übersandten Dateien veröffentlichen werde. Gegen 23:57 Uhr schrieb der Angeklagte darüber hinaus „Und bei TikTok bekommt es auch jeder und wenn Jugendamt davon erfährt darfst auch nicht mehr zu deinem Vater“.

7Die Geschädigte übersandte aufgrund der vorangegangenen Drohungen daraufhin ein Video an den Angeklagten, welches die Geschädigte teilweise entkleidet beim Umziehen zeigte. Der Angeklagte war damit jedoch nicht zufrieden und kommentierte das Video mit den Worten „Vergesse es man sieht nichts und nicht 5 Minuten bye lade jetzt alles hoch“. Im Verlauf des weiteren Chats, nachdem der Angeklagte erneut wiederholt eine Veröffentlichung der Dateien der Geschädigten angedroht hatte, willigte die Geschädigte ein, für einen Zeitraum von acht Monaten den Aufforderungen des Angeklagten nachzukommen. Dieser schrieb hierzu: „Das heißt Bilder Videos cam egal was“ und „Wenn ich sage du sollst jetzt was machen dann hast du das zu machen“ und „Solltest du einmal nicht machen was ich verlange und sage ists vrbei“. Am gegen 00:45 Uhr äußerte er zudem: „Du wirst jetzt ein Video machen wie du dich im Bad ganz ausziehen wirst“ und „Aber du wirst dich 3 Minuten nackt zeigen“. Die Geschädigte übersandte daraufhin eine Videodatei, in welcher sie sich mit unbekleideter Brust präsentierte.

8Zu einer Übersendung des von dem Angeklagten geforderten Videos, in dem sich die Geschädigte verschiedene Finger vaginal einführen sollte, kam es hingegen nicht. Der Angeklagte erkannte, nachdem er die Geschädigte auch im Folgenden nicht zur Übersendung eines solchen Videos zwingen konnte, dass er mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Herstellung und Übersendung des Videos durch die Geschädigte nicht mehr würde erreichen können, und sah sein Vorhaben als fehlgeschlagen an (Fall II.9 der Urteilsgründe).

9b) Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Mai 2022 forderte der Angeklagte eine andere, ebenfalls etwa 15 Jahre alte Geschädigte in Kenntnis ihres jugendlichen Alters zur Übersendung von Nacktaufnahmen auf. Dieser Aufforderung kam die Geschädigte nach und übersandte eine Videodatei, in welcher ihre unbekleideten Brüste im Fokus der Kamera stehen. Der Angeklagte speicherte sich dieses Video ab (Fall II.11 der Urteilsgründe).

10c) Am Abend des forderte der Angeklagte die 13-jährige Nebenklägerin auf, ihm am nächsten Morgen ein zehn- bis fünfzehnminütiges Video zu übersenden, in welchem sie nackt auf dem Bett liege und sich im Brust- und Genitalbereich mit einem Stofftier berühre. Auf Nachfragen der Nebenklägerin forderte der Angeklagte weiter: „Nackt da liegen auf Bett“ und „Sollst du mit deiner Hand über Brüste gehen und unterhalb auch“. Die Nebenklägerin fertigte ein Video, zu dessen genauem Inhalt die Kammer keine Feststellungen treffen konnte. Die Nebenklägerin handelte hierbei – wie dem Angeklagten bewusst war und was er ausnutzte – allein aufgrund der durch den Angeklagten geschaffenen Bedrohungslage, bei einer Weigerung ihre zuvor übersandten Dateien zu verbreiten. Sie übersandte das Video am um 8:24 Uhr an den Angeklagten, der mit dem Inhalt des Videos indes nicht zufrieden war und um 13:43 Uhr schrieb: „Hi hattest du dir eigentlich genau durchgelesen was du machen solltest weil du hast eine Sache nicht gemacht !!! Und auch was du machen musst wenn es nicht so ist wie es sein sollte.“ Die Geschädigte antwortete dem Angeklagten zunächst nicht und war erst am Abend desselben Tages wieder für ihn erreichbar. Der Angeklagte hatte dabei erkannt, dass er die Geschädigte trotz der zuvor ausgesprochenen Drohungen nicht ohne zeitliche Zäsur zur Herstellung des gewünschten Videos veranlassen konnte. Wie die Geschädigte dem Angeklagten später mitteilte, hatte sie sich in der vorgenannten Videodatei aufgrund empfundenen Ekels nicht, wie gefordert, mit dem Stofftier an ihrer Vulva berührt (Fall II.14 der Urteilsgründe).

112. Das Landgericht hat die Tat in Fall II.9 der Urteilsgründe als versuchte Vergewaltigung in Tateinheit mit Unternehmen des Sichverschaffens jugendpornographischer Inhalte, die Tat in Fall II.11 der Urteilsgründe als Unternehmen des Sichverschaffens jugendpornographischer Inhalte und die Tat in Fall II.14 der Urteilsgründe als versuchten sexuellen Missbrauch eines Kindes ohne Körperkontakt mit dem Kind in Tateinheit mit versuchtem sexuellem Übergriff und mit Unternehmen des Sichverschaffens kinderpornographischer Inhalte gewürdigt.

II.

12Die Überprüfung des landgerichtlichen Urteils deckt hinsichtlich der Fälle II.11 und II.14 der Urteilsgründe Rechtsfehler auf; im Übrigen haben sich durchgreifende Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.

131. Der Senat hebt den Schuldspruch im Fall II.11 der Urteilsgründe auf und ändert ihn im Fall II.14 der Urteilsgründe. Ansonsten hält der Schuldspruch der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

14a) Die hinsichtlich Fall II.11 der Urteilsgründe erfolgte Verurteilung wegen Unternehmens des Sichverschaffens jugendpornographischer Inhalte gemäß § 184c Abs. 3 StGB wird von den Feststellungen nicht getragen; denn diese ergeben nicht, dass die Handlung des Angeklagten sich auf einen jugendpornographischen Inhalt bezog.

15aa) Nach § 184c Abs. 3 StGB macht sich strafbar, wer es unternimmt, einen jugendpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen, oder wer einen solchen Inhalt besitzt. Ein jugendpornographischer Inhalt liegt vor, wenn er sexuelle Handlungen von, an oder vor einer jugendlichen Person, die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten jugendlichen Person in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes einer jugendlichen Person zum Gegenstand hat. Die Aufnahme des nur unbekleideten Körpers der Person erfüllt für sich diese Voraussetzungen noch nicht (, u.a. Rn. 12; vgl. auch , BGHR StGB § 184b Abs. 1 Kinderpornographische Schrift 1 Rn. 5).

16bb) Daran gemessen tragen die Feststellungen in Fall II.11 der Urteilsgründe die Annahme nicht, die Handlung des Angeklagten habe sich auf einen jugendpornographischen Inhalt bezogen. Denn den Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass die Geschädigte in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung zu sehen oder dies vom Angeklagten beabsichtigt gewesen wäre. Seine Aufforderung bezog sich auf die Übersendung von Nacktaufnahmen, wobei eine aufreizend geschlechtsbetonte Körperhaltung nicht thematisiert wurde. Das übersandte Video zeigte die unbekleideten Brüste, die im Fokus der Kamera standen. Dies stellt keinen jugendpornographischen Inhalt dar.

17cc) Da auszuschließen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende, die Erfüllung des Tatbestands des § 184c Abs. 3 StGB ergebende Feststellungen getroffen werden könnten, spricht der Senat den Angeklagten im Fall II.11 der Urteilsgründe mit entsprechender Kostenfolge frei.

18b) In Fall II.14 der Urteilsgründe ist das Landgericht zu Unrecht von einem lediglich versuchten sexuellen Missbrauch eines Kindes ohne Körperkontakt mit dem Kind in Tateinheit mit einem lediglich versuchten sexuellen Übergriff ausgegangen. Zwar ist es dem Angeklagten nach den Feststellungen nicht gelungen, die Nebenklägerin zu veranlassen, ihm ein Video zu schicken, in welchem sie sich nackt auf dem Bett liegend im Brust- und Genitalbereich mit einem Stofftier berührte. Die Nebenklägerin hatte jedoch unter dem Eindruck der Drohungen ein Video erstellt und an den Angeklagten übersandt, das – auch wenn die Strafkammer zu dessen genauem Inhalt keine Feststellungen treffen konnte – sexuelle Handlungen der Nebenklägerin an sich zeigte. Denn der Angeklagte monierte anschließend lediglich, sie habe „eine Sache nicht gemacht“, worauf die Geschädigte ihm mitteilte, sich aufgrund empfundenen Ekels nicht, wie gefordert, mit dem Stofftier an ihrer Vulva berührt zu haben. Aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich damit, dass die Geschädigte sich nackt auf dem Bett liegend mit einem Stofftier im Brustbereich berührte.

19Damit sind die Voraussetzungen eines vollendeten sexuellen Missbrauchs eines Kindes ohne Körperkontakt mit dem Kind nach § 176a Abs. 1 Nr. 2 StGB in Tateinheit mit vollendeter sexueller Nötigung nach § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB – hier in Tateinheit mit Sichverschaffen kinderpornographischer Inhalte – erfüllt. Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO. Das Verschlechterungsverbot des § 358 StPO hindert die Verschärfung des Schuldspruchs nicht (vgl. , Rn. 5 mwN). Auch § 265 StPO steht ihr nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

20c) Im Übrigen ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei. Insbesondere tragen die Feststellungen in Fall II.9 der Urteilsgründe entgegen der schriftlich geäußerten Auffassung des Generalbundesanwalts die Verurteilung wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit Unternehmen des Sichverschaffens jugendpornographischer Inhalte.

21aa) Die Strafkammer ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Grundtatbestände des § 177 Abs. 1 und 2 StGB und der sich auf diese beziehende besonders schwere Fall nach § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB nach dem Wortlaut des Gesetzes auch sexuelle Handlungen des Opfers an sich selbst erfassen und es nicht erforderlich ist, dass der Täter räumlich anwesend ist (vgl. , BGHR StGB § 177 Abs. 1 n.F. von ihr vornehmen lässt 1, Rn. 7 mwN).

22bb) Der Angeklagte hat zu der Vergewaltigung auch unmittelbar gemäß § 22 StGB angesetzt.

23(1) Ein unmittelbares Ansetzen zur Tat liegt bei Handlungen des Täters vor, die nach seiner Vorstellung in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht, wobei auf die strukturellen Besonderheiten der jeweiligen Tatbestände Bedacht zu nehmen ist (st. Rspr.; vgl. nur , Rn. 16).

24Nicht als Zwischenakte in diesem Sinne anzusehen sind Handlungen, die wegen ihrer notwendigen Zusammengehörigkeit mit der Tathandlung nach dem Plan des Täters als deren Bestandteil erscheinen, weil sie an diese zeitlich und räumlich angrenzen und mit ihr im Falle der Ausführung eine natürliche Einheit bilden; dies kann auch für ein notwendiges Mitwirken des Opfers gelten (vgl. , NJW 1980, 1759 f.; vom – 4 StR 223/21, Rn. 16, und vom – 2 StR 96/23, Rn. 32; Beschluss vom – 4 StR 219/15, Rn. 13 ff.). Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung im Einzelfall sind unter anderem die Dichte des Tatplans und der Grad der Rechtsgutgefährdung (vgl. , BGHR StGB § 22 Ansetzen 39, und vom – 4 StR 223/21, Rn. 16, jeweils mwN).

25(2) Gemessen hieran ist die rechtliche Würdigung des Landgerichts im Fall II.9 der Urteilsgründe rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte hatte von der Geschädigten bereits Nacktfotos erhalten. Er übte mittels einer Vielzahl von Nachrichten erheblichen Druck durch die Androhung der Verbreitung der Nacktaufnahmen aus. Dies führte dazu, dass die Geschädigte sich zwar nicht dazu bereit erklärte, sich während eines Videoanrufs auszuziehen. Sie stellte jedoch die Anfertigung einer entsprechenden Videodatei in Aussicht, worauf der Angeklagte forderte, dass die Geschädigte ihre Finger in ihre Vagina einführen sollte. Bis zur Übersendung des Videos erhöhte der Angeklagte durch mehrere weitere Nachrichten den Druck, damit die Geschädigte seine Wünsche erfülle.

26Vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Bereitschaft der Geschädigten, auf die Forderungen des Angeklagten einzugehen, sowie der von ihr bereits übersandten Nacktbilder war angesichts der drängend-manipulativen Vorgehensweise des Angeklagten, die seinem Tatplan entsprach, von einer erheblichen Rechtsgutgefährdung auszugehen. Der Angeklagte musste sich nah am Ziel seines Vorhabens sehen, als er davon ausging, dass die Geschädigte nunmehr ein Video anfertigte.

27Insoweit unterscheidet sich der Fall von anderen Fällen, in denen das Rechtsgut noch nicht stark gefährdet war und der Bundesgerichtshof den Versuchsbeginn abgelehnt hat, weil das weitere Geschehen von der Bereitschaft des Opfers abhängig war, sich auf das Ansinnen des Täters einzulassen. In diesen Fällen war das Opfer noch nicht in den Zugriffsbereich des Täters gelangt (, Rn. 5, 16 f., insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 59, 28), das Angebot von Geld für ein Entkleiden während eines Videotelefonats erfolgte „fernschriftlich“ (, Rn. 5 f.) oder der Täter unternahm nach einem Angebot von zunächst 50 Euro und später 3.400 Euro für die Durchführung des Oralverkehrs gegen Ende einer Reise keine weiteren Anstalten, sein Ziel zu erreichen (, NStZ-RR 2021, 335 Rn. 2 ff.). Auch in dem Fall, in dem der Täter zwei Kinder während eines (Video-)Telefonats zu einem Zungenkuss aufforderte, nachdem diese kurz zuvor seiner Forderung nach einem Kuss nachgekommen waren (, u.a. Rn. 10, 19), war die Rechtsgutgefährdung wesentlich schwächer als im vorliegenden Fall, in dem der Angeklagte erheblichen Druck ausübte und eine Zusage der Geschädigten erhalten hatte.

28cc) Der Angeklagte trat nicht wirksam von der versuchten Vergewaltigung zurück. Die Geschädigte übersandte ihm trotz Aufrechterhaltung des Drucks lediglich zwei Videodateien, die seinen Forderungen nicht entsprachen. Vor diesem Hintergrund ist die Schlussfolgerung des Landgerichts nicht zu beanstanden, wonach der Angeklagte erkannte, dass er mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Herstellung und Übersendung eines Videos, das die Geschädigte während des Einführens von Fingern in ihre Vagina zeigen sollte, nicht mehr würde erreichen können, und daher seinen Versuch als fehlgeschlagen ansah.

292. Der Strafausspruch hat, soweit nicht der Angeklagte in Fall II.11 der Urteilsgründe freizusprechen ist, Bestand.

30a) Das gilt zum einen für die in den Fällen II.10, II.13, II.14, II.17 bis 21 und II.23 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen. Zwar hat das Landgericht den Angeklagten in diesen Fällen tateinheitlich auch nach § 184b Abs. 3 StGB in der zwischen dem und dem gültigen Fassung (künftig: aF) verurteilt, der im Gegensatz zu der nach § 2 Abs. 3 StGB hier beachtlichen neuen Fassung, die nur noch ein Vergehen regelt, einen Verbrechenstatbestand normierte. Die Einzelstrafen hat das Landgericht jedoch dem Strafrahmen des gleichzeitig verwirklichten Delikts des sexuellen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind gemäß § 176a Abs. 1 StGB (Fälle II.10, II.13, II.14 und II.17 der Urteilsgründe, in Fall II.14 der Urteilsgründe den Angeklagten nicht beschwerend zu Unrecht wegen Versuchs gemildert) bzw. der Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 6 StGB (Fälle II.18 bis 21 und II.23 der Urteilsgründe) entnommen. Bei der Strafzumessung hat es zulasten des Angeklagten die tateinheitliche Verwirklichung des § 184b Abs. 3 StGB aF nicht berücksichtigt. Soweit das Landgericht den Strafrahmen des § 176a Abs. 1 StGB zugrunde gelegt hat, der zwar ein höheres Höchstmaß, jedoch ein niedrigeres Mindestmaß vorsieht als § 184b Abs. 3 StGB aF, schließt der Senat aus, dass das Landgericht nur deshalb keine niedrigere Freiheitsstrafe als ein Jahr verhängt hat, weil es sich wegen § 52 Abs. 2 StGB daran gehindert gesehen hat, nachdem es in diesen Fällen Freiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten (Fall II.17 der Urteilsgründe) bzw. einem Jahr und acht Monaten (Fälle II.10, II.13 und II.14 der Urteilsgründe) ausgeurteilt hat. Auf der höheren Strafdrohung des § 184b Abs. 3 StGB aF beruht die Bemessung der Einzelstrafen in den Fällen II.10, II.13, II.14, II.17 bis 21 und II.23 der Urteilsgründe mithin nicht.

31b) Zum anderen bleibt die verhängte Gesamtstrafe trotz des Wegfalls der in Fall II.11 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe bestehen. Der Senat schließt angesichts der in Fall II.22 der Urteilsgründe verhängten Einsatzstrafe von drei Jahren und drei Monaten sowie einer Vielzahl von weiteren Einzelstrafen zwischen sechs Monaten und drei Jahren Freiheitsstrafe aus, dass das Landgericht ohne die aufgrund des Freispruchs entfallende Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.

Menges                         Zeng                         Grube

                  Lutz                      Zimmermann

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:201124U2STR170.24.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-83736