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BGH Beschluss v. - 2 StR 441/24

Instanzenzug: LG Aachen Az: 60 KLs 22/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Cannabis in zehn Fällen“ unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung und unter Auflösung der dortigen Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt, seine in der Vorverurteilung angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten, festgelegt, dass in den Niederlanden in dem der Vorverurteilung zugrunde liegenden Verfahren erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die Strafe anzurechnen ist, und weiterhin angeordnet, dass 276.200 € als Wertersatz von Taterträgen einzuziehen sind. Das auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

21. Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte im Fall II. 2. f) der Urteilsgründe, den das Landgericht als Handeltreiben mit Cannabis abgeurteilt hat, am 200 Cannabisstecklinge, die er anschließend gewinnbringend weiterveräußerte. Stecklinge unterfallen aber, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend hinweist, anders als eingepflanzte Setzlinge (vgl. Patzak in Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., KCanG, § 1 Rn. 8) als Vermehrungsmaterial nach § 1 Nr. 8 Buchst. c) KCanG i.V.m. § 1 Nr. 6 und 7 KCanG nicht dem Cannabisbegriff des § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG (vgl. Patzak in Patzak/Fabricius, aaO, § 34 Rn. 22). Dass es sich bei den Tatobjekten bereits um eingepflanzte Jungpflanzen handelte, lässt sich weder den Feststellungen noch den übrigen Urteilsgründen entnehmen. Da ergänzende Feststellungen insoweit nicht ausgeschlossen erscheinen, stellt der Senat auf Antrag des Generalbundesanwalts das Verfahren aus prozessökonomischen Gründen hinsichtlich dieser Tat nach § 154 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 StPO mit der Kostenfolge des § 467 Abs. 1 StPO ein.

32. Im Übrigen hat die Überprüfung des Schuld- und Strafausspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, so dass die vorgenommene Teileinstellung, die aus der Beschlussformel ersichtliche Schuldspruchänderung nach sich zieht. Der Wegfall der Einzelstrafe im Fall II. 2. f) der Urteilsgründe lässt den Gesamtstrafenausspruch unberührt. Der Senat kann in Anbetracht der Anzahl der Einzelstrafen (zehn verbleibende aus dem vorliegenden Verfahren und neun einbezogene aus der Vorverurteilung) und einer Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten ausschließen, dass die Strafkammer ohne die (gemeinsam mit der für die Tat im Fall II. 2. b) der Urteilsgründe verhängten mildeste) Einzelstrafe von zehn Monaten Freiheitsstrafe auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als sechs Jahre und neun Monate erkannt hätte.

43. Die von der Strafkammer im angefochtenen Urteil neuerlich vorgenommene Anrechnungsentscheidung hat keinen Bestand.

5Die Festsetzung der Gesamtfreiheitsstrafe nach § 54 Abs. 1 StGB und die Festlegung des Anrechnungsmaßstabs nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB sind voneinander unabhängige Entscheidungen, so dass die Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe aus der Vorverurteilung die Entscheidung über den Anrechnungsmaßstab unberührt lässt. Es handelt sich auch nicht um eine Nebenstrafe, Nebenfolge oder Maßnahme im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB, auf die in der früheren Entscheidung rechtskräftig erkannt wurde und über deren Aufrechterhaltung nach § 55 Abs. 2 StGB zu entscheiden gewesen wäre (vgl. zur fehlerhaften Aufrechterhaltung einer früheren Adhäsions- und Entschädigungsentscheidung (StrEG) ).

64. Demgegenüber haben die Aufrechterhaltung der Maßregel, die zum Zeitpunkt der neuerlichen Verurteilung noch nicht erledigt war (vgl. zum Maßstab , Rn. 15), sowie die Einziehungsentscheidung, die keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen lässt, Bestand.

75. Wegen des nur geringfügigen Teilerfolgs des Rechtsmittels besteht hinsichtlich der verbleibenden Kosten kein Anlass für eine Entscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO.

Menges                        Grube                        Schmidt

                  Lutz                      Zimmermann

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:041124B2STR441.24.0

Fundstelle(n):
IAAAJ-83605