BSG Urteil v. - B 6 KA 1/23 R

Instanzenzug: SG Mainz Az: S 7 KA 36/19 Urteil

Tatbestand

1Die klagende Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) begehrt von der beklagten Krankenkasse die Zahlung von 4195,75 Euro für die Vergütung von Hausärzten im Quartal 3/2018, die an der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) teilgenommen und Leistungen abweichend von den Vorgaben des HzV-Vertrags ihr gegenüber als kollektivvertragliche Leistungen abgerechnet haben.

2Die Beklagte hat mit dem Deutschen Hausärzteverband Rheinland-Pfalz eV (Hausärzteverband) und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft AG (HÄVG AG) einen Vertrag zur Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V (im Folgenden: HzV-Vertrag) geschlossen. Dieser Vertrag sieht vor, dass die vereinbarten Leistungen (sog HzV-Ziffernkranz), die die an der HzV teilnehmenden Hausärzte gegenüber den teilnehmenden Versicherten erbringen, unmittelbar von der beklagten Krankenkasse vergütet werden. Die Abrechnung erfolgt über den Hausärzteverband und die für diesen tätig werdende HÄVG AG. Eine Abrechnung der nach den Regelungen des HzV-Vertrags zu vergütenden Leistungen (auch) gegenüber der klagenden KÄV ist vertraglich ausgeschlossen (§ 11 Abs 3 HzV-Vertrag). Der aus der Teilnahme von Versicherten an der HzV folgenden Verringerung des Behandlungsbedarfs, der für die Höhe der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (mGV) in der kollektivvertraglichen Versorgung maßgebend ist, wird durch eine Bereinigung der Gesamtvergütung Rechnung getragen. In diesem Zusammenhang hat der Bewertungsausschuss (BewA) geregelt, dass die Krankenkasse die selektivvertraglich vereinbarten Leistungen, für die eine Bereinigung erfolgt ist, zu den Preisen der Eurogebührenordnung außerhalb der mGV vergütet, wenn eine Inanspruchnahme von selektivvertraglich vereinbarten Leistungen durch in Selektivverträge eingeschriebene Versicherte im Kollektivvertrag erfolgt. Eine damit übereinstimmende Regelung speziell für die HzV im Bezirk der Klägerin haben die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens in § 14 Abs 1 Satz 1 "Vertrag zur Ermittlung des zu bereinigenden Behandlungsbedarfs in den durch das SGB V vorgesehenen Fällen ab dem 1. Quartal 2018" (im Folgenden: Bereinigungsvertrag) vereinbart.

3Die genannte Regelung war zunächst in der Weise umgesetzt worden, dass die Beklagte der Klägerin Vergütung zusätzlich zur mGV sowohl in Fällen zahlte, in denen an der HzV teilnehmende Versicherte unter Verstoß gegen die mit ihrer Teilnahmeerklärung abgegebene Verpflichtung (vgl § 73b Abs 3 Satz 2 SGB V) einen nicht an der HzV teilnehmenden Hausarzt in Anspruch genommen hatten, der seine Leistungen dann gegenüber der Klägerin auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) abrechnete, als auch in solchen Fällen, in denen Versicherte zwar den von ihnen gewählten Hausarzt in Anspruch genommen hatten, dieser die erbrachten hausärztlichen Leistungen aber unter Verstoß gegen die in der HzV geltenden Vorgaben (auch) gegenüber der Klägerin abrechnete.

4Im Jahr 2018 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie an dieser Praxis nicht mehr festhalten werde. Fälle, in denen der an der HzV teilnehmende Versicherte den vom ihm gewählten Hausarzt in Anspruch nehme und dieser seine Leistungen zu Unrecht (auch) gegenüber der Klägerin abrechne, würden von der genannten Regelung nicht erfasst. Es sei Sache der Klägerin, die fehlerhafte Abrechnung gegenüber dem Vertragsarzt zu berichtigten. Ab dem Quartal 3/2018 werde für solche Fälle keine Vergütung außerhalb der mGV mehr geleistet. Diese Ankündigung setzte die Beklagte um und reduzierte die von der Klägerin für das Quartal 3/2018 geforderte Summe um 4195,75 Euro.

5Der auf Zahlung dieses Betrags zuzüglich Zinsen gerichteten Klage hat das SG stattgegeben (Urteil vom ). Die Klage sei als Leistungsklage zulässig und auch begründet. Anspruchsgrundlage sei § 14 Abs 1 des Bereinigungsvertrags. Eine nicht vertragskonforme Inanspruchnahme im Sinne dieser Vorschrift liege immer vor, wenn Leistungen kollektivvertraglich erbracht werden, für die bereits eine Bereinigung durchgeführt worden sei. Dies gelte unabhängig davon, ob die dadurch verursachte Doppelabrechnung auf ein Fehlverhalten des Arztes oder des Versicherten zurückzuführen sei. § 14 Abs 1 Bereinigungsvertrag betreffe also nicht nur Fälle, in denen die kollektivvertragliche Abrechnung von Leistungen gegenüber der beklagten Krankenkasse darauf beruhe, dass ein an der HzV teilnehmender Versicherter einen nicht an der HzV teilnehmenden Vertragsarzt aufgesucht und dort HzV-relevante Leistungen in Anspruch genommen habe. Die Regelung gelte vielmehr auch dann, wenn die kollektivvertragliche Abrechnung von Leistungen gegenüber der beklagten Krankenkasse darauf beruhe, dass der an der HzV teilnehmende Hausarzt die gegenüber dem an der HzV teilnehmenden Versicherten erbrachten HzV-relevanten Leistungen - fehlerhaft - auch gegenüber der Beklagten auf der Grundlage des EBM-Ä abrechne. § 14 Abs 1 Satz 1 des Bereinigungsvertrags knüpfe allein an die Tatsache an, dass durch an der HzV teilnehmende Versicherte eine Inanspruchnahme von bereinigten, ambulanten Leistungen des HzV-Ziffernkranzes im Rahmen des Kollektivvertrags erfolge. Eine solche Inanspruchnahme liege auch dann vor, wenn der an der HzV teilnehmende Versicherte Leistungen in Anspruch nehme, die vom Arzt nur fehlerhaft abgerechnet werden. Die Formulierung nach der "durch HZV-Versicherte" eine Inanspruchnahme von Leistungen erfolge, beschreibe lediglich den allgemeinen Vorgang, dass der Versicherte seinen Hausarzt aufsuche und insofern eine Inanspruchnahme "durch" den Versicherten erfolge. Aus dem Beschluss des BewA ergebe sich insoweit nichts Anderes.

6Für diese Sichtweise spreche auch, dass die HzV seit den Änderungen durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG, BGBl I 378) nicht (mehr) Teil der vertragsärztlichen Regelversorgung sei. Hinsichtlich eingeschriebener Versicherter hätten die Krankenkassen den Sicherstellungsauftrag übernommen. Daher sei auch die aus dem Sicherstellungsauftrag resultierende Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung eingeschränkt. Folgerichtig bestimme § 73b Abs 5 Satz 5 SGB V (in der hier maßgeblichen, seit dem gültigen Fassung des Art 2 Nr 3 GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG vom , BGBl I 1211), dass § 106d Abs 3 SGB V hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend gelte. Gegenüber der vertragsärztlichen Regelversorgung stelle die HzV einen Sonderfall dar, der vom Gesetzgeber besonders geregelt worden sei. Nach der Intention des Gesetzgebers (vgl Gesetzesbegründung zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100, S 112) solle durch die in § 73b Abs 5 SGB V eingefügte Regelung zur Abrechnungsprüfungspflicht der Krankenkasse einem möglichen Fehlverhalten der hausärztlichen Leistungserbringer und der teilnehmenden Versicherten durch Prüfungsmaßnahmen in entsprechender Anwendung der Abrechnungsprüfungen gemäß § 106a Abs 3 SGB V an der Schnittstelle Selektivvertrag/Kollektivertrag entgegengewirkt werden. Im Übrigen hätten die Parteien des HzV-Vertrags das Problem unzulässiger Doppelabrechnungen erkannt und einen Schadensersatzanspruch gegen den Hausarzt in § 11 Abs 3 Satz 3 HzV-Vertrag ausdrücklich geregelt. Auch die bisherige Vertragspraxis zwischen den Beteiligten habe bis zum streitigen Quartal 3/2018 nicht danach differenziert, ob sich an der HzV teilnehmende Versicherte oder an der HzV teilnehmende Ärzte vertragswidrig verhalten hätten.

7Gegen das Urteil des SG wendet sich die Beklagte mit ihrer Sprungrevision. Sie rügt die Verletzung von Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA "nach § 87a Abs 1 Satz 1 SGB V in seiner 400. Sitzung am zu Vorgaben gemäß § 87a Abs 5 Satz 7 SGB V für ein Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs in den durch das SGB V vorgesehenen Fällen ab dem Jahr 2018" und der darauf beruhenden Regelungen des für den Bezirk der Beklagten geschlossenen Bereinigungsvertrags. Nach dem Wortlaut des Beschlusses des BewA und des Bereinigungsvertrags liege bereits keine nichtvertragskonforme Inanspruchnahme durch einen Versicherten vor. Die Vorgaben des BewA seien von der Klägerin zwingend umzusetzen.

8Die Auffassung des SG, dass eine Inanspruchnahme von bereinigten ambulanten Leistungen des HzV-Ziffernkranzes durch Versicherte auch dann vorliege, wenn Versicherte Leistungen in Anspruch nehmen, die vom "HzV-Betreuarzt" des Versicherten fehlerhaft im Rahmen des Kollektivvertrags abgerechnet werden, sei vom Wortlaut nicht mehr gedeckt. Zu Unrecht erstrecke das SG das Wort "Inanspruchnahme" auf den Abrechnungsweg. Die Inanspruchnahme der Versicherten beziehe sich notwendigerweise auf die ärztlichen Leistungen. Fehlerhaftes Abrechnungsverhalten von Vertragsärzten müsse im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung von der Klägerin korrigiert werden.

9Die Beklagte beantragt,das Urteil des SG Mainz vom aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.

11Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor: Es handele sich bei der HzV um einen Versorgungsbereich, welcher der Verwaltungskompetenz der KÄVen vollkommen entzogen sei. Dies ergebe sich aus § 73b Abs 4 Satz 6 sowie Abs 5 SGB V. Im Übrigen sei sie wegen Fristablaufs zum heutigen Zeitpunkt rechtlich nicht mehr in der Lage, gegenüber an der HzV teilnehmenden betroffenen Hausärzten eine sachlich-rechnerische Berichtigung durchzuführen. Des Weiteren liege auch materiell-rechtlich ein Fall der nichtvertragskonformen Inanspruchnahme vor. Dies gelte insbesondere für die Konstellation, dass die erbrachten Leistungen innerhalb eines bestehenden HzV-Behandlungsverhältnisses kollektivvertraglich (auch) über den EBM-Ä bei ihr zur Abrechnung gebracht werden. Dies ergebe sich bereits aus § 73b Abs 4 Satz 6 SGB V, wonach die HzV als spezieller Versorgungsbereich die durch sie, die Klägerin, sicherzustellende kollektivvertragliche Versorgung verdränge. Zudem enthalte der HzV-Vertrag Regelungen zur Korrektur der Abrechnung gegenüber den im HzV eingeschriebenen Hausärzten.

Gründe

12A. Die Sprungrevision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vergütung in Höhe von 4195,75 Euro für das Quartal 3/2018. Das Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

13Die Klägerin stützt den geltend gemachten Anspruch auf Regelungen des BewA für ein Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs und auf den zwischen den Prozessbeteiligten geschlossenen Bereinigungsvertrag (nachfolgend 1. und 2.). Aus diesen Bestimmungen kann die Klägerin Vergütungsansprüche gegenüber der Beklagten zwar für Fälle herleiten, in denen sich ein an der HzV teilnehmender Versicherter von einem nicht an der HzV teilnehmenden Hausarzt behandeln lässt. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Vergütungsansprüche der Klägerin werden indes nicht für die hier maßgebende Fallkonstellation geregelt, in der der an der HzV teilnehmende Hausarzt die Behandlung eines ebenfalls an der HzV teilnehmenden Versicherten zu Unrecht nicht (allein) gegenüber der Beklagten, sondern (auch) gegenüber der Klägerin abgerechnet hat (nachfolgend 3.).

16Bei dieser Norm handelt es sich um revisibles Recht (§ 162 Alt 2 SGG) und diese kann daher vom Senat selbst ausgelegt werden (zur Auslegung landesvertraglicher Regelungen durch das Revisionsgericht vgl zB - SozR 4-2500 § 112 Nr 9 RdNr 12). Da die Vertragspartner mit der getroffenen Regelung die genannten Vorgaben aus dem Beschluss des BewA umgesetzt haben, sind übereinstimmende Regelungen bewusst und gewollt nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern - wie die Beklagte in der Revisionsbegründung im Einzelnen dargelegt hat - auch in anderen LSG-Bezirken wie zB im Bezirk des Hessischen und des Sächsischen LSG inhaltlich gleich getroffen worden (zu diesen Maßstäben vgl zB - juris RdNr 10 mwN; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 162 RdNr 5a mwN).

173. § 14 Abs 1 Satz 1 des Bereinigungsvertrags und Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA vom regeln eine Ausnahme bzw "Rückabwicklung" der Bereinigung nur für Fälle, in denen Versicherte abweichend von der Verpflichtung (vgl § 73b Abs 3 Satz 2 SGB V), die sie mit der (freiwilligen) Teilnahme an der HzV eingegangen sind, nicht den nach § 73b Abs 4 SGB V von ihnen gewählten Hausarzt, sondern einen anderen, an der kollektivvertraglichen Versorgung teilnehmenden Hausarzt in Anspruch genommen haben. In diesem Fall hat sich die der Bereinigung zugrunde liegende Annahme, dass der Behandlungsbedarf der an der HzV teilnehmenden Versicherten bezogen auf die selektivvertraglich im Rahmen der HzV erbrachten Leistungen außerhalb des kollektivvertraglichen Systems gedeckt wird, nicht bestätigt. Durch § 14 Abs 1 Satz 1 des Bereinigungsvertrags und durch Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA vom wird also gewährleistet, dass die Gesamtvergütung hierdurch nicht zu Lasten der an der kollektivvertraglichen Versorgung teilnehmenden Ärzte reduziert wird. Dies wird umgesetzt, indem die Krankenkassen nicht nur den auf die jeweiligen Leistungen entfallenden Bereinigungsbetrag an die KÄV zahlen, sondern vielmehr die vom Versicherten zu Unrecht in Anspruch genommenen kollektivvertraglich vergüteten Leistungen "zu den Preisen der Euro-Gebührenordnung außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung" zu vergüten haben. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

18Entgegen der Auffassung der Klägerin greifen die in § 14 Abs 1 Satz 1 des Bereinigungsvertrags und in Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA vom inhaltlich übereinstimmend getroffenen Regelungen dagegen nicht ein, wenn sich der an der HzV teilnehmende Versicherte - wie gesetzlich vorgesehen - durch den gewählten an der HzV teilnehmenden Hausarzt behandeln lässt und dort die dem HzV-Vertrag unterfallenden Leistungen in Anspruch nimmt, der Arzt jedoch seine aus der Teilnahme folgende Verpflichtung verletzt, seine Leistungen (allein) gegenüber der Beklagten bzw der für sie tätig werdenden Stelle abzurechnen. Die Klägerin hat in diesen Fällen keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr die zu Unrecht abgerechneten Leistungen zu den Preisen der Euro-Gebührenordnung außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet.

19a) Maßgeblich für die Auslegung von Normsetzungsverträgen wie dem zwischen den Verfahrensbeteiligten geschlossenen Bereinigungsvertrag und auch von Regelungen, die die Trägerorganisationen des BewA - wie hier - mit Wirkung für Dritte treffen, ist nach stRspr des Senats nicht der subjektive Willen der Vertragspartner, sondern die objektive Erklärungsbedeutung; sie sind wie Rechtsnormen auszulegen ( - MedR 1999, 479, 480; - SozR 3-2500 § 115 Nr 1 RdNr 24; - juris RdNr 6).

20Ohnehin vertreten nicht nur die Verfahrensbeteiligten als Partner des Bereinigungsvertrags, und auch die Trägerorganisationen des BewA - die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) in ihrer Stellungnahme vom und der GKV-Spitzenverband in seinen Stellungnahmen vom und vom - gegensätzliche Positionen zur Auslegung: Während die KÄBV davon ausgeht, dass der Anwendungsbereich der Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des BewA-Beschlusses vom auch auf die hier streitige Fallgestaltung zu erstrecken sei, lehnt der GKV-Spitzenverband dies ab. Materialien, die Hinweise zur Auslegung der in Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA vom getroffenen Regelung geben könnten, liegen nach den vom SG Dresden (Urteil vom - S 11 KA 86/16 - juris) durchgeführten umfangreichen Ermittlungen, von denen auch die Beteiligten dieses Rechtsstreits Kenntnis haben, nicht vor. In den (im Internet auf der Seite des BewA) veröffentlichten Entscheidungserheblichen Gründen zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelung in Ziffer 3.1.6 Nr 4 des Beschlusses des BewA vom (288. Sitzung, DÄ 2012, A 2322) wird lediglich der Text der getroffenen Regelung wiederholt. Eine entsprechende Regelung fand sich bereits in II. 1.5 Nr 4 des Beschlusses des EBewA vom (17. Sitzung), zu der jedoch keine Entscheidungserheblichen Gründe veröffentlicht worden sind.

21b) § 14 Abs 1 Satz 1 des Bereinigungsvertrags und Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA vom regeln nach ihrem Wortlaut den Fall der "Inanspruchnahme" von selektivvertraglich vereinbarten Leistungen "durch in Selektivverträgen eingeschriebene und bereinigte Versicherte" (BewA-Beschluss) bzw der "Inanspruchnahme" von Leistungen des HzV-Ziffernkranzes "durch HzV-Versicherte" (Bereinigungsvertrag). Diese Formulierungen knüpfen an die Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen durch den Versicherten und jedenfalls nicht unmittelbar an die Abrechnung durch den Arzt an. In dem rechtlichen Beziehungsdreieck, das von dem Träger der Krankenversicherung, dem Leistungserbringer (hier: Arzt) und dem Leistungsempfänger (hier: Versicherter) gebildet wird, sind drei unterschiedliche Rechtsverhältnisse zu unterscheiden, die üblicherweise als Erfüllungsverhältnis, Versicherungs-/Leistungsverhältnis und Leistungserbringungsverhältnis (letzteres auch als Beschaffungs- und Bereitstellungsverhältnis) bezeichnet werden (vgl Becker/Kingreen/Rixen in Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht Bd 3, 4. Aufl 2021, § 75 RdNr 63; Becker/Kingreen, SGB V, 9. Aufl 2024, § 69 RdNr 4 ff; Becker ua, Strukturen und Prinzipien der Leistungserbringung im Sozialrecht <Teil 1>, VSSR 2011, 323, 334 ff).

22Die Einlösung des Anspruchs des Versicherten im Erfüllungsverhältnis wird üblicherweise als "Inanspruchnahme" der ärztlichen Leistung bezeichnet (vgl zB Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 7 RdNr 1; Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1 Krankenversicherung, 1994, § 32 RdNr 91). Kennzeichnend für das das Vertragsarztrecht prägende Sachleistungsprinzip (vgl § 2 Abs 1 Satz 1, Abs 2 SGB V; zu Ausnahmen vgl § 13 Abs 1 SGB V; vgl dazu auch Wenner, aaO, § 7 RdNr 5) ist, dass der Versicherte für die in Anspruch genommene ärztliche Behandlung keine unmittelbare finanzielle Gegenleistung zu erbringen und auch keinen unmittelbaren Einfluss auf die Abrechnung hat; diese erfolgt allein im Leistungserbringungsverhältnis zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer (vgl Wenner, aaO, § 7 RdNr 1; ders in Prütting, Medizinrecht, 6. Aufl 2022, § 2 SGB V RdNr 9). Im kollektiven Vertragsarztrecht entsteht durch die Zwischenschaltung der KÄV ein rechtliches Beziehungsviereck (vgl Clemens in Quaas/Zuck/Clemens, Medizinrecht, 4. Aufl 2018, § 18 RdNr 3; Schmitt, Leistungserbringung durch Dritte, 1990, S 120 f).

23Das og Verständnis des Begriffs der Inanspruchnahme liegt auch § 14 Abs 1 Satz 1 des Bereinigungsvertrags und Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA vom zugrunde (im Ergebnis ebenso: - juris RdNr 50; - juris RdNr 22; vgl auch - juris RdNr 52; aA SG Dresden Urteil vom - S 11 KA 86/16 - juris; SG Marburg Gerichtsbescheid vom - S 12 KA 414/19 - juris RdNr 19 ff; vgl auch Bayerisches - juris RdNr 70). Die Inanspruchnahme der ärztlichen Behandlung erfolgt in der Regel, indem der Versicherte den Arzt in seiner Arztpraxis aufsucht. Soweit sich der an der HzV teilnehmende Versicherte von seinem gewählten Hausarzt behandeln lässt, nimmt er die ihm im Rahmen der selektivvertraglichen Versorgung zustehenden Leistungen in Anspruch. Auf die Frage, ob der Arzt seine Abrechnung in Übereinstimmung mit den dafür geltenden Regelungen vornimmt, hat er keinen Einfluss.

24Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass der an der HzV teilnehmende Versicherte nicht den gewählten, sondern einen nicht an der HzV teilnehmenden Hausarzt aufsucht und dadurch die Gesamtvergütung belastet. In diesem Fall folgt bereits aus der Inanspruchnahme eines nicht an der HzV teilnehmenden Arztes, dass auch die Vergütung nicht nach den für diese Versorgungsform geltenden Regeln, sondern allein auf kollektivvertraglicher Grundlage erfolgen kann. Der Fehler ist damit bereits im Erfüllungsverhältnis angelegt. Genau diesen Fall regeln § 14 Abs 1 Satz 1 des Bereinigungsvertrags und Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA vom . Dagegen erfassen die Regelungen nach ihrem Wortlaut nicht den Fall, dass allein die Abrechnung des an der HzV teilnehmenden Arztes unrichtig ist.

25c) Die am Wortlaut orientierte Auslegung von § 14 Abs 1 Satz 1 des Bereinigungsvertrags und Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA vom wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die KÄVen gemäß § 73b Abs 4 Satz 3 Nr 4 SGB V an der HzV nicht notwendig zu beteiligen sind und dass der ihnen nach § 75 Abs 1 Satz 1 SGB V obliegende Sicherstellungsauftrag nach § 73b Abs 4 Satz 6 SGB V eingeschränkt wird, soweit die hausärztliche Versorgung durch HzV-Verträge nach § 73b Abs 4 SGB V durchgeführt wird. Daraus kann nichts für die Auslegung der hier streitgegenständlichen Regelungen zur Bereinigung der Gesamtvergütung hergeleitet werden. Vorliegend geht es nicht um die Sicherstellung der Versorgung der an der HzV teilnehmenden Versicherten, sondern um Fragen der Bereinigung der Gesamtvergütung an der Schnittstelle zwischen der kollektivvertraglichen und der selektivvertraglichen Versorgung (vgl § 73b Abs 7 Satz 1 SGB V). Diese Fragen können nicht ohne die Mitwirkung der KÄV gelöst werden. Die Verantwortung dafür liegt nicht allein bei den Krankenkassen und insbesondere hat der Gesetzgeber den Krankenkassen nicht einseitig die Zuständigkeit für die Lösung der aus dem Nebeneinander verschiedener Leistungserbringungs- und Abrechnungssysteme resultierenden "(Sonder-)probleme" (vgl jedoch das SG Urteil, juris RdNr 41) übertragen. Zudem ist es den Krankenkassen nicht freigestellt, ob sie ihren Versicherten die HzV anbieten möchten. Vielmehr sind sie dazu nach § 73b Abs 1 Satz 1, Abs 4 Satz 1 SGB V verpflichtet (vgl - BSGE 118, 164 = SozR 4-2500 § 73b Nr 1, RdNr 62, 81, 89; - SozR 4-2500 § 73b Nr 2 RdNr 52).

26d) Es trifft auch nicht zu, dass es Sache der beklagten Krankenkasse sei, auf die fehlerhafte Abrechnung der an der HZV teilnehmenden Ärzte mit einer Berichtigung der Abrechnung zu reagieren. Zwar gilt § 106d Abs 3 SGB V nach § 73b Abs 5 Satz 5 SGB V für die HzV entsprechend. Daraus folgt indes nicht, dass die Krankenkassen auf dieser Grundlage Honoraranforderungen, die der Vertragsarzt zu Unrecht (auch) gegenüber der KÄV geltend macht, berichtigen dürften. § 106d Abs 3 SGB V regelt im Einklang mit den insoweit getrennten Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkasse - KÄV und KÄV - Vertragsarzt (vgl dazu - SozR 4-2500 § 73b Nr 2 RdNr 39) keine Honorarabzüge unmittelbar durch die Krankenkassen, sondern lediglich die Prüfung der Abrechnungen durch diese. Das Ergebnis dieser Prüfung ist dann im kollektivvertraglichen System von der KÄV gegenüber dem Vertragsarzt umzusetzen ( - SozR 4-2500 § 106a Nr 15 RdNr 29). Zwar ordnet § 73b Abs 5 Satz 5 SGB V nicht die unmittelbare, sondern eine entsprechende Geltung des § 106d Abs 3 SGB V in der HzV nach § 73b SGB V an. Ferner besteht der Vergütungsanspruch des einzelnen Arztes in der HzV gegenüber der Krankenkasse (die sich nur für die Umsetzung des Hausarztverbandes und der von diesen beauftragten Abrechnungsstelle bedient, vgl im Einzelnen - SozR 4-2500 § 73b Nr 2 RdNr 39). Das hat aber allein zur Folge, dass es Sache der Krankenkasse und der für sie tätig werdenden Abrechnungsstelle und nicht der KÄV ist, die auf der Grundlage des HzV-Vertrags ihr gegenüber abgerechneten ärztlichen Honorare zu berichtigen. Wenn dagegen der an der HzV teilnehmende Vertragsarzt rechtswidrig Leistungen nicht gegenüber der Krankenkasse, sondern gegenüber der KÄV abrechnet, hat auch die nach § 73b Abs 5 Satz 5 SGB V allein gebotene entsprechende Anwendung des § 106d Abs 3 SGB V nicht zur Folge, dass die Krankenkasse die sachlich-rechnerische Richtigstellung gegenüber dem Vertragsarzt festzusetzen hätte. Anderenfalls würde die Krankenkasse unmittelbar über Honorarforderungen des Arztes gegenüber der KÄV entscheiden. Dies wäre mit dem og Prinzip der getrennten Rechtskreise nicht zu vereinbaren (vgl - SozR 4-5545 § 23 Nr 2 RdNr 16).

27Soweit der HzV-Vertrag Schadensersatzansprüche der Krankenkassen gegenüber teilnehmenden Vertragsärzten regelt, sind diese von der in § 73b Abs 5 Satz 5 SGB V angeordneten entsprechenden Anwendung des § 106d Abs 3 SGB V zu unterscheiden. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung von Honoraransprüchen kann grundsätzlich nur durch denjenigen erfolgen, der die Vergütung geleistet hat. Im Falle einer unrechtmäßigen Abrechnung auf kollektivvertraglicher Grundlage ist das die KÄV und nicht die Krankenkasse. Deshalb kann aus der in § 73b Abs 5 Satz 5 SGB V angeordneten entsprechenden Anwendung des § 106d Abs 3 SGB V für die HzV entgegen der Auffassung des SG (juris RdNr 43; vgl auch SG Dresden Urteil vom - S 11 KA 86/16 - juris RdNr 50 ff; SG Marburg Gerichtsbescheid vom - S 12 KA 414/19 - juris RdNr 27) kein Hinweis auf eine gesetzliche Obliegenheit der Beklagten abgeleitet werden, Schadensersatzansprüche gegenüber solchen HzV-Ärzten geltend zu machen, die zu Unrecht (auch) gegenüber der KÄV abgerechnet haben. Dasselbe gilt für die im Urteil des SG (juris RdNr 42) zitierten Gesetzgebungsmaterialien zur Einführung des § 73b Abs 5 Satz 5 SGB V mit dem GKV-WSG (BT-Drucks 16/3100 S 112 f), die ebenfalls allein die der Krankenkasse gemäß § 73b Abs 5 Satz 5 iVm § 106d Abs 3 SGB V obliegende Pflicht zur Abrechnungsprüfung und nicht die Durchführung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung unmittelbar durch die Krankenkasse oder die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zum Gegenstand haben. Soweit der Klägerin die Daten zu Doppelabrechnungen von der Beklagten bereits im Zusammenhang mit der Bereinigung zur Verfügung gestellt werden, bedarf es auch keiner weiteren förmlichen Mitteilung der Beklagten gegenüber der Klägerin zu dem Ergebnis einer Prüfung auf der Grundlage des § 106d Abs 3 SGB V. Falls entsprechend dem Vorbringen der Klägerin im Einzelfall weitere Daten erforderlichen sein könnten, die nur der Beklagten bekannt sind, obläge es ihr, diese Daten der Klägerin zur Verfügung zu stellen. Hinweise dafür, dass die Beklagte dazu nicht bereit wäre, sind nicht ersichtlich.

28e) Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die Rechtswidrigkeit der Abrechnung im kollektivvertraglichen System alleinige Folge der im HzV-Vertrag getroffenen Regelungen sei, an deren Zustandekommen sie nicht beteiligt gewesen sei. Zum einen handelt es sich nach der Rechtsprechung des Senats bei HzV-Verträgen um Normsetzungsverträge, die auch gegenüber nicht am Vertrag Beteiligten Wirkung entfalten ( - BSGE 125, 233 = SozR 4-2400 § 89 Nr 7, RdNr 43; - BSGE 130, 39 = SozR 4-2500 § 73b Nr 4, RdNr 16 f jeweils mwN; dies nicht berücksichtigend: SG Dresden Urteil vom - S 11 KA 86/16 - juris RdNr 67). Zum anderen ist es auch keineswegs ungewöhnlich, dass die KÄV bei der Prüfung der Abrechnung die Einhaltung von Vorgaben zu berücksichtigen hat, die sie nicht selbst gesetzt und auf die sie auch keinen oder nur begrenzten Einfluss hat. Wenn etwa einem Vertragsarzt die Zulassung entzogen worden ist, darf die KÄV ihm für Leistungen, die er nach der Bestandkraft der Zulassungsentziehung erbracht hat, keine Vergütung mehr gewähren, selbst wenn sie die der Entscheidung der Zulassungsgremien zugrunde liegende Auffassung nicht teilen sollte. Entsprechendes gilt für den Fall, dass einem Arzt die Approbation entzogen worden ist. Auch Verstöße gegen berufsrechtliche Vorgaben wie die Erbringung fachfremder Leistungen können eine sachlich-rechnerische Richtigstellung erforderlich machen, weil Beschränkungen des Fachgebiets den Arzt auch in seiner Tätigkeit als Vertragsarzt erfassen (stRspr vgl zB - BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8 RdNr 6 = juris RdNr 13). Dabei übersieht der Senat nicht, dass die HzV als selektivvertragliche Versorgung - anders als die Regelversorgung - gerade nicht unter Beteiligung der KÄV erfolgen muss. Das ändert jedoch nichts an der gesetzlichen Verpflichtung der Klägerin, die von Vertragsärzten eingereichten Honorarabrechnungen auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit zu prüfen und gegebenenfalls zu berichtigen.

29Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass die Entscheidung über eine sachlich-rechnerische Richtigstellung im Einzelfall Ermittlungen zu der Frage voraussetzen kann, ob zB der Versicherte zum Zeitpunkt der Behandlung an der HzV teilgenommen hat. Zwar ist der Versicherte nach § 73b Abs 3 Satz 6 SGB V an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl des Hausarztes ein Jahr lang gebunden. Allerdings darf er den Hausarzt aus wichtigem Grund wechseln. Schwierige Fragen zu einer Rückabwicklung kann zudem der Widerruf der Teilnahme des Versicherten an der HzV nach § 73b Abs 3 Satz 3 bis 5 SGB V aufwerfen (vgl dazu Rademacker, BeckOGK, Stand 9/2019, § 73b SGB V RdNr 15). Diese - in Ausnahmefällen auftretenden - Fragen können jedoch nicht einseitig der Risikosphäre der Beklagten zugeordnet werden. Das Auftreten komplexer Abgrenzungsfragen an der Schnittstelle von kollektiv- und selektivvertraglicher Versorgung ist Folge der Entscheidung des Gesetzgebers zur Einführung der HzV neben einer fortbestehenden kollektivvertraglich organisierten hausärztlichen Versorgung. Die auftretenden Probleme können unter diesen Umständen nur von den Beteiligten gemeinsam gelöst werden. Für die Klärung der Frage, ob zB der Versicherte zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme eines nicht an der HzV teilnehmenden Arztes an der HzV teilgenommen hat, ist die Klägerin deshalb auf Angaben der Beklagten angewiesen. Jedenfalls die Angaben zu den an der HzV teilnehmenden Versicherten und Ärzten sind ihr aber ohnehin zur Verfügung zu stellen, um die Bereinigung durchführen und die Höhe der von der Beklagten nach Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA vom bzw § 14 Abs 1 Satz 1 des Bereinigungsvertrags zu zahlenden extrabudgetären Vergütung ermitteln zu können. Nach § 73b Abs 7 Satz 5 SGB V hat die Krankenkasse die erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten spätestens drei Wochen vor dem Quartal, für das die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, zu übermitteln.

30Dass die KÄV berechtigt ist, Honorarabrechnungen auch darauf zu prüfen, ob gegen Abrechnungsausschlüsse aus einem Selektivvertrag verstoßen wird, wird im Übrigen durch den Inhalt der von der KÄBV und dem GKV-Spitzenverband vereinbarten Abrechnungsprüfungs-Richtlinien (in der hier maßgebenden Fassung vom , DÄ 2018, A 600) bestätigt. Nach § 1 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 3 Abrechnungsprüfungs-Richtlinien finden diese zwar keine Anwendung auf ärztliche Leistungen, die der Arzt nach Maßgabe ua des § 73b SGB V gegenüber der Krankenkasse abrechnet. Nach § 1 Abs 4 Satz 2 der Richtlinien ist dadurch jedoch die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen in Abgrenzung zu den in den Sonderrechtsbeziehungen erbrachten Leistungen der Vertragsärzte nicht ausgeschlossen. Während ein Regress gegenüber einem nicht an der HzV teilnehmenden Hausarzt, der einen an der HzV teilnehmenden Versicherten behandelt, ohne dass er dies aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Daten erkennen konnte, unter Vertrauensschutzgesichtspunkten problematisch sein könnte (zum insoweit vergleichbaren Fall der Inanspruchnahme eines Facharztes ohne die nach § 73b Abs 3 Satz 2 SGB V erforderliche Überweisung vgl - BSGE 130, 39 = SozR 4-2500 § 73b Nr 4, RdNr 24; Schulteis, HzV 2007, S 103), gilt dies nicht in gleicher Weise für den an der HzV teilnehmenden Hausarzt, der erbrachte Leistungen doppelt - sowohl gegenüber der Krankenkasse auf der Grundlage des HzV-Vertrags als auch gegenüber der KÄV - abrechnet.

31Auf die Frage, ob die Klägerin sachlich-rechnerische Richtigstellungen gegenüber an der HzV teilnehmenden Ärzten, die im Quartal 3/2018 zu Unrecht Honorar (auch) ihr gegenüber abgerechnet haben, heute noch durchsetzen könnte, kann es entgegen der Auffassung der Klägerin für die Auslegung der hier maßgebenden Bestimmungen des Bereinigungsbeschlusses des BewA und des zwischen den Beteiligten geschlossenen Bereinigungsvertrags nicht ankommen (zu einer insoweit vergleichbaren Fallgestaltung vgl bereits - SozR 4-2500 § 106a Nr 28 RdNr 34 ff). Im vorliegenden Zusammenhang kommt es allein darauf an, ob die am Wortlaut der Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA vom orientierte Auslegung mit dem Argument in Frage gestellt werden kann, dass dadurch zwangsläufig die Gesamtvergütung und damit die Honoraransprüche der nicht an der HzV teilnehmenden Hausärzte belastet würden. Das ist nicht der Fall, weil die Klägerin grundsätzlich die Möglichkeit hat, diese unberechtigten Honoraranforderungen zu berichtigen.

32f) Soweit das SG und die Klägerin darauf hinweisen, dass der HzV-Vertrag nicht nur die Doppelabrechnung von Leistungen einerseits nach Vergütungsbestimmungen des HzV-Vertrags gegenüber der Krankenkasse und andererseits nach dem EBM-Ä gegenüber der KÄV ausschließt, sondern für den Fall von Verstößen auch eine Schadenersatzpflicht des rechtswidrig abrechnenden HzV-Arztes gegenüber der Beklagten "nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB" regelt (§ 11 Abs 3, Abs 4 iVm Anhang 9 Anlage 3 HzV-Vertrag; vgl dazu auch oben bei d) ist dem entgegenzuhalten, dass die Regelungen des für den Bezirk der Klägerin geltenden HzV-Vertrags für die Auslegung von Ziffer 4.1 Nr 3 Satz 1 des Beschlusses des BewA vom nicht maßgeblich sein können. Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht aus der bisherigen Vertragspraxis herleiten. Zwar haben die Beteiligten in der Vergangenheit offenbar nicht zwischen unterschiedlichen Fällen einer nicht vertragskonformen Abrechnung von Leistungen unterschieden und die Beklagte hat der Klägerin die von Vertragsärzten zu Unrecht abgerechneten Leistungen auch in Fällen vergütet, in denen dem keine rechtswidrige Inanspruchnahme durch den an der HzV teilnehmenden Versicherten, sondern allein eine unrichtige Abrechnung durch den an der HzV teilnehmenden Vertragsarzt zugrunde lag. Das musste die Beklagte aber nicht daran hindern, diese als unrichtig erkannte Vertragspraxis für die Zukunft zu ändern. Verstöße der Beklagten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben kommen von vornherein nicht in Betracht, nachdem diese die Änderung ihrer Rechtsauffassung gegenüber der Klägerin mitgeteilt und eine Änderung der Vertragspraxis angekündigt hat.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2024:280824UB6KA123R0

Fundstelle(n):
LAAAJ-83092