Leitsatz
1. Zu der Pflicht des Oberlandesgerichts, die Grenzen von Feststellungszielen einzuhalten.
2. Zum Erfordernis von Angaben über Bewertungsgutachten und zu ihrer Darstellung in einem Verkaufsprospekt eines geschlossenen Immobilienfonds (Fortführung von Senatsbeschluss vom - XI ZB 17/21, WM 2023, 1409 ff.).
Gesetze: § 308 Abs 1 S 1 ZPO, § 2 Abs 1 S 1 KapMuG vom , § 11 Abs 1 S 1 KapMuG vom , § 9 Abs 2 Nr 7 VermVerkProspV vom
Instanzenzug: Az: XI ZB 22/22 Beschlussvorgehend Hanseatisches Az: 13 Kap 25/19 Beschlussvorgehend Az: 318 OH 2/19 Vorlagebeschluss
Gründe
A.
1Die Parteien streiten im Rahmen eines Verfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden: aF) über die Fehlerhaftigkeit des am aufgestellten Emissionsprospekts (im Folgenden: Prospekt) zu der " I. GmbH & Co. KG" (im Folgenden: Fondsgesellschaft, Fonds oder Emittentin).
2Gegenstand der Fondsgesellschaft war der Erwerb sowie die Verwaltung, Vermietung und Verwertung zweier Immobilien in den N. . Es handelte sich um ein im Bau befindliches Bürogebäude in A. , dessen Fertigstellung für April 2008 geplant war, sowie um ein im Jahr 1990 erbautes und im Jahr 2003 erweitertes Bürogebäude in H. (im Folgenden: Fondsimmobilien). Beide Fondsimmobilien waren zum Zeitpunkt der Erstellung des Prospekts voll vermietet. Mieter der Fondsimmobilie in H. war die staatliche Gebäude- und Liegenschaftsverwaltung in den N. (R. ). Die Vertragslaufzeit war für das Objekt in H. bis zum und für das Objekt in A. für zehn Jahre ab Übernahme fest vereinbart jeweils mit der zweifachen Option zur Verlängerung um fünf Jahre. Die Mieten sollten jährlich nach Maßgabe der Steigerung des n. Verbraucherpreisindexes angepasst werden. In Bezug auf das Objekt in H. war zudem vereinbart, dass dem Mieter erstmals zum ein Recht auf Anpassung der Miete an die Marktmiete zustehen sollte (sog. Mietrevisionsrecht), wobei die ggf. neu festzusetzende Miete die anfängliche Jahresmiete nicht unterschreiten durfte.
3Die Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 1, die W. T. AG, und die Musterbeklagte zu 2 sind Gründungsgesellschafterinnen der Fondsgesellschaft. Gemäß dem im Prospekt abgedruckten Gesellschaftsvertrag ist die Musterbeklagte zu 2 geschäftsführende Kommanditistin der Fondsgesellschaft. Auf Seite 78 f. gibt der Prospekt zum Vertrieb der Beteiligungen unter der Überschrift "Platzierungsvertrag" an:
"Die W. I. AG wird von der Emittentin exklusiv auf der Grundlage einer Vereinbarung über die Platzierung von Anteilen mit der Platzierung des Eigenkapitals beauftragt werden. [...] Die Gesamthöhe der Provisionen, insbesondere Vermittlungsprovisionen, beträgt mithin 10% bezogen auf das zu platzierende Kommanditkapital der Gesellschaft. [...] Die Emittentin ist weiterhin berechtigt, den Platzierungsvertrag insoweit zu kündigen, als andere Vertriebspartner unmittelbar mit der Platzierung des Eigenkapitals beauftragt werden können."
4Der Prospekt enthält zudem - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - folgende Angaben:
5Auf Seite 9 wird angegeben, dass der Kaufpreis für die Immobilie in A. rund 10,18 Mio. € beträgt und sich der Kaufpreis für die Immobilie in H. auf 39,975 Mio. € beläuft.
6Auf Seite 10 ist zur "Vermietungssituation" der Fondsimmobilie in H. ausgeführt:
"Büroimmobilie in H. , T. , N.
- 100%ige Vermietung der Immobilie an R.
- Mietvertragslaufzeit: bis zum , jeweils 5-Jahres-Optionen
- Mietvertrag ist bis zu einer Veränderung des CPI (veröffentlichter n. Konsumentenpreisindex) von 3% zu 100% indexiert. Bei einer Veränderung um mehr als 3% wird die Differenz zwischen 3% und 4% um 75% angepasst und zwischen 4% und 6% um 50%. Ist die Veränderung größer als 6%, wird um 4,75% angepasst."
7Des Weiteren ist dort unter dem Punkt "Gutachten" ausgeführt:
"- Der vereinbarte Kaufpreis und die Mieten der Immobilien wurden laut unabhängigem Gutachter CB R. E. (s. "Vertragspartner", S. 126 f.) zum Zeitpunkt der Bewertung ( für A. und für H. ) für marktgerecht erklärt.
- Die vorliegenden Bauunterlagen sowie die Gebäude wurden von R. H. (s. "Vertragspartner", S. 126 f.) am für A. und für H. gutachterlich mit einem positiven Ergebnis ohne Beanstandungen geprüft.
- Die steuerliche Konzeption für die N. wurde durch ein Gutachten einer renommierten international tätigen Anwaltskanzlei bestätigt.
- Weitere Bewertungsgutachten existieren nicht."
8Zur "Mietentwicklung" und zur "Vermietung" heißt es in dem Abschnitt "Risikohinweise" auf Seite 14 f.:
"2.2 Mietentwicklung
Die Mietentwicklung ist vertraglich an den veröffentlichten n. Konsumentenpreisindex (CPI) gekoppelt. In der Prognoserechnung wird eine Inflationsrate von 2,25 % p.a. angenommen. Die tatsächliche Mietsteigerungsrate kann jedoch auch geringer oder schlimmstenfalls negativ ausfallen und zu entsprechend geringeren Auszahlungen führen. Für das Objekt in H. haben Mieter und Vermieter erstmals nach einem Zeitraum von 10 (zehn) Mietjahren und danach jeweils nach einem Zeitraum von 5 (fünf) Mietjahren das Recht, eine Neufestsetzung des Mietzinses auf Basis des marktgängigen Mietwerts des Mietobjekts zu verlangen. [...]
Sollten die Parteien innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttretungsdatum des neu festzusetzenden Mietzinses noch keine Einigung herbeigeführt haben, wird der Mietzins auf Antrag der zuerst handelnden Partei von drei Sachverständigen, bei denen es sich um drei vereidigte Immobilienmakler handeln muss, festgesetzt. Jede Partei hat einen Makler zu benennen, und die beiden benannten Makler haben gemeinsam den dritten Makler zu benennen. [...] Der neu festzusetzende Mietzins darf niemals niedriger als der Anfangsmietzins zum Inkrafttretungsdatum dieses Mietvertrags sein.
Es besteht das Risiko, dass die Mietverträge außerordentlich vor Ablauf der Festmietzeit gekündigt werden, die Optionen auf Verlängerung des Mietverhältnisses mietseitig nicht ausgeübt werden und die Flächen neu vermietet werden müssen.
Für etwaige Leerstandszeiten hätte die Emittentin zusätzlich die anfallenden Nebenkosten zu tragen. Die mit einer Neuvermietung verbundenen Kosten (z.B. Umbaukosten, Makler) sind in der Prognoserechnung nicht enthalten und würden zu einer entsprechenden Reduktion des Bewirtschaftungsergebnisses der Emittentin führen.
Darüber hinaus besteht das Risiko, dass die Neuvermietung nur zu einem niedrigeren Mietzins durchgeführt werden kann. Auch dies würde eine Reduzierung des Bewirtschaftungsergebnisses und der Auszahlungen der Emittentin zur Folge haben."
9Auf Seite 17 enthält der Prospekt in demselben Abschnitt unter dem Punkt "2.12 Altlasten" folgende Aussage:
"Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass während der Fondslaufzeit Altlasten im Erdreich oder im Grundwasser entdeckt werden, deren Beseitigungskosten zu einer Reduzierung der Auszahlungen führen. Außerdem könnten solche Altlasten zu einer erheblichen Verminderung der Veräußerungsmöglichkeiten bzw. des Veräußerungserlöses führen."
10Auf Seite 40 wird in Bezug auf die Fondsimmobilie in H. unter dem Punkt "Mietvertrag" unter anderem ausgeführt:
"Gegenstand des Mietvertrages ist die Vermietung des Bürogebäudes mit Standort auf dem T. in H. , an den Staat der N. (R. ) mit einer Mietfläche von ca. 15.604 m² sowie ca. 200 Parkplätzen. Die für den gesamten Mietvertragsgegenstand vertraglich vereinbarte, anfängliche Jahresmiete betrug insgesamt € 2.460.285,50 und wird zum 01.01. jedes Jahres auf Basis des n. Verbraucherpreisindexes (CPI) angepasst. [...]
[...]
Die für das Bürogebäude mit Standort auf dem T. in H. vereinbarte aktuelle Miete von € 170/m²/Jahr ist ein Pauschalbetrag, der die 200 Parkplätze mit beinhaltet. Dies ist insbesondere bei staatlichen Mietern üblich. Die Spitzenmiete beträgt in H. ca. € 180/m²/Jahr, wobei vereinzelt auch höhere Preise für die begehrten Büros in den Stadtvillen gezahlt werden. Im Allgemeinen jedoch werden Mietpreise zwischen € 120/m²/Jahr und maximal € 180/m²/Jahr erzielt."
11Des Weiteren heißt es in Bezug auf die Fondsimmobilie in H. in der tabellarischen Übersicht zu "Mieter und Mietvertrag" auf Seite 41 unter anderem:
"Gesamtmiete € 2.659.830 p.a. (Miete bei Übernahme)
[...]
Anpassung der Miete Nach Ablauf der anfänglichen Festlaufzeit von zehn Jahren (2013) bzw. nach Ablauf der Optionszeiträume von jeweils fünf Jahren an die Marktmiete"
12In den Erläuterungen zu der auf den Seiten 46 und 47 dargestellten prognostizierten Liquiditätsentwicklung findet sich auf Seite 48 unter der Überschrift "Mieterträge" Folgendes:
"Grundlage für die in der Prognoserechnung in Ansatz gebrachten Mieteinnahmen sind die mit den Mietern abgeschlossenen Mietverträge. Die Mietsteigerungen basieren auf der vereinbarten Indexklausel, wobei eine Inflationsrate von 2,25 % p.a. unterstellt wird."
13Auf Seite 47 werden die Mieterträge für das Jahr 2013 für beide Fondsimmobilien zusammen mit 3.669.616 € prognostiziert.
14Unter der Überschrift "Liquidationsprognose“ wird auf Seite 50 zum Punkt "Verkaufspreis" ausgeführt:
"Die Liquiditätsprognose zeigt mögliche Verkaufspreise bei Mietvervielfältigern zwischen 14,32 und 16,32. Basis ist die für Anfang 2019 angenommene Jahresmiete."
15Seit dem Jahr 2017 haben zahlreiche Anleger Klagen gegen die Musterbeklagten erhoben. Das dem Oberlandesgericht Feststellungsziele zum Zweck der Herbeiführung eines Musterentscheids vorgelegt.
16Mit diesen Feststellungszielen werden verschiedene Prospektfehler geltend gemacht. So soll - soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - festgestellt werden, dass der Prospekt dadurch unrichtig, irreführend und unvollständig sei, dass er auf Seite 10 die Aussage treffe, dass der vereinbarte Kaufpreis von 50,15 Mio. € durch ein unabhängiges Gutachten für marktgerecht erklärt worden sei, obgleich dem für marktgerecht bezeichneten Kaufpreis eine Ertragsbewertung zu Grunde liege, die einen sogenannten Top Slice (vertraglich vereinbarter Mehrbetrag) von 1.332.254 € beinhalte, der nicht auf nachhaltig erzielbaren Mieten am Markt beruhe, und dass die Anleger dadurch unrichtig über den Wert und Wiederverkaufswert des Fondsobjekts informiert würden und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliege (Feststellungsziel a dd).
17Ferner treffe der Prospekt auf Seite 10 die Aussage, dass weitere Bewertungsgutachten nicht existierten,
- obgleich die objektfinanzierende Bank für die Ausgabe eines Darlehens über 28 Mio. € verpflichtet gewesen sei, selbst ein Bewertungsgutachten einzuholen,
- dies auch im Hinblick auf die im Darlehensvertrag vereinbarte Loan to Value Klausel laufend habe tun müssen,
- dazu bereits am eine Besichtigung durch den Gutachter der D. G. B. AG erfolgt sei,
- durch die VR W. mbH im März/April 2008 das Gutachten für die objektfinanzierende Bank bereits erstellt gewesen sei,
- in dem Gutachten von W. Bezug genommen werde auf Umweltgutachten von H. [im Folgenden: H. ], nach denen in beschränktem Maße (möglicherweise) asbesthaltiges Material vorgefunden worden sei und
- in dem Gutachten von CB R. E. [im Folgenden: CBRE] auf ein Bodengutachten der F. aus dem Jahr 2000 Bezug genommen werde, nach dem der Boden und das Grundwasser leichten Bodenverschmutzungen unterlägen,
und die Anleger dadurch nicht oder unrichtig über das Bestehen von weiteren Gutachten und deren Inhalt und einen Asbestverdacht und eine leichte Boden- und Grundwasserverschmutzung informiert worden seien und ein erheblicher Prospektfehler vorliege (Feststellungsziel b aa bis b ff).
18Der Prospekt habe auf Seite 17 nicht konkret über das Bestehen leichter Boden- und Grundwasserverschmutzungen aus dem Gutachten von F. aus dem Jahr 2000 sowie den Verdacht der Verbauung von Asbest aus dem Gutachten von H. aus dem Jahr 2007 hingewiesen und die Anleger dadurch unrichtig über Altlasten in Boden und Grundwasser sowie Schadstoffe im Gebäude informiert (Feststellungsziel h). Zudem kläre er auf Seite 40 nicht darüber auf, dass die Vertragsmiete des Objekts T. in H. bei Prospekterstellung 13,5% über der Marktmiete liege (sog. Overrented), so dass nach der Mietzinsrevision im Mai 2013 mit einer deutlichen Reduzierung der Vertragsmiete zu rechnen sei, welche von dem Gutachten von CBRE mit 2.468.031 € p.a. beziffert werde, und die Angaben im Prospekt dazu unvertretbar seien (Feststellungsziel j). Der Prospekt prognostiziere auf Seite 46 f. zukünftige Mieterträge für die Jahre ab 2013, die ausgehend von der Vertragsmiete um jährlich 2,25% ansteigen sollten, obwohl der Mieter im Mai 2013 ein Mietrevisionsrecht auf die Marktmiete habe und diese Marktmiete für den Mai 2013 von dem Bewertungsgutachten von CBRE auf 2.468.031 € beziffert werde, so dass die Ertragsprognose im Prospekt nicht vertretbar und grob fehlerhaft sei (Feststellungsziel l). Zudem sei die in dem Prospekt auf Seite 50 f. aufgeführte Liquidationsprognose unvertretbar, da das Gutachten von CBRE als (brutto) Marktmiete für den Mai 2018 einen Betrag von insgesamt 2.989.678 € ansetze, der Prospekt hingegen 4.231.850 € prospektiere (Feststellungsziel m).
19Mit am verkündetem Musterentscheid hat das Oberlandesgericht - ausgehend vom Feststellungsziel a dd - festgestellt, dass der Prospekt insoweit unrichtig und damit insgesamt irreführend und unvollständig sei, als er auf Seite 10 die Aussage treffe, dass auch die Mieten für das Objekt in H. durch ein Gutachten für marktgerecht erklärt worden seien, ohne in diesem Zusammenhang den unstreitigen Overrent zu erwähnen, und hat zudem die mit den Feststellungszielen j, l und m begehrten Feststellungen vollständig getroffen. Hinsichtlich der Musterbeklagten zu 1 und 2 hat das Oberlandesgericht sämtliche Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses für gegenstandslos erklärt. Im Übrigen hat es die Musterfeststellungsanträge des Musterklägers zurückgewiesen.
20Gegen den Musterentscheid haben die Musterbeklagte zu 6 und der Musterkläger Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 6 richtet sich gegen die von dem Oberlandesgericht zu den Feststellungszielen a dd, j, l und m getroffenen Feststellungen; die Musterbeklagte zu 6 beantragt insoweit die Aufhebung des Musterentscheids und die Zurückweisung der Feststellungsziele. Der Musterkläger verfolgt mit seiner Rechtsbeschwerde die Feststellungsziele b und h weiter und wendet sich gegen die Gegenstandsloserklärung des Vorlagebeschlusses hinsichtlich der Musterbeklagten zu 1 und 2. Auf Seiten des Musterklägers sind vier Beigeladene innerhalb der Frist des § 20 Abs. 3 Satz 1 KapMuG aF dem Rechtsbeschwerdeverfahren beigetreten. Die Musterbeklagten zu 1 und 2 sind dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf Seiten der Musterbeklagten zu 6 ebenfalls innerhalb der Frist des § 20 Abs. 3 Satz 1 KapMuG aF beigetreten. Der Senat hat mit Beschluss vom die Musterbeklagte zu 6 zur Musterrechtsbeschwerdegegnerin bestimmt.
B.
21Die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 6 hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des Musterentscheids, soweit darin Feststellungen zu den Feststellungszielen a dd, j, l und m getroffen worden sind, und zur Zurückweisung dieser Feststellungsziele als unbegründet. Die Rechtsbeschwerde des Musterklägers führt nur dazu, dass der Musterentscheid insoweit aufgehoben wird, als er den Vorlagebeschluss des Landgerichts hinsichtlich der Musterbeklagten zu 2 für gegenstandslos erklärt hat. Da jedoch die mit der Rechtsbeschwerde des Musterklägers weiter verfolgten Feststellungsziele b und h vom Oberlandesgericht zu Recht als unbegründet zurückgewiesen worden sind, bleibt diese Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg.
I. Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 6
22Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
231. Das Oberlandesgericht (, juris) hat zur Begründung des Musterentscheids - soweit für die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 6 von Belang - im Wesentlichen ausgeführt:
24Für die von dem Musterkläger angebrachten Feststellungsanträge bestehe auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verdrängung der Prospekthaftung im weiteren Sinne durch die spezialgesetzliche Haftung nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden für alle Vorschriften: aF) auch hinsichtlich der Musterbeklagten zu 6 ein Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Musterbeklagten zu 6 sowie weiterer Musterbeklagter käme eine Haftung für Prospektfehler als Vermittler oder Berater in Betracht.
25Die von dem Musterkläger begehrten Feststellungen seien insoweit entscheidungserheblich und teilweise zu treffen. So liege ein Prospektmangel insoweit vor, als der Prospekt auf Seite 10 auf das Gutachten von CBRE Bezug nehme und diesbezüglich ausführe, dass auch die vereinbarten Mieten marktgerecht seien, ohne in diesem Zusammenhang den unstreitigen sog. Overrent für das Objekt in H. zu erwähnen (Feststellungsziel a). Grundsätzlich stelle ein sog. Overrent bei einem Fonds, dessen Vermögensgegenstand eine Gewerbeimmobilie sei, ein Risiko dar, auf das ggf. hingewiesen werden müsse. Die Vereinbarung einer über Marktniveau liegenden Miete könne regelmäßig Zweifel daran wecken, ob die fragliche Miete nachhaltig erzielbar sei und könne eine auf den Ertragswert aufsetzende Wertermittlung berechtigten Bedenken aussetzen. Vorliegend habe ab dem mit einem Absinken der Miete gerechnet werden müssen, da dem Mieter ab diesem Zeitpunkt ein Mietrevisionsrecht zugestanden und - wie aus den Ausführungen des von dem Prospekt selbst zitierten Gutachtens von CBRE folge - für das Objekt in H. ein sog. Overrent bestanden habe. Vor diesem Hintergrund habe der Prospekt nicht - jedenfalls nicht ohne Erwähnung des sog. Overrent - von einer marktgerechten Miete sprechen dürfen. Hingegen sei der Hinweis, dass nach dem Gutachten von CBRE der Kaufpreis "marktgerecht" gewesen sei, auch ohne eine Offenlegung des sog. Overrent zutreffend.
26Hinsichtlich der Feststellungsziele j, l und m sei in der Zusammenschau ebenfalls ein Prospektfehler festzustellen. Der Ansatz einer inflationsbedingten Mietsteigerung von 2,25% p.a. sei angesichts des anzunehmenden sog. Overrent und des Mietrevisionsrechts im Jahr 2013 nicht mehr vertretbar. Das Gutachten von CBRE sei davon ausgegangen, dass der Mietzins im Jahr 2013 wegen des Overrent-Faktors deutlich absinken würde. Dies wiederum würde dazu führen, dass ab dem Jahr 2013 die Angaben zu den Mieterträgen in der Liquiditätsprognose auf Seite 46 des Prospekts fehlerhaft wären und insbesondere die Liquidationsprognose auf Seite 50/51 des Prospekts fehlerhaft wäre. Denn in der Liquiditätsprognose auf Seite 46 des Prospekts werde der Wert der Mieterträge über das Jahr 2013 hinaus ohne Berücksichtigung des Mietrevisionsrechts eskaliert. Die von dem Gutachten von CBRE vorgenommene Absenkung auf 2.468.031 € p.a. werde ausgeblendet. Selbst wenn man die Prognose für noch vertretbar halte, sei jedenfalls ein Hinweis auf die abweichende Einschätzung der Gutachter erforderlich gewesen. Die fehlende Darstellung der abweichenden Ansicht sei schon für sich genommen ein Prospektfehler.
272. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, so dass der Musterentscheid aufzuheben ist, soweit das Oberlandesgericht in Bezug auf das Feststellungsziel a dd einen Prospektfehler insoweit bejaht hat, als der Prospekt auf Seite 10 die Aussage treffe, dass auch die Mieten für das Objekt in H. durch ein Gutachten für marktgerecht erklärt worden seien, ohne in diesem Zusammenhang den unstreitigen Overrent zu erwähnen, und soweit das Oberlandesgericht die mit den Feststellungszielen j, l und m geltend gemachten Prospektfehler festgestellt hat. Die Feststellungsziele a dd, j, l und m sind als unbegründet zurückzuweisen.
28a) Das Oberlandesgericht hat allerdings zutreffend angenommen, dass im Hinblick auf die Musterbeklagte zu 6 zu prüfen ist, ob die geltend gemachten Prospektfehler vorliegen. Denn selbst wenn die Musterbeklagte zu 6 - wie sie geltend macht - infolge Rechtsnachfolge als Prospektverantwortliche anzusehen wäre, würde dies die vom Oberlandesgericht angenommene mögliche Haftung als Vermittlerin oder Beraterin nicht ausschließen. Die spezialgesetzliche Prospekthaftung gemäß § 13 VerkProspG, § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG aF schließt in ihrem Anwendungsbereich eine Haftung des Prospektverantwortlichen als Anlagevermittler aus einem mit dem Anleger geschlossenen Auskunftsvertrag nicht aus. Dies ergibt sich aus § 13 VerkProspG, § 47 Abs. 2 BörsG aF (vgl. Senatsbeschluss vom - XI ZR 50/22, juris). Gleiches gilt für eine spezialgesetzliche Prospekthaftung gemäß § 13 VerkProspG, § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF.
29b) Auf den am aufgestellten Prospekt finden die Regelung des § 8g VerkProspG aF in Verbindung mit § 32 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG sowie die Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung (VermVerkProspV) in der vom bis zum geltenden Fassung (im Folgenden für alle zitierten Vorschriften: aF) Anwendung. Nach § 8g Abs. 1 Satz 1 VerkProspG aF muss der Verkaufsprospekt alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Emittenten und der Vermögensanlagen im Sinne des § 8f Abs. 1 VerkProspG aF zu ermöglichen. Nach § 8g Abs. 2 VerkProspG aF i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermVerkProspV aF muss der Verkaufsprospekt über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der angebotenen Vermögensanlagen notwendig sind, Auskunft geben und richtig und vollständig sein. Der Prospekt muss daher über alle Umstände, die von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichten. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können, und über solche Umstände, von denen zwar noch nicht feststeht, die es aber wahrscheinlich machen, dass sie den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden. Für die Frage, ob ein Prospekt nach diesen Grundsätzen unrichtig oder unvollständig ist, kommt es nicht allein auf die darin wiedergegebenen Einzeltatsachen an, sondern wesentlich auch darauf, welches Gesamtbild der Prospekt dem Anleger von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt. Hierbei sind solche Angaben wesentlich, die ein Anleger "eher als nicht" bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Abzustellen ist auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen Anlegers, der als Adressat des Prospekts in Betracht kommt und der den Prospekt sorgfältig und eingehend liest (st. Rspr., vgl. Senatsbeschlüsse vom - XI ZB 28/19, WM 2020, 2411 Rn. 25, vom - XI ZB 18/17, WM 2021, 672 Rn. 43 und vom - XI ZB 17/21, WM 2023, 1409 Rn. 37, jeweils mwN). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts ist grundsätzlich der Zeitpunkt, zu dem der Prospekt aufgestellt wurde (Senatsbeschluss vom - XI ZB 29/19, WM 2021, 1047 Rn. 65), und damit hier der .
30Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Oberlandesgericht rechtsfehlerhaft festgestellt, dass der Prospekt, den der Senat selbst auslegen kann (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluss vom - XI ZB 33/19, WM 2022, 1633 Rn. 66 mwN), die im Musterentscheid festgestellten Fehler aufweist.
31aa) Soweit das Oberlandesgericht einen Prospektfehler festgestellt hat, weil der Prospekt auf Seite 10 die Aussage treffe, dass auch die Mieten für das Objekt in H. durch ein Gutachten für marktgerecht erklärt worden seien, ohne in diesem Zusammenhang den unstreitigen Overrent zu erwähnen, hat es die Grenzen des Feststellungsziels a dd überschritten (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 11 Abs. 1 Satz 1 KapMuG aF). Die getroffene Feststellung ist daher bereits aus diesem Grund aufzuheben.
32Das Oberlandesgericht hat verkannt, dass das Feststellungsziel a seinem Wortlaut und seiner Systematik nach insgesamt nur darauf abzielt, dass der im Prospekt angegebene Kaufpreis nicht marktgerecht sei. Das Feststellungsziel wendet sich einleitend gegen die Aussage, "dass der vereinbarte Kaufpreis von 50,15 Mio. EUR durch ein unabhängiges Gutachten für marktgerecht erklärt wurde". Auch in den insgesamt fünf Unterpunkten des Feststellungsziels (aa bis ee) werden jeweils nur Begründungen aufgeführt, warum entgegen der Angabe im Prospekt nicht von einer Marktgerechtigkeit des Kaufpreises auszugehen sei. Selbst in dem vom Oberlandesgericht herangezogenen Unterpunkt dd geht es lediglich um den Vorwurf, dass dem Kaufpreis eine Ertragsbewertung zugrunde liege, die einen Top Slice beinhalte, der nicht auf nachhaltig erzielbaren Mieten am Markt beruhe. Die Rüge in diesem Unterpunkt geht somit dahin, dass die Angabe, der Kaufpreis sei marktgerecht, deshalb falsch sei, weil die Wertermittlung wegen Einbeziehung nicht nachhaltig erzielbarer Mieten fehlerhaft erfolgt sei.
33Das Oberlandesgericht ist in den Gründen zu dem zutreffenden Ergebnis gekommen, dass die Aussage, dass der Kaufpreis marktgerecht sei, richtig ist, und hätte daher das Feststellungsziel als unbegründet zurückweisen müssen. Nach dem Gutachten von CBRE beträgt der Estimated Rental Value - d.h. die auf Basis aktueller Marktmieten bei Vollvermietung theoretisch erzielbaren Mieteinnahmen für das Objekt (vgl. Teitler-Feinberg/Hebestreit, IRZ 2018, 461 Fn. 3) - für die Fondsimmobilie zum Bewertungsstichtag () ca. 2.415.000 € pro Jahr (Seite 6 des Gutachtens). Die Herleitung dieses Estimated Rental Value beruht ausweislich der Erläuterung auf Seite 17 des Gutachtens auf allgemeiner Marktkenntnis sowie auf der Auswertung von fünf Vertragsabschlüssen über Büroimmobilien in H. aus dem Zeitraum November 2006 bis Juli 2007. Verglichen mit der für das Jahr 2008 vertraglich geltenden Jahresmiete von 2.659.830 € geht das Gutachten somit für den Stichtag von einem Overrent aus. Ferner unterstellt das Gutachten von CBRE ab dem ein Absinken der Mieterträge auf eine Jahresmiete von 2.468.031 € - also auf die Ausgangsmiete der Fondsimmobilie - sowie für die Zeit nach Ablauf der Festlaufzeit, d.h. ab dem , ein (weiteres) Absinken der Mieterträge auf den ermittelten Estimated Rental Value. Das Gutachten von CBRE nimmt ausweislich der Berechnungen auf Seite 3 von Appendix 4 die Ermittlung des Marktwertes der Fondsimmobilie - wie bei einem Overrent üblich - unter Berücksichtigung der sog. Core and Top Slice-Methode vor. Nach dieser Methode bildet der zum Bewertungsstichtag geschätzte Mietwert als sog. Hardcore den erzielbaren "Kern" der Mieteinnahmen, der auf ewig kapitalisiert wird, während die höhere (über der Marktmiete) liegende Vertragsmiete (sog. Top Slice) nur über einen begrenzten Zeitraum (z.B. bis zum Ende der Festmietzeit) in Ansatz gebracht wird (vgl. Hollung/Pahl in Meyer, Handbuch Immobilienwirtschaftsrecht, 2022, Kap. 7 Rn. 513 ff.; Kanngieser/Kertscher/Jessen, zfv 2007, 347, 349 f.).
34bb) Mit Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 6 ferner gegen die vom Oberlandesgericht "in der Zusammenschau" getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Feststellungsziele j, l und m. Rechtsfehlerhaft hat das Oberlandesgericht hinsichtlich der Feststellungsziele j, l und m angenommen, dass die Angaben auf Seite 40 des Prospekts zur vertraglich vereinbarten Mietanpassung sowie die Ertragsprognose auf Seite 46 f. und die Liquidationsprognose auf Seite 50 f. vor dem Hintergrund des im Gutachten von CBRE für das Objekt in H. angenommenen Overrents nicht mehr vertretbar seien.
35(1) Das Feststellungsziel j, wonach der Prospekt auf Seite 40 nicht darüber aufkläre, dass die Vertragsmiete des Objekts in H. bei Prospekterstellung 13,5% über der Marktmiete liege, so dass nach der Mietzinsrevision im Mai 2013 mit einer deutlichen Reduzierung der Vertragsmiete zu rechnen sei, welche von dem Gutachten von CBRE mit 2.468.031 € p.a. beziffert werde, ist als unbegründet zurückzuweisen.
36(a) Bei der Darstellung des Anlageobjekts auf Seite 40 des Prospekts musste schon der Umstand nicht angegeben werden, dass die Vertragsmiete nach dem Gutachten von CBRE über der Marktmiete liegt. Denn der Prospekt enthält auf Seite 40 ausreichende Ausführungen dazu, wie die aktuell bestehende Miete für das Anlageobjekt sich in Bezug auf die zum Zeitpunkt der Prospekterstellung aktuelle Spannbreite von Mieten in H. verhält.
37Auf Seite 40 des Prospekts ist eine Mietspanne für H. von 120 € pro m² bis zu maximal 180 € pro m² jährlich angegeben. Dies entspricht im Wesentlichen dem Gutachten von CBRE, das das durchschnittliche Mietniveau in der Stadt zwischen 120 € und 170 € pro m² jährlich angibt und ausführt, dass sich die Mieten für repräsentative kleinere Büroflächen auf bis zu 200 € pro m² pro Jahr belaufen können. Zudem wird im Prospekt ausgeführt, dass die aktuelle Miete der Fondsimmobilie etwa 170 € pro m² beträgt. Damit wird für den Anleger deutlich, dass sich der Wert zwar am oberen Ende der angegebenen Spanne bewegt, die als solche aber am Markt erzielbare Mieten ausweist. Die aktuelle Miete liegt damit nicht oberhalb der am Markt erzielbaren Miete, sondern lediglich im oberen Bereich der angegebenen Mietspanne. Dies kann darauf beruhen, dass - was der Anleger dem Prospekt auch entnehmen kann - die Besonderheit der Miete der Fondsimmobilie in H. darin besteht, dass die Kosten für die Parkplätze in der Miete enthalten sind.
38Auch aus § 9 Abs. 2 Nr. 7 VermVerkProspV aF ergibt sich keine weitergehende Pflicht zur Angabe des sich aus dem Gutachten von CBRE ergebenden Overrents. Die Vorschrift verlangt nur die Angabe des Ergebnisses eines Bewertungsgutachtens und nicht die Angabe der Anknüpfungstatsachen, von denen dieses Gutachten ausgegangen ist. Die Regelung verfolgt den Zweck, dem Anleger eine Einschätzung des Wertes des Anlageobjekts zu ermöglichen (Senatsbeschluss vom - XI ZB 23/20, WM 2022, 2137 Rn. 100). Das Gutachten sollte - wie sich aus dem auf Seite 7 dargestellten Bewertungsergebnis ergibt - nur den aktuellen Marktwert des Eigentums an der Immobilie bestimmen. Auch die im Gutachten gewählte Methode zur Wertermittlung gibt keinen Anlass zu einem zusätzlichen Hinweis. Auf gewöhnliche, rechtlich zulässige Bewertungsansätze und -verfahren muss nicht hingewiesen werden, wohl aber auf solche, deren Kenntnis für die sachgerechte Einschätzung des Grundstückswerts erforderlich ist. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Bewertungsverfahren rechtlich unzulässig und damit offensichtlich für eine sachgerechte Bewertung ungeeignet ist. Auch kann eine Hinweispflicht bestehen, wenn ein Bewertungsverfahren zwar rechtlich zulässig ist, aber in erhöhtem Maße das Risiko einer Überbewertung birgt (Senatsbeschluss vom - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1 Rn. 96). Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich.
39(b) Auf Seite 40 musste auch nicht darauf hingewiesen werden, dass nach der Mietzinsrevision im Mai 2013 mit einer deutlichen Reduzierung der Vertragsmiete zu rechnen sei.
40(aa) Das Gutachten von CBRE enthält keine Aussage über die künftige Entwicklung der marktüblichen Mieten in H. , welche die Feststellung des Oberlandesgerichts rechtfertigen könnte, dass mit einem Absinken der Miete habe "gerechnet werden müssen".
41Um den Wert der Fondsimmobilie in H. zu dem Stichtag vom rechnerisch zu ermitteln, trifft das Gutachten von CBRE die Annahme, dass ab Mitte Mai 2013 nur noch die im Mietvertrag vereinbarte Ausgangsmiete und ab Mitte Mai 2018 nur noch Miete in Höhe des Estimated Rental Value anfällt. Die Herleitung dieses Estimated Rental Value beruht ausweislich der Erläuterung auf Seite 17 des Gutachtens auf allgemeiner Marktkenntnis sowie auf der Auswertung von fünf Vertragsabschlüssen über Büroimmobilien in H. aus den Jahren 2006 und 2007. Der Estimated Rental Value für sich genommen enthält somit keine Aussage über die künftige Entwicklung der marktüblichen Mieten in H. , aus der sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Eintreten der unterstellten Mietzinsabsenkungen im Jahr 2013 und 2018 schließen lassen könnte. Aus einem einmal festgestellten Overrent kann ohne weitere Feststellungen nicht der Schluss gezogen werden, dass dieser über die gesamte Mietzeit fortbestehen wird. Etwa im Falle einer verstärkten Nachfrage nach Mietflächen bei gleichbleibendem Angebot kann sich das Marktmietniveau anheben und der für ein konkretes Objekt geschätzte Mietwert, der sich am aktuellen Marktmietniveau orientiert, bis hin zur Angleichung des Mietwerts an die Vertragsmiete (oder auch darüber hinaus) steigen, so dass sich der Overrent für das konkrete Objekt "auflöst". Umgekehrt kann sich der Overrent bei Stagnation oder weiterem Absinken der marktüblichen Mieten verfestigen bzw. vergrößern.
42(bb) Vom Oberlandesgericht wird zudem nicht dargelegt, warum ein solcher Hinweis - wie vom Feststellungsziel gefordert - auf Seite 40 des Prospekts erfolgen soll. Die Angaben auf Seite 40 befinden sich im Kapitel "H. - Mieter und Mietvertrag" und dienen ersichtlich nur dazu, das Anlageobjekt, den Inhalt des bestehenden Mietvertrags und den Mieter zu beschreiben. Angaben zu Prognosen oder Risiken brauchen an dieser Stelle nicht zu erfolgen. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 VermVerkProspV aF sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Risiken im Zusammenhang mit den angebotenen Vermögensanlagen einschließlich der mit einer Fremdfinanzierung einhergehenden Risiken vielmehr in einem gesonderten Abschnitt, der nur diese Angaben enthält, darzustellen.
43(2) Die Feststellungsziele l und m, die darauf gerichtet sind, die Unvertretbarkeit der Ertrags- und der Liquidationsprognose wegen der im Gutachten von CBRE zugrunde gelegten Werte für die Miete ab Mitte Mai 2013 und ab Mitte Mai 2018 festzustellen, sind ebenfalls unbegründet. Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts ist der Prospekt aufgrund des Gutachtens von CBRE nicht daran gehindert, bei der Prognose zur Entwicklung der Mieten davon auszugehen, dass weder ab Mitte Mai 2013 noch ab Mitte Mai 2018 eine Neufestsetzung des Mietzinses erfolgen wird, und diese Prognose wiederum der Liquidationsprognose zugrunde zu legen.
44Zu den Umständen, über die der Prospekt ein zutreffendes und vollständiges Bild zu vermitteln hat, gehören auch die für die Anlageentscheidung wesentlichen Prognosen über die voraussichtliche künftige Entwicklung des Anlageobjekts. Jedoch übernimmt der Prospektherausgeber grundsätzlich keine Gewähr dafür, dass die von ihm prognostizierte Entwicklung tatsächlich eintritt. Die Interessen des Anlegers werden dadurch gewahrt, dass Prognosen im Prospekt durch Tatsachen gestützt und ex ante betrachtet vertretbar sein müssen. Prognosen sind hierbei nach den bei der Prospekterstellung gegebenen Verhältnissen und unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden Risiken zu erstellen. Hängt ein wirtschaftlicher Erfolg von bestimmten Voraussetzungen ab, deren Eintritt noch ungewiss ist, ist dies deutlich zu machen. Auch bloße Mutmaßungen müssen sich deutlich aus dem Prospekt ergeben (Senatsbeschlüsse vom - XI ZB 18/17, WM 2021, 672 Rn. 70 mwN, vom - XI ZB 23/20, WM 2022, 2137 Rn. 66 und vom - XI ZB 20/21, BGHZ 237, 346 Rn. 61). Deckt der Prospekt derartige Unsicherheiten und Lücken der Tatsachengrundlage auf, sind die Interessen des Anlegers nicht verletzt (Senatsbeschlüsse vom und vom , jeweils aaO). Eine derartige Aufklärung erfolgt durch den streitgegenständlichen Prospekt.
45Dort ist angegeben, dass in der Prognoserechnung eine Inflationsrate von 2,25% p.a. angenommen wird. Außerdem ergibt sich, dass der Prospekt auf dieser Grundlage von einer fortlaufenden Steigerung der Mietraten ausgeht und somit optimistisch annimmt, dass es weder zu einer Anpassung der Mieten nach unten noch zu geringeren Mieteinnahmen in Folge einer Neuvermietung kommen wird. Ausdrücklich wird jedoch angegeben, dass mit der Mietrevision im Jahr 2013 das Risiko verbunden ist, dass die Miete auf das anfängliche Niveau absinkt. Auch über das Risiko, dass im Falle der Neuvermietung - also etwa, wenn die Optionen auf Verlängerung des Mietverhältnisses mieterseitig nicht ausgeübt werden - diese nur zu einem niedrigeren Mietzins durchgeführt werden kann, informiert der Prospekt. Dem Anleger, der aufgrund der Angaben auf Seite 40 zudem von einem eher hohen Mietniveau der Fondsimmobilie in H. ausgehen musste, war dadurch auch klar, dass die Prognose nur aufgehen kann, wenn auch die Marktmieten fortlaufend entsprechend oder sogar in noch höherem Umfang ansteigen und die Fondsimmobilien ohne Unterbrechung vermietet bleiben.
46Der Prospekt enthält zudem eine Sensitivitätsanalyse und führt dazu auf Seite 58 aus, dass in der Prognoserechnung eine Fortführung der auslaufenden Mietverhältnisse zu den dann geltenden Konditionen angenommen werde. Auf Basis dieser Mietvertragssituation sei eine Veräußerung der Immobilien zum Jahresende 2018 vorgesehen. Szenario A und Szenario B unterstellen ein "positives Marktumfeld für Bürovermietungen an den Standorten" und gehen davon aus, dass die Mietverträge zu "gleichen Konditionen verlängert" werden. Szenario C geht hingegen davon aus, dass eine Anschlussvermietung erst nach "Revitalisierung der Flächen für € 100/m² nach einer Leerstandszeit von drei Monaten durchgeführt werden" kann. Die Szenarien D und E unterstellen ein negatives Marktumfeld für Bürovermietungen und gehen jeweils davon aus, dass die Mietverträge nicht verlängert werden, die Fondsimmobilien sechs Monate nicht vermietet werden können und Revitalisierungskosten in unterschiedlicher Höhe anfallen. Zudem wird in diesen Szenarien mit einem Anschlussmietzins von 10% unter dem jeweils prognostizierten Mietniveau gerechnet. Auch diese Ausführungen zeigen dem Anleger auf, dass die im Prospekt gewählte Prognose aus einem optimistischen Blickwinkel heraus erstellt worden ist.
47Soweit das Oberlandesgericht ausführt, dass bei einer Vertretbarkeit der Prognose jedenfalls ein Hinweis auf die abweichende Einschätzung der Gutachter erforderlich gewesen und die fehlende Darstellung der abweichenden Ansicht schon für sich genommen ein Prospektfehler sei, trifft dies nicht zu. Entscheidet sich der Prospektersteller für ein vertretbares Prognoseverfahren und klärt er den Anleger darüber auf, braucht er nicht auf andere Prognoseverfahren und deren Ergebnisse einzugehen. Der Anleger wusste, dass der Anspruch auf Neufestsetzung der Miete zu einem Rückfall auf die Ausgangsmiete führen könnte. Der Wert dieser Ausgangsmiete ist im Prospekt auch genannt. Dem Anleger war somit klar, dass die Mietentwicklungen auch einen wesentlich anderen Verlauf nehmen könnten.
II. Rechtsbeschwerde des Musterklägers
48Die zulässige Rechtsbeschwerde des Musterklägers hat in der Sache im Ergebnis keinen Erfolg. Sie führt zwar zur Aufhebung des Musterentscheids, soweit darin der Vorlagebeschluss hinsichtlich der Musterbeklagten zu 2 für gegenstandslos erklärt worden ist. Im Übrigen ist sie jedoch unbegründet. Das Oberlandesgericht hat die Feststellungsziele b und h zu Recht mit der Begründung zurückgewiesen, dass keine Prospektfehler vorliegen. Auch hinsichtlich der Musterbeklagten zu 2 ist daher festzustellen, dass die geltend gemachten Prospektfehler nicht vorliegen.
491. Das Oberlandesgericht hat in seinem Musterentscheid - soweit für die Rechtsbeschwerde des Musterklägers von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:
50Für die von dem Musterkläger angebrachten Anträge, welche auf eine Prospekthaftung im weiteren Sinne abzielten, bestehe hinsichtlich der Musterbeklagten zu 1 bzw. deren Rechtsvorgängerin (im Folgenden einheitlich: Musterbeklagte zu 1) und der Musterbeklagten zu 2 kein Rechtsschutzbedürfnis. Eine Haftung der Musterbeklagten zu 1 und 2 als Gründungsgesellschafterinnen aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB könne nicht auf die Verwendung eines Prospekts als solche gestützt werden. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werde ein Anspruch auf dieser Grundlage durch die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung verdrängt, da die Musterbeklagten zu 1 und 2 Prospektveranlasser im Sinne des § 13 VerkProspG aF i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG aF seien. Folglich seien die Feststellungsziele im Hinblick auf die Musterbeklagten zu 1 und 2 gegenstandslos.
51Im Übrigen seien die mit den Feststellungszielen begehrten Feststellungen nicht zu treffen. Insbesondere die Angabe auf Seite 10 des Prospekts, dass weitere Bewertungsgutachten nicht existierten, stelle keinen Prospektfehler dar (Feststellungsziel b). Die Klägerin habe schon nicht schlüssig dargelegt, dass tatsächlich weitere Bewertungsgutachten bestünden, die oder deren Inhalt den Prospekterstellern bekannt gewesen wären. So habe die Klägerin nicht behauptet, dass ein etwa von oder im Auftrag der finanzierenden Bank erstelltes Gutachten den Musterbeklagten vorgelegen habe. Zwar liege die Annahme sehr nahe, dass die Musterbeklagten davon ausgegangen seien, dass ein solches aufsichtsrechtlich gebotenes Gutachten durch die Bank eingeholt worden sei. Doch wäre mit einem entsprechenden Hinweis für die Anleger kein Erkenntnisgewinn verbunden gewesen. Ohnehin hätten die Prospektersteller davon ausgehen dürfen, dass ein von der Bank etwa eingeholtes Gutachten für die Zwecke des Prospekts nicht maßgeblich sein würde, da es nach Maßgabe der Beleihungswertermittlungsverordnung erstellt worden wäre, an die sie gerade nicht gebunden gewesen wären. Bei den weiter angeführten Altlastengutachten handele es sich nicht um Bewertungsgutachten im Sinne des Feststellungsantrags.
52Die mit dem Feststellungsziel h begehrte Feststellung sei ebenfalls nicht zu treffen. In den Gutachten von F. und W. sei lediglich von möglichem asbesthaltigen Material die Rede, das keine Gesundheitsrisiken beinhalte bzw. frühestens bei einem Abriss relevant werden würde und damit während der Laufzeit des Fonds keine Rolle spiele.
532. Diese Ausführungen halten in Bezug auf die geltend gemachten Prospektfehler rechtlicher Überprüfung stand. Das Oberlandesgericht hat die Feststellungsziele b und h zu Recht als unbegründet zurückgewiesen.
54a) Rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht dem Feststellungsziel b nicht entsprochen. Dieses Feststellungsziel macht insgesamt geltend, der Prospekt enthalte auf Seite 10 die unzutreffende Angabe, dass weitere Bewertungsgutachten nicht existierten, und die Unterpunkte des Feststellungsziels legen dar, warum diese Aussage unzutreffend sein soll.
55Das Oberlandesgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den in den Unterpunkten des Feststellungsziels genannten Gutachten nicht um im Prospekt anzugebende Bewertungsgutachten im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 7 VermVerkProspV aF handelt.
56Ein etwaiges von der finanzierenden Bank erstelltes oder in Auftrag gegebenes Bewertungsgutachten musste im Prospekt nicht erwähnt werden. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts hat der Musterkläger bereits nicht behauptet, dass den Musterbeklagten ein solches Bewertungsgutachten - einschließlich des darin aufgeführten Umweltgutachtens - vorgelegen hätte, zumal die von dem Musterkläger angeführten Bewertungsgutachten der VR W. mbH erst auf den 21. bzw. datieren, also auf Zeitpunkte nach Veröffentlichung des Prospekts am . Auch wenn nach den weiteren Ausführungen des Oberlandesgerichts die Annahme nahelag, dass die Musterbeklagten von der Erstellung eines solchen Gutachtens durch die Bank ausgingen, waren diese nicht gehalten, auf ein solches Gutachten - etwa in Form eines Nachtrags (vgl. Senatsurteil vom - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 232 mwN) - hinzuweisen. Denn solche Bewertungsgutachten werden von der finanzierenden Bank grundsätzlich nur im eigenen Interesse sowie im Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht dagegen im Kundeninteresse erstellt (Senatsbeschluss vom - XI ZB 17/21, WM 2023, 1409 Rn. 51 mwN). Aufgrund dessen handelt es sich dabei von vornherein nicht um eine Angabe, die der Verkaufsprospekt nach § 8g Abs. 1 Satz 1 VerkProspG aF enthalten muss, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung der Vermögensanlage zu ermöglichen (Senatsbeschluss vom , aaO).
57In dem Gutachten von CBRE zu der Fondsimmobilie in H. ist nur von einem "survey report" die Rede, den F. nach einem "soil survey" im Jahr 2000 erstellt hat. Zudem ist gemäß den Ausführungen im Gutachten von CBRE und im Prospekt erst im Jahr 2003 ein neuer Gebäudeteil errichtet worden und somit das streitgegenständliche Anlageobjekt erst nach dem "survey report" in seiner Gesamtheit entstanden.
58b) Zu Recht hat das Oberlandesgericht auch dem Feststellungsziel h nicht entsprochen. Insoweit bemängelt der Musterkläger, dass der Prospekt auf Seite 17 nicht konkret über das Bestehen leichter Boden- und Grundwasserverschmutzungen aus dem Gutachten von F. aus dem Jahr 2000 sowie den Verdacht der Verbauung von Asbest aus dem Gutachten von H. aus dem Jahr 2007 hingewiesen habe.
59Im Grundsatz trifft es zu, dass ein bestehender Altlastenverdacht ein besonderes Risiko darstellen kann, das der Aufklärung bedarf, da sich die mit einer etwaigen Beseitigung verbundenen Sanierungs- oder Entsorgungskosten nachteilig auf die wirtschaftliche Entwicklung der Immobilienfondsgesellschaft und damit auf den Wert der Beteiligung der Anleger auswirken können (vgl. , WM 2016, 1975 Rn. 19).
60Das Bodengutachten von F. aus dem Jahr 2000 musste in dem Prospekt jedoch nicht erwähnt werden. Die dort festgestellten leichten Verunreinigungen ("some slight contaminations") des Erdreichs und Grundwassers haben nach dem Gutachten von CBRE weder einen negativen Einfluss auf den Wert oder einen Verkauf der Fondsimmobilie noch erfordern sie eine sofortige Reinigung des Grundstücks (Seite 12 des Gutachtens von CBRE). Dass mit den Verunreinigungen eine konkrete Gefahr für den Wert des Anlageobjekts bzw. der Beteiligung der Anleger verbunden ist, ist demnach weder festgestellt noch anderweitig ersichtlich. Die abstrakte Gefahr von Altlasten und der Umstand, dass diese sich negativ auf das Ergebnis der Fondsgesellschaft auswirken können, werden im Prospekt auf Seite 17 ausreichend dargestellt. Das Bodengutachten ist nicht geeignet, dem Anleger eine darüberhinausgehende Gefahreneinschätzung zu ermöglichen, und ein entsprechender Hinweis auf das Gutachten war damit entbehrlich.
61Auch ein Hinweis auf den in dem Umweltgutachten von H. geäußerten Verdacht der Verbauung von Asbest war nicht erforderlich. Ausweislich der Bezugnahme in dem Gutachten von W. wurde nach dem Gutachten von H. "in sehr beschränktem Maße (möglicherweise) asbesthaltiges Material vorgefunden, das jedoch vom Standpunkt der Gesundheitsrisiken aus betrachtet, nicht entfernt zu werden braucht" (Seite 13 des Gutachtens von W. ). Damit handelt es sich zwar um einen Verdacht auf Altlasten, diese beeinträchtigen aber die Nutzbarkeit und Vermietbarkeit nicht. Da auch eine Beseitigung für nicht erforderlich erachtet wurde, spielte die bloße Möglichkeit des Vorhandenseins asbesthaltigen Materials - wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat - jedenfalls während der Fondslaufzeit, in der kein Abriss der Immobilie vorgesehen war, keine Rolle.
623. Die Rechtsbeschwerde des Musterklägers führt jedoch dazu, dass der Musterentscheid aufzuheben ist, soweit das Oberlandesgericht den Vorlagebeschluss hinsichtlich der Musterbeklagten zu 2 für gegenstandslos erklärt hat. Soweit die Gegenstandsloserklärung hinsichtlich der Musterbeklagten zu 1 erfolgt ist, ist die Rechtsbeschwerde des Musterklägers zurückzuweisen.
63a) Die Musterbeklagte zu 2 unterfällt als Prospektverantwortliche zwar der spezialgesetzlichen Prospekthaftung. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie Vertriebsverantwortung übernommen und daher besonderes persönliches Vertrauen gegenüber den Anlageinteressenten in Anspruch genommen hat und deswegen, wie der Senat nach Erlass des Musterentscheids entschieden und im Einzelnen begründet hat (vgl. Senatsbeschluss vom - XI ZB 20/21, BGHZ 237, 346 Rn. 41 ff.), neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung den Anlegern auch nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB haftet.
64Vertriebsverantwortung trägt ein Altgesellschafter unter anderem dann, wenn er selbst den Vertrieb übernimmt, beispielsweise als Vertriebsgesellschaft (Senatsbeschluss vom - XI ZB 20/21, BGHZ 237, 346 Rn. 44; , BGHZ 238, 302 Rn. 30). Vertriebsverantwortung kann jedoch auch bestehen, wenn ein Altgesellschafter den Vertrieb nicht selbst übernimmt. Vertriebsverantwortung tragen danach, soweit der Vertriebsauftrag von der Fondsgesellschaft erteilt wurde, die geschäftsführungsbefugten Altgesellschafter (Senatsbeschluss vom , aaO). Die Musterbeklagte zu 2 ist geschäftsführende Kommanditistin. Aus den Angaben auf Seite 78 f. des Prospekts ergibt sich, dass die Emittentin einen Vertrag mit der W. I. AG als Vertriebspartnerin schließen wollte. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Musterbeklagte zu 2 neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung auch aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB für Prospektfehler haftet, so dass auch in Bezug auf sie die Prospektfehler zu prüfen sind. Da die geltend gemachten Prospektfehler nicht vorliegen, führt die Rechtsbeschwerde des Musterklägers letztlich nur dazu, dass dies auch gegenüber der Musterbeklagten zu 2 bindend festgestellt ist.
65b) Hinsichtlich der Musterbeklagten zu 1 ist das Oberlandesgericht zu Recht davon ausgegangen, dass diese allein aufgrund ihrer Stellung als Gründungsgesellschafterin Prospektverantwortliche im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF ist (vgl. Senatsbeschluss vom - XI ZB 20/21, BGHZ 237, 346 Rn. 39 mwN) und somit für unrichtige oder unvollständige wesentliche Angaben nach den Grundsätzen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF haftet. Neben dieser ist eine Haftung der Musterbeklagten unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung allein aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB ausgeschlossen (Senatsbeschluss vom - XI ZB 35/18, BGHZ 228, 237 Rn. 26). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs findet ein Prospekt auch dann Verwendung, wenn er entsprechend dem Vertriebskonzept der Fondsgesellschaft von den Anlagevermittlern oder -beratern als Arbeitsgrundlage für ihre Beratungsgespräche verwendet wird (Senatsbeschlüsse vom - XI ZR 311/22, BKR 2023, 838 Rn. 2 und vom - XI ZB 17/22, WM 2024, 887 Rn. 56).
66Dies gilt auch für eine auf diesen Aspekt gestützte Haftung der Musterbeklagten zu 1 als Treuhandkommanditistin (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XI ZB 34/19, WM 2022, 2371 Rn. 60 f. und vom - XI ZB 28/21, WM 2023, 174 Rn. 22 ff.) und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des II. Zivilsenats (Urteil vom - II ZR 57/21, BGHZ 238, 302 Rn. 11, 27; Beschluss vom - II ZB 17/22, WM 2024, 1905 Rn. 20 und 26 ff.). Soweit der Musterkläger ausführt, dass die Musterbeklagte zu 1 als Treuhandkommanditistin zur Richtigstellung von Prospektfehlern verpflichtet sei, ändert dies an dem Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung nichts. Die Haftung des Gründungs- und Treuhandkommanditisten wegen unterlassener Richtigstellung von Prospektangaben setzt, wie die Musterbeklagte zutreffend einwendet, die Verwendung eines fehlerhaften Prospekts und damit das durch die spezialgesetzliche Prospekthaftung sanktionierte Verhalten notwendig voraus. Die unterlassene Richtigstellung stellt insoweit lediglich eine Verstärkung bzw. Fortsetzung der bereits vorliegenden haftungsbegründenden Pflichtverletzung dar, die ihrerseits an die Verwendung des Prospekts im Sinne von § 13 VerkProspG aF, §§ 44 ff. BörsG aF anknüpft. Da die Haftung eines Treuhandkommanditisten aufgrund vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung durch Verwendung eines fehlerhaften Prospekts derjenigen eines Gründungsgesellschafters entspricht oder sogar hinter ihr zurückbleibt, kann die unterlassene Richtigstellung fehlerhafter Prospektangaben keine weitergehende Haftung begründen ( aaO Rn. 30). Dass die treuhandvertraglichen Aufklärungspflichten unabhängig von der Gesellschafterstellung des Treuhänders unmittelbar aus dem Treuhandverhältnis entstehen (vgl. , ZIP 2021, 1454 Rn. 47), ändert daran nichts ( aaO).
III.
67Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens folgt aus § 26 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 26 Abs. 3 KapMuG aF i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
68Es liegen wechselseitig eingelegte Rechtsbeschwerden auf Musterkläger- und Musterbeklagtenseite vor.
69Die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 6 hat Erfolg und führt zur Zurückweisung der Feststellungsziele a dd, j, l und m als unbegründet. Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 KapMuG aF haben demnach der Musterkläger und sämtliche Beigeladenen nach dem Grad ihrer Beteiligung im erstinstanzlichen Musterverfahren die Kosten zu tragen. Die Rechtsbeschwerde des Musterklägers bleibt hingegen im Ergebnis ohne Erfolg. Die Kosten haben daher gemäß § 26 Abs. 1 KapMuG aF nach dem Grad ihrer Beteiligung der Musterkläger und diejenigen Beteiligten zu tragen, welche dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf seiner Seite beigetreten sind. Nach dieser Vorschrift entfallen auf die übrigen Beigeladenen keine Kosten. Um den Rechtsgedanken dieser Vorschriften auf die vorliegende Konstellation anzuwenden, bedarf es einer Gesamtabwägung des Obsiegens und Unterliegens hinsichtlich der angegriffenen Feststellungsziele. Die Kosten sind vor diesem Hintergrund verhältnismäßig auf den Musterkläger, die auf seiner Seite Beigetretenen und die weiteren Beigeladenen zu verteilen, wobei sich die Quoten des Musterklägers und der auf seiner Seite Beigetretenen wegen der erfolglosen Rechtsbeschwerde des Musterklägers erhöhen.
IV.
70Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für die Gerichtskosten folgt aus § 51a Abs. 2 GKG in der bis zum geltenden Fassung. Der Gesamtwert der in sämtlichen nach § 8 KapMuG aF ausgesetzten Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche beträgt vorliegend 311.811 €. In dieser Berechnung sind nicht enthalten die Streitwerte in den Verfahren, in denen das Landgericht die Aussetzung bewusst nur nach § 148 ZPO analog beschlossen oder überhaupt keinen Aussetzungsbeschluss erlassen hat. Die Kläger dieser Verfahren sind nicht Beigeladene und somit auch nicht Beteiligte des Musterverfahrens im Sinne von § 9 KapMuG aF.
71Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die außergerichtlichen Kosten richtet sich nach § 23b RVG. Danach bestimmt sich der Gegenstandswert nach der Höhe des von dem Auftraggeber oder gegen diesen im Prozessverfahren geltend gemachten Anspruchs, soweit dieser Gegenstand des Musterverfahrens ist. Für die Prozessbevollmächtigten, die mehrere Beteiligte vertreten, ist der Gegenstandswert für die Bestimmung der außergerichtlichen Kosten gemäß § 22 Abs. 1 RVG in Höhe der Summe der nach § 23b RVG zu bestimmenden Streitwerte festzusetzen (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XI ZB 9/13, BGHZ 213, 65 Rn. 118 und vom - XI ZB 3/16, BGHZ 220, 100 Rn. 81). Danach ist der Gegenstandswert für die Bestimmung der außergerichtlichen Kosten für die Prozessbevollmächtigten der Musterbeklagten zu 6 auf 39.885 €, für den Prozessbevollmächtigten des Musterklägers und der Beigetretenen zu 1 bis 4 auf 154.647 € sowie für den Prozessbevollmächtigten der Musterbeklagten zu 1 und 2 auf 271.926 € festzusetzen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:121124BXIZB22.22.0
Fundstelle(n):
SAAAJ-83068