Leitsatz
1. Eine General Partnership (GP) wird als solche in Großbritannien steuerlich transparent behandelt und ist nach dem Rechtstypenvergleich
ihrer Struktur nach mit einer Personengesellschaft deutschen Rechts vergleichbar. Damit ist das Unternehmen der GP jedem Gesellschafter
(anteilig) zuzurechnen und die Einkünfte sind letztlich auf der Ebene der Gesellschafter zu versteuern, wenn diese ausnahmslos
ihren Wohnsitz im Inland haben.
2. Die GP erzielt mit dem Handel von physischem Gold gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 15 EStG, wenn im Streitjahr (hier: 2008)
unter hohem Einsatz von Fremdmitteln in fünf Transaktionen physisches Gold in einem betragsmäßig sehr hohen Umfang angeschafft
und in mehreren Transaktionen teils wieder veräußert worden ist, und wenn sich der Handel mit physischem Gold nach dem Gesamtbild
der Geschäftsvorfälle nicht nur auf die Verwaltung eigenen Vermögens der GP bzw. deren Gesellschafter, sondern auf den marktmäßigen
Umschlag von Sachwerten zur Gewinnerzielung bezog.
3. Die GP verfügt über eine Betriebsstätte i. S. d. DBA-Großbritannien, wenn sie einen ihr allein zur Vefügung stehenden,
abschließbaren, durch Trennwände abgetrennten Raum „exclusiv area” von 6 bis 7 qm mit Schreibtisch, Telefon- und Internetanschluss,
Computer, Drucker und Aktenschränken) in einem Großraumbüro in Großbritannien durch einen schriftlich abgeschlossenen Mietvertrag
als Untermieterin angemietet hat, die GP bei Bedarf in dem Großraumbüro gemeinsam mit anderen Unternehmen einen Besprechungsraum
nutzen kann, und wenn in diesen Räumlichkeiten tatsächlich eine unternehmerische Tätigkeit der GP entfaltet worden ist. Der
Umstand, dass in dem angemieteten Büros weitere Gesellschaften mit ihrem Sitz registriert gewesen sind, lässt weder die aus
den vertraglichen Vereinbarungen resultierende rechtliche Verfügungsmacht der GP über die angemieteten Räumlichkeiten entfallen,
noch lässt dies darauf schließen, es handele sich lediglich um eine nur zum Schein eingerichtete feste Einrichtung.
4. Die Betriebsstätte eines Unternehmens kann auch in der Betriebsstätte eines anderen Unternehmens gelegen sein. Grundsätzlich
kann die Mitbenutzung von Räumen eine Betriebsstätte begründen, wenn der Steuerpflichtige nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht
besitzt und gewisse Betriebshandlungen stattfinden. Dies schließt eine abwechselnde – oder auch gleichzeitige – Nutzung von
Räumen für unterschiedliche Zwecke sowie in der Folge die Tatsache, dass die Nutzung nicht ausschließlich einem einzigen Unternehmen
zugutekommt, mit ein. Das gilt erst recht, wenn der Umfang der ausgeübten Unternehmenstätigkeit keine Vollzeittätigkeit erfordert.
5. Für die Ausübung einer für die Begründung einer Betriebsstätte in dem angemieteten Büroraum in Großbritannien ausreichenden
Unternehmenstätigkeit kann es genügen, wenn zwar der eigentliche Goldhandel der GP von den als sog. managing partners fungierenden
Gesellschaftern der GP ausgeübt worden ist und diese nur gelegentlich in dem angemieteten Büro in Großbritannien persönlich
anwesend waren, wenn jedoch ein Generalbevollmächtigter der GP täglich in dem Büro anwesend war, dort die Kauf- und Verkaufsentscheidungen
der Gesellschafter umgesetzt und dort auch die mit der Unternehmenstätigkeit einhergehenden administrativen Aufgaben (Sammeln
und Führen von Aufzeichnungen über die verursachten Geschäftsvorfälle, die Ablage derselben sowie weiterer Korrespondenz und
die Aufbereitung von Unterlagen) erledigt hat.
6. Bestehen nur Betriebsstätten in Großbritannien und keine weitere Betriebsstätte z. B. in Deutschland, können die gewerblichen
Einkünfte nur den in Großbritannien bestehenden Betriebsstätten zugeordnet werden.
7. Eine weder über einen Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland noch über eine inländische Zweigniederlassung verfügende
GP, an der nur natürliche Personen beteiligt sind und die lediglich eine als „Profit and loss account” bezeichnete Einnahmenüberschussrechnung
erstellt und für steuerliche Zwecke Anpassungen vorgenommen hat, durfte im Streitjahr 2008 ihre Einkünfte aus Handel mit physischem
Gold gem. § 4 Abs. 3 EStG durch eine Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben ermitteln. Sie war nicht
aufgrund inländischer und auch nicht aufgrund ausländischer gesetzlicher Vorschriften verpflichtet, Bücher zu führen und Abschlüsse
zu machen.
8. Sind die gewerblichen Einkünfte einer GP nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens vollumfänglich einer oder mehreren in Großbritannien
belegenen Betriebsstätten zuzuordnen, so sind die negativen Einkünfte infolge des Goldankaufs ausschließlich in Großbritannien
steuerpflichtig; in Deutschland sind sie von der Besteuerung freigestellt und unterliegen dem negativen Progressionsvorbehalt
(§ 32b EStG in der für das Streitjahr 2008 gültigen Fassung); ein Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO liegt insoweit nicht
vor.