Gründe
1I. Gegenstand des Rechtsstreits ist die Rückforderung überzahlter Rentenleistungen, die der Kläger nach dem Tod eines Versorgungsberechtigten auf dessen bei der Beklagten geführtes Girokonto überwiesen hatte. Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 17 795 Euro zu zahlen (Urteil vom ); das LSG hat die dagegen erhobene Berufung zurückgewiesen (Urteil vom ).
2Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser, ihr am zugestellten, Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde, die sie mit einem am selben Tag elektronisch an das BSG übermittelten Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom eingelegt hat. Mit ihrer erst am elektronisch an das BSG übermittelten Beschwerdebegründung vom macht sie geltend, das LSG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Zudem bedeute ihre Verurteilung zur Zahlung einen Grundrechtsverstoß.
3Auf einen Hinweis des Berichterstatters, dass die Beschwerdebegründungsfrist bereits am abgelaufen sei, beantragt die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten tätige, ansonsten stets sorgfältig arbeitende und gewissenhafte Bürovorsteherin habe die Frist nach Einlegung der Beschwerde wegen Arbeitsüberlastung erst am in den Fristenkalender eingetragen und dann wohl ausgehend von diesem Tag berechnet. Der Fehler sei erst aufgrund des gerichtlichen Hinweises auf den Ablauf der Begründungsfrist bemerkt worden.
4II. 1. Die Beschwerde der Beklagten ist unzulässig. Sie ist nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet worden.
5Nach § 160a Abs 2 Satz 1 SGG ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen, sodass der diesbezügliche Schriftsatz der Beklagten vom dem BSG am verspätet übermittelt worden ist.
62. Die von der Beklagten beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist ist abzulehnen. Die Beklagte war - anders als nach § 67 Abs 1 SGG erforderlich - nicht ohne Verschulden verhindert, die hierfür geltende gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Sie hat die Beschwerdebegründungsfrist vielmehr schuldhaft versäumt, weil sie sich das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen muss (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG iVm § 85 Abs 2 ZPO). Dieser hat die Säumnis verschuldet, weil er den Fristablauf nicht spätestens am selbst ermittelt hat. Der Senat lässt dahinstehen, ob ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden nicht bereits darin liegt, dass für die Fertigung der Beschwerdebegründung im vorliegenden Verfahren keine rechtzeitige Vorfrist verfügt worden ist. Insoweit hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten lediglich Folgendes mitgeteilt: "Als der im Kalender notierte Fristablauf in der letzten Woche näherrückte, öffnete sich der Unterzeichner dann unter dem die Datei mit dem Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen aus seinem Computersystem und fing im Vorgriff auf den vermeintlichen Fristablauf am schon mit der Anfertigung des Begründungsschriftsatzes für die Beschwerdeschrift an." In dieser Situation hätte sich der Rechtsanwalt jedoch nicht allein auf die Eintragung der Beschwerdebegründungsfrist durch die Bürovorsteherin im Fristenkalender verlassen dürfen. Denn ein Prozessbevollmächtigter, dem die Sache zur Vorfrist einer beabsichtigten Rechtsmittelbegründung vorgelegt wird, hat in eigener Verantwortung festzustellen, ob das Fristende richtig ermittelt und festgehalten worden ist ( - juris RdNr 5; - juris RdNr 3). Zwar wird dem Rechtsanwalt grundsätzlich nicht zugemutet, diese Prüfung noch am selben Tag vorzunehmen, sie darf aber andererseits auch nicht bis zum Tag des vermeintlichen Fristablaufs zurückgestellt werden ( aaO; - juris RdNr 7). Trägt der Rechtsanwalt - wie hier der Prozessbevollmächtigte der Beklagten - indes nicht Sorge, dass ihm die Akte früher als am letzten Werktag vor dem (vermeintlichen) Fristablauf vorgelegt wird, kommt er nicht umhin, die Fristberechnung sofort zu prüfen, da dies sonst seinen Sinn verlieren würde (vgl zum Ganzen auch - juris RdNr 10 ff). Zudem hätte bei dem von der Beklagten glaubhaft gemachten Geschehensablauf die Prüfung des Ablaufs der Begründungsfrist umso näher gelegen, als ihr Prozessbevollmächtigter am sogar schon mit der inhaltlichen Bearbeitung des Falls begonnen hatte.
7Hätte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten entsprechend diesen Anforderungen bei der Aktenbearbeitung aus Anlass der Erstellung der Beschwerdebegründung am das Fristende selbst und eigenverantwortlich überprüft, hätte er den Fehler noch rechtzeitig entdecken und entweder die Beschwerdebegründung oder einen Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist (§ 160a Abs 2 Satz 2 SGG) rechtzeitig am beim BSG einreichen können. Indem er dies unterließ, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Säumnis verschuldet, was sich diese zurechnen lassen muss.
83. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
94. Die nicht fristgerecht begründete und damit unzulässige Beschwerde ist durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG).
105. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2024:141124BB9V1124B0
Fundstelle(n):
FAAAJ-82887