BGH Urteil v. - IV ZR 498/21

Wirksamkeit von Kündigungsschutzregeln in Versicherungsbedingungen einer "Unfall-Kombirente"

Leitsatz

In Verträgen über eine Unfall-Kombirente, in denen der Versicherer eine Leistung nach einem Unfall, nach definierter Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit bestimmter Organe oder der körperlichen und geistigen Fähigkeiten als Folge einzelner Krankheiten oder durch Unfall, bei Verlust einzelner Grundfähigkeiten und nach Feststellung einer Pflegestufe gemäß Sozialgesetzbuch verspricht, verstößt die Vereinbarung eines Rechts des Versicherers zur ordentlichen Kündigung in Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2008 nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Gesetze: § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 307 Abs 1 S 2 BGB, § 307 Abs 2 Nr 1 BGB, § 177 VVG, Nr 10.2 Abs 2 AUB 2008, Nr 10.2 Abs 4 AUB 2008, Nr 10.2. Abs 1 S 1 AUB 2000, Nr 10.2. Abs 1 S 1 AUB 2008

Instanzenzug: Az: I-20 U 21/21 Urteilvorgehend Az: 26 O 79/20 Urteil

Tatbestand

1    Der Kläger, ein als qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 4 UKlaG eingetragener Verein, und der beklagte Versicherer streiten über die Wirksamkeit von Kündigungsregelungen in den Versicherungsbedingungen des von der Beklagten von 2006 bis 2010 vertriebenen Produkts "Unfall-Kombirente".

2    Für die Verträge über die Unfall-Kombirente verwendete die Beklagte ihre Besonderen Bedingungen für die Versicherung einer Unfall-Kombirente (BB U-Kombirente), die auszugsweise lauteten:

"1 Präambel

Die Unfall-Kombirente ist eine eigenständige Leistungsart im Rahmen der Unfall-Versicherung, die allein oder in Kombination mit anderen Unfallleistungsarten abgeschlossen werden kann. Diese Leistungsart - Unfall-Kombirente - gilt immer als eigenständiger Vertrag.

Es gelten die Bestimmungen der Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen AUB 2008, abweichende Regelungen sind im Folgenden beschrieben.

1.1    Was ist versichert und wann sind die Leistungen fällig?

1.1.1    Leistungsfälle

Die Unfall-Kombirente unterscheidet vier Leistungsfälle:

Den Eintritt des Leistungsfalles

-    nach einem Unfall …,

-    nach definierter Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit bestimmter Organe bzw. definierter Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten als Folge einzelner bestimmter Krankheiten und durch Unfall (Organkonzept …),

-    Verlust einzelner, definierter Grundfähigkeiten … und

-    nach Feststellung einer Pflegestufe gemäß Sozialgesetzbuch … .

Die Leistung wird als Rente gezahlt.

Der Eintritt des Leistungsfalles muss vor der Hauptfälligkeit liegen, die der Vollendung des 65. Lebensjahres folgt.

1.3    Wann endet der Vertrag?

Der Vertrag zur Unfall-Kombirente endet - in Abweichung zu Ziffer 10.2 AUB 2008 - ohne dass es einer Kündigung bedarf, spätestens mit Ablauf des Versicherungsjahres, in dem die versicherte Person das 65. Lebensjahr vollendet oder nach Zahlung der ersten Rentenleistung."

3    Die in Bezug genommenen Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen in der von der Beklagten ab Januar 2008 verwendeten Fassung (AUB 2008) lauten auszugsweise:

"10.2    Dauer und Ende des Vertrages

Der Vertrag ist für die im Versicherungsschein angegebene Zeit abgeschlossen. …

Bei einer Vertragsdauer von mindestens einem Jahr verlängert sich der Vertrag um jeweils ein Jahr, wenn nicht Ihnen oder uns spätestens drei Monate vor dem Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres eine Kündigung in Schriftform zugegangen ist.

Bei einer Vertragsdauer von weniger als einem Jahr endet der Vertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zum vorgesehenen Zeitpunkt.

Bei einer Vertragsdauer von mehr als drei Jahren kann der Vertrag schon zum Ablauf des dritten Jahres oder jedes darauffolgenden Jahres gekündigt werden; die Kündigung muss Ihnen oder uns spätestens 3 Monate vor dem Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres zugegangen sein.

Da die Risiko-Unfallversicherung nur bis zum 75. Lebensjahr kalkuliert ist, endet der Versicherungsvertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, spätestens mit Ablauf des Versicherungsjahres, in dem die versicherte Person das 75. Lebensjahr vollendet.

10.3    Kündigung nach Versicherungsfall

Den Vertrag können Sie oder wir durch Kündigung beenden, wenn wir eine Leistung erbracht oder Sie gegen uns Klage auf Leistung erhoben haben.

…"

4    In den bis Dezember 2007 verwendeten Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 2000) findet sich in Nr. 10.2 AUB 2000 eine überwiegend inhaltsgleiche Vorschrift.

5    Im Jahr 2018 entschied die Beklagte, ihre mehr als 17.000 bestehenden Verträge über eine Unfall-Kombirente nicht fortzuführen. Den Versicherten bot sie schriftlich an, das bestehende Vertragsverhältnis in eine Existenzschutz-Versicherung umzuwandeln. Für den Fall der Nichtumwandlung kündigte sie an, das Vertragsverhältnis zur nächsten Hauptfälligkeit zu kündigen. Im Jahr 2019 wies die Beklagte die Versicherten erneut auf die Möglichkeit eines Wechsels in die Existenzschutz-Versicherung hin, die im Rahmen der Umstellungsaktion ohne erneute Gesundheitsprüfung erfolge, aber mit einer Erhöhung der Beiträge verbunden sei. Für den Fall, dass ein Wechsel in die Existenzschutz-Versicherung nicht in Frage komme, kündigte die Beklagte nochmals an, unter Einhaltung vertraglicher Pflichten von ihrem Kündigungsrecht zur nächsten Hauptfälligkeit Gebrauch zu machen.

6    Mit Schreiben vom verlangte der Kläger von der Beklagten, es zu unterlassen, sich im Zusammenhang mit der Unfall-Kombirente auf ein Kündigungsrecht gemäß Nr. 10.2 AUB 2008 zu berufen. Zugleich fordert er die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, was die Beklagte ablehnte.

7    Der Kläger hat die Ansicht vertreten, bei der Unfall-Kombirente handele es sich um eine eigene Vertragsart, die als Existenzschutz-Versicherung einer Berufsunfähigkeitsversicherung und nicht einer Unfallversicherung vergleichbar sei. Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2008 benachteiligten den Vertragspartner deshalb in unangemessener Weise entgegen § 307 BGB. Insbesondere sei die Regelung mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Beschränkungen des Kündigungsrechts des Versicherers in den §§ 177 Abs. 1, 176, 171, 166 VVG unvereinbar und überraschend. Das Berufen der Beklagten auf ihr Kündigungsrecht sei zudem eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne von § 242 BGB.

8    Der Kläger hat die Verurteilung der Beklagten begehrt, es bei Vermeidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, vor oder bei Abschluss des Produkts "Unfall-Kombirente" inhaltsgleicher Versicherungsverträge die Klauseln in Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2008 oder inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden und/oder sich gegenüber Versicherungsnehmern, die das Produkt "Unfall-Kombirente" oder inhaltsgleiche Versicherungsverträge abgeschlossen haben, auf die Klauseln in Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2008 zu berufen, sofern dies nicht gegenüber einem Unternehmen im Sinne des § 14 BGB geschieht. Darüber hinaus hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Auskunft in Form einer Auflistung darüber zu verurteilen, welchen Verbrauchern, mit denen ein Versicherungsvertrag "Unfall-Kombirente" bestand, sie Schreiben in Gestalt ihrer Mitteilung aus dem Jahr 2018 übermittelt habe, und die Beklagte zu verurteilen, den Empfängern der Mitteilung ein vom Kläger vorformuliertes, individualisiertes und von der Beklagten zu erstellendes Berichtigungsschreiben zu übersenden, in dem die Beklagte klarstelle, dass bei Nichtumstellung des Vertrags der Versicherungsschutz der Unfall-Kombirente nicht erlösche, die Beklagte nicht berechtigt sei, die Unfall-Kombirente bedingungsgemäß zur nächsten Hauptfälligkeit zu kündigen, Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 der Versicherungsbedingungen der Unfall-Kombirente unwirksam seien und die Beklagte sich in Zukunft den Empfängern gegenüber nicht mehr auf diese Klausel berufen werde. Schließlich hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Zahlung außergerichtlicher Abmahnkosten nebst Zinsen zu verurteilen.

9    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, die die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Gründe

10    Die Revision hat Erfolg.

11    I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts stellen die Klauseln in Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2008 gegenüber Versicherungsnehmern, die mit der Beklagten eine Unfall-Kombirente abgeschlossen haben, eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB dar. Sie seien im vertraglichen Regelungsgefüge nicht klar und verständlich. Die Intransparenz werde bereits daraus deutlich, dass die Parteien und das hiesige Landgericht ebenso wie andere Gerichte in weiteren Verfahren gegen die Beklagte zu Unrecht davon ausgingen, Nr. 10.2 AUB 2008 sei auf die Unfall-Kombirente anwendbar. Der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer werde dagegen die Regelung in Nr. 1.3 BB U-Kombirente so verstehen, dass in ihr die vertraglichen Regelungen zur Vertragsbeendigung der Unfall-Kombirente abschließend enthalten seien.

12    Zudem seien Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2008 gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie zum Nachteil der Versicherungsnehmer von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung abwichen. Der Gedanke, dass für die Lebensversicherung und die Berufsunfähigkeitsversicherung ein ordentliches Kündigungsrecht des Versicherers ausgeschlossen sei, sei auf die von der Beklagten vertriebene Unfall-Kombirente ebenso anzuwenden. Eine vergleichbare Interessenlage wie bei der Berufsunfähigkeitsversicherung, bei der es nicht zu rechtfertigen sei, wenn sich der Versicherer bei altersbedingter Steigerung des Risikos vom Vertrag lösen dürfe, könne bei der Unfall-Kombirente schwerlich verneint werden. Deren vier Leistungsfälle deckten in ihrer konkreten Ausgestaltung Risiken der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sehr weitgehend ab. Überwiegend darin liege der Zweck der Versicherung, mit dem die Beklagte auch geworben habe. Jedenfalls sei ein analoger Rückgriff auf die §§ 177 Abs. 1, 176, 166 VVG möglich. § 177 Abs. 2 VVG stehe dem nicht entgegen. Er sichere den Vorrang der speziellen Regelungen der §§ 178 ff. VVG, die jedoch nirgends die Frage der Vertragsbeendigung und damit der ordentlichen Kündigung beträfen. Der analoge Rückgriff sei in Anbetracht der Interessenlage geboten. Soweit sich aus den §§ 177 Abs. 1, 176, 150 bis 170 VVG unmittelbar kein Verbot einer ordentlichen Kündigung durch den Versicherer ergebe, sei auf das Wesen des in Rede stehenden Vertrags zurückzugreifen, dem ein solches Kündigungsrecht nicht entspreche. Ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten schränke auch wesentliche, sich aus der Natur des Vertrags ergebende Rechte oder Pflichten so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet sei. Das Erreichen des Vertragszwecks "Versicherungsschutz bis zum 65. Lebensjahr" liege allein in ihrer Hand.

13    Auf die versicherungsaufsichtsrechtliche Spartenzuordnung der Unfall-Kombirente durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Entwurf eines Rundschreibens zur Funktionellen Invaliditätsversicherung komme es nicht an. Außerdem halte diese in der Funktionellen Invaliditätsversicherung ein ordentliches Kündigungsrecht des Versicherers zu Unrecht grundsätzlich für zulässig und sehe seine Ausübung nur im Einzelfall als unzulässige Rechtsausübung an. Im Übrigen nehme wohl auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer durch ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten an.

14    Der - gemäß § 11 UWG unverjährte - Folgenbeseitigungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 und § 3a UWG nebst vorbereitendem Auskunftsanspruch ergebe sich daraus, dass sich die Beklagte im Rahmen der Beendigung der Versicherungsverträge auf das Kündigungsrecht berufen habe.

15    II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat dem Kläger zu Unrecht einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG zugesprochen. Die angegriffenen Kündigungsregeln in Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 sind nicht nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam. Dementsprechend stehen dem Kläger auch keine Ansprüche auf Auskunft und Beseitigung, auf Zahlung von Abmahnkosten oder Rechtshängigkeitszinsen zu.

16    1. Gegenüber den Klauseln in Nr. 10.2 AUB 2000 und AUB 2008 enthält Nr. 1.3 BB U-Kombirente keine abschließende Regelung zur Beendigung des Versicherungsvertrags. Die Auslegung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. , VersR 2019, 542 Rn. 28; vom - IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 Rn. 20 m.w.N.). Anders als das Berufungsgericht meint, verdrängt Nr. 1.3 BB U-Kombirente die Regelungen zur ordentlichen Kündigung des Versicherungsvertrags in Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 nicht. Diese Auslegung, nach der der Beklagten ein Recht zur ordentlichen Kündigung von Verträgen über eine Unfall-Kombirente zusteht, stellt zugleich die der Inhaltskontrolle zugrunde zu legende "kundenfeindlichste Auslegung" der Versicherungsbedingungen (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 221/19, BGHZ 229, 266 Rn. 36 m.w.N.) dar.

17    a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an (, VersR 2024, 995 Rn. 19; vom - IV ZR 51/22, r+s 2024, 210 Rn. 17; st. Rspr.). In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind ( aaO; vom aaO).

18    b) Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer einer Unfall-Kombirente, der sich darum bemüht, die Möglichkeiten der Beendigung seines Versicherungsvertrags nachzuvollziehen, wird annehmen, dass der Vertrag ungeachtet Nr. 1.3 BB U-Kombirente gemäß Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 gekündigt werden kann. Er nimmt zunächst die Besonderen Bedingungen für die Versicherung einer Unfall-Kombirente und - geleitet von der Überschrift "Wann endet der Vertrag?" - die Regelung in Nr. 1.3 BB U-Kombirente in den Blick. Anders als das Berufungsgericht meint, erwartet der Versicherungsnehmer von dieser Klausel trotz der Überschrift keine umfassende Antwort auf die Frage nach der Vertragsbeendigung. Stattdessen entnimmt er der Präambel zu den Besonderen Bedingungen, dass die Unfall-Kombirente zwar eine eigene Leistungsart im Rahmen der Unfallversicherung ist, für diese aber gleichwohl die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen gelten, soweit nicht die Besonderen Bedingungen davon abweichende Regelungen beschreiben.

19    Schon nach dem Bedingungswortlaut geht der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht davon aus, dass Nr. 1.3 BB U-Kombirente als in diesem Sinne abweichende Regelung die in Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 enthaltenen Regelungen zur Kündigung des Versicherungsvertrags verdrängt. Vielmehr weist ihn die Verwendung des Begriffs "spätestens" in Nr. 1.3 BB U-Kombirente auf den nicht abschließenden Charakter der Klausel hin. Nach allgemeinem Sprachgebrauch versteht er diesen Begriff dahingehend, dass die Klausel nur ein spätestmögliches (vgl. Duden, Band 10 Das Bedeutungswörterbuch 5. Aufl., S. 896) Ende des Vertrags regelt, für das sie mit dem Erreichen der Altersgrenze und dem Rentenbezug durch die versicherte Person zwei Zeitpunkte vorgibt. Daraus schließt er, dass es über Nr. 1.3 BB U-Kombirente hinaus weitere Möglichkeiten der Vertragsbeendigung geben soll, zu denen er die Kündigung gemäß Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 rechnet. Eine Wiederholung des Begriffs "spätestens" in der Überschrift zu Nr. 1.3 BB U-Kombirente erwartet der Versicherungsnehmer dagegen nicht, weil ihr allenfalls klarstellende Funktion zukäme. Auch suggeriert ihm - entgegen der Annahme der Revisionserwiderung - die Formulierung "in Abweichung zu Ziffer 10.2 AUB" in Nr. 1.3 BB U-Kombirente nicht, dass diese Bedingung unmaßgeblich wäre. Vielmehr bestärkt ihn die anschließende Formulierung "ohne dass es einer Kündigung bedarf" in der gegenteiligen Annahme, weil diese die grundsätzliche Möglichkeit einer Kündigung zur Vertragsbeendigung nahelegt, die nur ausnahmsweise bei Erreichen der Altersgrenze oder im Versicherungsfall nicht erklärt zu werden braucht.

20    Für dieses Verständnis spricht auch der erkennbare Sinn und Zweck von Nr. 1.3 BB U-Kombirente. Mit Blick auf die Formulierung in Nr. 10.2 Abs. 5 AUB 2000 und AUB 2008, wonach "die Risiko-Unfallversicherung nur bis zum 75. Lebensjahr kalkuliert ist", nimmt der Versicherungsnehmer an, dass der Grund für die herabgesetzte Altersgrenze in Nr. 1.3 BBU-Kombirente ebenfalls die der Unfall-Kombirente zugrundeliegende Kalkulation ist. Den Zweck der Vertragsbeendigung im Versicherungsfall gemäß Nr. 1.3 BB U-Kombirente verortet er darin, dass ab Beginn der vereinbarten lebenslangen Rentenzahlung kein weiterer Absicherungsbedarf durch eine Unfall-Kombirente besteht. Beide Zwecke erfordern den Ausschluss einer weitergehenden Kündigungsmöglichkeit nicht.

21    2. Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 verstoßen in Verträgen der Beklagten über eine Unfall-Kombirente nicht gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

22    a) Hiernach ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Dem Versicherungsnehmer soll bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen geführt werden, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden. Nur dann kann er die Entscheidung treffen, ob er den angebotenen Versicherungsschutz nimmt oder nicht (, VersR 2023, 1165 Rn. 21; vom - IV ZR 465/21, BGHZ 236, 74 Rn. 44; jeweils m.w.N.; st. Rspr.). Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden. Insoweit gilt kein anderer Maßstab als derjenige, der auch bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen zu beachten ist (, BGHZ 238, 282 Rn. 35; vom aaO; jeweils m.w.N.).

23    b) Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 werden diesen Erfordernissen gerecht.

24    aa) Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer erwartet in Nr. 10.2 AUB 2000 und AUB 2008 schon nach der Klauselüberschrift Regelungen zu Dauer und Ende des Versicherungsvertrags. Er geht nach Lektüre dieser Klausel nicht davon aus, zeitlich unbeschränkten Versicherungsschutz zu erhalten. Vielmehr entnimmt er Nr. 10.2 Abs. 1 Satz 1 AUB 2000 und AUB 2008, dass der Vertrag für eine im Versicherungsschein angegebene Dauer abgeschlossen ist. Die sich unmittelbar anschließenden Regelungen in Nr. 10.2 Abs. 2 bis 6 AUB 2000 und AUB 2008 zeigen ihm zudem, dass davon abweichende Vertragsbeendigungen möglich sind. Nr. 10.2 Abs. 2 AUB 2000 und AUB 2008 entnimmt er zunächst, dass sich ein ursprünglich für eine Dauer von mindestens einem Jahr geschlossener Vertrag jeweils um ein Jahr verlängert, wenn er nicht fristgerecht spätestens drei Monate vor Ablauf gekündigt wird. Diese Regelung erschließt sich ihm auch mit Blick auf die Regelung in Nr. 10.2 Abs. 3 AUB 2000 und AUB 2008, die für Verträge mit einer Dauer von weniger als einem Jahr eine vergleichbare Verlängerungsmöglichkeit ausschließt. Eine weitere Möglichkeit, den Versicherungsvertrag durch Kündigung zu beenden, entnimmt der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Wortlaut von Nr. 10.2 Abs. 4 AUB 2000 und AUB 2008. Der Sinngehalt dieser Regelung erschließt sich ihm in der Gegenüberstellung zur in Nr. 10.2 Abs. 2 AUB 2000 und AUB 2008 enthaltenen Regelung. Während jene bei Verträgen mit einer Dauer von mindestens einem Jahr eine Verlängerung der Vertragsdauer ohne fristgerechte Kündigung bestimmt, eröffnet Nr. 10.2 Abs. 4 AUB 2000 und AUB 2008 bei einer Vertragsdauer von mehr als drei beziehungsweise fünf Jahren zum Ablauf des dritten beziehungsweise fünften und jedes folgenden Jahres ein ordentliches Kündigungsrecht.

25    Dass es für diese Kündigung eines besonderen Grundes bedarf, nimmt ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer schon deshalb nicht an, weil Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 abgesehen von der Einhaltung der Kündigungsfristen keinerlei Voraussetzungen für die Kündigung aufstellen. Auf die zur Kündigung berechtigte Vertragspartei schließt der Versicherungsnehmer aus den in beiden Klauseln benannten Kündigungsadressaten. Daraus, dass die Kündigung jeweils sowohl der Beklagten als auch dem Versicherungsnehmer - bezeichnet als "Ihnen oder uns" - erklärt werden kann, erkennt der Versicherungsnehmer, dass das Kündigungsrecht beiden Vertragsparteien zusteht.

26    bb) So verstanden halten Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 einer Transparenzkontrolle stand.

27    (1) Die Klauseln führen dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der die Versicherungsbedingungen mit der gebotenen Sorgfalt liest, hinreichend vor Augen, dass die Beklagte die Dauer des Versicherungsschutzes zu seinen Lasten einseitig verkürzen kann. Er erkennt zunächst, dass eine von ihm gegebenenfalls gewünschte Verlängerung der Vertragsdauer gemäß Nr. 10.2 Abs. 2 AUB 2000 und AUB 2008 nur bei mindestens einjährigen Verträgen und nur dann zustande kommt, wenn die Beklagte den Vertrag nicht fristgerecht kündigt. Ebenso zeigt ihm Nr. 10.2 Abs. 4 AUB 2000 und AUB 2008, dass er bei einer vereinbarten Vertragsdauer von mehr als drei beziehungsweise fünf Jahren nicht auf den Fortbestand des Vertrags bis zum Ablauf der Vertragsdauer vertrauen darf. Das Kündigungsrecht der Beklagten lassen Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 hinreichend deutlich erkennen. Eine Kündigung, die bedingungsgemäß "Ihnen oder uns" zugehen muss, kann der Versicherungsnehmer nur dahingehend verstehen, dass auch der anderen Vertragspartei ein Kündigungsrecht zusteht. Zur Verdeutlichung, dass ein Kündigungsgrund nicht erforderlich ist, genügt es, dass Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 über die Einhaltung der aufgeführten Frist hinaus keine weiteren Voraussetzungen einer Kündigung enthalten.

28    (2) Intransparent sind Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 auch nicht mit Blick auf Nr. 1.3 BB U-Kombirente. Zwar hält eine Regelung der Transparenzkontrolle nicht stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 38/14, r+s 2016, 138 Rn. 24 m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Schon die Präambel zu den Besonderen Bedingungen weist einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ausdrücklich auf die Geltung der Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen neben den Besonderen Bedingungen hin. Vor allem aber verdeutlicht Nr. 1.3 BB U-Kombirente, dass die dortigen Regelungen zur Vertragsbeendigung nicht abschließend sind, sondern durch Nr. 10.2 AUB 2000 und AUB 2008 ergänzt werden. Unerheblich ist, ob es der Beklagten zumutbar gewesen wäre, eine einfachere, klarere und unmissverständlichere Formulierung zu wählen, oder ob sie ausdrücklich hätte festhalten können, dass bei der Unfall-Kombirente auch ihr selbst ein Recht zur ordentlichen Kündigung des Versicherungsvertrags eingeräumt ist. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot ist nicht schon dann zu bejahen, wenn Bedingungen noch klarer und verständlicher hätten formuliert werden können (, VersR 2023, 1165 Rn. 23; vom - IV ZR 465/21, BGHZ 236, 74 Rn. 45; jeweils m.w.N.).

29    (3) Fehlende Transparenz ergibt sich auch nicht mit Blick auf von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Vertrieb der Unfall-Kombirente benutzte Prospekte oder die von ihr verwendeten Vertragsdokumente, auf die das Berufungsgericht seine Erwägungen ergänzend stützt.

30    (a) Auf den vom Kläger vorgelegten Prospekt "Die Unfall-Kombirente von A       Lebenslange Rente nach Unfällen und schweren Krankheiten - Fachinformation" können Transparenzbedenken unabhängig davon nicht gestützt werden, dass das Berufungsgericht - wie die Revision rügt - nicht festgestellt hat, dass dieser stets oder zumindest regelmäßig den Versicherungsnehmern im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss vorgelegt worden ist. Entsprechendes gilt für die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von der Beklagten in der Regel im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss verwendete Kundeninformation "Leistungsunterschiede zwischen der Berufsunfähigkeitsversicherung und der Unfall-Kombirente". Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer entnimmt weder den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen noch den Besonderen Bedingungen der Beklagten für die Unfall-Kombirente, dass den von der Beklagten verwendeten Unterlagen für das Verständnis von Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 Bedeutung zukommen soll. Vielmehr handelt es sich um Umstände der konkreten Fallgestaltung, die nicht Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind und bei der vom Einzelfall losgelösten abstrakten Wirksamkeitsprüfung im Unterlassungsklageverfahren nach § 1 UKlaG außer Betracht bleiben (, VersR 2024, 1057 Rn. 30; vom - IV ZR 107/93, BGHZ 127, 35, 40 [juris Rn. 13] jeweils m.w.N.). Dementsprechend kann eine gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB transparente Klausel nicht durch außerhalb von Allgemeinen Geschäftsbedingungen liegende Umstände intransparent werden (vgl. , NJW 1992, 180 [juris Rn. 13]).

31    Im Übrigen bleiben die mit dem Kündigungsrecht der Beklagten aus Nr. 10.2 Abs. 4 AUB 2000 und AUB 2008 für den Versicherungsnehmer verbundenen Nachteile auch unter Berücksichtigung von Ausgestaltung und Inhalt der Fachinformation und der Kundeninformation ausreichend erkennbar. Insbesondere ist, auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben, in der Kundeninformation kein eindeutiger Hinweis auf das ordentliche Kündigungsrecht der Beklagten erforderlich. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erwartet ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer dort keinen Hinweis darauf, dass ein Vertrag über eine Unfall-Kombirente keinen Versicherungsschutz bis zum 65. Lebensjahr bietet. Die in der Kundeninformation unter der Rubrik "Versicherungsdauer" genannte Vertragsdauer zwischen einem und fünf Jahren und der Hinweis auf eine Verlängerung des Vertrags ohne rechtzeitig erklärte Kündigung zeigt mit Blick auf die gegenüber gestellte Berufsunfähigkeitsversicherung, bei der Angaben zu Kündigungsmöglichkeiten fehlen, ausreichend deutlich, dass bei der Unfall-Kombirente abweichend von der Berufsunfähigkeitsversicherung das Risiko einer vorzeitigen Vertragsbeendigung besteht.

32    (b) Die im Antragsformular der Beklagten enthaltenen Verbraucherinformationen weisen im Abschnitt "Kündigung des Vertrages" auf die Möglichkeit der Vertragskündigung durch beide Seiten zum vereinbarten Ablauf ausdrücklich hin. Transparenzbedenken hinsichtlich der Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung durch die Beklagte ergeben sich - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht daraus, dass unklar bliebe, was unter dem "vereinbarten Ablauf" zu verstehen ist. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer setzt den vereinbarten Vertragsablauf nicht ohne weiteres mit einem zunächst beantragten Zeitablauf gleich. Vielmehr entnimmt er die vereinbarte Vertragsdauer dem Versicherungsschein, weil die Verbraucherinformationen im Abschnitt "Vertragsdauer" die vereinbarte mit der im Versicherungsschein genannten Vertragslaufzeit gleichsetzen. Im Übrigen ist nach dem Wortlaut der Verbraucherinformationen vom Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit allein die Kündigungsfrist abhängig. Etwaige diesbezügliche Unklarheiten verschleiern die bestehende Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Versicherungsvertrags durch die Beklagte nicht.

33    3. Die vom Kläger beanstandeten Kündigungsrechte der Beklagten benachteiligen den Versicherungsnehmer einer Unfall-Kombirente auch nicht deshalb unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren wären (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

34    a) Soweit Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 dem Versicherungsnehmer Kündigungsrechte einräumen, tragen die Erwägungen des Berufungsgerichts eine Unvereinbarkeit mit gesetzlichen Regelungen von vorneherein nicht. Der Kläger macht auch nicht geltend, dass ein Recht zur ordentlichen Kündigung den Versicherungsnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

35    b) Mit Blick auf ordentliche Kündigungsrechte der Beklagten ist die Inhaltskontrolle nicht auf eine Transparenzkontrolle beschränkt. Zwar sind gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB Klauseln der Inhaltskontrolle entzogen, die Rechtsvorschriften nur wiedergeben und in jeder Hinsicht mit ihnen übereinstimmen (Senatsurteil vom - IV ZR 279/17, BGHZ 223, 57 Rn. 23). Das gilt aber nicht für Klauseln, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen (, VersR 2023, 1165 Rn. 13; vom - IV ZR 185/20, BGHZ 234, 352 Rn. 15). Eine solche Abweichung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften liegt hier auch dann vor, wenn die vom Kläger herangezogenen gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen für Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherungen nicht auf Verträge der Beklagten über eine Unfall-Kombirente anwendbar sind. Diese Verträge sind gemäß Nr. 10.2 Abs. 1 Satz 1 AUB 2000 und AUB 2008 für eine bestimmte, im Versicherungsschein angegebene Zeit abgeschlossen. Für solche Verträge schreibt das Gesetz keine den Unfallversicherungsbedingungen entsprechenden Kündigungsrechte des Versicherers vor. § 11 Abs. 1 VVG, der gemäß Art. 1 Abs. 1 EGVVG ab dem auch auf vor dem entstandene Versicherungsverhältnisse anwendbar ist, schafft seinem Wortlaut nach kein Kündigungsrecht, sondern setzt dessen vertragliche Vereinbarung voraus. § 11 Abs. 4 VVG räumt nur dem Versicherungsnehmer ein Recht zur ordentlichen Kündigung ein. Der Versicherer kann aus dieser Vorschrift kein ordentliches Kündigungsrecht herleiten (MünchKomm-VVG/Fausten, 3. Aufl. § 11 Rn. 181, 184).

36    c) Für ab dem geschlossene Verträge über eine Unfall-Kombirente sind die Kündigungsrechte der Beklagten aus Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2008 nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, unvereinbar.

37    aa) Anders als das Berufungsgericht meint, ist den Gesetzesbestimmungen zur Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung kein gesetzliches Leitbild für die Unfall-Kombirente zu entnehmen.

38    (1) Allerdings kann der Versicherer einen Lebensversicherungsvertrag nicht ordentlich kündigen. Für seit dem geschlossene Verträge folgt dies aus dem Recht des Versicherers, gemäß den §§ 163, 164 VVG einseitig die Prämien und die Versicherungsbedingungen anzupassen. Das Anpassungsrecht lässt sich nur vor dem Hintergrund der Unkündbarkeit des Versicherungsvertrags rechtfertigen (MünchKomm-VVG/Wandt, 3. Aufl. § 164 Rn. 4; MünchKomm-VVG/Mönnich, 3. Aufl. § 166 Rn. 15; Grote in Langheid/Rixecker, VVG 7. Aufl. § 166 Rn. 4). Auch § 166 VVG schafft kein Kündigungsrecht des Versicherers, sondern setzt ein bestehendes voraus (Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 4. Aufl. Kap. 17 Rn. 23). Über die Verweisung in § 176 VVG gilt dies entsprechend für die Berufsunfähigkeitsversicherung (BeckOK VVG/Marlow, VVG § 176 Rn. 2 [Stand: ]; Lücke in Prölss/Martin, VVG 32. Aufl. § 176 Rn. 7). Es wäre nicht zu rechtfertigen, wenn sich der Versicherer insbesondere bei altersbedingten Steigerungen des Risikos vom Vertrag lösen dürfte (Neuhaus aaO).

39    (2) In Verträgen über die Unfall-Kombirente steht der Beklagten dagegen kein vergleichbares Beitrags- oder Bedingungsanpassungsrecht zu. Den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten ist ein entsprechendes Anpassungsrecht nicht zu entnehmen. Es ergibt sich auch nicht aus den auf Verträge über die Unfall-Kombirente anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Insbesondere finden die §§ 163, 164 VVG nicht gemäß § 177 Abs. 1 VVG entsprechende Anwendung.

40    (a) Gemäß § 177 Abs. 1 VVG sind die §§ 173 bis 176 VVG und damit kraft der Verweisung in § 176 VVG auch die §§ 163, 164 VVG auf Versicherungsverträge entsprechend anwendbar, bei denen der Versicherer für eine dauerhafte Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit eine Leistung verspricht. Erfasst wird nach dem Willen des Gesetzgebers eine "kleine Berufsunfähigkeitsversicherung", deren Leistungspflicht erst bei Erwerbsunfähigkeit des Versicherungsnehmers einsetzt (BT-Drucks. 16/3945 S. 107; vgl. auch MünchKomm-VVG/Dörner, 3. Aufl. § 177 Rn. 1). Dafür muss die Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit den Versicherungsfall unmittelbar auslösen (Ernst in Ernst/Rogler, Berufsunfähigkeitsversicherung 2. Aufl. § 177 VVG Rn. 27; vgl. auch BeckOK VVG/Marlow, § 177 Rn. 6 f.[Stand: ]; Mertens in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG 4. Aufl. § 177 Rn. 1; Neuhaus/Schwintowski in Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers, PK-VVG 4. Aufl. § 177 Rn. 2). Deshalb ist § 177 Abs. 1 VVG etwa auf die Grundfähigkeitsversicherung oder die Schwere-Krankheiten-Versicherung unanwendbar (Baumann in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 177 Rn. 6, 8; BeckOK VVG/Marlow aaO). Ebenso liegt es bei der Unfall-Kombirente. Keiner der vier in Nr. 1.1.1 BB U-Kombirente genannten und in den Nr. 2 bis 5 BB U-Kombirente näher beschriebenen Leistungsfälle knüpft unmittelbar an eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Versicherten an.

41    (b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist § 177 Abs. 1 VVG auf die Unfall-Kombirente auch nicht deswegen anwendbar, weil ihre Leistungsfälle faktisch der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vergleichbare Risiken sehr weitgehend abdecken und ihr Zweck in der Existenzsicherung des Versicherten liegt.

42    (aa) Nicht jede Versicherung, bei der der Versicherungsfall mit einer Beeinträchtigung der Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit zusammenfallen kann, ist gemäß § 177 Abs. 1 VVG den gesetzlichen Regeln der Berufsunfähigkeitsversicherung unterworfen. Das folgt aus § 177 Abs. 2 VVG, der unter anderem die Unfallversicherung von der Verweisung in § 177 Abs. 1 VVG ausdrücklich ausnimmt, obwohl auch ein dort versicherter Unfall eine Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit und damit eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz nach sich ziehen kann.

43    Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts beschränkt sich der Zweck des § 177 Abs. 2 VVG nicht darauf, den Vorrang der speziellen Regelungen der §§ 178 ff. VVG in der Unfallversicherung zu regeln. Vielmehr erklärt die Vorschrift schon ihrem Wortlaut nach § 177 Abs. 1 VVG für auf die Unfallversicherung unanwendbar. Das erfasst über die Verweisung in § 176 VVG die in der Berufsunfähigkeitsversicherung anwendbaren Regelungen aus der Lebensversicherung in den §§ 150 bis 170 VVG. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass es zur Sicherung der Spezialität der Vorschriften über die Unfallversicherung keiner gesonderten Anordnung bedurft hätte, weil diese ohnehin gegenüber den allgemeinen gesetzlichen Regelungen und den gesetzlichen Regelungen für andere Versicherungssparten Vorrang haben. Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung des Versicherers entsteht zudem keine Regelungslücke, weil die allgemeinen Regelungen des § 11 VVG anwendbar bleiben.

44    Etwas anderes folgt nicht daraus, dass nach der Gesetzentwurfsbegründung auf die Unfallversicherung auch dann, wenn sie Risiken der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit absichert, anstelle der §§ 173 bis 175 VVG die besonderen Vorschriften der §§ 178 ff. VVG Anwendung finden (BT-Drucks. 16/3945 S. 107). Sollte der Gesetzgeber über § 176 VVG eine Anwendung der Vorschriften über die Lebensversicherung auf die Unfallversicherung beabsichtigt haben, wenn diese eine dauerhafte Beeinträchtigung der Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit absichert, hat dies in § 177 Abs. 2 VVG jedenfalls keinen Niederschlag gefunden.

45    (bb) Von den § 177 Abs. 1 VVG unterfallenden Versicherungsverträgen, bei denen der Versicherer für eine dauerhafte Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit eine Leistung verspricht, unterscheidet sich die Unfallversicherung im Sinne von § 177 Abs. 2 VVG dadurch, dass ihr Leistungsversprechen an eine Beeinträchtigung der körperlichen Integrität infolge eines Unfalls anknüpft (Brömmelmeyer in Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers, PK-VVG 4. Aufl. Vorb. §§ 178 bis 191 Rn. 2; Grimm/Kloth, Unfallversicherung 6. Aufl. Vorb. Rn. 5; Mangen inBeckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 47 Rn. 1; vgl. auch Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 4. Aufl. Kap. 22 Rn. 88). Den Verlust berufs- oder erwerbsbezogener Fähigkeiten, der den Versicherer in der Berufsunfähigkeitsversicherung allein abhängig von Grad und Fortdauer dieses Zustands zur Leistung verpflichtet (vgl. schon Senatsurteil vom - IVa ZR 74/88, r+s 1989, 268 [juris Rn. 37]), erfasst sie dagegen nicht.

46    Gemessen daran ist die Unfall-Kombirente der Beklagten eine Unfallversicherung im Sinne von § 177 Abs. 2 VVG. Von den vier in Nr. 1.1.1 BB U-Kombirente vorgesehenen Leistungsfällen knüpft zwar nur der Leistungsfall "Unfall" im Sinne von Nr. 2 BB U-Kombirente an ein Unfallereignis an. Alle Leistungsfälle setzen aber eine Gesundheitsschädigung im Sinne eines Verlusts oder einer Beeinträchtigung der körperlichen Integrität voraus. Der Versicherungsfall "Unfall" im Sinne von Nr. 2 BBU-Kombirente entspricht einer klassischen privaten Unfallversicherung. Die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit bestimmter Organe im Sinne des Organkonzepts knüpft ebenfalls an dauerhafte körperliche Störungen an, wenngleich diese gemäß Nr. 3 BB U-Kombirente nicht nur durch Unfall, sondern auch als Folge einzelner bestimmter Krankheiten eingetreten sein dürfen. Entsprechendes gilt für die Grundfähigkeiten im Sinne von Nr. 4 BB U-Kombirente, bei denen es sich ebenfalls um körperliche Fähigkeiten handelt, und die Einstufung in eine Pflegestufe nach dem damals geltenden 11. Teil des Sozialgesetzbuchs, nach dessen § 14 Abs. 1 SGB XI a.F. pflegebedürftig solche Personen waren, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung auf Dauer der Hilfe für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens bedurften.

47    Vom Verlust berufs- oder erwerbsbezogener Fähigkeit sind die Leistungsfälle aus Nr. 1.1.1 BB U-Kombirente dagegen nicht abhängig. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich auch aus dem in Nr. 1.3 BB U-Kombirente vereinbarten Vertragsende mit Ablauf des Versicherungsjahres, in dem der Versicherte das 65. Lebensjahr erreicht, nicht, dass die Unfall-Kombirente wesentlich dem Ersatz gesundheitsbedingt weggefallenen Erwerbseinkommens dienen soll. Bedingungsgemäß verspricht die Beklagte ihre Versicherungsleistung auch dann, wenn der Versicherte nicht erwerbstätig ist. Eine wirtschaftliche Existenzgrundlage aus Erwerbstätigkeit ist nicht vorausgesetzt und wird durch die Unfall-Kombirente - anders als durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung (vgl., VersR 2019, 1001 Rn. 21; vom - IV ZR 434/15, VersR 2017, 147 Rn. 25) - unmittelbar nicht geschützt.

48    (cc) Auch im Übrigen entspricht die Ausgestaltung der Unfall-Kombirente der Beklagten nicht dem gesetzlichen Leitbild der Berufsunfähigkeitsversicherung.

49    Zwar verpflichtet Nr. 9.1 Abs. 1 Satz 1 AUB 2008 die Beklagte im Leistungsfall innerhalb der dort genannten Fristen zu einer Erklärung, ob und in welchem Umfang sie einen Anspruch anerkennt. Die Regelungorientiert sich aber ersichtlich nicht an den Vorschriften über das Anerkenntnis in der Berufsunfähigkeitsversicherung in § 173 Abs. 1 VVG, sondern an den Fristvorgaben des § 187 Abs. 1 Satz 1 und 2 VVG für die Unfallversicherung. Dem entspricht es, dass die Fälligkeitsregelung in Nr. 9.2 AUB 2008 und die Vorschusspflicht in Nr. 9.3 AUB 2008 mit den Vorgaben für die Unfallversicherung in § 187 Abs. 2 Satz 1 und 2 VVG übereinstimmen.

50    Auch die auf die Unfall-Kombirente zugeschnittenen Regelungen in den Besonderen Bedingungen der Beklagten orientieren sich an den gesetzlichen Vorgaben für die Unfallversicherung und nicht an denjenigen der Berufsunfähigkeitsversicherung. Insbesondere findet die für die Berufsunfähigkeitsversicherung in § 174 Abs. 1 VVG vorgesehene Leistungsfreiheit bei nachträglichem Entfall der Leistungspflicht in den Versicherungsbedingungen keine Entsprechung. Im Rahmen des Organkonzepts und bei Verlust von Grundfähigkeiten ist eine Nachprüfung der Leistungspflicht nicht vorgesehen. Für die Leistungskomponente "Unfall" sieht Nr. 2.3 Abs. 2 2. Spiegelstrich BB U-Kombirente zwar eine Leistungseinstellung zum Ende des Monats vor, in dem die Neubemessung ein Absinken des unfallbedingten Invaliditätsgrades auf unter 50 % ergeben hat. Diese Regelung orientiert sich aber ersichtlich an der für die Unfallversicherung geltenden Neubemessung der Invalidität in § 188 Abs. 1 Satz 1 VVG. Einzelheiten zum Neubemessungsverfahren entnimmt ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer Nr. 9.4 AUB 2008. Danach handelt es sich um ein zeitlich auf drei Jahre nach dem Unfall befristetes Neubemessungsrecht. Es trägt den Interessen beider Parteien Rechnung, indem zum einen sich nach dem Unfall ergebende Veränderungen des Gesundheitszustands berücksichtigt werden können, zum anderen die abschließende Feststellung der Invalidität innerhalb überschaubarer Zeit auf der Grundlage eines feststehenden Bemessungszeitpunkts vorzunehmen ist(, VersR 2022, 1580 Rn. 19; vom - IV ZR 124/15, BGHZ 208, 9 Rn. 20). Vergleichbar verhält es sich für Leistungen nach Feststellung einer Pflegestufe. Gemäß Nr. 5.3 Abs. 2 2. Spiegelstrich BB U-Kombirente wird eine Rente nur bis zum Ende des Monats gezahlt, in dem keine Pflegestufe mehr besteht. Darin liegt aber keine der Berufsunfähigkeitsversicherung vergleichbare Leistungsfreiheit des Versicherers im Sinne von § 174 Abs. 1 VVG. Vielmehr wird gemäß Nr. 5.3 Abs. 4 BB U-Kombirente, ersichtlich angelehnt an die in der Unfallversicherung geltende Dreijahresfrist aus § 188 Abs. 1 Satz 1 VVG, die Rente ungeachtet eines Wegfalls der Pflegestufe weitergezahlt, wenn die Rentenzahlung bereits mehr als drei Jahre erfolgt ist.

51    (3) Der vom Berufungsgericht angenommene analoge Rückgriff auf die §§ 177 Abs. 1, 176, 150 bis 170 VVG scheidet danach ebenfalls aus. Zwar soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Regelung in § 177 Abs. 1 VVG eine analoge Anwendung einzelner Vorschriften über die Berufsunfähigkeitsversicherung auf die Einkommensausfallversicherung und andere Versicherungen nicht ausschließen (BT-Drucks. 16/3945 S. 107). Eine Analogie ist aber nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält. Die Lücke muss sich aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrundeliegenden - Regelungsplan ergeben (, VersR 2023, 178 Rn. 13; vom - IV ZR 97/15, ZEV 2017, 705 Rn. 22; jeweils m.w.N.). Für die Unfall-Kombirente ist aber - wie soeben dargelegt - die Anwendung der §§ 173 bis 176 VVG gemäß § 177 Abs. 2 VVG ausgeschlossen.

52    bb) Ein Verbot der ordentlichen Kündigung durch die Beklagte ergibt sich auch nicht aus dem Wesen des Vertrags der Unfall-Kombirente. Das Berufungsgericht hat diesen Gedanken im Rahmen einer - hier nicht in Betracht kommenden - analogen Anwendung der Vorschriften über die Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung herangezogen. Dessen ungeachtet führt er - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - auch in der Sache nicht zur Unwirksamkeit der Kündigungsrechte der Beklagten aus Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2008. Zwar kann das Wesen eines Versicherungsvertrags grundsätzlich einem Kündigungsrecht des Versicherers widersprechen. Für unwirksam gehalten hat der Senat ein unbefristetes Recht des Versicherers zur ordentlichen Kündigung einer Krankentagegeldversicherung schon vor Inkrafttreten gesetzlicher Kündigungsbeschränkungen (jetzt in § 206 Abs. 1 Satz 2 und 4 VVG), weil es mit dem Gedanken der Gefahrengemeinschaft, der zu den Grundlagen des Versicherungsrechts gehört, unvereinbar sei, dass der Krankenversicherer sich lediglich deshalb von einem Versicherungsnehmer trenne, weil dieser infolge seines fortgeschrittenen Alters zu einem größeren Risiko geworden sei (Senatsurteil vom - IVa ZR 206/81, BGHZ 88, 78, 80 f. [juris Rn. 9 f.]). Das beruht auf der wichtigen sozialen Funktion der privaten Krankenversicherung, die Ersatz für fehlenden Sozialversicherungsschutz bietet. Fehlt es aber an einer solchen Absicherungsfunktion, kann ein ordentliches Kündigungsrecht des Versicherers wirksam vereinbart werden (Senatsurteil vom - IVa ZR 31/82, VersR 1983, 850 [juris Rn. 10]; vgl. auch Senatsurteil vom aaO S. 83 f. [juris Rn. 13]). So liegt es hier. Für die Unfall-Kombirente der Beklagten ist eine vergleichbare Ersatzfunktion für Sozialversicherungsschutz weder festgestellt noch ersichtlich. Es genügt nicht, dass sie - wie vom Berufungsgericht herangezogen - Schutz vor Risiken bietet, deren Absicherung unverzichtbar erscheint und die die finanzielle Existenz des Versicherten bedrohen. Daraus, dass die Beklagte in der als Ersatz für die Unfall-Kombirente angebotenen Existenzschutz-Versicherung ein ordentliches Kündigungsrecht zu ihren Gunsten ausgeschlossen hat, folgt nichts anderes.

53    cc) Das ordentliche Kündigungsrecht der Beklagten ist auch nicht mit wesentlichen gesetzlichen Regelungen unvereinbar, soweit in Verträgen über die Unfall-Kombirente konstante Prämien und eine Laufzeit von mehr als drei Jahren vereinbart sind. Die Rechtsauffassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Entwurf ihres Rundschreibens zur Funktionellen Invaliditätsversicherung, auf die sich das Berufungsgericht bezieht, beruht auf der Annahme, dass der Versicherer in diesem Fall - der privaten Krankenversicherung vergleichbar - Beitragsdeckungsrückstellungen zu bilden hat, die im Falle einer Kündigung ersatzlos dem Versichertenkollektiv zufielen. Insoweit kann offenbleiben, ob die Beklagte - was sie abstreitet - in Verträgen über die Unfall-Kombirente Deckungsrückstellungen gebildet hat. Denn auch bei Bildung von Rückstellungen im vom Kläger vorgetragenen Umfang scheidet eine unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer aus.

54    So besteht in der nach Art der Lebensversicherung betriebenen privaten Krankenversicherung bei einem Ausscheiden des Versicherten durch Tod oder Kündigung regelmäßig kein Anspruch auf Auszahlung der Alterungsrückstellungen (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 192/98, BGHZ 141, 214, 215 ff. [juris Rn. 8 ff.]; Präve in Dreher, VAG 14. Aufl. § 146 Rn. 16). Die Bildung von Alterungsrückstellungen ist in der privaten Krankenversicherung kein individueller Sparvorgang, sondern eine auf kollektiver Risikokalkulation beruhende Sicherstellung von Kapital zur Finanzierung des Risikos einer altersbedingten Verschlechterung des Gesundheitszustands und erhöhter Krankheitskosten (, VersR 2006, 1072 Rn. 10;BVerfGE 123, 186 Rn. 202; Bieback/Brockmann/Goertz, ZVersWiss 2006, 471, 477; Scholz in Festschrift Maydell, 2002, S. 633, 636). Dass die Beklagte - einer Lebensversicherung vergleichbar - in Verträgen über die Unfall-Kombirente neben dem Risikoanteil einen anwachsenden, dem individuellen Versicherten zugeordneten Sparanteil aufgebaut hätte, hat der Kläger nicht vorgetragen.

55    dd) Die Kündigungsrechte der Beklagten verstoßen schließlich auch nicht gegen wesentliche Rechtsgedanken aus § 11 Abs. 1 oder 4 VVG. Insbesondere weicht das der Beklagten in Nr. 10.2 Abs. 4 AUB 2008 eingeräumte Kündigungsrecht nicht deshalb für die Versicherungsnehmer nachteilig von § 11 Abs. 4 VVG ab, weil dort auf eine Regelung über das Kündigungsrecht des Versicherers verzichtet worden ist. In Übereinstimmung mit dem Willen des Gesetzgebers kann der Versicherer sich ungeachtet von § 18 VVG in seinen Versicherungsbedingungen ein § 11 Abs. 2 und 3 VVG entsprechendes Kündigungsrecht vorbehalten(BT-Drucks. 16/3945 S. 63; vgl. auch Johannsen/Koch in Bruck/Möller, VVG 10. Aufl. § 11 Rn. 20; MünchKomm-VVG/Fausten, 3. Aufl. § 11 Rn. 182; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 32. Aufl. § 11 Rn. 9).

56    d) In vor dem abgeschlossenen Verträgen der Beklagten über eine Unfall-Kombirente sind die vom Kläger beanstandeten Kündigungsrechte der Beklagten ebenfalls nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, unvereinbar. Zwar sind gemäß Art. 4 Abs. 3 EGVVG auf Altverträge über eine Berufsunfähigkeitsversicherung die §§ 172, 174 bis 177 VVG unanwendbar, so dass insoweit die Rechtslage vor Inkrafttreten des reformierten Versicherungsvertragsgesetzes fortgilt (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 119; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 32. Aufl. Art. 4 EGVVG Rn. 9). Ein danach bestehendes gesetzliches Leitbild verletzt das Recht der Beklagten zur ordentlichen Kündigung in der Unfall-Kombirente aber nicht. Es kann sich, wie der Senat für die Krankenversicherung entschieden hat (Senatsurteil vom - IVa ZR 206/81, BGHZ 88, 78, 80 f. [juris Rn. 9]), insbesondere aus dem Wesen des Versicherungsvertrags ergeben. Dem widerspricht das Recht der Beklagten zur ordentlichen Kündigung von Verträgen über die Unfall-Kombirente - wie ausgeführt - nicht.

57    4. Eine unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer liegt auch nicht deshalb vor, weil ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB einschränkt, so dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts versteht der durchschnittliche Versicherungsnehmer die Regelung in Nr. 1.3 BB U-Kombirente nicht dahingehend, dass der Vertragszweck der Unfall-Kombirente auf Erlangung des Versicherungsschutzes bis zum 65. Lebensjahr gerichtet ist, sondern als Regelung der spätestmöglichen Vertragsbeendigung mit Erreichen dieser Altersgrenze, die das Recht zu einer früheren ordentlichen Kündigung durch die Beklagte nach Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 nicht ausschließt. Es kann daher dahinstehen, ob - wie die Revision meint - das Risiko der vertraglich vorgesehenen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit bestimmter Organe, des Verlusts bestimmter Grundfähigkeiten und der Einstufung der Pflegestufe bis zu der vertraglich vorgesehenen Altersgrenze der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht steigt.

58    III. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

59    Das aus Nr. 10.2 Abs. 2 und 4 AUB 2000 und AUB 2008 folgende Recht der Beklagten zur ordentlichen Kündigung ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer einer Unfall-Kombirente nicht überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB (zum Begriff der überraschenden Klausel Senatsurteil vom - IV ZR 257/21, VersR 2022, 1580 Rn. 24; , VersR 2016, 1330 Rn. 10 m.w.N.). Da die Verträge über eine Unfall-Kombirente nach den von der Beklagten verwendeten Vertragsunterlagen auf eine bestimmte Dauer abgeschlossenen werden, geht der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht davon aus, Versicherungsschutz in jedem Fall auf unbestimmte Zeit oder auch nur bis zum Erreichen der in Nr. 1.3 BBU-Kombirente genannten Altersgrenze von 65 Jahren zu erlangen. Dann aber erscheint die Möglichkeit einer vorzeitigen Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung, wie sie in jedem Dauerschuldverhältnis grundsätzlich möglich ist, nicht so ungewöhnlich, dass ein Versicherungsnehmer mit ihr nicht rechnete. Etwas anderes vertritt auch die Revision zu Recht nicht.

60    Nicht erheblich ist die im Entwurf des Rundschreibens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Funktionellen Invaliditätsversicherung erörterte Frage, inwieweit die Ausübung des Kündigungsrechts durch die Beklagte im Einzelfall eine gegen § 242 BGB verstoßende unzulässige Rechtsausübung sein kann. Die auf die Einzelfallumstände abstellende Bewertung des konkreten Verhaltens des Klauselverwenders anhand von § 242 BGB, welcher neben den §§ 307 bis 309 BGB die Funktion der sogenannten Ausübungskontrolle zukommt, hat bei der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB außer Betracht zu bleiben. Sie begründet im Rahmen der dort gebotenen generalisierenden Betrachtung keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers(Senatsurteil vom - IV ZR 44/15, BGHZ 211, 51 Rn. 21).

61    IV. Die Revision der Beklagten hat danach insgesamt Erfolg. Sie führt, da die Sache im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO zur Endentscheidung reif ist, zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Prof. Dr. Karczewski          Harsdorf-Gebhardt          Dr. Götz

                        Dr. Bommel                          Rust

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:111224UIVZR498.21.0

Fundstelle(n):
GAAAJ-82771