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FG München  v. - 7 K 776/21

Gesetze: EStG 2013 § 10d, EStG 2013 § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 1, EStG 2013 § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, EStG 2013 § 20 Abs. 8 S. 1, EStG 2013 § 15 Abs. 4 S. 6, EStG 2013 § 15 Abs. 4 S. 7, EStG 2013 § 15 Abs. 4 S. 8, KStG § 8 Abs. 1, KStG § 8 Abs. 2, GG Art. 3 Abs. 1

Anwendbarkeit bzw. Reichweite der Abzugsbeschränkung für noch nicht verrechnete Verluste einer Kapitalgesellschaft aus einer typisch stillen Beteiligung an einer Aktiengesellschaft im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 15 Abs. 4 Sätze 6-8 EStG im Jahr 2013 bei Veräußerung der stillen Beteiligung

Leitsatz

1. In Anlehnung an das Urteil des BFH, Urteil v. , I R 62/08, BStBl 2012 II S. 745, zur verfassungskonformen Auslegung der Anwendungsregelung zur Verlustverrechnung nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG ist auch die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Sätze 6-8 EStG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass im Fall der Veräußerung oder Aufgabe der stillen Beteiligung in einem ersten Schritt eine Verrechnung bislang noch nicht verrechneter Verluste aus der stillen Beteiligung im Sinne des § 15 Abs. 4 Sätze 6-8 EStG mit einem Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe dieser stillen Beteiligung erfolgt.

2. Sollte nach einer solchen Verrechnung mit einem Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe der stillen Beteiligung ein noch nicht verrechneter Verlust im Sinne des § 15 Abs. 4 Sätze 6-8 EStG verbleiben, ist in einem zweiten Schritt in Ermangelung „derselben stillen Gesellschaft” dieser verbleibende Verlust als nicht mehr an die Regelungen des § 15 Abs. 4 Sätze 6-8 EStG gebundener Verlust mit den übrigen Einkünften des stillen Gesellschafters im Rahmen des horizontalen und vertikalen sowie periodenübergreifenden Verlustabzugs zu verrechnen, um einen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten endgültigen Untergang dieser Verluste im Sinne des § 15 Abs. 4 Sätze 6-8 EStG zu verhindern (Ausführungen zur Gesetzeshistorie und zum Gesetzeszweck der Vorschriften).

3. Nach § 15 Abs. 4 Satz 8 EStG gelten die Regelungen des § 15 Abs. 4 Sätze 6-7 EStG nur für Gesellschafter oder Beteiligte in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft.

4. Die Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 15 Abs. 4 Sätze 6-8 EStG gilt zum einen nur für den Verlust aus der stillen Beteiligung und nicht für den Verlust der stillen Beteiligung selbst. Zum anderen gilt die Beschränkung auch nicht für den Verlust des Inhabers des Handelsgeschäfts, an dem der Steuerpflichtige als stiller Gesellschafter beteiligt ist.

5. § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG beschränkt sowohl den horizontalen als auch den vertikalen Verlustausgleich als auch den periodenübergreifenden Verlustabzug.

6. Die periodenübergreifende Verrechnung von Verlusten aus der stillen Beteiligung nach Maßgabe des § 10d EStG ermöglicht § 15 Abs. 4 Satz 7 EStG nur mit Gewinnen aus „derselben stillen Gesellschaft”. Verrechnungsfähige Gewinne in diesem Sinne sind nur gesellschaftsvertragliche Gewinne – d.h. Steuerbilanzgewinne – aus der stillen Beteiligung, nicht jedoch Gewinne aus dem Sonderbetriebsvermögen, da diese bereits nicht der Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 15 Abs. 4 Sätze 6-8 EStG unterliegen. Für die Auslegung des Begriffs „derselben stillen Gesellschaft” in § 15 Abs. 4 Satz 7 EStG ist in Anlehnung an die zu § 15a Abs. 2 EStG entwickelten Grundsätze zur Auslegung des Begriffs „aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft” auf die Identität der Beteiligung in zivilrechtlicher Hinsicht abzustellen, die nicht von der Höhe der Beteiligung abhängt.

Fundstelle(n):
MAAAJ-82153

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