BGH Beschluss v. - 2 StR 222/24

Instanzenzug: Az: 2 StR 222/24 Urteilvorgehend LG Fulda Az: 1 Ks - 122 Js 5979/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung in zwei tateinheitlich begangenen Fällen sowie wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz schuldig gesprochen und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unter Vorwegvollzug von einem Jahr und zwei Monaten der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe angeordnet, eine Einziehungsentscheidung getroffen und die Einziehungsentscheidung aus dem einbezogenen Urteil aufrechterhalten. Die gegen dieses Urteil gerichtete und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

2Während die auf die Sachrüge gebotene Nachprüfung des Urteils zu dem von rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragenen Schuldspruch wie auch zum Strafausspruch keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht hat, kann die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt keinen Bestand haben; die Einziehungsentscheidung bedarf der Korrektur.

31. Nach § 64 StGB in der seit (Gesetz vom , BGBl. 2023 I Nr. 203) geltenden Fassung kann eine solche Unterbringung nur angeordnet werden, wenn ein Hang im Sinne dieser Vorschrift positiv festgestellt wird. Dieser erfordert eine Substanzkonsumstörung, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten ist und fortdauert, § 64 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz StGB. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Strafkammer indes weder geprüft noch festgestellt. Dass der Angeklagte die Neigung hat, „sich durch Alkohol- und Amphetaminkonsum im Übermaß zu berauschen und gelegentlich auch sonst illegale Drogen zu konsumieren“, genügt für die Annahme eines Hangs nicht.

42. Liegen – wie hier – die Voraussetzungen des § 55 StGB vor, sind Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen gleicher Art grundsätzlich durch das spätere Erkenntnis einheitlich anzuordnen, sodass über sie durch das Gericht zu entscheiden ist, das auch über die nachträgliche Gesamtstrafe befindet. Nur wenn die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die (weitere) Vollstreckung vorliegen, ist die frühere Einziehungsentscheidung im neuen Urteil aufrechtzuerhalten. Wird die Einziehungsanordnung in der früheren rechtskräftigen Entscheidung hingegen gegenstandlos im Sinne des § 55 Abs. 2 StGB, hat die Anordnung zu entfallen. Dies ist hier bezüglich der nach § 74 Abs. 1 StGB angeordneten Einziehung einer Luftdruckpistole der Fall, denn mit der Rechtskraft der Einziehungsanordnung ist das Eigentum daran bereits auf den Staat übergegangen (§ 75 Abs. 1 Satz 1 StGB); die Einziehungsanordnung hat sich damit erledigt (vgl. − 5 StR 380/22, NStZ 2023, 675).

53. Das Urteil unterliegt damit in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang der Aufhebung; diese umfasst, ohne dass dies in der Entscheidungsformel gesondert auszusprechen ist, die mit der Maßregel untrennbar zusammenhängende Entscheidung über den Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe (, Rn. 17). Anders als über den mit der aufhebenden Entscheidung des Senats erledigten Ausspruch über die Aufrechterhaltung der im Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom angeordneten Einziehungsanordnung zur Luftdruckpistole muss über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB – gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 StPO) – neu verhandelt und entschieden werden.

6Die Feststellungen zum Maßregelausspruch sind hier mit aufzuheben, um dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Tatgericht eigene, in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht wird allerdings zu beachten haben, dass die für die Strafzumessung relevanten Tatsachen des Lebenslaufs des Angeklagten aufgrund ihrer Doppelrelevanz auch für die neuerliche Prüfung der Maßregel Bestand haben; ergänzende, nicht widersprechende Feststellungen sind möglich (vgl. , Rn. 33).

Menges                         Meyberg                         Grube

                   Lutz                          Zimmermann

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:250924B2STR222.24.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-81803