Leitsatz
Gesetze: § 346 Abs 1 BGB, § 346 Abs 2 S 1 BGB, § 348 BGB, § 387 BGB, § 398 BGB, § 406 BGB, § 437 Nr 2 BGB
Instanzenzug: Az: 5 U 4582/21vorgehend LG Nürnberg-Fürth Az: 13 O 335/21
Tatbestand
1Der Kläger schloss als Verbraucher im März 2020 mit der V. Leasing GmbH (im Folgenden: Leasinggeberin) einen Leasingvertrag über ein von der Beklagten, einer Fahrzeughändlerin, zum Verkauf angebotenes Gebrauchtfahrzeug A. . Der Vertragsschluss wurde von der Beklagten vermittelt. Anschließend erwarb die Leasinggeberin bei der Beklagten das Fahrzeug zum Kaufpreis von 27.890 €. Das Fahrzeug wies einen Unfallschaden auf, der vor der Übergabe an den Kläger fachgerecht repariert worden war.
2Die Leasinggeberin trat gemäß Ziffer XIII. 1 der zwischen ihr und dem Kläger vereinbarten Leasingbedingungen "sämtliche Ansprüche und Rechte aus dem Kaufvertrag […] wegen der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs" an den Kläger ab, welcher berechtigt und verpflichtet war, die Ansprüche und Rechte im eigenen Namen mit der Maßgabe geltend zu machen, dass "im Falle des Rücktritts […] etwaige Zahlungen des Lieferanten direkt an den Leasinggeber zu leisten sind." Gegen die Leasinggeberin sollten dem Kläger dagegen Ansprüche und Rechte wegen solcher Mängel nicht zustehen.
3Ergänzend ist in XIII. 4 der Leasingbedingungen unter anderem Folgendes geregelt:
"Verlangt der Leasingnehmer aufgrund der Mangelhaftigkeit Rückabwicklung, ist er verpflichtet und berechtigt, den Rücktritt vom Kaufvertrag für den Leasinggeber gegenüber dem Lieferanten zu erklären. Im Falle der Zustimmung des Lieferanten oder seiner rechtskräftigen Verurteilung, entfällt die Verpflichtung zur Zahlung von Leasing-Raten. Erkennt der Lieferant das Rücktrittsrecht des Leasinggebers nicht an, ist der Leasingnehmer ab Erklärung des Rücktritts zur Zurückbehaltung der Leasing-Raten berechtigt, sofern er spätestens innerhalb von sechs Wochen nach Rücktrittserklärung Klage erhebt. […] Bei Erfolglosigkeit der Klageerhebung entfällt das Zurückbehaltungsrecht rückwirkend."
4Nach erfolgloser Fristsetzung zur Nacherfüllung aufgrund des von dem Fahrzeug erlittenen Unfallschadens erklärte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zu dessen Rückabwicklung auf.
5Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung an die Leasinggeberin, Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs, hilfsweise Zug um Zug gegen dessen Herausgabe und Übereignung, in Anspruch genommen. Ferner hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen begehrt.
6Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Leasinggeberin 25.600,89 € (Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 2.289,11 €) nebst Zinsen unter Abzug einer (weiteren) Nutzungsentschädigung ab dem zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung festgestellten Tachostand, Zug um Zug gegen die Herausgabe des Fahrzeugs, zu zahlen. Ferner hat es festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.
7Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Nachdem der Kläger das Fahrzeug im Laufe des Berufungsverfahrens nach dem Ende der Laufzeit des Leasingvertrags an die Beklagte zurückgegeben und die Leasinggeberin dieses dort abgeholt und nachfolgend an einen Dritten weiterveräußert hatte, hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Wertersatz in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe erklärt.
8Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Gründe
9Die Revision hat Erfolg.
I.
10Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
11Die Klage sei abzuweisen, da sämtliche Zahlungsansprüche des Klägers durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem Anspruch auf Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB erloschen seien. Insbesondere stehe dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung an die Leasinggeberin nicht mehr zu.
12Unter der vom Landgericht als gegeben erachteten Voraussetzung, dass das vom Kläger geleaste Fahrzeug einen Sachmangel aufgewiesen habe und dem Kläger, auf dessen Kenntnis es in einem derartigen Fall ankomme, die Mangelhaftigkeit bei Vertragsschluss nicht bekannt gewesen sei (§ 442 Abs. 1 Satz 1 BGB), sei der vom Kläger - nach vorheriger vergeblicher Fristsetzung zur Nacherfüllung - erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag wirksam. Der Kläger sei berechtigt, im eigenen Namen die an ihn von der Leasinggeberin abgetretenen Gewährleistungsrechte auszuüben und insbesondere den Rücktritt vom Kaufvertrag geltend zu machen. Allerdings dürfe er den sich aus dem Rücktritt ergebenden Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nur zu Gunsten der Leasinggeberin geltend machen und müsse deshalb im Prozess - wie hier geschehen - auf Zahlung an diese klagen.
13Der Kläger müsse sich auf den Kaufpreis eine Nutzungsentschädigung in Höhe von insgesamt 4.358,12 € anrechnen lassen. Auch unter Berücksichtigung eines verbleibenden Zinsanspruchs des Klägers in Höhe von rund 2.200 € für den Zeitraum zwischen Rechtshängigkeit der Klage und der Aufrechnungserklärung der Beklagten unter Zugrundelegung des vollen Kaufpreises ergebe sich damit insgesamt ein Zahlungsanspruch des Klägers, der seiner Höhe nach unter dem Anspruch der Beklagten auf Wertersatz liege.
14Der Beklagten stehe ein Anspruch auf Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB in Höhe des Kaufpreises abzüglich des - in Ansehung des für die Reparatur des Unfallschadens aufgewandten Betrags von rund 8.000 € zu schätzenden - merkantilen Minderwerts des Fahrzeugs in Höhe von 1.800 € zu. Nach § 346 Abs. 1 BGB habe im Fall des Rücktritts jede Partei die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Da die Leasinggeberin von der Beklagten als Lieferantin in Vollzug des Kaufvertrags das Eigentum an dem streitgegenständlichen Fahrzeug erlangt habe, sei dieses (auch) im Fall des Rücktritts an die Beklagte zurückzugewähren. Die Wahrnehmung der Gewährleistungsrechte durch den Leasingnehmer, der nicht Eigentümer geworden sei, ändere am Inhalt der Rückgewährpflicht nichts. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätte der Kläger der Beklagten deshalb als Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises zu erbringende Gegenleistung das Eigentum und den Besitz an dem Fahrzeug verschaffen müssen.
15Zu dieser Rückgewähr des Eigentums wie auch des Besitzes an dem Fahrzeug sei der Kläger aufgrund von dessen Inbesitznahme durch die Leasinggeberin mit nachfolgender Veräußerung an einen Dritten jedoch nicht mehr in der Lage. Dass die Leasinggeberin bereit und in der Lage sei, das Fahrzeug von dem Drittkäufer zurückzuerwerben, um dann den streitgegenständlichen Kaufvertrag rückabwickeln zu können, behaupte der Kläger nicht und ergebe sich auch nicht aus der Veräußerungsmitteilung der Leasinggeberin.
16Die seitens des Klägers erfolgte Übergabe des Fahrzeugs an die Beklagte nach Ablauf des Leasingvertrags stelle auch nicht die nach § 346 Abs. 1 Satz 1 BGB geschuldete Besitzrückgewähr an die Beklagte dar. Vielmehr habe die Beklagte in ihrer Eigenschaft als ausliefernde Händlerin das Fahrzeug für die Leasinggeberin als deren Besitzdienerin oder allenfalls Besitzmittlerin entgegengenommen und keinen Eigenbesitz erworben. Da kein Fall des § 348 Abs. 3 BGB [gemeint: § 346 Abs. 3 BGB] vorliege, habe der Kläger deshalb gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB Wertersatz zu leisten gehabt.
17Nach § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB sei die im Vertrag bestimmte Gegenleistung - also der Kaufpreis - der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen. Allerdings müsse ein Mangel der Kaufsache bei der Bemessung des Wertersatzes berücksichtigt und dementsprechend hier der noch verbliebene merkantile Minderwert des Fahrzeugs von geschätzt rund 1.800 € in Abzug gebracht werden. Hiernach sei durch die Aufrechnung der Anspruch des Klägers vollständig erloschen.
18Mit der Unmöglichkeit der Übereignung und Herausgabe entfalle auch ein etwaiger Annahmeverzug der Beklagten, zumal sich die Beklagte tatsächlich nicht im Annahmeverzug befinde.
II.
19Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Erlöschen des von dem Kläger aus abgetretenem Recht geltend gemachten Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB in der bis zum geltenden Fassung (vgl. Art. 229 § 58 EGBGB), § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1, § 346 Abs. 1, §§ 348, 398 BGB nebst Zinsen (§ 291 BGB) abzüglich einer Nutzungsentschädigung infolge der von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit einem Wertersatzanspruch gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB in einer den Anspruch des Klägers übersteigenden Höhe gemäß § 389 BGB nicht angenommen werden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts fehlt es an der für eine Aufrechnung erforderlichen Gegenseitigkeit des von dem Kläger geltend gemachten (Rück-)Zahlungsanspruchs und des von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Wertersatzanspruchs im Sinne von § 387 BGB (siehe hierzu nachfolgend unter 1). Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der Vorschrift des § 406 BGB, da diese aufgrund der Kenntnis der Beklagten von der hier vorliegenden leasingtypischen Abtretungskonstruktion nicht anwendbar ist (siehe hierzu unter 2).
201. Nach § 387 BGB kann, wenn zwei Personen einander Leistungen schulden, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, jeder Teil gegen die Forderungen des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann. Der Gläubiger der Hauptforderung muss zugleich Schuldner der Gegenforderung und der Schuldner der Hauptforderung zugleich der Gläubiger der Gegenforderung sein (vgl. , NJW-RR 2005, 375 unter II 1 a; siehe auch , BGHZ 38, 122, 124; vom - VIII ZR 16/10, NJW-RR 2010, 1664 Rn. 17 f.). An dieser Gegenseitigkeit fehlt es im vorliegenden Fall, da sich ein Wertersatzanspruch der Beklagten hier nicht gegen den Kläger, sondern gegen die Leasinggeberin richtet.
21a) An einer revisionsrechtlichen Überprüfung der von dem Kläger geltend gemachten und gegen die Beklagte gerichteten Hauptforderung auf Kaufpreisrückzahlung nebst Zinsen in dem von dem Berufungsgericht bejahten Umfang ist der Senat aus prozessualen Gründen gehindert. Denn allein der Kläger hat Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichts eingelegt. Hat das vorinstanzliche Gericht aber eine Klage lediglich aufgrund der vom Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung abgewiesen und legt nur der Kläger ein Rechtsmittel ein, so ist dem Rechtsmittelgericht die erneute Überprüfung der Klageforderung verwehrt (vgl. , BGHZ 109, 179, 189 f.; vom - VIII ZR 150/93, NJW-RR 1995, 240 unter II 1 [zur Berufung]; vom - VIII ZR 294/99, NJW-RR 2001, 1572 unter II 3 [zur Berufung]; siehe auch Musielak/Voit/Ball, ZPO, 21. Aufl., § 528 Rn. 8 [zur Berufung]).
22b) Hinsichtlich der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten, auf Leistung von Wertersatz gerichteten, vom Berufungsgericht auf § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB gestützten Gegenforderung hat es zwar im Ausgangspunkt noch zutreffend angenommen, dass sich der Inhalt der nach einem wirksamen Rücktritt vom Kaufvertrag bestehenden Ansprüche der Kaufvertragsparteien auf Rückgewähr der empfangenen Leistungen gemäß § 346 Abs. 1 BGB beziehungsweise auf Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht wegen der - hier erfolgten - leasingtypischen Abtretung (auch) des Kaufpreisrückzahlungsanspruchs an den Leasingnehmer ändert.
23Das Berufungsgericht hat jedoch - wie die Revision zu Recht geltend macht - verkannt, dass sich bei der Rückabwicklung eines über eine Leasingsache geschlossenen Kaufvertrags ein Anspruch des Lieferanten - wie hier der Beklagten - auf Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich nicht gegen den Leasingnehmer, sondern gegen den Leasinggeber als Käufer richtet. Es fehlt damit an der gemäß § 387 BGB für eine Aufrechnung erforderlichen Gegenseitigkeit des an den Leasingnehmer abgetretenen Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1, § 346 Abs. 1, § 398 BGB und des Wertersatzanspruchs.
24aa) Nach erfolgter leasingtypischer Abtretung der Gewährleistungsansprüche an den Leasingnehmer blieb schon gemäß der Rechtslage vor der Schuldrechtsmodernisierung die Rückabwicklung des Kaufvertrags aufgrund begründeten Wandelungsbegehrens Sache der daran beteiligten Vertragsparteien, also von Leasinggeber und Lieferant (vgl. , NJW 1985, 129 unter I 2 b cc; vom - VIII ZR 257/12, NJW 2014, 1583 Rn. 28). Der Leasinggeber verlor nämlich trotz der Wandelung des Kaufvertrags seine Rechtsstellung als Käufer nicht und hatte damit einen Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgewähr der Leasingsache an den Lieferanten (vgl. , BGHZ 68, 118, 125 f.; vom - VIII ZR 265/80, BGHZ 81, 298, 309 f.; vom - VIII ZR 188/91, WM 1992, 1609 unter II 2 a bb; vom - VIII ZR 257/12, aaO). Dementsprechend war auch nicht der Leasingnehmer, sondern der Leasinggeber als Eigentümer der Kaufsache nach Vollzug der Wandelung berechtigt und verpflichtet, im Rahmen der Durchführung der Wandelung die Sache an den Lieferanten zurückzuübereignen (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 124/75, aaO).
25Für die - auf der Grundlage des neuen Schuldrechts - nach mangelbedingtem Rücktritt vorzunehmende Rückabwicklung, die - wie hier - typischerweise auf unmittelbare Kaufpreisrückzahlung an den Leasinggeber gerichtet ist, gilt - wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat - nichts Anderes (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 257/12, aaO).
26bb) Ausgehend hiervon richtet sich auch der von der Beklagten geltend gemachte und an die Stelle des auf Herausgabe und Rückübereignung des Leasingfahrzeugs tretende Wertersatzanspruch gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB wegen der Veräußerung des Leasingfahrzeugs an einen Dritten nicht gegen den Kläger als Leasingnehmer, sondern gegen die Leasinggeberin als Käuferin des Fahrzeugs. Denn die Leasinggeberin hat in XIII. 1 der Leasingbedingungen lediglich - unter Ausschluss von gegen sie selbst gerichteten Ansprüchen wegen Mängeln des Fahrzeugs - sämtliche Ansprüche und Rechte aus dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag aufgrund solcher Mängel an den Kläger als Leasingnehmer abgetreten. Der Kläger ist jedoch nicht anstelle der Leasinggeberin als Käufer in den von dieser mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag eingetreten. Es handelt sich vielmehr um eine im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats stehende leasingtypische Abtretungskonstruktion, wonach ein Leasinggeber auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - wie hier - seine mietrechtliche Gewährleistung durch eine Abtretung seiner kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten der Leasingsache ersetzen kann (vgl. , NJW 2014, 1583 Rn. 13; vom - VIII ZR 85/05, BB 2006, 348 Rn. 11; jeweils mwN). Diese leasingtypische Abtretung erfolgt nicht, um dem Leasingnehmer wieder eine ihm eigentlich zukommende Käuferposition zu verschaffen, die ihm durch den Leasingvertrag mit dem Leasinggeber entgangen ist, sondern dient allein dem Zweck, den vom Leasinggeber angestrebten Ausschluss seiner mietrechtlichen Gewährleistung auszugleichen und damit in rechtlicher Hinsicht zu ermöglichen (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 85/05, aaO Rn. 15).
272. Auf der Grundlage der bislang von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen konnte die Beklagte - unabhängig von der Frage, ob sie möglicherweise mit der Leasinggeberin ein (auch zu Gunsten des Leasingnehmers wirkendes) Aufrechnungsverbot vereinbart hat (vgl. hierzu Senatsurteil vom - VIII ZR 35/74, WM 1975, 852 unter 2 b; BeckOGK-BGB/Lieder, Stand: , § 406 Rn. 26; Staudinger/Bieder/Gursky, BGB, Neubearb. 2022, § 387 Rn. 333) - gegenüber dem Kläger auch nicht aufgrund der in § 406 BGB enthaltenen Regelung mit dem ihr nach ihrer Ansicht zustehenden Wertersatzanspruch aufrechnen. Die Vorschrift des § 406 BGB ist, soweit der Lieferant einer Leasingsache den Kaufvertrag mit dem Leasinggeber - wie hier - in Kenntnis des Vorliegens einer leasingtypischen Abtretungskonstruktion geschlossen hat, grundsätzlich nicht zu Gunsten des Lieferanten anwendbar, wenn der Leasingnehmer den Lieferanten aus - leasingtypisch - abgetretenem Recht auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Anspruch nimmt und dem Lieferanten gegen den Leasinggeber ein Wertersatzanspruch gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 BGB zusteht.
28a) Nach der Vorschrift des § 406 BGB kann der Schuldner mit einer ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehenden Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei denn, dass er bei dem Erwerb der Forderung von der Abtretung Kenntnis hatte oder die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntnis und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist. Diese Bestimmung betrifft allein die Aufrechnung des Schuldners gegenüber dem Zessionar, die nach der Abtretung erklärt wird und stellt eine Sonderregelung gegenüber § 404 BGB hinsichtlich der Einwendung der Aufrechnung dar (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 327/00, NJW 2002, 2865 unter II 1 c aa).
29b) Auch in Ansehung des von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich eher weitgezogenen Anwendungsbereichs des § 406 BGB (zu § 406 Halbs. 2 Alt. 1 BGB vgl. , BGHZ 56, 111, 114; vom - II ZR 122/70, BGHZ 58, 327, 330; vom - V ZR 52/95, NJW 1996, 1056 unter II 5 b aa; zu § 406 Halbs. 2 Alt. 2 BGB vgl. , aaO S. 331; vom - VIII ZR 246/92, NJW-RR 1994, 880 unter II 2 b; vom - V ZR 52/95, aaO unter II 5 b bb) ist dieser vorliegend jedenfalls nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift bei einer vor Abschluss des Kaufvertrags erlangten Kenntnis des Lieferanten von dem Vorliegen einer leasingtypischen Abtretungskonstruktion gegenüber dem Leasingnehmer grundsätzlich nicht eröffnet.
30aa) Der Vorschrift des § 406 BGB liegt ebenso wie § 404 BGB der Gedanke zu Grunde, dass der Schuldner durch die Abtretung nicht benachteiligt, er also gegenüber dem neuen Gläubiger nicht ungünstiger gestellt werden soll, als er gegenüber dem alten Gläubiger stand (vgl. , NJW 2002, 2865 unter II 1 c aa; vom - VII ZR 58/07, BGHZ 176, 128 Rn. 23). Die Bestimmung ist Ausdruck einer Billigkeitsentscheidung des Gesetzgebers, die auf einer Abwägung der Interessen von Schuldner und Gläubiger beruht (vgl. , BGHZ 2, 300, 306; siehe auch Staudinger/Busche, BGB, Neubearb. 2022, § 406 Rn. 1; Schwarz, AcP 203 [2003], 241, 249 f.).
31Ist die Aufrechnungslage bereits vor der Abtretung gegeben, so kann der Schuldner ohne weiteres durch Erklärung gegenüber dem Zessionar aufrechnen, ungeachtet der infolge der Abtretung fehlenden Gegenseitigkeit der Forderungen (vgl. , BGHZ 19, 153, 156; vom - II ZR 122/70, BGHZ 58, 327, 329; vom - VIII ZR 327/00, aaO). Die Rechte des Schuldners werden durch § 406 BGB zusätzlich dahin erweitert, dass er sich bei Gutgläubigkeit auch auf solche Umstände berufen darf, die später als im Zeitpunkt der Abtretung eingetreten sind und die ihm ohne die Abtretung das Recht zur Aufrechnung gegenüber dem früheren Gläubiger gegeben hätten (vgl. , aaO S. 157; vom - VIII ZR 327/00, aaO). Ein solcher Schuldner wird in seinem Aufrechnungsrecht geschützt, wenn er bei Erwerb der Gegenforderung damit rechnen konnte, sich durch Aufrechnung von der inzwischen ohne sein Wissen abgetretenen Forderung befreien zu können (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 327/00, aaO).
32Räumt damit § 406 BGB grundsätzlich nur dem gutgläubigen Schuldner, der bei Erwerb seiner Gegenforderung von der Abtretung der gegen ihn gerichteten Forderung keine Kenntnis hatte, eine Aufrechnungsbefugnis ein, ist ein solcher Schutz nicht gerechtfertigt, wenn das Vertrauen darauf fehlt, mit dem Erwerb der Gegenforderung die Aufrechnungslage herstellen zu können (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 327/00, aaO unter II 1 c bb). So liegt der Fall hier.
33bb) Wie bereits ausgeführt, liegt der Geltendmachung des auf Kaufpreisrückzahlung gerichteten Anspruchs durch den Kläger im vorliegenden Fall eine leasingtypische Abtretungskonstruktion zugrunde. Die Beklagte hatte von dieser Konstruktion auch bereits vor Abschluss des Kaufvertrags mit der Leasinggeberin Kenntnis. Denn als Fahrzeughändlerin ist sie nicht nur mit einer solchen Vorgehensweise generell vertraut, sondern hat nach den rechtsfehlerfreien und von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts den hier streitgegenständlichen Leasingvertrag sogar vermittelt. Ausgehend hiervon durfte die Beklagte bei Abwägung der Interessen der an dem leasingtypischen Dreiecksverhältnis beteiligten Personen grundsätzlich nicht darauf vertrauen, mit einem etwaigen Wertersatzanspruch gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB gegenüber dem von dem Kläger aus abgetretenem Recht geltend gemachten Rückzahlungsanspruch aufrechnen zu können.
34(1) Die leasingtypische Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche dient dem Leasinggeber - wie oben (unter II 1 b bb) bereits ausgeführt - lediglich zur Ersetzung seiner mietrechtlichen Gewährleistung (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 257/12, NJW 2014, 1583 Rn. 13). Auch nach einer solchen Abtretung bleibt aber die Rückabwicklung des Kaufvertrags im Falle eines wirksamen Rücktritts von diesem Sache des Lieferanten und des Leasinggebers und ist typischerweise - wie auch hier in XIII. 1 der Leasingbedingungen vorgesehen - auf Kaufpreisrückzahlung an den Leasinggeber gerichtet (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 257/12, aaO Rn. 28). Dementsprechend trägt auch der Leasinggeber und nicht der Leasingnehmer das Risiko, dass der Anspruch gegen den Lieferanten auf Rückzahlung des Kaufpreises nicht verwirklicht werden kann (vgl. , aaO Rn. 23; vom - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139, 143).
35Der Leasingnehmer, der aufgrund des von ihm erklärten Rücktritts vom Kaufvertrag gegen den Lieferanten auf Rückzahlung des Kaufpreises an den Leasinggeber klagt, führt diesen Prozess dagegen regelmäßig lediglich deshalb, um zunächst eine Berechtigung zur vorläufigen Einstellung der Zahlung der Leasingraten zu erreichen (vgl. , NJW 2010, 2798 Rn. 19 ff., 26; vom - VIII ZR 119/14, NJW 2016, 397 Rn. 20 mwN) und sich von dem Leasingvertrag lösen und eine Rückzahlung der von ihm geleisteten Leasingraten erreichen zu können. Ob die Rücktrittserklärung des Leasingnehmers die Umgestaltung des Kaufvertrags über das Leasingobjekt in ein Rückgewährschuldverhältnis und damit zugleich den Wegfall der Geschäftsgrundlage des Leasingvertrags bewirkt, muss, wenn der Lieferant den Rücktritt nicht akzeptiert, - wie sich auch XIII. 4 der streitgegenständlichen Leasingbedingungen entnehmen lässt - gerichtlich geklärt werden und steht daher erst mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils im Gewährleistungsprozess gegen den Lieferanten fest (vgl. , aaO Rn. 24; vom - VIII ZR 257/12, NJW 2014, 1583 Rn. 15 f.; vom - VIII ZR 252/18, BGHZ 228, 1 Rn. 30).
36Der Leasingnehmer kann während eines solchen Gewährleistungsprozesses weder eine Weiterveräußerung der Leasingsache durch den Leasinggeber - wie im vorliegenden Fall - verhindern noch nach der Rückgabe der Leasingsache bei Beendigung des Leasingvertrags auf deren weiteren Verbleib Einfluss nehmen. Er liefe somit bei einer durch den Leasinggeber herbeigeführten Unmöglichkeit der Rückgewähr der Leasingsache nicht nur Gefahr, den Gewährleistungsprozess zu verlieren und mit entsprechenden Prozesskosten belastet zu werden, sondern sich auch nicht von dem Leasingvertrag trotz der Mangelhaftigkeit der Kaufsache lösen zu können.
37Der Lieferant hingegen, der - wie hier die Beklagte als den Leasingvertrag vermittelnde Fahrzeughändlerin - von vornherein von der besonders engen tatsächlichen und rechtlichen Verzahnung von Kauf- und Leasingvertrag (vgl. hierzu Senatsurteil vom - VIII ZR 252/18, BGHZ 228, 1 Rn. 30 f.) - insbesondere auch der Abtretung der Gewährleistungsansprüche - weiß und hiervon im Hinblick auf die damit einhergehende Absatzförderung profitiert, hat die Möglichkeit, durch entsprechende Vereinbarungen mit dem Leasinggeber als seinem Kaufvertragspartner die Leistung des von ihm begehrten Wertersatzes bei Unmöglichkeit der Rückgewähr der Leasingsache im Falle der Rückabwicklung des Kaufvertrags sicherzustellen. Zudem kann er, wenn die Leasingsache nach Beendigung des Leasingvertrags an ihn - wie im vorliegenden Fall - zurückgegeben wird, den Leasinggeber unmittelbar zur Rückübereignung der Leasingsache auffordern (vgl. zur Möglichkeit einer isolierten Drittwiderklage Senatsurteil vom - VIII ZR 252/18, aaO Rn. 29 ff.). Macht der Lieferant von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch, ist er gleichwohl nicht schutzlos gestellt. Denn - wie bereits ausgeführt - erfolgt die Rückabwicklung des Kaufvertrags im Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Leasinggeber, so dass ersterer etwa einen möglichen Wertersatzanspruch gegen letzteren geltend machen kann.
38(2) Ausgehend hiervon ist bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen des Klägers, der Beklagten und der Leasinggeberin den Interessen des Klägers grundsätzlich der Vorzug zu geben, da er als Leasingnehmer und Verbraucher - anders als die Beklagte als Fahrzeughändlerin sowie die Leasinggeberin - die Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags in dem bestehenden Dreiecksverhältnis regelmäßig bei Abschluss des Leasingvertrags nicht überblicken wird und auch keine den Optionen des Lieferanten vergleichbare Möglichkeit hat, sich hiergegen zu schützen. Ob aufgrund besonderer Umstände des vorliegenden Einzelfalls ausnahmsweise etwas Anderes zu gelten hat, ist den bisher seitens des Berufungsgerichts getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen.
III.
39Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es den Parteien Gelegenheit zu einer ergänzenden Stellungnahme geben und die danach gegebenenfalls erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Dr. Bünger Kosziol Dr. Schmidt
Dr. Matussek Dr. Böhm
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:131124UVIIIZR168.23.0
Fundstelle(n):
EAAAJ-81645