BGH Urteil v. - AnwZ (Brfg) 36/23

Instanzenzug: Az: AnwZ (Brfg) 36/23 Beschlussvorgehend Anwaltsgerichtshof Frankfurt Az: 2 AGH 9/21 Urteil

Tatbestand

1Die Beigeladene ist seit 1994 im Bezirk der Beklagten als Rechtsanwältin zugelassen. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der D.                                                                                            mbH (im Folgenden: D.    GmbH) vom wurde sie zur alleinigen Geschäftsführerin dieser Gesellschaft bestellt. Dort ist sie seither auf Grundlage eines mit "GmbH-Geschäftsführer-Vertrag" überschriebenen, am geschlossenen Vertrags tätig.

2Mit am bei der Beklagten eingegangenem Schreiben beantragte die Beigeladene für diese Tätigkeit ihre Zulassung als Syndikusrechtsanwältin. Die Klägerin wurde angehört und ist dem Antrag entgegengetreten. Die Beklagte ließ die Beigeladene mit Bescheid vom als Syndikusrechtsanwältin zu. Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des Zulassungsbescheids erreichen wollte.

3Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

4Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin gemäß §§ 46a Abs. 1, § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO seien erfüllt. Die Tätigkeit als Geschäftsführer einer Gesellschaft könne im Sinne des § 46 Abs. 2 BRAO als Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses angesehen werden. Mit der Bezugnahme auf ein Arbeitsverhältnis habe der Gesetzgeber nur eine Klarstellung der uneingeschränkten Anwendbarkeit zivil- und arbeitsrechtlicher Haftungsregelungen bezweckt. Für den Schutzzweck der §§ 46 ff. BRAO sei es nicht relevant, wie das der Tätigkeit zugrundeliegende Beschäftigungsverhältnis nach allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäben zu qualifizieren sei.

5Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat auf ihren Antrag hin zugelassenen Berufung. Sie ist der Auffassung, dass eine Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin schon deshalb ausscheide, weil deren Vertragsverhältnis mit der D.    GmbH kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 46 Abs. 2 BRAO sei, was indes Voraussetzung der Zulassung sei. Das Dienstverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers könne insbesondere nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und mit Blick auf die haftungsrechtliche Situation eines Geschäftsführers nicht als Arbeitsverhältnis im Sinne des § 46 Abs. 2 BRAO angesehen werden. Es fehlten zudem weitere Zulassungsvoraussetzungen. Der Zulassung stehe insbesondere auch entgegen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen nicht anwaltlich geprägt sei, sie als Alleingeschäftsführerin keinen Rechtsrat im Sinne von § 46 Abs. 2 Nr. 2 BRAO erteilen könne und sie überdies nicht ausschließlich - wie dies § 46 Abs. 5 Satz 1 BRAO voraussetze - in Rechtsangelegenheiten der D.    GmbH anwaltlich tätig sei.

6Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des 2. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom den Bescheid der Beklagten vom aufzuheben.

7Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

8Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der Auffassung, die Beigeladene sei als Arbeitnehmerin im Sinne der berufsrechtlichen Regelungen der §§ 46 ff. BRAO anzusehen. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zulassung lägen vor.

9Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

10Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

11Die Berufung ist nach § 112e Satz 1 BRAO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 und 6 VwGO). Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt unter Abänderung des Urteils des Anwaltsgerichtshofs zur Aufhebung des Zulassungsbescheids vom .

12Der Zulassungsbescheid vom ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn die Voraussetzungen für eine Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin liegen nicht vor.

13Gemäß § 46a BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt auf Antrag zu erteilen, wenn die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen zum Beruf des Rechtsanwalts gemäß § 4 BRAO erfüllt sind, kein Zulassungsversagungsgrund nach § 7 BRAO vorliegt und die Tätigkeit den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entspricht. Dies setzt nach § 46 Abs. 2 BRAO unter anderem voraus, dass der Antragsteller im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für einen Arbeitgeber tätig ist. Dies ist hier nicht der Fall. Das Vertragsverhältnis der Beigeladenen als Geschäftsführerin bei der D.    GmbH ist weder ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 46 Abs. 2 BRAO noch kann es in analoger Anwendung dieser Vorschrift als solches behandelt werden.

141. Noch zutreffend ist der Anwaltsgerichtshof davon ausgegangen, dass das durch den mit "GmbH-Geschäftsführer-Vertrag" überschriebenen Vertrag zwischen der Beigeladenen und der D.    GmbH vom begründete Vertragsverhältnis kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 611a BGB, sondern ein auf die Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramtes gerichtetes freies Dienstverhältnis darstellt. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur  AnwZ (Brfg) 17/20, NJW 2021, 629 Rn. 8; vom - AnwZ (Brfg) 22/17, NJOZ 2019, 964 Rn. 6; vom - II ZR 70/09, NJW 2010, 2343 Rn. 7; vom - II ZR 251/98, NJW 2000, 1864, 1865 unter II 1; vom - II ZR 120/83, BGHZ 91, 217, 219; ebenso für den Regelfall mit einem Vorbehalt für - hier nicht vorliegende - "extreme […] Ausnahmefälle […]": BAG NJW 2022, 1189 Rn. 22 f.; BAGE 165, 61 Rn. 24; BAGE 116, 254, 258; BAG, NJW 1999, 3731, 3732). Darauf, dass das Vertragsverhältnis in dem Vertrag selbst teilweise als "Arbeitsverhältnis" und als "Anstellungsvertrag" und die Beigeladene als "Arbeitnehmer" bezeichnet wurde, kommt es hierbei nicht an. Entscheidend für die rechtliche Qualifizierung des Vertrags ist nicht dessen Bezeichnung, sondern dessen Inhalt, wonach die Tätigkeit - wie ausgeführt - auf eine Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramtes gerichtet ist.

152. Entgegen der Auffassung des Anwaltsgerichtshofs ist eine Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin jedoch deshalb abzulehnen, weil ein derartiges Geschäftsführerdienstverhältnis kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 46 Abs. 2, Abs. 3 BRAO darstellt. Der Gesetzgeber hat die Syndikuszulassung durch die in dieser Vorschrift normierte Zulassungsvoraussetzung eines Arbeitsverhältnisses bewusst auf Arbeitnehmer beschränkt. Eine Syndikuszulassung von GmbH-Geschäftsführern, die im Rahmen eines Geschäftsführerdienstverhältnisses und damit nicht als Arbeitnehmer tätig sind, ermöglicht diese Vorschrift dementsprechend nicht (ebenso  BayAGH I-5-15/21, juris Rn. 47 ff.; , juris Rn. 18 ff.; , n.v.; AGH Frankfurt am Main, Urteil vom - 2 AGH 7/18, n.v.; aA AGH Schleswig, Urteil vom - 2 AGH 6/20, juris Rn. 39 ff.; AGH Frankfurt am Main, BRAK-Mitt 2023, 409, 411; Deckenbrock, NJW 2022, 3688 Rn. 17; Grunewald, NJW 2021, 3696, 3698; Freundorfer/Söller, AnwBl Online 2023, 193, 194 f.; Huff, ZAU 2023, 494 f.; Söller, GmbHR 2021, 1193 Rn. 19 ff. und NZG 2024, 1241, 1243 f. [analoge Anwendung des § 46 Abs. 2 BRAO]).

16a) Dem Wortlaut von § 46 Abs. 2 BRAO lässt sich die Einbeziehung von im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätigen Geschäftsführern nicht entnehmen. Nach dieser Vorschrift üben Angestellte anderer als der in § 46 Abs. 1 BRAO genannten Personen oder Gesellschaften ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt liegt demnach schon nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 BRAO nicht bei jeder nichtselbständigen anwaltlichen Tätigkeit von Unternehmensjuristen für einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber vor, sondern nur dann, wenn diese im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind.

17Die Begriffe "Arbeitgeber" und "Arbeitsverhältnis" sind in ihrer rechtlichen Bedeutung grundsätzlich dahingehend definiert, dass ein freies Dienstverhältnis wie dasjenige eines GmbH-Geschäftsführers hierunter nicht zu verstehen ist. Dies ergibt sich sowohl aus der Legaldefinition des § 611a BGB als auch - vor Inkrafttreten dieser Vorschrift zum  - aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (siehe nur BAGE 146, 97 Rn. 16 ff., mwN), die in § 611a BGB unter wörtlicher Wiedergabe der Leitsätze des Bundesarbeitsgerichts übernommen wurde, ohne dass eine Änderung der bisherigen Rechtslage damit verbunden sein sollte (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom , BT-Drucks. 18/9232, S. 31 f.; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom , BT-Drucks. 18/10064, S. 17). Ein anderweitiges Verständnis eines Arbeitsverhältnisses lässt sich dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 BRAO nicht entnehmen. Insbesondere greifen angesichts der Übernahme der von dem Bundesarbeitsgericht geprägten Definition eines Arbeitsverhältnisses in § 611a BGB die in der Literatur vereinzelt angedeuteten Zweifel, ob der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO die Definition des Arbeitsvertrags in § 611a BGB vor Augen gehabt haben könne, weil diese Vorschrift erst mit Wirkung zum und damit nach Inkrafttreten der Neuregelung der §§ 46 ff. BRAO zum in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden sei (vgl. Huff, NJW 2023, 158), nicht durch.

18b) Die Gesetzesmaterialien des am in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom (BGBl. I S. 2517) bekräftigen die Auslegung, dass das Vertragsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers nicht als Arbeitsverhältnis im Sinne des § 46 Abs. 2 BRAO anzusehen ist. Denn diesen ist - insbesondere auf Grund der vom Gesetzgeber zu Grunde gelegten Geltung der Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung für den von der Vorschrift umfassten Personenkreis und des deshalb im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erfolgten Verzichts auf die Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung für die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt - zu entnehmen, dass der Gesetzgeber den Begriff des Arbeitsverhältnisses in § 46 Abs. 2 BRAO bewusst im Sinne der damaligen Definition des Bundesarbeitsgerichts verwendet hat und eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nur bei einer Tätigkeit im Rahmen eines derartigen, den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung unterliegenden Arbeitsverhältnisses ermöglichen wollte.

19aa) Der Fraktionsentwurf des vorgenannten Gesetzes enthielt in § 46 Abs. 2 BRAO zunächst die Formulierung, dass Angestellte anderer als der in § 46 Abs. 1 BRAO genannten Personen oder Gesellschaften ihren Beruf als Rechtsanwalt ausüben, sofern sie im Rahmen ihres Anstellungsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte; vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 5). In den im Fraktionsentwurf enthaltenen Regelungen der §§ 46 ff. BRAO-E war durchgängig von "Anstellungsverhältnis" die Rede. In § 46a Abs. 4 Nr. 1 BRAO des Entwurfs war geregelt, dass für Syndikusrechtsanwälte die Versicherungspflicht nach § 12 Abs. 2 in Verbindung mit § 51 BRAO gelten sollte mit der Maßgabe, dass Syndikusrechtsanwälte der Versicherungspflicht genügen, wenn die sich aus ihrer Syndikustätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden durch eine beim Arbeitgeber bestehende Haftpflichtversicherung abgedeckt sind und diese den Anforderungen des § 51 BRAO entspricht.

20Der Begründung des Fraktionsentwurfs ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bereits in diesem Stadium des Gesetzgebungsverfahrens nur die Zulassung von im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses im arbeitsrechtlichen Sinne beschäftigten Arbeitnehmern als Syndikusrechtsanwalt im Blick hatte. So spricht die Begründung von arbeitsrechtlichen Weisungsbefugnissen des Arbeitgebers, die hinter der Weisungsfreiheit in anwaltlichen Angelegenheiten zurückstehen müsse, von der Arbeitnehmereigenschaft des Syndikusrechtsanwalts und dessen Eingliederung in die von dem Arbeitgeber vorgegebene Arbeitsorganisation (BT-Drucks. 18/5201, S. 26), von dem Arbeitsvertrag des Syndikusrechtsanwalts, dem Status als Arbeitnehmer und dem auf dem Arbeitsvertrag beruhenden Weisungsrecht als wesentlichem Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses (BT-Drucks. 18/5201, S. 29). Die in dem Fraktionsentwurf vorgesehene Versicherungspflicht wurde damit begründet, dass der Syndikusrechtsanwalt ungeachtet seiner beruflichen Stellung als Arbeitnehmer sowohl Ansprüchen seines Arbeitgebers als auch Ansprüchen Dritter ausgesetzt sein könne (BT-Drucks. 18/5201, S. 35).

21bb) Dass der Gesetzgeber das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses im arbeitsrechtlichen Sinne, für das die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten, als Zulassungsvoraussetzung angesehen hat, wurde im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens auch dadurch verdeutlicht, dass in §§ 46 ff. BRAO der Begriff Anstellungsverhältnis aus der Fassung des Fraktionsentwurfs durch den Begriff Arbeitsverhältnis ersetzt wurde. Insbesondere aber wurde die ursprünglich vorgesehene Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gestrichen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom , BT-Drucks. 18/6915, S. 6). Zur Begründung wurde im Zusammenhang mit dem Verzicht auf eine Berufshaftpflichtversicherung für Syndikusrechtsanwälte darauf verwiesen, dass durch die einheitliche Änderung der Begrifflichkeit verdeutlicht werden solle, dass sich die Haftung nach den allgemeinen Regeln des Zivil- und Arbeitsrechts richte, die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung also unberührt blieben und Syndikusrechtsanwälte mithin unter denselben Voraussetzungen wie andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Position hafteten (BT-Drucks. 18/6915, S. 23). Da die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung auch für Syndizi gälten, bedürfe es keiner Berufshaftpflichtversicherung gegenüber dem eigenen Arbeitgeber (BT-Drucks. 18/6915, S. 13). Das Vertragsverhältnis des Syndikusrechtsanwalts zu seinem Arbeitgeber werde einheitlich als Arbeitsverhältnis bezeichnet und in Anbetracht der Besonderheiten dieses Arbeitsverhältnisses werde auf das Erfordernis einer Berufshaftpflichtversicherung für die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt verzichtet (BT-Drucks. 18/6915, S. 15).

22Diese Änderungen bekräftigen, dass der Gesetzgeber ausschließlich eine Zulassung von Unternehmensjuristen, deren Stellung im Unternehmen - abgesehen von ihrer fachlich unabhängigen und eigenverantwortlichen anwaltlichen Tätigkeit - derjenigen eines Arbeitnehmers im Sinne der obigen zivil- und arbeitsrechtlichen Grundsätze entspricht, als Syndikusrechtsanwalt ermöglichen wollte, nicht jedoch (auch) die Zulassung von Personen, die im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses für das Unternehmen anwaltlich tätig sind.

23Die Änderung des Gesetzestextes erfolgte - entgegen einer in Parallelverfahren von dortigen Beteiligten teilweise vertretenen Auffassung - nicht allein deshalb, um klarzustellen, dass die Haftungsprivilegierung eines Arbeitnehmers im Sinne von § 611a BGB durch seine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht verlorengeht. Gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber eine Berufshaftpflichtversicherung für den Syndikusrechtsanwalt - anders als für den niedergelassenen Rechtsanwalt - nicht für erforderlich gehalten und von der im ursprünglichen Gesetzentwurf noch enthaltenen Verpflichtung zu deren Abschluss sogar explizit abgesehen hat mit dem Argument, dass der Syndikus ohnehin (nur) der Arbeitnehmerhaftung unterliege, zeigt, dass der Gesetzgeber ausschließlich eine Zulassung von denjenigen Unternehmensjuristen ermöglichen wollte, für die die Privilegien der Arbeitnehmerhaftung gelten. Dementsprechend lässt sich der Gesetzesbegründung auch kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass es nach dem Willen des Gesetzgebers neben Syndikusrechtsanwälten, für die die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten, auch Syndikusrechtsanwälte geben sollte, die keine Arbeitnehmer im Sinne von § 611a BGB sind und ihrem Dienstherrn nicht nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung, sondern nach den für ihr jeweiliges Vertragsverhältnis geltenden Regeln haften.

24cc) Auch aus dem Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte vom (BT-Drucks. 19/23821) lassen sich keine anderweitigen Rückschlüsse auf den Willen des Gesetzgebers ziehen. Es handelt sich hierbei um eine Evaluierung der Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelungen für den Zeitraum 2016 bis 2018. Der Bericht zeigt im Berichtszeitraum zur Zulassung eines Geschäftsführers ergangene Rechtsprechung auf (BT-Drucks. 19/23821, S. 13 f.), verweist auf die in der Anwaltschaft vertretene Auffassung, wonach die Zulassungsvoraussetzung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses nicht sachgerecht sei, und kommt zu der Bewertung, dass der Begriff Arbeitsverhältnis im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens mit Blick auf die Haftungsfragen bewusst gewählt worden sei. Die Rechtsprechung zeige, dass ausreichend Raum für die weitere Entwicklung der Gesetzesanwendung in der Praxis bestehe; ein gesetzgeberisches Handeln sei nicht angezeigt (BT-Drucks. 19/23821, S. 18 f.). Aussagen, die Rückschlüsse zuließen auf den Willen des Gesetzgebers, bei der Neuregelung der Syndikuszulassung auch Geschäftsführer-Dienstverträge als Arbeitsverträge im Sinne von § 46 Abs. 2 BRAO einzuordnen, ergeben sich hieraus nicht.

25dd) Aus den Gesetzesmaterialien und der Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens, insbesondere aus dem Verzicht auf das Erfordernis einer Berufshaftpflichtversicherung unter Verweis auf die Geltung der Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung, ergibt sich mithin der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, eine Syndikuszulassung nur für die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen zu ermöglichen, für die die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten. Diese gesetzliche Konzeption umfasst die Zulassung von Geschäftsführern nicht. Denn ein Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer. Die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten für ihn dementsprechend nicht (vgl.  AnwZ (Brfg) 22/17, NJOZ 2019, 964 Rn. 6; vom - II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 172). Vielmehr hat ein Geschäftsführer in Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden (§ 43 Abs. 1 GmbHG) und haftet der Gesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG auch für leichte Fahrlässigkeit, wenn er seine Obliegenheiten verletzt (vgl. MünchKommGmbHG/Fleischer, 4. Aufl., § 43 Rn. 309; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 43 Rn. 38).

26Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt aus der Gesetzesbegründung dagegen nicht, dass der Gesetzgeber durch die Änderung des Begriffs Anstellungsverhältnis zu Arbeitsverhältnis Syndikusrechtsanwälte unabhängig davon, in welcher Funktion sie ihre Tätigkeit ausüben und wie sie hierfür nach allgemeinen Regeln haften würden, den weniger strengen Regeln der Arbeitnehmerhaftung unterwerfen wollte. Der Gesetzgeber hat im Zuge der Neuregelung des Rechts des Syndikusrechtsanwalts nicht die für das jeweilige Vertragsverhältnis geltenden Grundsätze zur Haftung geändert und die Arbeitnehmerhaftung auf alle Unternehmensjuristen unabhängig von ihrem Status als Arbeitnehmer ausgedehnt. Er hat vielmehr die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung zu Grunde gelegt und durch die Verwendung des Begriffs Arbeitsverhältnis und die Bezugnahme auf die Arbeitnehmerhaftung klargestellt, dass er eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nur für diejenigen ermöglichen wollte, die durch die geltenden Grundsätze der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung privilegiert sind. Eine Ausdehnung dieser eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung auf weitere Personen wie etwa Geschäftsführer, um diesen eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu ermöglichen, war vom Gesetzgeber hiermit dagegen nicht bezweckt.

27c) Auch aus Sinn und Zweck der Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber das Dienstverhältnis eines Geschäftsführers als Arbeitsverhältnis im Sinne von § 46 Abs. 2 BRAO ansehen und die Zulassung eines Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt ermöglichen wollte. Im Gegenteil hat er die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bewusst auf Arbeitnehmer beschränkt.

28Zwar wollte der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung der §§ 46 ff. BRAO der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit als Syndikus Rechnung tragen, der zufolge eine anwaltliche Berufsausübung in der äußeren Form abhängiger Beschäftigung nicht möglich sein sollte, weil die Eingliederung in die von einem Arbeitgeber vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar sei, weshalb eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht komme (vgl. BSGE 115, 267 Rn. 39; BSG, WM 2014, 1883 Rn. 29). Als Reaktion hierauf sollte mit der Neuregelung der §§ 46 ff. BRAO eine statusrechtliche Anerkennung der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt in einem Unternehmen als Rechtsanwalt, allerdings mit gewissen Einschränkungen, erfolgen (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 1 f.). Insbesondere sollte - wie nach bisheriger rechtlicher Handhabung - die Möglichkeit eröffnet werden, dass Syndikusrechtsanwälte von der Rentenversicherungspflicht befreit werden und in den anwaltlichen Versorgungswerken verbleiben, um auf diese Weise auch den Gleichlauf zwischen der berufsrechtlichen Zulassungsentscheidung und der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu erreichen beziehungsweise fortzuschreiben (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 13).

29Daraus folgt jedoch nicht, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung der §§ 46 ff. BRAO eine Zulassung jeglicher sozialversicherungspflichtiger anwaltlicher Tätigkeit und damit auch derjenigen eines GmbH-Geschäftsführers ermöglichen wollte. Er hat die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt vielmehr bewusst auf Arbeitnehmer beschränkt.

30aa) Der arbeitsrechtliche Begriff des Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 611a BGB beziehungsweise der vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist mit dem für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI entscheidenden Kriterium einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt nicht deckungsgleich. Beschäftigung im letztgenannten Sinn ist nach der Legaldefinition in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV vielmehr die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

31bb) Für Geschäftsführer einer GmbH ergibt sich hieraus eine unterschiedliche Einordnung von deren Vertragsverhältnis im Bereich des Zivil- und Arbeitsrechts einerseits und im Sozialversicherungsrecht andererseits. Nach ständiger Rechtsprechung wird das Vertragsverhältnis des GmbH-Geschäftsführers - wie ausgeführt - nicht als Arbeitsverhältnis im Sinne von § 611a BGB, sondern als ein auf die Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramtes gerichtetes freies Dienstverhältnis angesehen. Dies wird bestätigt durch die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, wonach Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit berufen sind, in deren Betrieb nicht als Arbeitnehmer gelten. Bewusst in Abweichung hiervon (vgl. BSGE 125, 183 Rn. 19 mwN) werden Geschäftsführer einer GmbH, die - wie die Beigeladene - nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind (Fremdgeschäftsführer), nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ausnahmslos sowie Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Minderheitsbeteiligung grundsätzlich als nichtselbständig Beschäftigte im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV und damit als nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sozialversicherungspflichtig eingestuft (vgl. BSGE 125, 183 Rn. 18, 20 ff.; BSGE 129, 254 Rn. 12 f.).

32cc) Der Umstand, dass ein Vertragsverhältnis nach dem Sozialversicherungsrecht als rentenversicherungspflichtige Beschäftigung, nach den für §§ 46 ff. BRAO maßgeblichen arbeitsrechtlichen Kriterien dagegen als freies Dienstverhältnis zu qualifizieren ist und somit trotz sozialrechtlich bestehender Rentenversicherungspflicht eine Syndikuszulassung ausscheidet, ist indes von dem Gesetzgeber in Kauf genommen worden und kann somit nicht als Argument herangezogen werden, um den vom Gesetzgeber in §§ 46 ff. BRAO bewusst gewählten Begriff des Arbeitsverhältnisses - abweichend von dessen arbeitsrechtlichem Inhalt - zu interpretieren. Denn trotz dieser allgemein bekannten Unterschiede zwischen dem arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitsverhältnisses und dem für die Entscheidung über die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung maßgeblichen Kriterium einer abhängigen Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sowie der hieraus folgenden unterschiedlichen Bewertung des Vertragsverhältnisses eines GmbH-Geschäftsführers hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt an das arbeitsrechtliche Kriterium des Arbeitsvertrags und nicht an die sozialversicherungsrechtliche Einordnung der jeweiligen Tätigkeit als abhängige oder selbständige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV anzuknüpfen. Der Gesetzgeber hat damit in Kauf genommen, dass nicht jeder anwaltlich in einem Unternehmen Tätige, der nach den Grundsätzen des Sozialrechts versicherungspflichtig ist, Syndikusrechtsanwalt werden und hierdurch von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit werden kann.

33Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzeber mit der Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte einen Gleichlauf zwischen der berufsrechtlichen Zulassungsentscheidung und der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht erreichen beziehungsweise fortschreiben wollte (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 13). Denn dies bedeutet nicht, dass nach dem Willen des Gesetzgebers in jedem Fall einer Sozialversicherungspflicht einer in einem Unternehmen anwaltlich tätigen Person eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfolgen sollte, um eine Befreiung von der Versicherungspflicht zu erwirken. Eine derartige Abhängigkeit der Anwaltszulassung von der nach dem Sozialversicherungsrecht bestehenden Versicherungspflicht hat der Gesetzgeber bewusst nicht eingeführt. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr ausdrücklich gegen eine rein sozialrechtliche und für eine berufsrechtliche Lösung entschieden, wonach zunächst im Berufsrecht über die Zulassung befunden wird und der berufsrechtlichen Entscheidung folgend die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung zu erteilen ist (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 22). Gemeint ist mit dem Verweis des Gesetzgebers auf den Gleichlauf zwischen Syndikusrechtsanwaltszulassung und Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung somit nur, dass im Falle einer Zulassung nach den gesetzlich vorgegebenen Zulassungsvoraussetzungen zugleich eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen sollte, was der Gesetzgeber durch die Bindung der gesetzlichen Rentenversicherung an eine bestandskräftige Zulassungsentscheidung einer Rechtsanwaltskammer in § 46a Abs. 2 Satz 4 BRAO bewirkt hat (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 32 f.). Die Zulassungsentscheidung ist damit unabhängig von der sozialversicherungsrechtlichen Frage, ob das jeweilige Beschäftigungsverhältnis nach den Kriterien des Sozialversicherungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegt.

343. Der Geschäftsführervertrag der Beigeladenen kann auch nicht in analoger Anwendung des § 46 Abs. 2 BRAO als Arbeitsverhältnis angesehen werden.

35Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (st. Rspr.; siehe nur , BGHZ 236, 320 Rn. 33; vom - AnwZ (Brfg) 56/15, NJW-RR 2017, 249 Rn. 18 mwN). Die planwidrige Regelungslücke muss sich aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden - Regelungsplan ergeben und aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können (vgl. , juris Rn. 34; vom - VIII ZR 36/20, NJW 2021, 1942 Rn. 38 ff.; vom - AnwZ (Brfg) 49/17, juris Rn. 59; jeweils mwN).

36Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Weder lässt sich ein unbeabsichtigtes Abweichen des Gesetzgebers von seinem Regelungsplan positiv feststellen noch ist die Interessenlage der Beigeladenen mit derjenigen vergleichbar, für die eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach der gesetzlichen Regelung zu bejahen ist.

37a) Weder aus den Vorschriften der §§ 46 ff. BRAO noch aus den oben genannten Gesetzesmaterialien ergibt sich ein Regelungsplan des Gesetzgebers für die Zulassung von Syndikusrechtsanwälten, der auch eine Zulassung einer GmbH-Geschäftsführerin wie der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin umfasst. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung, insbesondere auch durch den im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens mit Blick auf die Haftungsabsicherung durch die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung erfolgten Verzicht auf das Erfordernis einer Berufshaftpflichtversicherung, zum Ausdruck gebracht, dass er die Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit des Syndikusrechtsanwalts unter Aufgabe einer ursprünglich erwogenen Versicherungslösung durch die arbeitsvertraglich ausgelöste Arbeitnehmerhaftung bewirken wollte (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 35; BT-Drucks. 18/6915, S. 13, 23). Nach dem Konzept des Gesetzgebers sollte deshalb nicht jedem anwaltlich tätigen Unternehmensjuristen eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ermöglicht werden, sondern nur denjenigen, deren anwaltliche Unabhängigkeit durch die Geltung der beschränkten Arbeitnehmerhaftung gesichert ist, mithin Arbeitnehmern. Die Zulassung von in einem Unternehmen anwaltlich tätigen Personen, deren Haftung diesem gegenüber nicht durch die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung beschränkt ist, wie dies etwa bei Geschäftsführern der Fall ist, war demnach gerade nicht von dem Regelungsplan des Gesetzgebers umfasst. Eine implizite Gesetzeskorrektur kommt bei dieser Sachlage nicht in Betracht.

38b) Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber die Zulassung bewusst auf Arbeitnehmer beschränkt hat, um die anwaltliche Unabhängigkeit durch die in diesem Fall geltenden Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung zu gewährleisten, die Beigeladene aber als Geschäftsführerin der Gesellschaft nach der gesetzlichen Konzeption weitergehend, nämlich nach § 43 Abs. 2 GmbHG für jede Fahrlässigkeit, haftet, besteht hier auch keine - für eine Analogie erforderliche - hinreichend vergleichbare Interessenlage mit der vom Gesetzgeber geregelten Syndikuszulassung eines Arbeitnehmers. Vielmehr liegen grundverschiedene Gestaltungen vor, für die eine Wertungsgleichheit nicht zu bejahen ist.

39Das Vorbringen von Beteiligten in Parallelverfahren, dass die einen Syndikusrechtsanwalt beschäftigende Gesellschaft weniger schützenswert sei als der Mandant eines Rechtsanwalts, ist vor diesem Hintergrund ebenso wenig erheblich wie der Umstand, dass die Gesellschaft bei einem Geschäftsführer als Syndikusrechtsanwalt im Hinblick auf dessen umfassendere Haftung bei einer anwaltlichen Fehlberatung stärker vor Schäden abgesichert sein könnte als bei einem Arbeitnehmer als Syndikusrechtsanwalt (so Grunewald, NJW 2021, 3696, 3698). Denn diese Erwägungen betreffen nur Aspekte des bei der Gesellschaft möglicherweise durch eine anwaltliche Falschberatung entstehenden Schadens. Sie betreffen demgegenüber nicht die für die Beschränkung der Zulassung auf Arbeitnehmer für den Gesetzgeber maßgebliche Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit durch die nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung beschränkte Haftung des Syndikusrechtsanwalts, durch die sich die von dem Gesetzgeber geregelte Fallgestaltung grundlegend von der hier vorliegenden Konstellation unterscheidet.

404. Es verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, dass die Beigeladene auf Grundlage der durch § 46 Abs. 2 BRAO normierten Zulassungsvoraussetzung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses nicht als Syndikusrechtsanwältin zugelassen werden kann. Zwar liegt insoweit ein Eingriff in das Grundrecht der Beigeladenen aus Art. 12 Abs. 1 GG in Form der Berufsausübungsfreiheit vor, als sie hierdurch ihre Tätigkeit bei der D.     GmbH nicht als Syndikusrechtsanwältin ausüben kann. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Denn er erfolgt - wie dies Art. 12 Abs. 1 GG erfordert (vgl. nur BVerfGE 141, 82 Rn. 47 mwN) - auf einer gesetzlichen Grundlage, nämlich § 46 Abs. 2 BRAO, und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

41Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 46 Abs. 2 BRAO, soweit sie in der hier gegebenen Konstellation zur Ablehnung der Zulassung als Syndikusrechtsanwältin führt, bestehen ebensowenig Bedenken wie gegen die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Der Gesetzgeber konnte zur Sicherung der Unabhängigkeit des Syndikusrechtsanwalts an die Arbeitnehmereigenschaft und das gesetzliche Konzept der Arbeitnehmerhaftung anknüpfen. Dies stellt mit Blick auf das übergeordnete Gemeinwohlziel einer funktionierenden Rechtspflege einen legitimen Zweck dar (vgl. Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 17/20, NJW 2021, 629 Rn. 31). Im Hinblick hierauf ist auch der mit der Ablehnung der Zulassung im Falle des Fehlens eines Arbeitsverhältnisses verbundene, die Beigeladene ohnehin nur in geringem Maße in ihrer Berufsausübung beeinträchtigende Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit verhältnismäßig.

425. Nach alledem scheidet eine Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin der D.    GmbH schon deshalb aus, weil sie nicht - wie dies § 46 Abs. 2 BRAO voraussetzt - im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für ihre Arbeitgeberin tätig ist. Es kann vor diesem Hintergrund dahingestellt bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen einer Zulassung vorliegen würden, insbesondere, ob das Vertragsverhältnis durch anwaltliche Tätigkeit für die D.    GmbH geprägt ist und ob eine Erteilung von Rechtsrat im Sinne von § 46 Abs. 2 Nr. 2 BRAO hier schon deshalb abzulehnen ist, weil die Beigeladene als Alleingeschäftsführerin der von ihr selbst vertretenen Gesellschaft einen solchen nicht erteilen kann.

II.

43Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Der Streitwert wurde nach § 194 Abs. 2 Satz 2 BRAO festgesetzt.

Limperg                         Remmert                         Liebert

                  Kau                                 Merk

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:111124UANWZ.BRFG.36.23.0

Fundstelle(n):
JAAAJ-81490