Steuerbarkeit des geldwerten Vorteils aus einer Nutzungsentgeltminderung nach Zeichnung weiterer Genossenschaftsanteile einer Bau- und Wohnungsgenossenschaft
Leitsatz
1. Ist die Minderung des Nutzungsentgelts für eine Genossenschaftswohnung durch den Erwerb zusätzlicher Genossenschaftsanteile veranlasst, führt der geldwerte Vorteil aufgrund der Nutzungsentgeltminderung zu Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes.
2. Eine verbindliche Auskunft gilt in persönlicher Hinsicht nur für den oder die Antragsteller.
Gesetze: EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3; AO § 89 Abs. 2
Instanzenzug: ,
Tatbestand
I.
1 Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Ehegatten gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Sie sind Mieter einer in Z gelegenen Wohnung, die im Eigentum der A (Genossenschaft) steht, sowie Mitglieder der Genossenschaft.
2 Im Jahr 2012 beantragte die Genossenschaft bei dem für sie zuständigen Finanzamt B die Erteilung einer verbindlichen Auskunft gemäß § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zu folgender Rechtsfrage:
„Handelt es sich bei der Vereinbarung von geminderten Netto-Soll Mieten für Mitglieder, die weitere freiwillige Genossenschaftsanteile zeichnen, welche weder an Gewinnausschüttungen teilhaben noch verzinst werden, —unter der vertraglich vereinbarten Voraussetzung, dass sich der Vorteil der Wohnkostenreduzierung und der Vorteil der Zinsersparnis betragsmäßig entsprechen— um einen Vorteilsausgleich, der weder zu steuerpflichtigen Belastungen bei der Genossenschaft noch ihrer Genossenschaftsmitglieder führt?“
3 Unter Nr. 3 der Anfrage führte die Genossenschaft unter anderem aus, mit dem „Programm“ solle die Bindung der Mitglieder an die Genossenschaft bis ins hohe Alter verbessert werden. Es sei angestrebt, die Mieter zu entlasten und die Wohnraumversorgung auch bei sinkenden Einkommen der Genossenschaftsmitglieder durch langfristige Stabilisierung der Mieten zu gewährleisten. Dies würde durch Steuerbelastungen konterkariert, wenn in der Vereinbarung kein steuerlich anzuerkennender Vorteilsausgleich gesehen würde. Die Vereinbarung würde ins Leere laufen und wäre praktisch nicht umsetzbar. Von dem Vorteilsausgleich profitierten beide Vertragsparteien. Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an das Genossenschaftsmitglied liege nicht vor, weil dem Vorteil des Mitglieds in Form der geringeren Miete ein gleich hoher Vorteil der Genossenschaft in Form der zinslosen Nutzung des erhaltenen Kapitals gegenüberstehe. Sofern etwaige Steuerbelastungen für das zeichnende Mitglied oder die Genossenschaft anfallen sollten, würde die Genossenschaft von diesem Programm Abstand nehmen.
4 Das Finanzamt B erteilte die Auskunft antragsgemäß. Dabei wies es darauf hin, dass die verbindliche Auskunft aus verfahrensrechtlichen Gründen nur für die Antragstellerin selbst, nicht aber für deren Mitglieder Bindungswirkung entfalte.
5 Die Genossenschaft änderte daraufhin ihre Satzung. § 15 Abs. 6 der Satzung wurde wie folgt gefasst: „Die Mitglieder können über die Geschäftsanteile gemäß Abs. 2, 4 und 5 hinaus zusätzliche Geschäftsanteile zum Zwecke der Verringerung der Nutzungsgebühr übernehmen, wenn die vorhergehenden Anteile bis auf den zuletzt übernommenen voll eingezahlt sind und der Vorstand die Übernahme zugelassen hat. Über die Verringerung der Nutzungsgebühr wird für jeden Einzelfall eine gesonderte Vereinbarung getroffen.“ In § 40 Abs. 2 der Satzung wurde folgender weiterer Satz eingefügt: „Auf die zusätzlichen Geschäftsanteile nach § 15 Abs. 6 erfolgt keine Gewinnausschüttung, sondern eine Verringerung des Nutzungsentgelts.“
6 Mit Vereinbarung vom erwarben der Kläger und mit Vereinbarung vom die Klägerin jeweils als Nachtrag zum Dauernutzungsvertrag über ihre Genossenschaftswohnung weitere freiwillige Genossenschaftsanteile ohne Dividendenberechtigung. Im Gegenzug wurde die zu zahlende Wohnungsmiete (Nutzungsgebühr) herabgesetzt. Die Verringerung der Wohnungsmiete erfolgte dabei in Abhängigkeit der von der Vertreterversammlung der Genossenschaft beschlossenen Dividende auf freiwillige Anteile, die an Gewinnausschüttungen teilnahmen. Die sich ergebende Mietminderung wurde von der jeweiligen monatlichen Bruttomiete abgesetzt. Etwaige Veränderungen der Dividendenhöhe der freiwilligen Anteile, die an Ausschüttungen teilnahmen, führten im Monat nach der entsprechenden Vertreterversammlung auch im Rahmen des Nachtrags zum Dauernutzungsvertrag zu einer entsprechenden Veränderung der Miete.
7 Im Rahmen einer bei der Genossenschaft erfolgten Betriebsprüfung kam das Finanzamt C zu dem Schluss, dass es sich bei den Mietminderungen aus Sicht der Genossenschaftsmitglieder um Einnahmen aus Kapitalvermögen handele. Entsprechend wurden die für die Genossenschaftsmitglieder jeweils zuständigen Finanzämter mit Kontrollmitteilungen informiert.
8 Unter Berücksichtigung dieser Kontrollmitteilungen erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt —FA—) gegenüber den Klägern am auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützte Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2013 bis 2015 (Streitjahre). Das FA berücksichtigte bei dem Kläger und bei der Klägerin folgende Beträge als —im Fall des Klägers weitere— Einnahmen aus Kapitalvermögen, wobei es beim Kläger und bei der Klägerin bei der Ermittlung der Einkünfte im Sinne des § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Streitjahre (EStG) für die Streitjahre 2014 und 2015 jeweils den Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 € abzog:
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2013 | 2014 | 2015 | |
Kläger | 2.200 € | 2.400 € | 2.100 € |
Klägerin | 1.400 € | 2.400 € | 2.100 € |
9 Die hiergegen erhobenen Einsprüche der Kläger wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, die ersparten Mietaufwendungen stellten Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Durch den Erwerb weiterer freiwilliger Genossenschaftsanteile hätten die Kläger der Genossenschaft Kapital überlassen, und zwar bewusst zur Erlangung eines Vorteils in Gestalt einer Forderung auf Minderung der Wohnungsmiete. Die Einnahme gemäß § 8 Abs. 1 EStG liege darin, dass die Kläger einen Anspruch auf teilweise unentgeltliche Nutzung ihrer Mietwohnung erlangt hätten.
10 Die hiergegen erhobene Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2022, 401 mitgeteilten Gründen keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat entschieden, die Vorteile aus der Nutzungsentgeltminderung, die die Kläger für die Zeichnung der weiteren Genossenschaftsanteile erhalten hatten, führten gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 EStG zu steuerbaren Kapitalerträgen. Auf die verbindliche Auskunft, die das Finanzamt B der Genossenschaft erteilt hatte, könnten sich die Kläger ebenso wenig berufen wie auf den Grundsatz von Treu und Glauben.
11 Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Bundesrechts.
12 Die Kläger beantragen,
das sowie die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2013, 2014 und 2015 vom und die Einspruchsentscheidung vom aufzuheben.
13 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
II.
14 1. Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend erkannt, dass die Kläger steuerbare Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 EStG erzielt haben, indem sie weitere freiwillige Genossenschaftsanteile erworben und im Gegenzug eine Minderung des Nutzungsentgelts für die von der Genossenschaft überlassene Wohnung erhalten haben (unter II.2.). Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das FG entschieden, dass die gegenüber der Genossenschaft erteilte verbindliche Auskunft des Finanzamts B der Besteuerung der Kläger nicht entgegensteht (unter II.3.) und dass das FA auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert war, die geldwerten Vorteile in Gestalt der Minderung des Nutzungsentgelts als Kapitalerträge der Besteuerung zu unterwerfen (unter II.4.).
15 2. Bei den geldwerten Vorteilen aufgrund der Minderung des Nutzungsentgelts für die von den Klägern angemietete Wohnung handelt es sich um steuerbare Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 EStG.
16 a) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen unter anderem Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie nach § 20 Abs. 3 EStG besondere Entgelte und Vorteile, die neben den in § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden. Dabei fallen unter die sonstigen —das heißt nicht als Gewinnanteil (Dividende) ausgekehrten— Bezüge im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 EStG alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert (§ 8 Abs. 1 EStG), die dem Gesellschafter beziehungsweise Genossenschaftsmitglied —entweder von der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft selbst oder von einem Dritten— aufgrund des Gesellschafts- beziehungsweise Genossenschaftsverhältnisses zufließen (, BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468, unter II.1.a). Es kommt weder auf die Bezeichnung der Erträge noch darauf an, ob sie in offener oder verschleierter Form zufließen (, BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468, unter II.1.a; , BFH/NV 2009, 574, unter 1.b aa). Auch kommt es nicht darauf an, in welche zivilrechtliche Form die Vorteilsgewährung gekleidet ist (, BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468, unter II.1.a).
17 § 20 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 EStG liegt ein weiter Einkünftebegriff und ein weiter Veranlassungszusammenhang zugrunde, nach dem zu den Einkünften aus Kapitalvermögen alle Vermögensmehrungen gehören, die bei wirtschaftlicher Betrachtung ein Entgelt für die Kapitalüberlassung sind (, BFHE 282, 428, Rz 26). Maßgeblich ist mithin allein, ob die Vorteilszuwendung nach dem Veranlassungsprinzip als dem Gesellschafts- beziehungsweise Genossenschaftsverhältnis im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zugehörig anzusehen ist (, BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468, unter II.1.b; , BFH/NV 2009, 574, unter 1.b aa [Rz 7]).
18 b) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze hat das FG zutreffend erkannt, dass die geldwerten Vorteile in Form der Minderung des Nutzungsentgelts für die von den Klägern angemietete Genossenschaftswohnung bei den Klägern zu Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 EStG geführt haben. Die Minderung des von den Klägern an die Genossenschaft zu zahlenden Nutzungsentgelts erfüllte als geldwerter Vorteil den weiten Begriff der Einnahme im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 EStG und war durch den Erwerb zusätzlicher freiwilliger Genossenschaftsanteile und damit durch das Genossenschaftsverhältnis bedingt und veranlasst.
19 aa) Nach den Feststellungen des FG haben die Kläger durch den Erwerb zusätzlicher Genossenschaftsanteile in den Streitjahren eine Minderung des Nutzungsentgelts für die von ihnen bewohnte Genossenschaftswohnung erhalten, die sich nach Maßgabe der Beschlussfassung der Vertreterversammlung im Streitjahr 2013 auf 2.200 € beim Kläger und 1.400 € bei der Klägerin, im Streitjahr 2014 auf jeweils 2.400 € beim Kläger und bei der Klägerin und im Streitjahr 2015 auf jeweils 2.100 € beim Kläger und bei der Klägerin belief.
20 bb) Der Vorteil der Nutzungsentgeltminderung war durch das Genossenschaftsverhältnis veranlasst, denn die Minderung des Nutzungsentgelts trat bei wirtschaftlicher Betrachtung an die Stelle einer Gewinnausschüttung auf die von den Klägern freiwillig erworbenen zusätzlichen Genossenschaftsanteile. Nach der Satzung der Genossenschaft war die Verringerung des Nutzungsentgelts für die von der Genossenschaft angemietete Wohnung durch den Erwerb weiterer Genossenschaftsanteile bedingt. Diese sah vor, dass zum Zwecke der Verringerung der Nutzungsgebühr zusätzliche Geschäftsanteile übernommen werden konnten. Die zusätzlichen Anteile vermittelten keinen Gewinnanspruch, sondern einen Anspruch auf Verringerung des Nutzungsentgelts. Ohne den Erwerb zusätzlicher freiwilliger Anteile hätten die Kläger die Minderung des Nutzungsentgelts nicht erreichen können.
21 cc) Die Veranlassung der Nutzungsentgeltminderung durch das Genossenschaftsverhältnis zeigt sich ferner darin, dass sich der Umfang der Minderung nach der Höhe der von der Vertreterversammlung beschlossenen Dividende auf dividendenberechtigte freiwillige Genossenschaftsanteile richtete. Auch spätere Korrekturen der Dividendenhöhe freiwilliger Anteile, die an Ausschüttungen teilnahmen, führten nach den Feststellungen des FG im Monat nach der entsprechenden Vertreterversammlung im Rahmen eines Nachtrags zum Dauernutzungsvertrag zu einer entsprechenden Veränderung des von den Klägern zu entrichtenden Nutzungsentgelts.
22 c) Mit ihrem Vorbringen, es hätte keine vGA vorgelegen, da sich ihr Vorteil und der Gegenvorteil der zinslosen Kapitalnutzung auf Seiten der Genossenschaft gegenseitig ausgeglichen hätten und dass auch nicht über den „Umweg“ des § 20 Abs. 3 EStG das Vorliegen von Kapitaleinkünften begründet werden könne, dringen die Kläger nicht durch. Es steht der Annahme eines steuerbaren Kapitalertrags nicht entgegen, dass sich der Vorteil der Kläger (Nutzungsentgeltminderung) und der Ausgleich auf Ebene der Genossenschaft (keine Gewinnausschüttung auf die freiwilligen Anteile der Kläger) wertmäßig möglicherweise ausgeglichen gegenüberstanden. Die bei der Anwendung von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG anzustellenden Erwägungen zur Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis sind von der im Rahmen der vGA nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu klärenden Frage, ob dem Gesellschafter ein „Vorteil“ gewährt worden ist oder ob er den Vorteil durch entsprechende Gegenleistung ausgeglichen hat, zu unterscheiden. Eine Veranlassung durch das Genossenschaftsverhältnis ist wie dargelegt zu bejahen, denn die Minderung des Nutzungsentgelts für die Genossenschaftswohnung der Kläger war nur durch den Erwerb weiterer freiwilliger Genossenschaftsanteile zu erlangen. Auf einen Vorteilsausgleich kommt es bei § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG nicht an.
23 d) Unerheblich ist, wie der Vorgang auf Ebene der Genossenschaft steuerlich behandelt worden ist. Selbst wenn bei der Genossenschaft eine vGA nach Maßgabe der verbindlichen Auskunft nicht angesetzt worden sein sollte, ergibt sich daraus nicht, dass der geldwerte Vorteil in Form der Nutzungsentgeltminderung auch auf Ebene des Genossenschaftsmitglieds nicht steuerbar sein muss. Die materiell-rechtliche Behandlung einer (potentiellen) vGA auf Ebene der Gesellschaft beziehungsweise Genossenschaft entfaltet für die materiell-rechtliche Beurteilung desselben Vorgangs auf Ebene des Gesellschafters beziehungsweise Genossenschaftsmitglieds keine Bindungswirkung (vgl. , BFH/NV 2018, 1141, Rz 14; zur verdeckten Einlage auch , BFH/NV 2018, 838, Rz 23).
24 3. Das FG hat ferner zutreffend entschieden, dass sich die Kläger nicht mit Erfolg auf die gegenüber der Genossenschaft erteilte verbindliche Auskunft berufen können.
25 a) Gemäß § 89 Abs. 2 AO kann das Finanzamt auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde. Eine verbindliche Auskunft gilt in persönlicher Hinsicht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 der Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) nur für den oder die Antragsteller.
26 b) Im Streitfall hat ausschließlich die Genossenschaft den Antrag auf Erteilung der verbindlichen Auskunft gestellt. Das Finanzamt B hat in seiner verbindlichen Auskunft auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Auskunft nur Bindungswirkung für die Genossenschaft als Antragstellerin und nicht für deren Mitglieder entfalte. Es liegt auch kein Fall des § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 StAuskV vor. Danach besteht bei einem Sachverhalt, der mehreren Personen steuerlich zuzurechnen ist (§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO), nur eine gemeinschaftliche Antragsbefugnis und sodann eine einheitliche Bindungswirkung. Diese Voraussetzungen sind im Verhältnis zwischen der Genossenschaft und ihren Genossenschaftsmitgliedern nicht erfüllt. Zudem fehlt es im Streitfall an einer gemeinsamen Antragstellung der Kläger und der Genossenschaft.
27 4. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass das FA nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert war, die Nutzungsentgeltminderung als Kapitalertrag der Besteuerung zu unterwerfen.
28 a) Ein Finanzamt kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert sein, einen nach dem Gesetz entstandenen Steueranspruch geltend zu machen, wenn dem Steuerpflichtigen eine bestimmte steuerrechtliche Behandlung zugesagt worden ist oder wenn die Finanzbehörde durch ihr früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (, BFHE 233, 18, BStBl II 2011, 613, Rz 30, m.w.N.; vom - VIII R 75/05, BFHE 221, 136, BStBl II 2008, 817, unter II.3.e).
29 b) Im Streitfall fehlt es nach den Feststellungen des FG an einer Zusage des FA gegenüber den Klägern. Aufgrund des ausdrücklichen Hinweises des Finanzamts B in der verbindlichen Auskunft, dass diese keine Bindungswirkung für die Mitglieder der Genossenschaft entfalte, konnte bei den Klägern auch kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen, dass das für sie zuständige FA die Nutzungsentgeltminderung nicht als Kapitalerträge besteuern werde.
30 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2024:U.221024.VIIIR23.21.0
Fundstelle(n):
BB 2024 S. 2965 Nr. 51
DStR 2024 S. 2809 Nr. 50
WAAAJ-81383