Instanzenzug: LG Marburg Az: 1 KLs - 2 Js 8670/21
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 191.000 Euro angeordnet. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Schuldspruchänderung; im Übrigen ist es unbegründet.
I.
2Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen handelte der Angeklagte unter Verwendung eines Anom-Krypto-Mobiltelefons im Zeitraum vom bis zum in acht Fällen mit Marihuana sowie mit Haschisch im Kilobereich (3 kg, 6 kg, 5 kg, 4 kg, 5 kg, 2 kg, 2 kg, 5kg). Dabei erzielte er Verkaufserlöse von mindestens 191.000 Euro. Das Landgericht hat dafür Einzelstrafen zwischen einem und zwei Jahren verhängt und daraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten gebildet.
II.
31. Die erhobenen Formalrügen bleiben aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
42. Die auf die Sachrüge gebotene Nachprüfung des Urteils führt zu der durch das Inkrafttreten des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl. I 2024 Nr. 109) erforderlich gewordenen Neufassung des Schuldspruchs.
5a) Sämtliche abgeurteilten Tathandlungen des Angeklagten bezogen sich auf den Umgang mit Marihuana und Haschisch. Mit dem am in Kraft getretenen Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG) fällt der Umgang mit Cannabis nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz, sondern allein unter das Konsumcannabisgesetz. Bei Marihuana und Haschisch handelt es sich um Produkte der Cannabispflanzen, die nach den Begriffsbestimmungen des Konsumcannabisgesetzes als „Cannabis“ erfasst werden (§ 1 Nr. 4 und 5 KCanG).
6b) Der Handel mit Cannabis ist nunmehr gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbar. Anders als der Verbrechenstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, der für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge einen Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe eröffnet, sieht der als nicht in die Urteilsformel aufzunehmendes Regelbeispiel ausgestattete Vergehenstatbestand des § 34 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 4 KCanG für den Handel mit Cannabis in nicht geringer Menge lediglich noch einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor (zum Grenzwert zur nicht geringen Menge von 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol, der auch nach neuem Recht gilt, vgl. , Rn. 27 ff. mwN). Gemäß § 2 Abs. 3 StGB ist das Konsumcannabisgesetz als das im konkreten Fall mildere Recht – die Strafkammer hat die Strafen aus dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zugemessen (vgl. Rn. 5) – zu Grunde zu legen.
7c) Der Senat passt den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 i.V.m. § 354a StPO an die am in Kraft getretenen rechtlichen Bestimmungen an. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
83. Die gesetzliche Neuregelung führt hier nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Generalbundesanwalt hat dazu ausgeführt:
„Anstatt des Strafrahmens in § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG von Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr kommt zwar nunmehr grundsätzlich der Strafrahmen in § 34 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 KCanG von Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zur Anwendung. Die Strafkammer hat jedoch nicht nur mildernd gewertet, dass es sich bei Cannabis um eine „weiche Droge“ handelt, sondern auch, dass auf Grund der bereits abzusehenden Rechtsänderung mit einer Herabsetzung des Strafrahmens zu rechnen war (UA S. 43). In Folge dessen hat sie äußerst niedrige Strafen, in drei Fällen sogar – ohne dass es dafür eine tragfähige Begründung gäbe (vgl. , Rn. 6 m.w.N.) – die Mindeststrafe von einem Jahr verhängt. Der Senat wird daher ausschließen können, dass die Strafkammer bei Anwendung des neuen Rechts geringere Strafen ausgeurteilt hätte.“
9Dem schließt sich der Senat an.
104. Die auch im Übrigen nicht zu beanstandende Einziehungsentscheidung bleibt von der Schuldspruchänderung unberührt.
115. Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Menges Appl Meyberg
Grube Lutz
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:240924B2STR285.24.0
Fundstelle(n):
LAAAJ-80905