Anspruch eines Betroffenen auf Auskunft über gespeicherte personenbezogene Daten gegenüber dem Bundesnachrichtendienst
Leitsatz
1. Eine Ersatzzustellung, die durch das Einlegen in den Briefkasten des Adressaten bewirkt werden soll, ist unwirksam, wenn der Zusteller entgegen § 180 Satz 3 ZPO auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung nicht vermerkt hat (wie - BFHE 274, 400 Rn. 16 und AnwZ (Brfg) 28/20 - NJW 2022, 3081 Rn. 19).
2. Der Anspruch eines Betroffenen auf Auskunft über gespeicherte personenbezogene Daten gegenüber dem Bundesnachrichtendienst ist erfüllt, wenn der Betroffene anhand der erteilten Auskunft erkennen kann, was der Bundesnachrichtendienst über ihn weiß, und in die Lage versetzt wird, gegen eine nach seiner Einschätzung rechtswidrige Datenverarbeitung gegebenenfalls gerichtlichen Rechtsschutz suchen zu können (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).
3. Auf gegen den Bundesnachrichtendienst gerichtete Auskunftsbegehren findet die Datenschutz-Grundverordnung gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und dem Erwägungsgrund 16 i. V. m. Art. 4 Abs. 2 Satz 3 EUV keine Anwendung.
Gesetze: Art 1 Abs 1 GG 2024, Art 2 Abs 1 GG 2024, Art 5 Abs 1 GG 2024, § 9 BNDG 2024, § 3 Abs 2 VwZG 2024, § 8 VwZG 2024, § 180 S 3 ZPO 2024, Art 10 MRK 2024
Tatbestand
1Der Kläger ist IT-Sicherheitsexperte und freier Journalist. Er begehrt von der Beklagten Auskunft über die bei dem Bundesnachrichtendienst (BND) zu seiner Person gespeicherten Daten.
2Mit an den BND gerichtetem anwaltlichem Schriftsatz vom beantragte der Kläger unter Berufung auf § 22 BNDG a. F. i. V. m. § 15 BVerfSchG, Art. 14 der Richtlinie (EU) 2016/680 sowie das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG Auskunft über alle zu ihm gespeicherten Daten und deren Herkunft. Außerdem formulierte er weitere, an den Vorgaben des Art. 14 der genannten Richtlinie ausgerichtete Anträge. Soweit personenbezogene Daten in Akten gespeichert seien, werde Akteneinsicht beantragt. Der Kläger verwies auf seine berufliche Tätigkeit und hob hervor, er habe im Jahr 2013 zusammen mit anderen Journalisten für die Zeitschrift "Der Spiegel" aufgedeckt, dass der Nachrichtendienst NSA der Vereinigten Staaten von Amerika wahrscheinlich das Mobiltelefon der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel überwacht habe.
3Der BND beschied den Kläger unter dem dahingehend, das Auskunftsbegehren werde als Antrag nach § 9 BNDG - der inhaltsgleichen Nachfolgevorschrift von § 22 BNDG a. F. - i. V. m. § 15 BVerfSchG sowie nach Art. 15 DSGVO - anstelle von Art. 14 der Richtlinie (EU) 2016/680 - ausgelegt. Er teilte mit, dass zum Zweck der Beantwortung des Auskunftsantrags des Klägers diejenigen Daten zu dessen Person verarbeitet worden seien, die der BND von dem Kläger im Zusammenhang mit der Antragstellung erhalten habe. Darüber hinaus seien Veröffentlichungen gespeichert, in denen der Kläger als Autor genannt werde oder in deren Fußnoten der Name des Klägers erscheine. Die Veröffentlichungen seien im Rahmen einer sog. Open Source Intelligence (OSINT)-Recherche in öffentlich zugänglichen Informationskanälen erfasst worden. Die Dokumente seien das Ergebnis von Recherchen zu bestimmten Themen, die für die Arbeit des BND relevant seien und über die in den öffentlich zugänglichen Dokumenten berichtet werde. Eine zielgerichtete Recherche zur Person des Klägers habe nicht stattgefunden. Der Vorname und der Nachname des Klägers - soweit in den bezeichneten Dokumenten enthalten - seien darüber hinaus im BND nicht verarbeitet worden. Zur Person des Klägers seien weder Erkenntnisse erhoben noch eine zielgerichtete Sammlung von Informationen erstellt worden. Der BND habe kein nachrichtendienstliches Interesse an dem Kläger. In der Personenzentraldatei des BND seien keine Daten über den Kläger gespeichert. Abschließend erteilte der BND "Hinweise zu Ihrem Antrag gemäß Artikel 15 DSGVO".
4Mit seinem gegen den Bescheid erhobenen Widerspruch rügte der Kläger die Unvollständigkeit der erteilten Auskunft. Er bitte um Mitteilung, welche Veröffentlichungen mit seinem Namen beim BND gespeichert seien. Zudem fehle eine Auskunft über den genauen Zweck der Speicherung. Es sei nicht klar, ob der BND in allen Dateien und Akten gesucht habe. Auch sei mitzuteilen, ob es einen Kontakt des BND mit ausländischen Sicherheitsbehörden mit Bezug auf den Kläger gegeben habe. Ferner begründete der Kläger seinen Antrag mit Blick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG ergänzend. Konkrete Sachverhalte im Sinne der Norm ergäben sich vor dem Hintergrund des öffentlich bekannten Engagements des Klägers für die IT-Sicherheit und die Pressefreiheit aus zwei beigefügten Wikipedia-Artikeln. Auch wenn der BND kein nachrichtendienstliches Interesse an dem Kläger habe, könne es zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten des Klägers als eines Drittbetroffenen oder durch einen Austausch mit ausländischen Nachrichtendiensten oder sonstigen Sicherheitsbehörden gekommen sein. Das erforderliche besondere Interesse des Klägers an der begehrten Auskunft ergebe sich unter anderem aus seiner journalistischen Tätigkeit und dem hierfür erforderlichen Schutz der Vertraulichkeit von Informationen. Über personenbezogene Daten, hinsichtlich derer die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs aus § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG nicht erfüllt seien, müsse der BND jedenfalls nach pflichtgemäßem Ermessen Auskunft erteilen.
5Mit Widerspruchsbescheid vom wies der BND den Widerspruch zurück. Nach Art. 15 DSGVO könne, da Tätigkeiten, die die nationale Sicherheit beträfen, vom Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung ausgenommen seien, Auskunft nur über personenbezogene Daten verlangt werden, die der BND im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit als Bundesbehörde verarbeite. Derartige Daten gebe es in Bezug auf den Kläger lediglich in Gestalt der Angaben, die er im Zusammenhang mit seinem Auskunftsantrag gemacht habe. Die Auskunft über diese Daten und die nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erforderlichen weiteren Informationen habe der Kläger mit dem Bescheid vom erhalten. Ein Auskunftsanspruch nach § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG bestehe nicht. Der Kläger habe weder auf einen konkreten Sachverhalt im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG hingewiesen noch ein von der Vorschrift gefordertes besonderes Interesse an der Auskunft dargelegt. Der subsidiär in Betracht kommende Anspruch des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Auskunftsbegehren sei durch die in dem Bescheid vom enthaltenen Mitteilungen erfüllt worden. Auskunft darüber, welche konkreten Veröffentlichungen gespeichert seien, könne der Kläger nicht verlangen. Ferner schieden nach der in § 15 Abs. 3 BVerfSchG zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers auch im Rahmen der Auskunftserteilung nach Ermessen Angaben zu der Herkunft der Daten und zu den Empfängern von Übermittlungen regelmäßig aus. Der Kläger habe keine gewichtigen persönlichen Nachteile geltend gemacht, die in seinem Fall einer entsprechenden Entscheidung entgegenstünden. Gleichwohl sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass die Daten aus öffentlich zugänglichen Dokumenten stammten. Auch sei der Kläger darüber informiert worden, dass die Daten zum Zweck der Gewinnung von Erkenntnissen zu bestimmtem Themen gespeichert worden seien und darüber hinaus keine Verarbeitung und damit auch kein Austausch mit ausländischen Stellen stattgefunden habe. Eine Grundlage für einen Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht gebe es nicht.
6Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am vorab per Telefax übersandt. Die Zustellung erfolgte nach Angabe der in dem beigezogenen Verwaltungsvorgang enthaltenen Zustellungsurkunde am Samstag, den , um 10.30 Uhr durch Einlegung in den zum Geschäftsraum des Prozessbevollmächtigten des Klägers gehörenden Briefkasten. Der Tag der Zustellung sei auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks vermerkt worden.
7Der Kläger hat mit einem bei Gericht am eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz vom gleichen Tag Verpflichtungsklage erhoben, mit der er sein Auskunftsbegehren weiterverfolgt. Die als Anlage zur Klageschrift eingereichte Kopie des Widerspruchsbescheids trägt einen Eingangsstempel der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers, der als Eingangsdatum Montag, den , ausweist. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat anwaltlich versichert, der Widerspruchsbescheid sei erst an diesem Tag von einer Kanzleiangestellten dem Kanzleibriefkasten entnommen worden. Auf dem von ihm vorgelegten Umschlag, in dem sich der zugestellte Widerspruchsbescheid nach seinem Vortrag befunden hat, sind weder der Absender noch das Aktenzeichen des zuzustellenden Schriftstücks oder das Zustellungsdatum vermerkt.
8Der Kläger macht geltend, ihm stehe ein Anspruch aus § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG zu. Er habe im Verwaltungsverfahren im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG auf konkrete Sachverhalte hingewiesen und ein besonderes Interesse an einer Auskunft dargelegt. Der Anspruch sei nicht erfüllt worden. Der BND habe nicht mitgeteilt, welche Veröffentlichungen mit Namensnennung des Klägers er gespeichert habe. Außerdem sei davon auszugehen, dass der BND weitere personenbezogene Daten des Klägers erhoben habe. Der Kläger sei jahrelang eine der zentralen Figuren von Wikileaks gewesen. Es sei davon auszugehen, dass der BND in diesem Zusammenhang Daten des Klägers - gegebenenfalls als eines Drittbetroffenen - erhoben habe. Eine Speicherung könne auch im Zusammenhang mit einem Austausch von Daten mit ausländischen Nachrichtendiensten stattgefunden haben. Insbesondere die Nachrichtendienste der Vereinigten Staaten von Amerika hätten ein hohes Interesse an der Person des Klägers. Für den Kläger sei nicht ersichtlich, ob die von dem BND durchgeführte Suche zur Auffindung aller relevanten Daten geeignet gewesen sei. Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine Auskunft in dem begehrten Umfang aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.
9Nachdem die Beklagte mit ihrer Klageerwiderung im Sinne einer gütlichen Einigung und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine 106 Ziffern umfassende Liste von beim BND gespeicherten Veröffentlichungen, in denen der Kläger genannt werde, vorgelegt hat, hat der Kläger in Bezug auf die Mitteilung dieser Veröffentlichungen den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich dieser Teilerledigungserklärung angeschlossen. In Aktualisierung der übersandten Liste hat die Beklagte mit Behördenerklärung vom mitgeteilt, sie habe nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens zwei weitere bei dem BND gespeicherte Dokumente identifiziert, in denen auf die offen recherchierbare Doktorarbeit des Klägers bzw. mittels eines Links auf einen als solchen nicht gespeicherten Beitrag des Klägers verwiesen werde.
10Der Kläger meint, bei den Dokumenten nach den Ziffern 2 und 4 der von der Beklagten vorgelegten Liste sowie bei den beiden von der Beklagten zuletzt benannten Dokumenten handele es sich nicht um bloße Veröffentlichungen mit dem Namen des Klägers, sondern um Auswertungen, die von dem BND bzw. von ausländischen Stellen vorgenommen worden seien. Dies rechtfertige seine Forderung auf Erteilung einer Auskunft über die Herkunft, die Empfänger von Übermittlungen und die Verarbeitungszwecke im Hinblick auf alle in Rede stehenden Veröffentlichungen. Auch erscheine es in Anbetracht der genannten Auswertungen nicht plausibel, dass die von der Beklagten erteilte Auskunft vollständig sei. Ferner könne er nach § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG sowie im Rahmen seines aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abzuleitenden Anspruchs auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Auskunftsbegehren Zugang zu den Dokumenten mit Auswertungscharakter verlangen. Dieses Verlangen fände eine Grundlage auch in dem verfassungsunmittelbaren Anspruch der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und einem Informationszugangsanspruch aus Art. 10 EMRK. Der Kläger hat das auf die beiden letztgenannten Anspruchsgrundlagen gestützte Begehren auf Zugang zu den Dokumenten nach den Ziffern 2 und 4 der von der Beklagten vorgelegten Liste außerprozessual mit Schriftsatz vom gegenüber dem BND geltend gemacht. Der BND hat den Antrag mit Schreiben vom abgelehnt.
11Der Kläger beantragt zuletzt,
1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des BND vom in Gestalt des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom zu verpflichten, dem Kläger Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen, insbesondere Zugang zu
a. dem Dokument "Auftragsrecherche: hier Personenrecherche in Open Sources" vom (Ziffer 2 der von der Beklagten vorgelegten Liste),
b. dem Dokument "National Security Secretariat Watchkeepers Morning SITREP - Julian Assange Update Reporting Period: 0600 23 January 2019 - 0600 24 January 2019" vom (Ziffer 4 der von der Beklagten vorgelegten Liste) und
c. den in der Behördenerklärung vom genannten Dokumenten
zu gewähren sowie
d. Auskunft über die Herkunft, etwaige(r) Empfänger und die Zwecke der Verarbeitungen zu erteilen,
2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
12Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte meint, sie habe den Auskunftsanspruch des Klägers sowohl aus § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG als auch aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG im Sinne einer ermessensfehlerfreien Entscheidung über das Auskunftsbegehren umfassend erfüllt. Neben den Namensnennungen, die in dem Bescheid vom umschrieben sowie in den von der Beklagten benannten, nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens hinzugekommenen zwei Dokumenten enthalten seien, seien bei dem BND keine personenbezogenen Daten des Klägers gespeichert. Die Beklagte verweist - gestützt auf eine in der Behördenerklärung vom enthaltene dienstliche Erklärung des bereichsverantwortlichen Amtsträgers des BND - darauf, dass ein von dem BND zur dienstweiten Recherche personenbezogener Daten etabliertes umfassendes Routineverfahren angewandt worden sei, das alle relevanten Bereiche des BND einbeziehe und von einer dafür zuständigen Organisationseinheit federführend koordiniert werde. Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und ein Informationszugangsanspruch aus Art. 10 EMRK, auf die sich der Kläger im Verlauf des Gerichtsverfahrens für sein Begehren auf Gewährung von Zugang zu einzelnen Dokumenten zusätzlich berufen habe, seien von dem Auskunftsantrag des Klägers vom nicht umfasst gewesen. In der Sache könne dem Kläger auf Grund keiner der in Rede stehenden Anspruchsgrundlagen Akteneinsicht gewährt werden.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Gründe
15Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
16Im Übrigen ist die Klage zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
171. Die vor dem gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO im ersten und letzten Rechtszug zuständigen Bundesverwaltungsgericht erhobene Verpflichtungsklage ist nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft (a.), wahrt die einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO (b.) und knüpft insgesamt an eine nach dem in § 68 Abs. 2 und § 75 Satz 1 VwGO angelegten Rechtsgedanken grundsätzlich erforderliche behördliche Vorbefassung an (c.).
18a. Der Kläger hat sich gegenüber dem BND als Betroffener auf den Auskunftsanspruch aus § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG sowie auf den aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG herzuleitenden subsidiären Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Auskunftsantrag berufen. Über ein solches Auskunftsbegehren wird einheitlich durch Verwaltungsakt entschieden, so dass es im Verwaltungsprozess mit der Verpflichtungsklage geltend zu machen ist (stRspr, vgl. 6 A 2.09 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 2 Rn. 25, 45, vom - 6 A 7.14 - NVwZ 2016, 1487 Rn. 13, vom - 6 A 8.16 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 7 Rn. 13, 21 und vom - 6 A 4.20 - NVwZ-RR 2021, 665 Rn. 9 ff.). Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und ein auf Art. 10 EMRK gestützter Informationszugangsanspruch, auf die sich der Kläger im gerichtlichen Verfahren zusätzlich bezogen hat, stehen hierzu im Verhältnis der Anspruchsnormenkonkurrenz. Insgesamt liegt ein einheitlicher Streitgegenstand vor (vgl. zu dieser Struktur: 6 A 8.16 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 7 Rn. 14).
19b. Die Klage ist am fristgerecht einen Monat nach der Zustellung des Widerspruchsbescheids, als deren Datum der anzunehmen ist, erhoben worden.
20Der Umstand, dass der Widerspruchsbescheid dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am Tag seines Erlasses, dem , vorab per Telefax übersandt und damit bekanntgegeben wurde, ist für den Beginn der Klagefrist unerheblich. Entscheidend ist nach der Regel des § 74 Abs. 1 und 2 VwGO die durch § 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO für die Bekanntgabe eines Widerspruchsbescheids vorgeschriebene Zustellung. Schlägt diese Zustellung fehl, wie es hier ausweislich der folgenden Darlegungen der Fall war, kann sie nach § 8 VwZG nur durch eine nach der fehlgeschlagenen Zustellung vorgenommene, nicht aber durch eine dieser vorangehende schlichte Bekanntgabe geheilt werden.
21Der Widerspruchsbescheid ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht, wie in der in dem Verwaltungsvorgang befindlichen Zustellungsurkunde ausgewiesen, am im Wege der Ersatzzustellung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i. V. m. § 180 ZPO durch Einlegung in den zum Geschäftsraum bzw. der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten gehörenden Briefkasten zugestellt worden. Diese Zustellung war unwirksam, weil entgegen der zwingenden Zustellungsvorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i. V. m. § 180 Satz 3 ZPO (vgl. dazu: - BFHE 274, 400 Rn. 16; AnwZ (Brfg) 28/20 - NJW 2022, 3081 Rn. 19) das Datum der Zustellung auf dem Umschlag der Sendung, in dem sich der Widerspruchsbescheid befand, nicht vermerkt war.
22Zwar enthält die Zustellungsurkunde die nach § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i. V. m. § 182 Abs. 2 Nr. 6 ZPO erforderliche Bemerkung des Zustellers, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks vermerkt worden sei. Diese Bemerkung nimmt auch an der der Zustellungsurkunde zukommenden Beweiskraft nach § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i. V. m. § 182 Abs. 1 Satz 2 und § 418 Abs. 1 ZPO teil. Jedoch hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i. V. m. § 182 Abs. 1 Satz 2 und § 418 Abs. 2 ZPO den Gegenbeweis der Unrichtigkeit dieser Bemerkung durch Vorlage des Umschlags des zuzustellenden Widerspruchsbescheids erbracht. Dieser weist - entgegen der Angabe auf der Zustellungsurkunde - keinen Vermerk über das Datum der Zustellung des Widerspruchsbescheids auf. Der Senat ist von der Originalität des Umschlags überzeugt. Auf ihm befindet sich als individualisierendes Merkmal die Vorgabe, dass eine Weitersendung im Inland statthaft und eine Zustellung mit Angabe der Uhrzeit vorzunehmen sei. Eben diese Vorgabe enthält auch die Zustellungsurkunde. Ein weiterer Beleg für die Originalität des Umschlags hätte die auf ihm angebrachte Angabe des Aktenzeichens des Widerspruchsbescheids und des BND als Absender sein können. Dass der BND auf diese Angabe verzichtet hat, darf nicht zu Lasten des sich insoweit in einer Beweisnot befindlichen Klägers gehen.
23Die infolge des Zustellungsmangels eines fehlenden Vermerks nach § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i. V. m. § 180 Satz 3 ZPO unwirksame Zustellung ist gemäß § 8 VwZG durch den tatsächlichen Zugang des Widerspruchsbescheids bei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am Montag, dem , geheilt worden. An diesem Tag hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach seinem Vortrag, den der Senat in Anbetracht des Eingangsstempels seiner Kanzlei auf dem bereits mit der Klageschrift in Kopie eingereichten Widerspruchsbescheid nicht in Zweifel zieht, den zuzustellenden Widerspruchsbescheid "in die Hand bekommen" (vgl. zu dieser Umschreibung des tatsächlichen Zugangs: - BFHE 274, 400 Rn. 16; AnwZ (Brfg) 28/20 - NJW 2022, 3081 Rn. 28 f.).
24c. Das Erfordernis der behördlichen Vorbefassung als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Verpflichtungsklage (dazu aus der Rechtsprechung des Senats zuletzt: 6 C 9.22 - NVwZ 2024, 1585 Rn. 42 m. w. N.) ist erfüllt. Der Kläger hat den BND mit seinem Anliegen vorprozessual befasst. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine Differenzierung nach den von dem Kläger bereits im Verwaltungsverfahren und den erst im gerichtlichen Verfahren aufgerufenen Anspruchsgrundlagen schon deshalb nicht angängig, weil insoweit, wie bereits erwähnt, eine bloße Anspruchsnormenkonkurrenz besteht.
252. In der Sache bleibt die Klage - soweit nicht erledigt - erfolglos. Der Kläger kann die Erteilung der noch begehrten Auskünfte sowie die Gewährung von Zugang zu den von ihm bezeichneten Dokumenten aus der von der Beklagten vorgelegten und aktualisierten Liste weder auf Grund des Auskunftsanspruchs des Betroffenen aus § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG (a.) noch im Rahmen des aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG herzuleitenden subsidiären Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Auskunftsbegehren (b.) verlangen. Nichts Anderes ergibt sich unter Berücksichtigung des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und eines auf Art. 10 EMRK gestützten Informationszugangsanspruchs (c.). Die Datenschutz-Grundverordnung - und damit insbesondere deren Artikel 15 - ist in Bezug auf gegen den BND gerichtete Auskunftsansprüche nicht anwendbar (d.).
26a. Nach den für den Inhalt des Anspruchs aus § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG geltenden Maßgaben (aa.) sind dessen Tatbestandsvoraussetzungen gegeben (bb.). Die Beklagte hat den Anspruch allerdings bereits durch die in dem Bescheid des BND vom enthaltene, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nach wie vor aktuelle Auskunft erfüllt. Der von ihr im gerichtlichen Verfahren vorgelegten und aktualisierten Liste von bei dem BND gespeicherten Veröffentlichungen bzw. Dokumenten, in denen der Name des Klägers genannt werde, bedurfte es dafür nicht (cc.). Die begehrte Auskunft über die Herkunft und die etwaigen Empfänger von seitens des BND verarbeiteten personenbezogenen Daten und die Zwecke der Verarbeitungen kann der Kläger nicht verlangen. Abgesehen hiervon hat die Beklagte auch diese Fragen mit der dem Kläger erteilten Auskunft der Sache nach beantwortet (dd.). Es besteht kein Anlass zu bezweifeln, dass die Beklagte die von ihr nach § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG geschuldeten Auskünfte vollständig erteilt hat (ee.). Einen Anspruch auf Gewährung von Zugang zu einzelnen von dem BND gespeicherten Dokumenten kann der Kläger auf diese Vorschrift nicht stützen (ff.).
27aa. Gemäß § 9 BNDG i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG erteilt der BND dem Betroffenen auf Antrag unentgeltlich Auskunft über die zu seiner Person nach § 6 BNDG gespeicherten Daten, soweit der Betroffene hierzu auf einen konkreten Sachverhalt hinweist und ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt, es sei denn, der Auskunftserteilung stehen die in § 9 BNDG i. V. m. § 15 Abs. 2 BVerfSchG enthaltenen Verweigerungsgründe entgegen. Nach § 9 BNDG i. V. m. § 15 Abs. 3 BVerfSchG erstreckt sich die Auskunftspflicht des BND nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen. Diese Ausschlussregelung auf der Rechtsfolgenseite der Norm erfasst unabhängig von den Umständen des Einzelfalls sämtliche Angaben darüber, auf welche Weise der BND Daten erlangt und ob bzw. an wen er sie weitergegeben hat. Sie dient dem Schutz der Arbeitsweise des BND und des öffentlichen Interesses, die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben und damit die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Innerhalb des dergestalt definierten gesetzlichen Rahmens hat der Betroffene einen gebundenen Anspruch auf vollständige und richtige Auskunft. Dies bedeutet, dass der Inhalt der Auskunft mit dem Inhalt der beim BND gespeicherten Daten übereinstimmen muss. Der Auskunftsanspruch ist weder auf eine Überprüfung der Richtigkeit der gespeicherten Daten als solche gerichtet noch kann der Betroffene auf diesem Wege deren Berichtigung oder gar Löschung verlangen. Der Auskunftsanspruch ist erfüllt, wenn der Betroffene erkennen kann, was der BND über ihn weiß. Er muss durch die Auskunft in die Lage versetzt werden, gegebenenfalls gerichtlichen Rechtsschutz gegen einen unrechtmäßigen Umgang mit seinen Daten in Anspruch nehmen zu können. Hierfür ist es insbesondere bei umfangreichen Datenbeständen grundsätzlich ausreichend, dass der BND den Inhalt der gespeicherten Daten zusammenfasst und mit eigenen Worten wiedergibt. Eine wörtliche Wiedergabe des Inhalts der gespeicherten Daten kann nur im Ausnahmefall geboten sein, wenn nur auf diese Weise dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs Rechnung getragen werden kann (stRspr, vgl. etwa 6 A 7.14 - NVwZ 2016, 1487 Rn. 15 ff., vom - 6 A 8.16 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 7 Rn. 16 ff. und vom - 6 A 4.20 - NVwZ-RR 2021, 665 Rn. 10 f.). Der Betroffenenanspruch aus § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG gewährt allein ein Recht auf Auskunft über die durch den BND verarbeiteten personenbezogenen Daten, nicht aber ein solches auf Einsicht in die Dateien oder Akten, in denen solche Daten enthalten sind ( 2 A 4.06 - NJW 2008, 1398 <1399>, vom - 6 A 8.16 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 7 Rn. 20 und vom - 6 A 4.20 - NVwZ-RR 2021, 665 Rn. 11).
28bb. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs aus § 9 BNDG i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG in Gestalt des Hinweises auf einen konkreten Lebenssachverhalt und der Darlegung eines besonderen Auskunftsinteresses sind vor dem Hintergrund des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG tendenziell weit zu verstehen und dienen vor allem der Abwehr unspezifischer Ausforschungsanträge ( 6 A 2.07 - BVerwGE 130, 29 Rn. 24 ff., 32 und vom - 6 A 7.14 - NVwZ 2016, 1487 Rn. 18 unter Verweis auf u. a. - NVwZ 2001, 185 <186>). Sie sind entgegen der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren vertretenen Ansicht im Fall des Klägers erfüllt.
29Der Kläger hat mit seinen Darlegungen betreffend seine Mitwirkung als IT-Sicherheitsexperte und Journalist an der medialen Berichterstattung über nachrichtendienstliche Aktivitäten sowie seine daran geknüpfte Vermutung, der BND könne seine Person betreffende Daten gespeichert haben, einen konkreten Lebenssachverhalt im Sinne der Anspruchsnorm benannt. Aus diesen Darlegungen ergibt sich, wie in der Rechtsprechung des Senats für in vergleichbarer Weise tätige Journalisten anerkannt ist ( 6 A 2.07 - BVerwGE 130, 29 Rn. 32 und vom - 6 A 8.16 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 7 Rn. 17), zugleich ein besonderes Interesse an der Auskunftserteilung.
30cc. Die Beklagte hat den Betroffenenauskunftsanspruch durch die in dem Bescheid des BND vom enthaltenen, nach Mitteilung des BND zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats als Tatsachengericht noch aktuellen Angaben erfüllt, so dass der Auskunftsanspruch nach dem Rechtsgedanken des auch im öffentlichen Recht anwendbaren § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist (dazu allgemein: 6 A 8.16 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 7 Rn. 21 und vom - 6 A 10.20 - BVerwGE 173, 118 Rn. 28).
31Insoweit können die für den Kläger ersichtlich uninteressanten Angaben über die notwendige Verarbeitung seiner im Zusammenhang mit dem Auskunftsantrag angefallenen personenbezogenen Daten außer Betracht bleiben. Entscheidend ist die von der Beklagten erteilte Auskunft, der BND habe kein nachrichtendienstliches Interesse an der Person des Klägers, über diesen seien Erkenntnisse nicht erhoben, Informationen nicht zielgerichtet gesammelt und Daten in die Personalzentraldatei des BND nicht eingestellt worden. Gespeichert worden seien vielmehr (lediglich) im Rahmen einer sog. OSINT-Recherche in öffentlich zugänglichen Informationskanälen erfasste Veröffentlichungen, in denen der Kläger als Autor genannt werde oder in deren Fußnoten sein Name erscheine. Anhand dieser Auskunft kann der Kläger hinreichend erkennen, was der BND über ihn weiß. Auch wird er in die Lage versetzt, gegebenenfalls gegen eine nach seiner Einschätzung rechtswidrige Datenverarbeitung gerichtlichen Rechtsschutz suchen zu können.
32Soweit die Beklagte im gerichtlichen Verfahren im Sinne einer gütlichen Einigung und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Liste von bei dem BND gespeicherten Veröffentlichungen mit Namensnennungen des Klägers vorgelegt und diese Liste durch Nachmeldung von zwei Dokumenten aktualisiert hat, war sie dazu nicht verpflichtet. Die Liste belegt auch nicht, dass die dem Kläger mit dem Bescheid vom erteilte Auskunft der Beklagten als irreführend oder gar unrichtig anzusehen wäre. Dass es sich bei vier von dem Kläger bezeichneten Dokumenten aus dem Fundus der aktualisierten Liste nicht um seitens des BND im Rahmen einer OSINT-Recherche erfasste Veröffentlichungen mit Namensnennungen des Klägers, sondern um nicht von dem BND stammende Dokumente handeln dürfte, in denen Veröffentlichungen des Klägers oder solche mit seinem Namen benannt werden, ist irrelevant. Denn der wesentliche Gehalt der in dem Bescheid vom enthaltenen Auskunft bestand nicht darin, dass der BND die besagten Veröffentlichungen mit Namensnennungen des Klägers selbst recherchiert habe. Maßgeblich war vielmehr die in der Begründung des Widerspruchsbescheids vom hervorgehobene Information, dass die Beiträge mit dem Namen des Klägers öffentlich zugänglich seien. Dies ist auch bei den Beiträgen der Fall, die in den von dem Kläger bezeichneten Dokumenten genannt werden.
33dd. Nach § 9 BNDG i. V. m. § 15 Abs. 3 BVerfSchG war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger die begehrte Auskunft über die Herkunft der von dem BND verarbeiteten personenbezogenen Daten des Klägers und die Empfänger von Übermittlungen solcher Daten zu erteilen. Dessen ungeachtet und mithin überobligationsmäßig hat der BND dem Kläger mit dem Bescheid vom zum einen - wie soeben dargelegt - der Sache nach mitgeteilt, dass die gespeicherten Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen. Zum anderen enthält der genannte Bescheid die Auskunft, dass eine darüber hinausgehende Verarbeitung dieser Daten nicht stattgefunden habe. Damit wird die Frage nach etwaigen Empfängern von Datenübermittlungen verneint.
34Über die Zwecke der von der Beklagten benannten Verarbeitungen von persönlichen Daten des Klägers musste die Beklagte gemäß § 9 BNDG i. V. m. § 15 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 3 BVerfSchG nicht Auskunft erteilen, weil insoweit offensichtlich die Befürchtung einer Ausforschung der Arbeitsweise des BND im Raum stand. Die Beklagte hat es gleichwohl für vertretbar erachtet, dem Kläger in dem Bescheid vom mitzuteilen, die in Rede stehenden Veröffentlichungen mit Namensnennungen des Klägers seien bei der Recherche zu bestimmten Themen erfasst worden, die für die Arbeit des BND relevant seien und über die in den öffentlich zugänglichen Dokumenten berichtet werde. Weitergehende Informationen über den Zweck der nachrichtendienstlichen Datenverarbeitung standen dem Kläger keinesfalls zu.
35ee. Der Senat ist überzeugt davon, dass die Beklagte dem Kläger vollständig und richtig Auskunft erteilt hat. Aus den Akten, dem Vorbringen der Beteiligten oder dem Gesamtergebnis des Verfahrens ergeben sich keine Ansatzpunkte für weitere Sachverhaltsermittlungen nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. zu diesem Maßstab: 6 A 8.16 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 7 Rn. 24 ff., vom - 6 A 1.17 - BVerwGE 164, 269 Rn. 60 ff., vom - 6 A 4.20 - NVwZ-RR 2021, 665 Rn. 14 ff. und vom - 6 A 7.20, 6 A 8.20 - BVerwGE 174, 342 Rn. 57).
36Der bereichsverantwortliche Amtsträger des BND hat in seiner von dem Senat angeforderten dienstlichen Erklärung vom versichert, dass mit dem von dem BND zur dienstweiten Recherche personenbezogener Daten etablierten, von einer dafür zuständigen Organisationseinheit federführend koordinierten Routineverfahren alle geeigneten Ansätze zur Auffindung von verarbeiteten personenbezogenen Daten des Klägers verfolgt worden seien. Die Beklagte hat dieses Verfahren in ihrem Vortrag eingehend beschrieben. Es war nach Einschätzung des Senats geeignet, eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten des Klägers auch dann zu Tage zu fördern, wenn solche Daten im Wege einer von dem Kläger für möglich erachteten Übermittlung durch einen ausländischen Nachrichtendienst an den BND gelangt wären. Nach diesem Verfahren sind keine anderen als die von der Beklagten in dem Bescheid vom umschriebenen personenbezogenen Daten des Klägers nachgewiesen worden.
37Wie bereits erwähnt, hat die Beklagte in der Liste von bei dem BND gespeicherten Dokumenten mit Namensnennungen des Klägers, die sie im gerichtlichen Verfahren, ohne dass sie dazu verpflichtet gewesen wäre, vorgelegt und aktualisiert hat, einige wenige Dokumente nicht mit letzter Präzision umschrieben. Hieraus ergeben sich indes entgegen der Ansicht des Klägers keine Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der von der Beklagten erteilten Auskunft. Wie dargelegt, waren die betreffenden Umschreibungen in ihrem Kern - das heißt, der öffentlichen Zugänglichkeit der jeweiligen Beiträge mit dem Namen des Klägers - zutreffend.
38ff. Der Kläger kann die von ihm begehrte Gewährung von Zugang zu vier von ihm bezeichneten Dokumenten aus der von der Beklagten im Gerichtsverfahren vorgelegten und aktualisierten Liste auf der Grundlage von § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG schon deshalb nicht verlangen, weil die Beklagte im Rahmen der von ihr nach dieser Vorschrift geschuldeten Auskunftserteilung bereits zur Vorlage und Aktualisierung der Liste nicht verpflichtet war. Hinzu kommt, dass aus dem Betroffenenauskunftsanspruch generell kein Recht auf Akten- oder Dateieinsicht hergeleitet werden kann.
39b. Der Kläger kann seine Forderung auf Erteilung weiterer Auskünfte der Beklagten bzw. auf die Gewährung von Zugang zu einzelnen von dem BND gespeicherten Dokumenten nicht auf den aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG herzuleitenden subsidiären Anspruch des Betroffenen auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Auskunftsbegehren stützen. Nach den für diesen Anspruch bestehenden Voraussetzungen (aa.) ist mit ihm im Fall des Klägers kein über das Maß des § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG hinausgehender Ertrag verbunden (bb.).
40aa. Besteht nach § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG kein Anspruch eines Betroffenen auf Erteilung der beantragten Auskunft über die von dem BND zu seiner Person gespeicherten Daten, so steht ihm auf Grund seines durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten informationellen Selbstbestimmungsrechts subsidiär ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber zu, ob und inwieweit über gespeicherte personenbezogene Daten antragsgemäß Auskunft erteilt wird. Der Regelungsgehalt des § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG erschöpft sich in der Normierung einer Auskunftspflicht und lässt die Befugnis, Auskunft nach Ermessen zu erteilen, unberührt. Der Ermessensanspruch kann sich grundsätzlich auch auf die Herkunft und die Empfänger von Übermittlungen personenbezogener Daten erstrecken. Das Ermessen hinsichtlich dieser Auskunft ist jedoch durch die in § 9 BNDG i. V. m. § 15 Abs. 3 BVerfSchG zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers in dem Sinne vorstrukturiert, dass dem Geheimhaltungsinteresse an der Herkunft und den Empfängern von Übermittlungen personenbezogener Daten regelmäßig ein Vorrang gegenüber dem Informationsinteresse des Betroffenen einzuräumen ist, weil die Preisgabe dieser Informationen die künftige Erkenntnisgewinnung und damit die Aufgabenerfüllung des BND schwerwiegend beeinträchtigen würde (stRspr, vgl. 6 A 7.14 - NVwZ 2016, 1487 Rn. 20 ff., vom - 6 A 8.16 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 7 Rn. 29 und vom - 6 A 4.20 - NVwZ-RR 2021, 665 Rn. 12 unter Anknüpfung an u. a. - NVwZ 2001, 185 <186>). Ein Anspruch auf Einsicht in Akten oder Dateien besteht nach dem Anspruch auf Auskunftserteilung nach Ermessen ebenso wenig wie nach § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG ( 6 A 4.20 - NVwZ-RR 2021, 665 Rn. 18).
41bb. Hiernach kann der Kläger im vorliegenden Fall auf Grund des Anspruchs auf Auskunftserteilung nach Ermessen nichts erhalten, was ihm nach den Maßstäben des § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG zu Recht versagt worden ist. Insbesondere hat ihm die Beklagte - wie dargelegt, gemessen an der Anspruchsnorm des § 9 BNDG i. V. m. § 15 BVerfSchG überobligationsmäßig - Auskunft auch zu seinen Fragen nach der Herkunft, den etwaigen Übermittlungsempfängern und den Verarbeitungszwecken seiner in der Verfügung des BND befindlichen personenbezogenen Daten erteilt. Abgesehen davon hat der Kläger nichts dargelegt, was in Bezug auf die beiden erstgenannten Aspekte auf einen Ausnahmefall hindeuten würde, der ein Abgehen von dem insoweit vorstrukturierten Ermessen der Beklagten rechtfertigen könnte (vgl. dazu allgemein: 6 A 8.16 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 7 Rn. 29).
42c. Aus dem verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. zu diesem: 6 A 10.20 - BVerwGE 173, 118 Rn. 18 und vom - 10 A 2.23 - NVwZ 2024, 573 Rn. 12), auf den sich der Kläger als Journalist berufen kann, ergeben sich für ihn im vorliegenden Fall keine weitergehenden Rechte. Insbesondere ist auch von diesem Anspruch eine Akten- bzw. Dateinutzung durch Einsichtnahme grundsätzlich nicht umfasst ( 6 A 5.13 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 3 Rn. 24). Er kann sich nur im Einzelfall zu einem Einsichtsanspruch verdichten, wenn andere Formen des Informationszugangs im Hinblick auf die begehrte Information unsachgemäß wären und nur auf diese Weise vollständige und wahrheitsgemäße Sachverhaltskenntnis vermittelt werden kann ( 10 C 18.19 - BVerwGE 167, 319 Rn. 31). Eine solche Sondersituation besteht hier nicht. Sie ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht daraus, dass einige der von dem BND gespeicherten Dokumente in der von der Beklagten freiwillig vorgelegten und aktualisierten Liste falsch oder irreführend benannt worden wären. Die Beklagte hat den Inhalt der betreffenden Dokumente vielmehr - wie dargelegt - im Kern zutreffend beschrieben.
43Auf Art. 10 EMRK lässt sich - wie in der Regel ( 6 A 8.16 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 7 Rn. 34, vom - 6 A 7.18 - BVerwGE 166, 303 Rn. 43 und vom - 10 C 3.20 - BVerwGE 174, 66 Rn. 28), so auch hier - ein weiter ausgreifender Informationszugangsanspruch nicht stützen.
44d. An der Vorschrift des Art. 15 DSGVO ist das Auskunftsbegehren des Klägers nicht zu messen. Die Datenschutz-Grundverordnung findet nach ihrem Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und ihrem Erwägungsgrund 16 i. V. m. Art. 4 Abs. 2 Satz 3 EUV im Bereich der gegenüber dem BND erhobenen Auskunftsansprüche keine Anwendung ( 6 A 7.18 - BVerwGE 166, 303 Rn. 43).
453. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Beklagte an den Kosten des für erledigt erklärten Teils des Verfahrens zu beteiligen, entspräche in Anbetracht des Umstands, dass sie zur Vorlage und Aktualisierung der Liste von bei dem BND gespeicherten Dokumenten mit Namensnennungen des Klägers nicht verpflichtet war, nicht der Billigkeit.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:250924U6A3.22.0
Fundstelle(n):
SAAAJ-80797