Ermittlung des Grundsteuerwerts für ein Mietwohngrundstück in Sachsen nach den Regelungen des BewG in der Fassung des Grundsteuer-Reformgesetzes
vom nicht verfassungswidrig
Leitsatz
1. Die Berechnung des Grundsteuerwerts für ein Mietwohngrundstücks in Sachsen ist nicht deswegen verfassungswidrig, weil nicht
von der tatsächlich erzielte Miete, sondern von einer durchschnittlichen Miete auf statistischer Grundlage (Mikrozensus des
Statistischen Bundesamtes) ausgegangen wird, oder weil ferner beim Bodenrichtwert keine Möglichkeit des Beweises eines geringeren
Grundstückswerts besteht oder weil zudem der jeweilige individuelle Gebäudezustand unbeachtlich ist.
2. Der Gesetzgeber hatte beim Grundsteuer-Reformgesetz einen weiten Gestaltungsspielraum und durfte die erforderliche Bewertung
der Grundstücke möglichst einfach und praktikabel gestalten und hierbei individuelle Bewertungsfaktoren unberücksichtigt lassen.
Eine weitere Differenzierung nach konkreten Ausstattungsmerkmalen würde die vom Gesetzgeber beabsichtigte Typisierung und
Vereinfachung des Verfahrens erheblich erschweren.
3. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Bodenwerte von Gutachterausschüsssen – in Sachsen nach der Sächsischen Gutachterausschussverordnung
(SächsGAVO) – ermittelt werden. Die Bewertungen des Gutachterausschusses sind auch nicht deswegen angreifbar, weil sich aus
der Institution des Ausschusses und den gesetzlichen Vorgaben für seine Zusammensetzung ergibt, dass Mitarbeiter der Finanzämter
mitwirken.
4. Die Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG in der Fassung des Grundsteuer-Reformgesetzes vom sind verfassungskonform
dahin auszulegen, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen)
Werts erfolgen kann (Anschluss an ). Hierfür ist regelmäßig der Nachweis erforderlich,
dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte
Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist. Als „extrem über das normale Maß hinausgehend” hat es der BFH
in mehreren Entscheidungen angesehen, wenn der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert
um 40 % oder mehr übersteigt.
5. In welcher Form Nachweis zu erbringen ist, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert
derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist (siehe 4.),
richtet sich nach den allgemein für das Steuerverfahrensrecht geltenden Regelungen. Dies bedeutet insbesondere, dass Steuerpflichtige
den Nachweis auch ohne die formalisierten Nachweispflichten des § 198 BewG führen können, der zum Nachweis eines unter dem
einfachgesetzlich festgestellten Bedarfswert liegenden Werts entweder ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses im
Sinne der §§ 192 ff. BauGB bzw. eines besonders bestellten oder zertifizierten Sachverständigen oder Gutachters für die Wertermittlung
von Grundstücken (§ 198 Abs. 2 BewG) oder einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem
Bewertungsstichtag zustande gekommenen Kaufpreis über das zu bewertende Grundstück verlangt (Anschluss an Beschluss des Finanzgericht
Rheinland-Pfalz, Beschluss v. , 4 V 1429/23).
Fundstelle(n): LAAAJ-79133
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