Verpflichtung eines Energielieferanten zur Rückabwicklung einer Preiserhöhung durch Bundesnetzagentur - Rückerstattungsanordnung
Leitsatz
Rückerstattungsanordnung
Die Bundesnetzagentur darf einen Energielieferanten verpflichten, eine wegen Verstoßes gegen § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG unwirksame Preiserhöhung rückabzuwickeln.
Gesetze: § 41 Abs 5 S 1 EnWG, § 41 Abs 5 S 2 EnWG, § 41 Abs 5 S 3 EnWG, § 65 Abs 1 EnWG, § 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB, § 32 Abs 2a GWB, § 66 Abs 1 Nr 1 GWB, § 67 Abs 1 GWB
Instanzenzug: Az: VI-3 Kart 44/22 (V)
Gründe
1A. Die betroffene Energielieferantin wendet sich gegen die Anordnung der Rückabwicklung einer von ihr vorgenommenen Preiserhöhung durch die Bundesnetzagentur. Mit Schreiben vom informierte die Betroffene ihre Haushaltskunden über die Anhebung des Gas- und Strompreises zum . Zur Begründung verwies sie auf erhebliche Steigerungen der Einkaufspreise und des Börsenstrompreises. Das Schreiben enthält den Hinweis, dass der Vertrag zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Preisänderung gekündigt werden kann. Nach zahlreichen Beschwerden von Haushaltskunden leitete die Bundesnetzagentur im Mai 2022 ein Aufsichtsverfahren gegen die Betroffene ein.
2Mit Beschluss vom hat sie festgestellt, dass die Betroffene gegen die Verpflichtung aus § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG verstoßen hat, indem sie gegenüber Haushaltskunden Preiserhöhungen vorgenommen hat, ohne diese spätestens einen Monat vor Eintritt der beabsichtigten Änderung hierüber zu unterrichten (Beschlusstenor Nr. 1). Ferner hat sie die Betroffene verpflichtet, die auf Grundlage des Schreibens vom gegenüber betroffenen Haushaltskunden vorgenommenen Preismaßnahmen bis zum zurückzunehmen und rückabzuwickeln (Beschlusstenor Nr. 2). Für den Fall, dass die Betroffene dieser Verpflichtung nicht nachkommt, hat sie ein Zwangsgeld in Höhe von 100.000 € angedroht (Beschlusstenor Nr. 3). Die gegen Nr. 2 und Nr. 3 des Beschlusstenors gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Betroffene mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
3B. Die trotz Einreichung der Rechtsbeschwerdeschrift beim Bundesgerichtshof zulässige Rechtsbeschwerde (§ 88 Abs. 3 Satz 1 EnWG; vgl. , NVwZ-RR 2009, 742 Rn. 4 bis 6 - Industriepark Altmark) hat keinen Erfolg.
4I. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Bundesnetzagentur habe gemäß § 65 Abs. 1 EnWG zu Recht die Rücknahme und Rückabwicklung der Preiserhöhung angeordnet. Diese Vorschrift ermächtige nicht nur zum Erlass zukunftsbezogener Maßnahmen. Sie sei § 32 GWB nachgebildet, wonach zur Beseitigung von geschehenen und noch gegenwärtigen Beeinträchtigungen die Rückerstattung von missbräuchlich erwirtschafteten Vorteilen angeordnet werden könne. Auch Sinn und Zweck der Regelung sprächen für weitreichende Befugnisse der Bundesnetzagentur. Es sei Ziel der Eingriffsnorm, ein effektives behördliches Handeln zu gewährleisten. Das gelte gerade auch bei dem in Rede stehenden Verstoß gegen § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG. Dieser führe zur Unwirksamkeit der Preiserhöhung und dauere bei wertender Betrachtung durch die Vereinnahmung des erhöhten Preises an. Zu berücksichtigen sei auch, dass § 1 Abs. 1 EnWG die verbraucherfreundliche Versorgung zum Gesetzeszweck erkläre. Die Anordnung unter Nr. 2 des Beschlusstenors leide nicht an Ermessensfehlern. Die Zwangsgeldandrohung nach Nr. 3 des Beschlusstenors sei ebenfalls ermessensfehlerfrei erfolgt.
5II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
61. Zu Recht hat das Beschwerdegericht die auf § 65 Abs. 1 EnWG gestützte Anordnung der Bundesnetzagentur gegenüber der Betroffenen, die auf Grundlage der Schreiben vom gegenüber Haushaltskunden vorgenommenen Preismaßnahmen bis zum zurückzunehmen und rückabzuwickeln (Beschlusstenor Nr. 2), für rechtmäßig erachtet.
7a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde konnte die Anordnung auf § 65 Abs. 1 Satz 1 und 2 EnWG gestützt werden. Danach kann die Regulierungsbehörde Unternehmen verpflichten, ein Verhalten abzustellen, das den Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes entgegensteht. Sie kann hierzu alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art vorschreiben, die gegenüber der festgestellten Zuwiderhandlung verhältnismäßig und für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich sind. Die Befugnis der Regulierungsbehörde, ein Verhalten "abzustellen", berechtigt die Bundesnetzagentur nicht nur zur Untersagung eines beanstandeten Verhaltens für die Zukunft. Ihr steht bei Verstößen gegen das Energiewirtschaftsgesetz vielmehr ein weites Ermessen zu. Dies betrifft sowohl die Frage, ob die Behörde ein Aufsichtsverfahren einleitet, als auch die Frage, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen sie ergreift (vgl. BGH, Beschlüsse vom - EnVR 10/13, RdE 2015, 29 Rn. 15 - Stromnetz Homberg; vom - EnVR 30/17, EnWZ 2019, 15 Rn. 44 - Karenzzeiten III). Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass dazu auch die Anordnung gehört, Preiserhöhungen, die zur Vereinnahmung unberechtigter Vorteile geführt haben, rückabzuwickeln.
8aa) Für diese Auslegung spricht schon der Wortlaut. Der Begriff "Abstellen" erschöpft sich nicht im bloßen Unterlassen eines bestimmten Verhaltens. Er umschreibt eine weite Befugnis der Regulierungsbehörde bei der Wahl der Maßnahmen, weil er sich auf den durch den Verstoß verursachten rechtswidrigen Zustand bezieht, und umfasst auch Maßnahmen zur Beseitigung der Folgen des rechtswidrigen Verhaltens sowie zur Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustands (vgl. Adam in BeckOK EnWG, Stand: , § 65 Rn. 12 f.; aA Riedel, Anm. zu VI-3 Kart 43/22, CuR 2023, 123, 132; Bechtold/Bosch, GWB, 10. Aufl., § 32 Rn. 19). Zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen, dass sich dies insbesondere aus der Regelung in § 65 Abs. 1 Satz 2 EnWG ergibt. Die Formulierung, dass die Behörde "alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen" vorschreiben kann, verdeutlicht, dass das "Abstellen" nicht mit einer bloßen Untersagung des beanstandeten Verhaltens für die Zukunft gleichzusetzen ist.
9bb) Dieses Verständnis wird durch die Gesetzeshistorie gestützt.
10(1) Der am in Kraft getretene § 65 Abs. 1 EnWG ist begrifflich § 32 GWB in der damaligen - neuen - Fassung vom nachgebildet, und löst sich - wie auch § 32 GWB 2005 - vom Begriff der Untersagung (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts, BT-Drucks. 15/3917 vom , S. 70). Nach der Gesetzesfassung vom kann die Kartellbehörde Unternehmen verpflichten, eine Zuwiderhandlung gegen die kartellrechtlichen Verbotstatbestände "abzustellen". Nach § 32 Abs. 2 GWB 2005 kann sie hierzu den Unternehmen alle Maßnahmen aufgeben, die für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich und verhältnismäßig sind. Damit sollten die Kartellbehörden berechtigt sein, nicht nur ein bestimmtes Verhalten zu verbieten, sondern auch das zur Beseitigung des Wettbewerbsverstoßes erforderliche Verhalten anzuordnen (Entwurf des 7. GWB-ÄndG vom , BT-Drucks. 15/3640, S. 33). Aus Gründen der Notwendigkeit eines wirksamen Rechtsgüterschutzes gehört nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu diesen Befugnissen auch die Anordnung, überhöhte Preise an die Kunden zurückzuerstatten (BGH, Beschlüsse vom - KVR 2/08, WuW/E DE-R 2538 Rn. 16 - Stadtwerke Uelzen; vom - KVR 51/11, WuW/E DE-R 3632 Rn. 21 - Wasserpreise Calw; vom - KVZ 38/20, WuW 2023, 498 Rn. 39 - Wasserpreise Gießen).
11(2) Nichts Anderes folgt aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber Kritik an der genannten Rechtsprechung (vgl. Fuchs, ZWeR 2009, 176, 183; Reher/Haellmigk, WuW 2010, 513, 516; Kolpatzik/Berg, WuW 2011, 712, 716) zum Anlass genommen hat, eine Verpflichtung zur Rückerstattung der aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten erwirtschafteten Vorteile in § 32 Abs. 2a GWB ausdrücklich vorzusehen (8. GWB-ÄndG vom , BGBl. I 2013, Nr. 32 vom , S. 1750 ff.). Dieser Bestimmung kommt nach der Gesetzesbegründung lediglich klarstellende Funktion zu (Entwurf des 8. GWB-ÄndG, BR-Drucks. 176/12 vom , S. 34; siehe dazu Fritzsche, DB 2012, 845, 850). Der Gesetzgeber hat zwar im Zusammenhang mit dieser Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen keine entsprechende Anpassung des § 65 EnWG vorgenommen. Daraus lässt sich aber entgegen der Rechtsbeschwerde nichts für die Auslegung der Vorschrift ableiten. Es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass und in welcher Form der Gesetzgeber § 65 EnWG bei der Änderung (überhaupt) in den Blick genommen hat.
12(3) Eine bewusste Entscheidung gegen die Befugnis zur Anordnung von Rückerstattungen kann auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber das Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom (BGBl. I 2011, Nr. 41 vom , S. 1587 f.) nicht zum Anlass genommen hat, eine § 32 Abs. 2a GWB entsprechende Regelung in das Energiewirtschaftsgesetz aufzunehmen. Mit der Neuregelung wurde § 65 Abs. 1 EnWG um die Sätze 2 und 3 ergänzt. Diese Sätze enthalten nach der Gesetzesbegründung "klarstellende Regeln dazu, welche Abhilfemaßnahmen die Bundesnetzagentur im Rahmen ihrer Eingriffsbefugnisse ergreifen darf" (Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 17/6072 vom , S. 38, 92). Die Bestimmung des § 32 Abs. 2a GWB wurde demgegenüber erst etwa zwei Jahre später im Jahr 2013 eingeführt. Diese zeitlichen Abläufe sprechen dagegen, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 65 Abs. 1 EnWG im Unterschied zu § 32 GWB bewusst auf eine ausdrückliche Befugnis zur Anordnung von Rückerstattungen verzichtet hat (aA Riedel, Anm. zu VI-3 Kart 43/22, CuR 2023, 123, 132). Hätte der Gesetzgeber die zum Zeitpunkt der Ergänzung von § 65 Abs. 1 EnWG 2011 bereits bekannte Auslegung von § 32 Abs. 2 GWB durch den Bundesgerichtshof im Anwendungsbereich des geänderten § 65 Abs. 1 EnWG vermeiden wollen, wäre vielmehr zu erwarten gewesen, dass er sich nicht auf die Übernahme der beiden Sätze beschränkt, sondern Rückerstattungsanordnungen ausdrücklich ausschließt.
13cc) Die vorgenannte Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift.
14(1) Die Befugnis zu einer Rückerstattungsanordnung ist zwar nicht durch die Vorgaben des Unionsrechts gemäß Art. 59 der Richtlinie (EU) 2019/944 beziehungsweise Art. 41 der Richtlinie 2009/73/EG (nunmehr Art. 78 Abs. 1 und 4 der Richtlinie (EU) 2024/1788) geboten. Diese Vorschriften stehen einer nationalen Regelung, durch die ein Mitgliedstaat einer Regulierungsbehörde eine solche Befugnis überträgt, aber auch nicht entgegen (vgl. , ECLI:EU:C:2023:273 Rn. 25, 28 - Green Network SpA, zu Art. 37 Abs. 1 der Richtlinie 2009/72/EG).
15(2) § 65 EnWG stellt eine aufsichtsrechtliche Generalklausel dar, die die Regulierungsbehörde zur Durchsetzung des Energiewirtschaftsrechts ermächtigt und ihr - wie bereits ausgeführt - ein weites Ermessen einräumt (BGH, Beschlüsse vom - EnVR 10/13, RdE 2015, 29 Rn. 15 - Stromnetz Homberg; vom - EnVR 30/17, EnWZ 2019, 15 Rn. 44 - Karenzzeiten III; vom - EnVR 91/20, WM 2023, 537 Rn. 15 - Netzreservekapazität II; vom - EnVZ 41/21, juris Rn. 8; Adam in BeckOK EnWG, Stand: , § 65 vor Rn. 1; Wende in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 65 EnWG Rn. 1; Turiaux/Grosche in Kment, EnWG, 3. Aufl., § 65 Rn. 1). Ziel des Energiewirtschaftsgesetzes ist nach § 1 Abs. 1 EnWG eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche und treibhausgasneutrale leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht. Dieses Ziel soll gemäß § 65 EnWG durch ein effektives regulierungsbehördliches Handeln gewährleistet werden. Das spricht für eine weite Auslegung von § 65 Abs. 1 EnWG. Die Vorschrift umfasst die Befugnis zu Rückerstattungsanordnungen daher nach ihrem Sinn und Zweck jedenfalls dann, wenn der Verstoß gegen eine zwingende Vorschrift des Energiewirtschaftsrechts dazu führt, dass das betroffene Energieversorgungsunternehmen ihm nicht zustehende Vorteile vereinnahmt, die seinen Kunden nach den dafür maßgeblichen Regelungen zurückzuerstatten sind. Das entspricht - ebenso wie beim Beseitigungsanspruch des § 32 GWB - der Notwendigkeit eines wirksamen Rechtsgüterschutzes (siehe BGH, vom - KVR 51/11, WuW/E DE-R 3632 Rn. 21 - Wasserpreise Calw). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass in einer Fallgestaltung wie der vorliegenden ein erheblicher Teil der Verbraucher aus rationalem Desinteresse davon Abstand nehmen wird, seine Rechte auf dem Zivilrechtsweg selbst wahrzunehmen (vgl. , WuW 2024, 113 Rn. 36 mwN - Die Freien Brauer).
16(3) Die Rechtsbeschwerde kann demgegenüber nicht damit gehört werden, § 65 EnWG erfasse im Unterschied zu § 32 GWB, der sich gegen Verhaltensweisen wie den Preishöhenmissbrauch richte, lediglich weniger gravierende Verstöße, deren unmittelbare Folge nicht die Vereinnahmung ungerechtfertigter Vorteile sei. Das trifft nicht zu. Soweit sie meint, schwerwiegende Verstöße gegen das Energiewirtschaftsgesetz würden (nur) durch die Missbrauchsaufsicht gemäß §§ 30, 31 EnWG verfolgt, verkennt sie den unterschiedlichen Adressatenkreis der Vorschriften. Die Missbrauchsaufsicht gemäß §§ 30, 31 EnWG betrifft lediglich Netzbetreiber. Bei Verstößen von Energielieferanten wie der Betroffenen kann die Bundesnetzagentur dagegen Aufsichtsmaßnahmen gemäß § 65 EnWG ergreifen. Der unterschiedliche Adressatenkreis lässt keine Rückschlüsse auf die Qualität des Verstoßes zu, insbesondere ergibt sich daraus nicht, dass dem Anwendungsbereich des § 65 EnWG Verstöße entzogen wären, mit denen ein Energielieferant unrechtmäßige Vorteile vereinnahmt.
17dd) Einer sich aus § 65 Abs. 1 EnWG ergebenden Ermächtigung zur Anordnung der Rückerstattung unberechtigt vereinnahmter Vorteile steht auch nicht die Gesetzessystematik entgegen.
18(1) Gegen eine solche Befugnis spricht nicht, dass im Zusammenhang mit § 65 EnWG in Teil 8 Abschnitt 1 des Energiewirtschaftsgesetzes - anders als in seinem Teil 3 Abschnitt 4 im Zusammenhang mit der Missbrauchsaufsicht gemäß § 33 EnWG oder auch im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gemäß § 34 GWB - eine Vorschrift zur Vorteilsabschöpfung fehlt. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass § 65 Abs. 1 EnWG keine Befugnis zur Anordnung der Rückerstattung von unberechtigt vereinnahmten Vorteilen an geschädigte Haushaltskunden enthalte. Denn die Vorteilsabschöpfung und die Anordnung der Rückerstattung sind verschiedene Befugnisse mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen, die im Ausgangspunkt gleichrangig nebeneinanderstehen. Bei der Vorteilsabschöpfung fließen die abgeschöpften Beträge in die Staatskasse. Die Rückerstattung dient demgegenüber in erster Linie der Kompensation geschädigter Verbraucher (BGH, Beschlüsse vom - KVR 51/11, WuW/E DE-R 3632 Rn. 21 - Wasserpreise Calw; vom - KVZ 38/20, WuW 2023, 498 Rn. 39, 42 f. - Wasserpreise Gießen). Dass auf der Grundlage von § 65 Abs. 1 EnWG bislang keine Verstöße verfolgt wurden, die eine Beseitigung missbräuchlich vereinnahmter Vorteile erforderlich machten, wie die Rechtsbeschwerde vorbringt, erlaubt nicht den Schluss, dass die Vorschrift nicht zu Rückerstattungsanordnungen ermächtigt.
19(2) Der genannten Auslegung des § 65 Abs. 1 EnWG steht ferner nicht entgegen, dass die gegen eine solche Rückerstattungsanordnung eröffneten Rechtsmittel gemäß §§ 76 Abs. 1, 88 Abs. 5 Satz 1 EnWG keine aufschiebende Wirkung haben. Zwar unterscheidet sich § 65 EnWG in diesem Punkt von § 66 Abs. 1 Nr. 1 GWB, der für die Rückerstattung erwirtschafteter Vorteile nach § 32 Abs. 2a GWB die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen vorsieht. Die Abweichung rechtfertigt jedoch keine Beschränkung der regulierungsbehördlichen Befugnisse. Der Rechtsschutz im Energiewirtschaftsrecht folgt europarechtlichen Vorgaben. § 76 Abs. 1 EnWG setzt Art. 23 Abs. 5 und 6 Elektrizitäts-Binnenmarkt-Richtlinie 2003/54/EG sowie Art. 25 Abs. 5 und 6 Gas-Binnenmarkt-Richtlinie 2003/55/EG um, in denen der Sofortvollzug regulierungsbehördlicher Entscheidungen vorgesehen ist (BT-Drucks. 15/3917 vom , S. 71). Der grundsätzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmitteln dient der effektiven und zeitnahen Durchsetzung der regulierungsbehördlichen Entscheidungen im komplexen Normsystem des Energiewirtschaftsrechts (vgl. Laubenstein/Bourazeri in Bourwieg/Hellermann/Hermes, EnWG, 4. Aufl., § 76 Rn. 1; van Rossum in BeckOK EnWG, Stand: , § 76 Rn. 5). Das Beschwerdegericht kann nach § 77 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3, Satz 4 EnWG die aufschiebende Wirkung aber auf Antrag anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung bestehen oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige Härte zur Folge hätte. Umgekehrt kann die Kartellbehörde die sofortige Vollziehung einer Rückerstattungsanordnung nach § 32 Abs. 2a GWB nach § 67 Abs. 1 GWB anordnen, wenn dies im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse der Beteiligten geboten ist (vgl. auch Entwurf des 8. GWB-ÄndG, BT-Drucks. 17/9852 vom , S. 33). Daraus ergeben sich zwar unterschiedliche Rechtfertigungslasten des Betroffenen und der Behörde; gleichwohl weichen die unterschiedlichen Regelungen zum Sofortvollzug angesichts der Rechtsschutzmöglichkeiten nicht derart voneinander ab, dass sich daraus ein durchgreifendes systematisches Argument gegen die genannte Auslegung des § 65 Abs. 1 EnWG ableiten ließe.
20ee) Verfassungsrechtliche Gründe gebieten keine einschränkende Auslegung des § 65 Abs. 1 EnWG. Entgegen der Rechtsbeschwerde verstößt die Einordnung der Vorschrift als Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung von Rückzahlungen nicht gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz.
21(1) Ein Gesetz muss so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Erforderlich ist, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (st. Rspr., BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvR 153/69, BVerfGE 35, 348 [juris Rn. 27]; vom - 1 BvR 6/74, BVerfGE 37, 132 [juris Rn. 26]; vom - 2 BvL 4/80, BVerfGE 59, 104 [juris Rn. 32]; vom - 2 BvK 1/00, BVerfGE 103, 332 [juris Rn. 164 f.]; vom - 1 BvR 1657/17, juris Rn. 10). Die Anforderungen des Bestimmtheitsgebots sind umso strenger, je intensiver der Grundrechtseingriff ist. Generalklauseln oder unbestimmte, wertausfüllungsbedürftige Begriffe sind allerdings nicht von vornherein zu beanstanden. Gegen ihre Verwendung bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für die Anwendung der Norm gewinnen lässt (, BVerfGE 86, 288, [juris Rn. 83]).
22(2) Diesen Anforderungen genügt § 65 Abs. 1 EnWG in Verbindung mit § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG. Die aufsichtsrechtliche Generalklausel des § 65 Abs. 1 EnWG lässt - wie oben dargelegt - mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden erkennen, dass sie die Regulierungsbehörde unter bestimmten Voraussetzungen auch zu Rückerstattungsanordnungen berechtigt. Insoweit wird der Regelungsinhalt des § 65 Abs. 1 EnWG durch die verletzte Verhaltensnorm - hier § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG - ausgefüllt, und dadurch inhaltlich konkretisiert. Vorliegend ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde keine besondere Eingriffsintensität gegeben, weil die Rückerstattungsanordnung lediglich die zivilrechtliche Rechtslage nachzeichnet (siehe unten Rn. 25), und das grundsätzlich bestehende öffentliche Interesse an der Verfolgung von Verstößen gegen Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes eine Rückerstattung auch dann erlaubt, wenn ein durch die Verfügung - mittelbar - begünstigter Dritter das mit der Verfügung erstrebte Ziel auch selbst auf dem Zivilrechtsweg erreichen könnte (siehe unten Rn. 40).
23b) Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die Betroffene hier unberechtigte Vorteile vereinnahmt hat. Der von der Rechtsbeschwerde nicht in Abrede gestellte Verstoß gegen § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG hat zur Unwirksamkeit der von der Betroffenen mit Schreiben vom zum erklärten Preiserhöhung geführt. Damit hat die Betroffene durch die Geltendmachung und Durchsetzung der Preiserhöhung Einnahmen erzielt, die sie ihren Kunden nach den dafür maßgeblichen Regelungen, jedenfalls gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB, zurückerstatten muss. Es kommt daher entgegen der Rechtsbeschwerde nicht darauf an, ob die Kunden bei rechtzeitiger Unterrichtung den Anbieter gewechselt oder einer Preiserhöhung zugestimmt hätten.
24aa) Die von der Bundesnetzagentur angeordnete Rückerstattung betrifft Energielieferungsverträge, die die Betroffene mit Haushaltskunden außerhalb der allgemeinen Versorgungspflicht im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit geschlossen hat. Für diese Verträge hat der Gesetzgeber mit § 41 EnWG in Ergänzung zum allgemeinen Vertragsrecht die bestehenden Anforderungen an Vertragsinhalte und Vertragsänderungen in bestimmter, namentlich durch unionsrechtliche Transparenzvorgaben geprägter Weise klargestellt oder mittels zusätzlicher Vorgaben gestaltet (, EnWZ 2023, 214 Rn. 19 mwN; BT-Drucks. 17/6072, S. 85). Nach § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG ist über (einseitige) Preisänderungen spätestens zwei Wochen, bei Haushaltskunden spätestens einen Monat vor Eintritt der beabsichtigen Änderung zu unterrichten. Die Vorschrift ist nach ihrem klaren Wortlaut zwingend (siehe auch , RdE 2022, 23 Rn. 49 zu § 41 Abs. 5 Satz 1, 4 EnWG). Übt der Energielieferant ein (einseitiges) Recht zur Änderung der Preise aus, kann der Letztverbraucher gemäß § 41 Abs. 5 Satz 4 EnWG den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung kündigen. Dies dient dem Interessenausgleich. Das einseitige Preisänderungsrecht findet in der Beendigungsmöglichkeit des Kunden seine Entsprechung. Darüber ist er rechtzeitig, in jedem Fall vor Ablauf einer Abrechnungsperiode, auf einfache und verständliche Weise gemäß § 41 Abs. 5 Satz 1 EnWG zu unterrichten.
25bb) Die Einhaltung der Frist des § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG ist nach dem Sinn und Zweck der Regelung Wirksamkeitsvoraussetzung für eine von einem Energielieferanten vorgenommene (einseitige) Preiserhöhung. Zwischen der einseitigen Änderung der Vertragsbedingungen durch den Energieversorger, der von § 41 Abs. 5 Satz 1 bis 3 EnWG geforderten transparenten und fristgerechten Unterrichtung und dem Kündigungsrecht des Kunden besteht ein untrennbarer Zusammenhang (vgl. BGH, EnWZ 2023, 214 Rn. 31). Im Interesse des Verbraucherschutzes soll mit Hilfe rechtzeitiger Informationen über die neuen Bedingungen gewährleistet werden, dass der von einer Preisänderung betroffene Kunde sich von einem Vertrag, dessen neue Preisgestaltung er nicht akzeptiert, so rechtzeitig lösen kann, dass die Preisänderung ihm gegenüber nicht mehr wirksam wird. Für das Kündigungsrecht ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die Kündigungsmöglichkeit nicht nur formal eingeräumt wird, sondern vom Kunden auch tatsächlich wahrgenommen werden kann. Um dieses Recht in vollem Umfang und tatsächlich nutzen und in voller Sachkenntnis eine Entscheidung über eine mögliche Lösung vom Vertrag oder ein Vorgehen gegen die Änderung des Lieferpreises treffen zu können, muss der Kunde rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert werden (, RIW 2013, 299 Rn. 53 - RWE Vertrieb AG; BGH, EnWZ 2023, 214 Rn. 33 mwN). Aus diesem Schutzzweck folgt, dass die rechtzeitige Unterrichtung gemäß § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Preiserhöhung ist (vgl. I-26 W 6/22, RdE 2023, 42 [juris Rn. 20 f.]; Riedel, Anm. zu VI-3 Kart 43/22, CuR 2023, 123, 133; Schnurre in BeckOK EnWG, Stand: , § 41 Rn. 20; aA , juris Rn. 7; AG Euskirchen, Urteil vom - 102 C 100/22, juris Rn. 47; Rasbach in Kment, EnWG, 3. Aufl., § 41 Rn. 25). Es trifft daher nicht zu, wie die Rechtsbeschwerde meint, dass sich eine Nichtigkeit der Preiserhöhung nur aus § 134 BGB ergeben könne.
26cc) Dem steht nicht entgegen, dass die Verpflichtung des Gasversorgers nach § 5 Abs. 2 Satz 2 GasGVV aF, Preisänderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe auch auf seiner Internetseite zu veröffentlichen, kein Wirksamkeitserfordernis ist. Diese Pflicht dient lediglich einer erleichterten Kenntnisnahme durch die Kunden (, BGHZ 207, 209 Rn. 51; vom - VIII ZR 208/12, EnWZ 2016, 166 Rn. 22). Dagegen sollen die unionsrechtlich geprägten Transparenzvorgaben des § 41 Abs. 5 EnWG anbieterübergreifende Vergleiche und die Wahrnehmung des Kündigungsrechts ermöglichen. Sie sind Gegenstück zu der dem Energielieferanten vertraglich eingeräumten Rechtsmacht zur einseitigen Preisänderung (, juris Rn. 20 ff., 25, 39).
27dd) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann der Zweck des § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG, den Kunden eine informierte Entscheidung über die Ausübung des Kündigungsrechts zu ermöglichen, nicht dadurch erreicht werden, dass ihnen nach Feststellung eines Verstoßes durch die Bundesnetzagentur ein Sonderkündigungsrecht zustünde. Dafür gibt es bereits keine rechtliche Grundlage, weil das Kündigungsrecht gemäß § 41 Abs. 5 Satz 4 EnWG nur zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Preisänderung ausgeübt werden kann (, NJW 2016, 2101 Rn. 10 ff; vom - VIII ZR 97/19, RdE 2022, 23 Rn. 49). Zudem sollen die Kunden nach dem Zweck der Vorschrift im Vorfeld der Preiserhöhung eine informierte Entscheidung treffen können. Das lässt sich zu einem späteren Zeitpunkt unter geänderten Marktbedingungen nicht mehr nachholen. Hinzu tritt, dass die Kunden die unter Verstoß gegen § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG erfolgte Preiserhöhung in der Zwischenzeit hinnehmen müssten. Entgegen der Rechtsbeschwerde können sie auch nicht auf einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB verwiesen werden, der auf die Differenz zwischen dem erhöhten Preis und demjenigen Preis gerichtet ist, den der Kunde bei rechtzeitiger Unterrichtung mit einem anderen Anbieter hätte vereinbaren können. Die Folgen des Verstoßes des Energielieferanten würden sonst auf die Kunden abgewälzt, weil sie gegebenenfalls darlegen und beweisen müssten, welche Preise sie bei einer Kündigung des bestehenden und Abschluss eines neuen Energieliefervertrages hätten vereinbaren können. Der mit § 41 Abs. 5 EnWG angestrebte ausreichende Interessenausgleich gegenüber dem einseitigen Vertragsanpassungsrecht des Energielieferanten würde dadurch im Widerspruch zu den unionsrechtlichen Vorgaben nicht erreicht.
28ee) Entgegen der im Termin zur mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Rechtsbeschwerde besteht keine Veranlassung, gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Wirksamkeit der Preiserhöhung einzuholen. Das Kündigungsrecht und die Pflicht zur rechtzeitigen Unterrichtung haben ihre Grundlage in den gemeinschaftsrechtlichen Transparenzvorgaben der Elektrizitäts-Binnenmarkt-Richtlinie 2009/72/EG, dort Anhang I, 1 b (neugefasst durch Elektrizitäts-Binnenmarkt-Richtlinie (EU) 2019/944, dort Art. 10 Abs. 4) und Gas-Binnenmarkt-Richtlinie 2009/73/EG, dort Anhang I, 1 b (neugefasst durch Gas-Binnenmarkt-Richtlinie (EU) 2024/1788). Nach Art. 10 Abs. 4 Satz 2, 3 der Richtlinie (EU) 2019/944 sowie Art. 11 Abs. 4 Satz 2, 3 Richtlinie (EU) 2024/1788 unterrichten die Versorger ihre Kunden direkt und auf transparente und verständliche Weise über jede Änderung des Lieferpreises und deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang, zu einem angemessenen Zeitpunkt, spätestens jedoch zwei Wochen, im Fall von Haushaltskunden einen Monat, vor Eintritt der Änderung. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es den Endkunden freisteht, den Vertrag zu beenden, wenn sie die Änderungen nicht akzeptieren. Es muss gewährleistet sein, dass sich der Verbraucher bei einer einseitigen Änderung tatsächlich vom Vertrag lösen kann (EuGH, RIW 2013, 299 Rn. 53, 54 - RWE Vertrieb AG; vgl. auch , ECLI:EU:C:2023:273 Rn. 20 bis 25, 28 - Green Network SpA).Damit besteht nach den dafür geltenden Maßgaben (vgl. 283/81, ECLI:EU:C:1982:335, Rn. 21 - Cilfit u. a.; vom - C-495/03, ECLI:EU:C:2005:552, Rn. 33 - Intermodal Transports; und vom - C-416/17, ECLI:EU:C:2018:811, Rn. 110 - Kommission/Frankreich) kein vernünftiger Zweifel, dass die Richtlinien einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die die Wirksamkeit einer einseitigen Preisänderung von der Einhaltung der Unterrichtungsfrist abhängig macht.
29c) Entgegen der Rechtsbeschwerde lag - was Voraussetzung einer Abstellungsverfügung nach § 65 Abs. 1 EnWG ist (vgl. BGH, WuW/E DE-R 3632 Rn. 21 - Wasserpreise Calw zu § 32 Abs. 2 GWB 2005) - eine fortwirkende Störung im Zeitpunkt der Abstellungsverfügung vor. Die Folgen der verspäteten Unterrichtung erschöpfen sich nicht in der erheblichen Unterschreitung der in § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG vorgesehenen Monatsfrist. Da die Preiserhöhung aus diesem Grund unwirksam war, ist Folge der Pflichtverletzung zudem, dass die Betroffene ab dem überhöhte Preise gefordert und vereinnahmt hat. Die Zuwiderhandlung bestand daher bis zur vollständigen Rückabwicklung der unberechtigt vereinnahmten Preise fort (vgl. BGH, WuW/E DE-R 3632 Rn. 21 - Wasserpreise Calw zu § 32 Abs. 2 GWB 2005).
30d) Der Anordnung der Bundesnetzagentur fehlt es nicht an der erforderlichen Bestimmtheit. Nicht erforderlich sind hierfür - anders als die Rechtsbeschwerde meint - Angaben zu der (genauen) Höhe der erlangten Vorteile sowie dazu, welcher Anteil davon auf welchen Haushaltskunden entfällt.
31aa) Die Entscheidung der Regulierungsbehörde muss als Verwaltungsakt gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG hinreichend bestimmt sein. Das Bestimmtheitsgebot verlangt, dass der Adressat in die Lage versetzt wird, zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung sowie den Adressaten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft bestimmen lässt. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (, RdE 2022, 471 Rn. 21 - Energiespezifische Dienstleistungserbringer m.w.N.; vgl. auch , BGHZ 152, 84 [juris Rn. 28] - Fährhafen Puttgarden). Der Bestimmtheit steht es nicht entgegen, wenn der Betroffene ein Handlungsgebot anhand von Unterlagen oder Berechnungen konkretisieren muss (vgl. , BGHZ 129, 37 [juris Rn. 11 f.] - Weiterverteiler).
32bb) Diese Anforderungen erfüllt die Anordnung zu Nr. 2 des Beschlusstenors. Die Betroffene kann ermitteln, welchen Kunden sie das Schreiben vom übersandt hat und gegenüber wem und in welcher Höhe sie in der Folge teilweise unberechtigte Forderungen erhoben und vereinnahmt hat. Sowohl der betroffene Kundenkreis als auch der jeweils zurückzuerstattende Betrag ist für die Betroffene bestimmbar. Die Betroffene kann ihr Verhalten damit an der Anordnung der Bundesnetzagentur ausrichten. Der Bescheid ist auch als Grundlage für eine zwangsweise Durchsetzung geeignet (vgl. , BVerwGE 84, 335 [juris Rn. 36]).
33cc) Der von der Rechtsbeschwerde behauptete Widerspruch zu den von der Kommentarliteratur an eine Verfügung gemäß § 32 Abs. 2a GWB gestellten Anforderungen besteht überwiegend nicht. Danach reicht es aus, wenn in der Verfügung der auf die einzelnen Abnehmer entfallende Betrag (beispielsweise in Prozentsätzen) angegeben wird, und aufgrund einer generellen Umschreibung der begünstigten Rückerstattungsempfänger vollstreckungsrechtlich genau festgestellt werden kann, an wen die Rückerstattung zu erfolgen hat (vgl. Bechtold/Bosch, GWB, 10. Aufl., § 32 Rn. 22; Emmerich in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 7. Aufl. 2024, § 32 GWB Rn. 45). Soweit die (genaue) Bezeichnung des zurückzuzahlenden Betrages und des Kreises der Empfänger erforderlich sein soll (vgl. Bornkamm/Tolkmitt in Bunte, Kartellrecht, 14. Aufl., § 32 GWB Rn. 61; Haas in BeckOK KartellR, Stand: , § 32 GWB Rn. 27; Otto in LMRKM, Kartellrecht, 4. Aufl., § 32 GWB Rn. 20), kann daraus für Rückerstattungsverfügungen nach § 65 Abs. 1 EnWG nichts abgeleitet werden. Es wird dort nicht behandelt, ob auch eine Bestimmbarkeit des Rückerstattungsbetrags und der Empfänger genügen kann. Angesprochen werden insoweit vielmehr mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbare Fallkonstellationen, wie beispielsweise Absatzketten mit etwaiger Weitergabe von Preisaufschlägen (Otto in LMRKM, Kartellrecht, 4. Aufl., § 32 GWB Rn. 20). Eine Abkehr von den auch hier geltenden allgemeinen Grundsätzen ist damit nicht verbunden (siehe nur Emmerich in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 7. Aufl. 2024, § 32 GWB Rn. 45, 46 ff.; Bornkamm/Tolkmitt in Bunte, Kartellrecht, 14. Aufl., § 32 GWB Rn. 53 ff.). Die Anforderungen an die Bestimmtheit hängen letztlich von den konkreten Erkenntnismöglichkeiten des Adressaten im Einzelfall ab. Geht es wie hier um ein unwirksames Preiserhöhungsverlangen, bei dem die Betroffene weiß, welchen Betrag sie von welchem Kunden vereinnahmt hat, bedarf es keiner konkreteren Angaben.
34e) Die Anordnung ist frei von Ermessenfehlern ergangen.
35aa) Die Ermessensentscheidung der Regulierungsbehörde ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten (Ermessensüberschreitung), ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch; vgl. BGH, Beschlüsse vom - EnVR 10/13, RdE 2015, 29 Rn. 15 - Stromnetz Homberg; vom - EnVR 30/17, EnWZ 2019, 15 Rn. 44 - Karenzzeiten III; vom - EnVR 36/21, BGHZ 233, 175 Rn. 29 - OPAL-Gasfernleitung).
36bb) Nach diesen Maßgaben ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde eine fehlerhafte Ausübung des der Bundesnetzagentur eingeräumten Ermessens - namentlich im Hinblick auf die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Anordnung (§ 65 Abs. 1 Satz 2 EnWG) - weder aufgezeigt noch ersichtlich.
37(1) Die Bundesnetzagentur hat die Ausübung ihres Ermessens in der angefochtenen Verfügung nachvollziehbar damit begründet, dass die Anordnung der Rücknahme der Preiserhöhung und Rückerstattung überzahlter Preise eine Zielvorgabe nach § 1 Abs. 1 EnWG - die Sicherstellung der verbraucherfreundlichen Versorgung mit Energie - fördere und damit einem legitimen Zweck diene. Der Erteilung eines bloßen Hinweises auf die geltende Rechtslage käme mangels Durchsetzbarkeit nicht die gleiche Wirkung zu. Die Anordnung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne, da gerade in einem angespannten und unsicheren Marktumfeld die zu beachtende Vorlaufzeit von einem Monat nach § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG zur Prüfung und Einholung von Informationen eine besondere Schutzfunktion für die Rechte von Haushaltskunden entfalte. Die gesetzliche Vorgabe aus § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG sei durch die Betroffene auch nicht nur geringfügig, sondern so erheblich unterschritten worden, dass den Haushaltskunden die Einholung von anderen Angeboten nahezu unmöglich gemacht worden sei. Soweit die Betroffene unter dem Eindruck der Eröffnung des Aufsichtsverfahrens selbst angekündigt habe, betroffene Haushaltskunden nunmehr schadlos stellen zu wollen, sei offengeblieben, in welchem zeitlichen Rahmen dies erfolgen solle.
38(2) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass diese Würdigung keinen Ermessensfehler erkennen lässt.
39(a) Die Rechtsbeschwerde kann nicht damit gehört werden, die Anordnung der Rückerstattung der in Folge der Preiserhöhung vereinnahmten Beträge sei zur Erreichung eines legitimen Zwecks nicht geeignet. Dafür bedürfe es entsprechend § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG Maßnahmen, mit denen den Kunden eine ausreichende Bedenkzeit über die Preisänderung eingeräumt wird. Aus den oben genannten Gründen lässt sich der Zweck einer ausreichenden Bedenkzeit im Nachhinein nicht mehr erreichen. Soweit die Rechtsbeschwerde ferner ausführt, die Betroffene sei nur gegenüber denjenigen Kunden zur (Rück-)Zahlung in Höhe des entsprechenden Differenzbetrags verpflichtet, die darlegen, dass sie innerhalb einer Frist von einem Monat nach dem Schreiben der Betroffenen einen Anbieterwechsel vornehmen und geringere Preise hätten vereinbaren können, liegt dem die unzutreffende Annahme zugrunde, dass die Preiserhöhung wirksam ist. Das ist aus den oben genannten Gründen nicht der Fall.
40(b) Der Anordnung fehlt es auch nicht an der Erforderlichkeit. Ein milderes, aber gleich wirksames Mittel ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist die von der Rechtsbeschwerde genannte Verpflichtung zum Versand bloßer Informationsschreiben nicht in gleicher Weise geeignet, die Folgen der aus dem Verstoß gegen § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG resultierenden Unwirksamkeit der Preiserhöhung zu beseitigen. Das grundsätzlich bestehende öffentliche Interesse an der Verfolgung von Verstößen gegen Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes und an der Behebung von Missständen wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass ein durch die Missbrauchsverfügung - mittelbar - begünstigter Dritter das mit der Verfügung erstrebte Ziel auch selbst auf dem Zivilrechtsweg erreichen könnte. Dies hat lediglich zur Folge, dass der Dritte gegen die zuständige Behörde keinen Rechtsanspruch auf ein Tätigwerden hat (, RdE 2015, 29 Rn. 16 - Stromnetz Homberg; vgl. auch , BGHZ 51, 61, 67 f. - Taxiflug).
41(c) Dass die Bundesnetzagentur dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes und den Interessen der betroffenen Haushaltskunden an der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands den Vorrang vor den Interessen der Betroffenen am Festhalten an der Preiserhöhung eingeräumt hat, stellt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keinen Ermessensfehlgebrauch dar. Die finanziellen Belastungen der Betroffenen aufgrund der Rückerstattung der Preiserhöhung stehen zu dem verfolgten Zweck schon deswegen nicht außer Verhältnis, weil in Umsetzung dieser Anordnung lediglich der rechtmäßige Zustand wiederhergestellt wird. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde fehlt es der Anordnung auch dann nicht an der Angemessenheit, wenn die Verpflichtung zur Rückabwicklung der Preiserhöhung dazu führt, dass den Kunden Energiepreise aus Dezember 2021 berechnet werden, obwohl diese aufgrund des angestiegenen Preisniveaus auf dem Markt bei keinem Anbieter mehr erhältlich gewesen wären. Die Abwägung, dem Interesse der Haushaltskunden an der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands, wie er ohne die unter Verstoß gegen § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG erfolgte Preiserhöhung bestehen würde, ein höheres Gewicht beizumessen als dem Interesse der Beschwerdeführerin, nicht mit den wirtschaftlichen Folgen nicht mehr marktüblicher Preise belastet zu werden, begegnet keinen Bedenken, zumal es der Betroffenen bei Zugrundelegung ihres Vortrags ohne weiteres möglich gewesen wäre, die Unwirksamkeit der von ihr vorgenommenen Preiserhöhung zu vermeiden, oder in der Folge weitere (wirksame) Preiserhöhungen auszusprechen. Die Bundesnetzagentur durfte dabei auch berücksichtigen, dass die Unterrichtung über die Preiserhöhung lediglich wenige Kalendertage vor deren Wirksamwerden erfolgte und den Kunden damit nahezu jegliche Möglichkeit genommen wurde, zu einem anderen Anbieter zu wechseln.
42(d) Schließlich ist auch die in der Anordnung für die Rückabwicklung der Preiserhöhung gesetzte Frist von einem Monat nicht ermessensfehlerhaft. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass diese unangemessen kurz gewesen sei. Es trifft daher schon nicht zu, wie die Rechtsbeschwerde meint, dass es die objektive Unangemessenheit der Frist nicht in Frage stelle. Unzutreffend ist auch, dass die Bundesnetzagentur nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts bei Erlass der Anordnung keine Kenntnis von Maßnahmen zur Rückabwicklung gehabt habe, welche die Betroffene bereits eingeleitet hatte. Die Betroffene hat ausweislich der angefochtenen Verfügung der Bundesnetzagentur bereits am im Verwaltungsverfahren selbst geltend gemacht, negative Auswirkungen für Haushaltskunden seien teilweise unterblieben; es seien bereits neue Abrechnungen erstellt oder Gutschriften erteilt worden. Mit dieser Begründung hat sie die Einstellung des Aufsichtsverfahrens angeregt. Die Bundesnetzagentur durfte daher bei der Bemessung der Frist davon ausgehen, dass die Betroffene bereits seit Juni 2022 mit der Rückabwicklung der Preiserhöhung befasst war und ihr dafür einschließlich der gesetzten Frist jedenfalls drei Monate zur Verfügung standen. Darauf hat das Beschwerdegericht zu Recht abgestellt.
43Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die Zwangsgeldandrohung gegenüber der Betroffenen nach § 94 Satz 1 und 3 EnWG in Verbindung mit § 13, § 11 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Buchst. b, § 6 Abs. 1 VwVG rechtmäßig ist (Beschlusstenor Nr. 3). Von der Rechtsbeschwerde werden gegen die Beurteilung des Beschwerdegerichts, insbesondere zur Höhe des Zwangsgelds, keine Rügen erhoben.
44Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO.
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ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:100924BENVR75.23.0
Fundstelle(n):
WM 2024 S. 2356 Nr. 50
KAAAJ-79009