Konkurrentenstreit; Kriterien des Aufgabenprofils
Gesetze: § 123 Abs 3 VwGO, § 920 Abs 2 ZPO, Art 33 Abs 2 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 3 Abs 1 SG
Tatbestand
1Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach der Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstpostens des Leiters Klinisches Behandlungszentrum am Bundeswehrkrankenhaus in ... (Dienstposten-ID ...).
2Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Im Jahre 2003 trat er in die Bundeswehr ein und wurde Sanitätsoffizier-Anwärter. Zuletzt wurde der Antragsteller im Jahre 2017 zum Flottillenarzt befördert. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich am 31. März ... Derzeit wird der Antragsteller als Facharzt für Anästhesiologie im Bundeswehrkrankenhaus ... verwendet.
3Der ... geborene Beigeladene ist ebenfalls Berufssoldat. Er trat im Jahre 1997 in die Bundeswehr ein und wurde 1998 Sanitätsoffizier-Anwärter. Zuletzt wurde der Beigeladene im Jahre 2012 zum Oberfeldarzt befördert. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich am ... Gegenwärtig wird der Beigeladene auf dem streitgegenständlichen Dienstposten verwendet.
4Unter dem beantragte der Antragsteller erstmalig die Mitbetrachtung bei der Verwendungsentscheidung für den nach der Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstpostens des Leiters Klinisches Behandlungszentrum am Bundeswehrkrankenhaus in ... Für die Besetzung dieses Dienstpostens wurde am die Organisationsgrundentscheidung "Querverschiebung" getroffen, auf deren Grundlage auch der Antragsteller im Auswahlverfahren mitbetrachtet worden ist. Mit Verwendungsentscheidung vom wurde der Beigeladene für den Dienstposten ausgewählt und dorthin versetzt. Auf die Beschwerde des Antragstellers wurden die Auswahlentscheidung und der Dienstpostenwechsel wieder aufgehoben. Diese Entscheidungen wurden getroffen, weil in der Auswahlentscheidung irrtümlich festgestellt worden war, dass der Antragsteller nicht über eine herausgehobene klinische Leitungsfunktion verfüge.
5Unter dem bestimmte das Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr für den Dienstposten bereits im Hinblick auf eine zum beabsichtigte Höherbewertung des Dienstpostens mit der Besoldungsgruppe A 16 folgende Anforderungen:
"1. Facharzt Anästhesiologie
2. ZWB Notfallmedizin
3. Vorverwendung in herausgehobener klinischer Leitungsfunktion, idealtypisch als Ltd OA/OÄ
4. Persönliche Voraussetzungen für die WB-Ermächtigung im Fachgebiet Anästhesiologie der Ärztekammer ... liegen vor.
5. Promotion
6. Bewährung aus der Teilnahme an mindestens einer besonderen Auslandsverwendung (BesAuslVwdg), anerkannten Mission oder Einsatzgleichen Verpflichtung (EV) ist erforderlich.
7. Leitende Notärztin / Leitender Notarzt
8. ZWB Intensivmedizin (wünschenswert)
9. ZWB innerklinische Notfallmedizin (wünschenswert)
10. Habilitation (wünschenswert)
11. ZWB ärztliches Qualitätsmanagement (wünschenswert)
12. Postgraduiertenstudiengang Gesundheitsmanagement (wünschenswert)".
6Mit Schreiben vom bat der Antragsteller erneut um Mitbetrachtung bei der Entscheidung über die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens.
7Mit Verwendungsentscheidung des Unterabteilungsleiters III.4 des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom wurde der Beigeladene erneut für die Besetzung des Dienstpostens ausgewählt. Zur Begründung wurde auf die mit "B+" deutlich bessere aktuelle dienstliche Beurteilung des Beigeladenen gegenüber der Bewertung des Antragstellers mit "C-" in dessen aktueller dienstlicher Beurteilung verwiesen. Der entsprechende Dienstpostenwechsel erfolgte am . Die Entscheidung über die getroffene Auswahl wurde dem Antragsteller am eröffnet.
8Bereits mit Schriftsatz vom , beim Disziplinarvorgesetzten eingegangen am , erhob der Antragsteller gegen die getroffene Auswahlentscheidung Beschwerde, nachdem er bereits am davon erfahren hatte. Der Antragsteller rügte eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs durch eine ermessensfehlerhafte Auswahlentscheidung.
9Unter dem erhob der Antragsteller beim Bundesministerium der Verteidigung eine Untätigkeitsbeschwerde.
10Mit Schriftsatz vom hat der Antragsteller einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.
11Der Antragsteller macht geltend, das Anforderungsprofil sei so gefasst worden, dass es dem Beigeladenen erst ermöglicht habe, in die Mitbetrachtung einbezogen zu werden. Zudem hätte das Anforderungsprofil nach der Regelungslage der Bundeswehr zwingend - und nicht nur als wünschenswert mit der inkorrekten Anforderung "ZWB innerklinische Notfallmedizin" - die Zusatzweiterbildung Klinische Akut- und Notfallmedizin enthalten müssen, über die er zwar, nicht aber der Beigeladene verfüge. Entsprechendes gelte für die ebenfalls nur als wünschenswert bezeichnete Anforderung Nr. 11 ("ZWB ärztliches Qualitätsmanagement"). Ferner verzichte das Anforderungsprofil fehlerhaft auf die Qualifikation "Ärztliche Leitung Rettungsdienst", die er - anders als der Beigeladene - wegen verschiedener Tätigkeiten vorweisen könne. Darüber hinaus habe er im Gegensatz zu seinem Konkurrenten ein Zusatzstudium in Medizinrecht mit dem Abschluss "Master of Laws" absolviert und erfülle damit das jedenfalls nach der Dienstpostenbeschreibung zu berücksichtigende harte Kriterium "Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, Erlasse und Weisungen", das auch Teil des Anforderungsprofils hätte sein müssen.
12Der Beigeladene verfüge im Unterschied zu ihm auch über keine zertifizierten Fremdsprachenkenntnisse, keine Kenntnisse der Tätigkeit als Sachgebietsleiter in der ... des ... sowie nicht über die durch die Teilnahme an diversen Führungslehrgängen an der Führungsakademie der Bundeswehr erworbene besondere Eignung für die Teilnahme am Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst National. Zu bedenken sei außerdem, dass der streitgegenständliche Dienstposten mit dem Uniformträgerbereich Marine zu besetzen sei. Nach alledem hätte der Beigeladene auf Stufe 2 des Auswahlverfahrens nicht mehr mitbetrachtet werden dürfen.
13Für eine willkürliche Vorgehensweise des Dienstherrn mit dem Ziel, den erneut ausgewählten Bewerber wieder auswählen zu können, spreche vorliegend weiter der Umstand, dass er schon zum zweiten Mal nicht zum Zuge komme und für die erste Auswahlentscheidung eine fehlerhafte Begründung herangezogen worden sei.
14Er stelle in Abrede, dass die herangezogenen Beurteilungen zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bereits abgeschlossen gewesen seien. In den Vorbeurteilungen seien er und der Beigeladene im Wesentlichen gleich beurteilt worden. Vor diesem Hintergrund hätte er zum Zuge kommen müssen, nicht zuletzt, weil er im Gegensatz zum Beigeladenen die wünschenswerte Bedarfsträgeranforderung "ärztliches Qualitätsmanagement" erfülle.
15Der Antragsteller beantragt,
das Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung über seine Beschwerde vom gegen die Auswahl- und Versetzungsentscheidung betreffend den Dienstposten "Ltr. KlinBehdlgZ" (Objekt-ID ...) mit der Wahrnehmung "Ltd. Arzt Sektion" (DP-ID ...), die Versetzung des Beizuladenden auf diesen Dienstposten vorläufig rückgängig zu machen.
16Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
17Das Bundesministerium der Verteidigung trägt vor, der zulässige Antrag sei offensichtlich unbegründet. Soweit der Antragsteller darauf verweise, dass die Zusatzweiterbildung Klinische Akut- und Notfallmedizin als zwingende und nicht nur wünschenswerte Anforderung Teil der Bedarfsträgerforderung hätte sein müssen, sei dies unzutreffend. Der zu besetzende Dienstposten sei nicht mit der ärztlichen Leitung der Zentralen Interdisziplinären Notaufnahme gleichzusetzen und werde dort auch nicht als Aufgabe wahrgenommen. Auch die Zusatzweiterbildung Ärztliches Qualitätsmanagement sei nicht als zwingendes Kriterium in das Anforderungsprofil aufzunehmen gewesen. Die fachgebietsbezogene, abteilungsinterne Qualitätssicherung obliege primär der Verantwortung des jeweiligen Klinischen Direktors bzw. des Abteilungsleiters. Der hier zu besetzende Dienstposten unterfiele keiner dieser Stellen. Dass die "Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, Erlasse und Weisungen" ein hartes Kriterium der Auswahlentscheidung sei, treffe nicht zu. Richtig sei vielmehr, dass diese Aufgabe in der Beschreibung des Dienstpostens (Wahrnehmungsdienstposten) genannt werde. Nicht jeder der dort genannten Punkte sei jedoch ein hartes Kriterium. Schließlich seien für den Dienstposten auch keine Fremdsprachenkenntnisse erforderlich.
18Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
den Antrag zurückzuweisen.
19Der Antragsteller verfüge über keinen Anordnungsanspruch. Das Anforderungsprofil für den streitgegenständlichen Dienstposten hätte nicht als zwingende Anforderung die Zusatzweiterbildung Klinische Akut- und Notfallmedizin enthalten müssen. Die Aufgaben des Dienstpostens in der Notaufnahme stellten den kleinsten Teil des Aufgabenspektrums dar und beinhalteten im Bundeswehrkrankenhaus ... lediglich die Vertretung der Notaufnahme innerhalb und außerhalb der bestehenden Kooperationsstrukturen als übergeordnetes Element. Eine fachliche Leitung der Notaufnahme sei damit nicht gleichzusetzen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten in Eilverfahren und in Hauptsacheverfahren (1 WB 28.24) Bezug genommen.
Gründe
21Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
221. Der gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 123 VwGO statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Sachlich zuständig ist das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO).
232. Der Antrag ist unbegründet. Es kann offen bleiben, ob für die begehrte einstweilige Anordnung ein Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) besteht.
24Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens ein Anordnungsgrund daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist allerdings erst anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von deutlich mehr als sechs Monaten liegt (stRspr, vgl. 1 W-VR 28.22 - juris Rn. 29 m. w. N.). Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall, auch wenn es sich bei dem Dienstposten um keine höherwertige Verwendung für den Antragsteller und den Beigeladenen handelt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass für den Dienstposten im Jahr 2025 eine Höherdotierung auf die Besoldungsgruppe A 16 vorgesehen ist und sich ein Erfahrungsvorsprung des Beigeladenen bei dem dann anstehenden Auswahlverfahren für eine Beförderung auswirken bzw. ein entsprechender Einfluss nicht auszuschließen sein dürfte.
25Hier ist die Spanne von sechs Monaten überschritten, weil der Beigeladene seinen Dienst auf dem streitgegenständlichen Dienstposten am angetreten hat.
26b) Der Antragsteller hat jedenfalls keinen Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemacht. Die Entscheidung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom , den streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen, ist nach summarischer Prüfung im Ergebnis rechtmäßig und verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers (hier von Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. § 6 SG) nicht.
27aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen zwar beschränkt auf Entscheidungen über höherwertige Verwendungen. Hingegen ist ein Eignungs- und Leistungsvergleich am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG und des § 3 Abs. 1 SG grundsätzlich nicht geboten, wenn der von einem Bewerber innegehabte und der von ihm angestrebte Dienstposten besoldungsrechtlich gleich bewertet sind (vgl. 1 W-VR 11.23 - juris Rn. 36 m. w. N.). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht jedoch, wenn sich der Dienstherr in dem konkreten Verfahren dem Grundsatz der Bestenauslese freiwillig unterworfen hat. Diese Festlegung entfaltet Bindungswirkung im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG und determiniert zugleich den Rahmen der gründlichen Überprüfung der Auswahlentscheidung ( 1 WB 52.08 - BVerwGE 136, 36 Rn. 26).
28Letzteres ist hier der Fall. Wie sich dem Protokoll für den "Verwendungsentscheid auf einen DP der BesGrp A 15" vom entnehmen lässt, hat das Bundesamt für das Personalmanagement zwischen dem Beigeladenen und dem Antragsteller als verbliebenen Bewerbern im Auswahlverfahren für den maßgeblichen Dienstposten einen Eignungs- und Leistungsvergleich durchgeführt und dabei festgestellt, dass beide Bewerber zwar auf der Eignungsebene jeweils die Anforderungen an den Dienstposten vollumfänglich erfüllten, der Beigeladene sich im folgenden Leistungsvergleich aber mit seiner wesentlich besseren Note gegenüber dem Antragsteller durchgesetzt habe. Von dieser Interpretation geht auch das Bundesministerium der Verteidigung aus, wie die Einschätzung des Referats BMVg RO III 3 in der an den Antragsteller gerichteten E-Mail vom zeigt.
29bb) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102>). § 6 Satz 1 SG stellt klar, dass die Soldatinnen und Soldaten sich auf dieses staatsbürgerliche Recht berufen können und § 3 Abs. 1 SG macht deutlich, dass die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG auch auf Verwendungsentscheidungen Anwendung finden. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (vgl. 1 WB 21.23 - juris Rn. 32).
30Bei einem freien und besetzbaren Dienstposten liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er die Art des Dienstpostens bestimmt (vgl. zum gesamten Folgenden BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 44.16 und 45.16 - juris Rn. 29 und vom - 1 WB 3.18 - NVwZ-RR 2019, 58 Rn. 31). Der Dienstherr ist insbesondere berechtigt, im Einzelnen die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung in Bezug auf den Aufgabenbereich des Dienstpostens im Vorfeld einer Auswahlentscheidung in einem Anforderungsprofil zu konkretisieren; insofern muss der Inhalt dieses Anforderungsprofils mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sein (vgl. - NVwZ 2012, 368 Rn. 15; 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 19). Dabei fällt die Entscheidung darüber, welchen "Zuschnitt" ein Dienstposten haben soll, welche Zuständigkeiten ihm im Einzelnen zugewiesen sind und welche Fachkenntnisse zur Erfüllung der Aufgaben auf dem Dienstposten erforderlich sind, in das Organisationsermessen des Dienstherrn, das hinsichtlich der Maßgaben militärischer Zweckmäßigkeit nicht, im Übrigen nur auf sachfremde Erwägungen gerichtlich überprüfbar ist ( 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 Rn. 42 und Urteile vom - 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 Rn. 54 sowie vom - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 18). Festlegungen des Anforderungsprofils oder einer Aufgabenbeschreibung für den Dienstposten entfalten Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale im Auswahlverfahren; ob die zuständige Stelle ihre Auswahlentscheidung an dem Anforderungsprofil bzw. an der Aufgabenbeschreibung ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (stRspr, z. B. 1 WB 44.11 - juris Rn. 30 und Urteil vom - 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <61>).
31Aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. - NVwZ 2007, 1178 f.). Zur Dokumentation verpflichtet ist dabei primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist (vgl. 1 WB 36.09 - Rn. 27; zur Geltung dieser Grundsätze bei freiwilliger Unterwerfung unter die Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 SG vgl. 1 W-VR 22.22 - juris Rn. 26).
32cc) Hiernach ist nach summarischer Prüfung die Auswahlentscheidung nicht aus formellen Gründen, insbesondere nicht wegen einer Verletzung der Dokumentationspflicht, aufzuheben. Die zur Vorbereitung der Entscheidung erstellte Unterlage weist für den streitgegenständlichen Dienstposten neben den Hauptaufgaben des in Rede stehenden Dienstpostens die aus ihnen abgeleiteten Kriterien des Anforderungsprofils aus und differenziert dabei auch sprachlich eindeutig zwischen zwingenden und wünschenswerten Kriterien. Den Verwaltungsvorgängen kann überdies ein hinreichender Nachweis über die unter dem getroffene Organisationsgrundentscheidung "Querverschiebung" entnommen werden. Dem Antragsteller ist schließlich durch die Zusendung der die Dokumentationspflicht erfüllenden Unterlagen auf seine Beschwerde hin bzw. im gerichtlichen Eilverfahren auch Akteneinsicht gewährt worden.
33dd) Die Entscheidung, nicht den Antragsteller auszuwählen, ist bei summarischer Prüfung auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
34(1) Die gegen das Anforderungsprofil gerichtete Kritik des Antragstellers ist nach summarischer Prüfung nicht berechtigt. Der Dienstherr war nicht dazu angehalten, die von dem Antragsteller im Einzelnen aufgeführten Qualifikationen als zwingende Kriterien in das Anforderungsprofil für den hier maßgeblichen Dienstposten aufzunehmen.
35Im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG ist die Verengung des Bewerberfeldes durch ein Anforderungsprofil rechtfertigungsbedürftig. Für die Aufnahme zwingender dienstpostenbezogener Kriterien in das Anforderungsprofil bedarf es hinreichend gewichtiger sachlicher Gründe für die Aufgabenerfüllung auf dem konkreten Dienstposten. Daran fehlt es, wenn die Kriterien nicht für die Erfüllung von Kernaufgaben des Dienstpostens erforderlich, sondern nur für die Wahrnehmung von untergeordneten Nebenaufgaben von Nutzen sind. Entsprechendes gilt, wenn die Kriterien überhaupt keinen Bezug zu dem Dienstposten aufweisen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 W-VR 28.22 - juris Rn. 42 und vom - 2 VR 3.23 - NVwZ 2024, 236 Rn. 37 m. w. N.).
36Hieran gemessen lassen sich nach summarischer Prüfung keine hinreichend gewichtigen sachlichen Gründe für die Aufnahme der von dem Antragsteller benannten Qualifikationen in das Anforderungsprofil erkennen.
37Zunächst vermag der Senat dem Antragsteller nicht in der Annahme zu folgen, das Anforderungsprofil hätte zwingend die Zusatzweiterbildung Klinische Akut- und Notfallmedizin enthalten müssen. Nach den von Antragstellerseite nicht erschütterten Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung gehört die ärztliche Leitung der Zentralen Interdisziplinären Notaufnahme nicht zu den Aufgaben des Dienstpostens, so dass der Verweis auf die Nrn. 204 und 322 der Verwaltungsvorschrift K1-9000/4017 "Zentrale Interdisziplinäre Notaufnahmen der BwKrhs" unergiebig bleiben muss. Die Befassung mit Fragen der Akut- und Notfallmedizin beschränkt sich auf die Vertretung der Interessen des Bundeswehrkrankenhauses ... gegenüber dem Kooperationspartner ...-Klinik zur Sicherstellung des Betriebes der gemeinsamen Zentralen Interdisziplinären Notaufnahme. Dabei handelt es sich allenfalls um eine untergeordnete Nebenaufgabe, die eine Zusatzausbildung für diesen Bereich lediglich als wünschenswert, indessen nicht als zwingend erscheinen lässt. Die Nebenaufgabe ist auch nicht mit einer ärztlichen Tätigkeit im Rahmen der Notfallaufnahme verbunden. Deshalb führt auch der Hinweis auf § 9 Nr. 2 der Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht weiter.
38Entgegen der Ansicht des Antragstellers hätte nach summarischer Betrachtung auch die Zusatzausbildung Ärztliches Qualitätsmanagement nicht als zwingendes Kriterium in das Anforderungsprofil eingestellt werden müssen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass nach Nr. 605 der Allgemeinen Regelung (AR) C1-885/0-4004 "Qualitätsmanagement in der Patientenversorgung" die Kommandeure der Bundeswehrkrankenhäuser und von diesen eingesetzte Qualitätsmanagementbeauftragte für diese Aufgabe in den Bundeswehr(Zentral-)Krankenhäusern verantwortlich seien; die fachgebietsbezogene, abteilungsinterne Qualitätssicherung obliege dagegen primär der Verantwortung des jeweiligen Klinischen Direktors bzw. Abteilungsleiters, zu denen der Inhaber des hier maßgeblichen Dienstpostens nicht zähle. Die Verweise des Antragstellers auf Nr. 323 K1-9000/4017 und auf Abschnitt C "Zusatz-Weiterbildung Ärztliches Qualitätsmanagement" der Musterweiterbildungsordnung 2018 der Bundesärztekammer vermögen diesen Vortrag nicht in Frage zu stellen. Aus beiden Unterlagen lässt sich nicht ableiten, dass das ärztliche Qualitätsmanagement zu den Kernaufgaben des Dienstpostens gehört. Auch aus dem Informationssystem Organisationsgrundlagen ergibt sich dies nicht. Dieses System beschreibt ohnehin nur den Ist-Zustand, hat aber keine das Auswahlverfahren normativ steuernde Funktion; maßgeblich ist auf die Bedarfsträgeranforderungen abzustellen, die anlässlich einer anstehenden Neubesetzung auch abweichend von dem Informationssystem Organisationsgrundlagen definiert werden können (s. 1 W-VR 5.21 - juris Rn. 45 m. w. N.). Ungeachtet dessen deutet auch die Beschreibung der Aufgabe in dem System lediglich auf eine Nebenaufgabe des Dienstpostens (vgl. dort die Beschreibung unter Nr. 09).
39Soweit der Antragsteller meint, auch die Zusatzweiterbildung innerklinische Notfallmedizin sowie die Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, Erlasse und Weisungen hätten als zwingende Kriterien in das Anforderungsprofil aufgenommen werden müssen, hat er auch insoweit keinen Ermessensfehler des Dienstherrn glaubhaft gemacht. Denn auch insoweit bezieht er sich im Wesentlichen auf die Angaben zu dem Dienstposten in dem - wie bereits erörtert - hier nicht maßgeblichen Informationssystem Organisationsgrundlagen. Entsprechendes gilt für den Vortrag des Antragstellers, dass der Dienstposten mit einem Soldaten des Uniformträgerbereichs Marine zu besetzen sei. Auch diese Angabe findet sich lediglich in dem besagten System, ohne dass sie als zwingendes Kriterium im Anforderungsprofil berücksichtigt worden wäre.
40Die Hinweise des Antragstellers auf seine Fremdsprachenkenntnisse, seine Kenntnisse aus seiner Tätigkeit als Sachgebietsleiter in der ... des Kommandos ... sowie seine Teilnahme an diversen Führungslehrgängen der Führungsakademie der Bundeswehr verhelfen seinem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg. Sie stehen mit dem Anforderungsprofil des betrachteten Dienstpostens in keinem Zusammenhang. Es lässt sich nach den Darlegungen des Antragstellers auch nicht ansatzweise erkennen, welche Bezüge die beschriebenen Qualifikationen zu den auf dem Dienstposten zu erfüllenden Kernaufgaben haben sollen.
41(2) Das Bundesamt für das Personalmanagement durfte dem Beigeladenen aufgrund seines besseren Eignungs- und Leistungsbilds rechtsfehlerfrei den Vorrang vor dem Antragsteller einräumen.
42Werden - wie hier - mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht, so haben - in der Regel durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene - Abstufungen der Qualifikation Bedeutung. Zur Ermittlung des Leistungsstands konkurrierender Bewerber ist dabei in erster Linie auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen, weshalb der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt; zur abgerundeten Bewertung des Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität ist es darüber hinaus zulässig, in die Auswahlentscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann im Rahmen sachgerechter Erwägungen auch sonstigen sachlichen Gesichtspunkten ein (gegebenenfalls) entscheidendes Gewicht für die Auswahl beigemessen werden, sofern dadurch das Gebot der Auswahl nach Eignung, Befähigung und Leistung nicht in Frage gestellt wird ( 1 WDS-VR 7.17 - juris Rn. 39 m. w. N.).
43Der Vergleich der hier herangezogenen, hinreichend aktuellen und mit Blick auf die nahezu identischen Zeiträume auch vergleichsfähigen Regelbeurteilungen ergibt einen deutlichen Leistungsvorsprung des Beigeladenen mit "B+" gegenüber dem Antragsteller mit einer Bewertung von nur "C-". Die nicht weiter glaubhaft gemachte Vermutung des Antragstellers, die herangezogenen Regelbeurteilungen seien im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung noch nicht abgeschlossen gewesen, trifft nicht zu; die Schlussfassungen der Regelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen lagen am bzw. am vor. Nach alledem ist es nicht zu beanstanden, dass der Dienstherr keinen Rückgriff auf die Vorbeurteilungen genommen hat; dazu bestand kein Anlass. Eine Einbeziehung der als wünschenswert zu erachtenden Kriterien des Anforderungsprofils in die vergleichende Betrachtung der Bewerber war ebenfalls nicht notwendig.
44(3) Nach alledem lassen sich nach summarischer Prüfung auch keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür finden, dass der Dienstherr bei der Durchführung des Auswahlverfahrens - wie der Antragsteller zu bedenken gibt - willkürlich vorgegangen sei. Soweit der Antragsteller darauf abhebt, dass er schon zum zweiten Male nicht zum Zuge komme und für die erste Auswahlentscheidung eine fehlerhafte Begründung herangezogen worden sei, sind diese Umstände nicht geeignet, diese Einschätzung zu rechtfertigen. Die Korrektur des in dem ersten Auswahlverfahren aufgetretenen Fehlers weist auf das Gegenteil. Es ist auch nicht erkennbar, dass das Bundesamt für das Personalmanagement den behobenen Fehler bewusst gemacht hätte, um dem Beigeladenen den Vorzug geben zu können. Dass sich der Antragsteller in dem zweiten Auswahlverfahren nicht durchsetzen konnte, ist - wie erörtert - allein darauf zurückzuführen, dass sich der Antragsteller aufgrund des nach summarischer Prüfung beanstandungsfreien Leistungsvergleichs mit dem Beigeladenen als der nach den vorliegenden dienstlichen Beurteilungen leistungsschwächere Bewerber gezeigt hat.
453. Der Beigeladene hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom einen eigenen Antrag gestellt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen. Die ihm im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erwachsenen notwendigen Aufwendungen sind deshalb in entsprechender Anwendung von § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 WBO dem Bund aufzuerlegen ( 1 WDS-VR 3.16 - juris Rn. 31 ff. m. w. N.).
46Eine Belastung des Antragstellers mit den notwendigen Aufwendungen, wie es der Beigeladene mit dem Schriftsatz vom ebenfalls beantragt hat, kommt dagegen in Ermangelung einer entsprechenden Kostenlastbestimmung nicht in Betracht. § 162 Abs. 3 VwGO ist im Wehrbeschwerdeverfahren nicht entsprechend anwendbar (vgl. dazu näher 1 WDS-VR 3.16 - juris Rn. 34).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:120824B1WVR3.24.0
Fundstelle(n):
OAAAJ-78990