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BGH Beschluss v. - StB 40/24

Anhörung des Verurteilten vor Ablehnung der Strafrestaussetzung

Gesetze: § 57 StGB, § 309 Abs 2 StPO, § 454 Abs 1 S 3 StPO

Gründe

1Das Oberlandesgericht hat den Verurteilten am , rechtskräftig seit dem , wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung, versuchter Nötigung und versuchter räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Den gegen ihn bestehenden Haftbefehl hat es am Tag der Urteilsverkündung aufgehoben. Unter Anrechnung von Untersuchungs- und Auslieferungshaft hat der Verurteilte die Freiheitsstrafe bis auf einen Rest von 78 Tagen verbüßt. Eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung hat das abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde.

2Das nach § 454 Abs. 3 StPO statthafte Rechtsmittel ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

3Die Sache ist dem Oberlandesgericht zurückzugeben, weil es eine vollständige Sachprüfung bislang nicht vorgenommen und insbesondere den Verurteilten nicht - wie gemäß § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO im Grundsatz erforderlich - persönlich angehört hat.

4Die Durchführung einer persönlichen Anhörung des in Frankreich lebenden Verurteilten scheiterte zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts daran, dass dieser aufgrund seines dortigen Status als Asylbewerber das Land nicht legal verlassen durfte, weswegen er selbst um Aufhebung eines bereits durch das Oberlandesgericht anberaumten Anhörungstermins nachgesucht hatte. Gemessen an der Sach- und Rechtslage bei Entscheidung des Oberlandesgerichts ist diese daher nicht zu beanstanden. Nach neuerlicher Mitteilung des Verurteilten im Verlauf des Beschwerdeverfahrens ist jedoch im Zusammenwirken mit den zuständigen französischen Behörden eine Möglichkeit gefunden worden, seine Ausreise zur Wahrnehmung eines Anhörungstermins vor dem Oberlandesgericht zu bewerkstelligen. Die Durchführung einer persönlichen Anhörung, durch die die Beteiligungsrechte des Verurteilten in vollem Umfang gewahrt werden, erscheint somit nunmehr möglich.

5Die Anhörung ist daher nachzuholen (vgl. auch für die vergleichbare Fallgestaltung der erst im Beschwerdeverfahren erteilten Einwilligung BGH, Beschlüsse vom - StB 15/95, BGHR StPO § 454 Anhörung 1; vom - StB 14/11, BGHR StPO § 454 Gutachten 4; vom - StB 23/24, juris Rn. 3 f.; OLG Celle, Beschluss vom - 1 Ws 69/17, Nds. Rpfl. 2017, 312, 313; LK/Hubrach, StGB, 13. Aufl., § 57 Rn. 90; KK-StPO/Appl, 9. Aufl., § 454 Rn. 10). In der hier vorliegenden Fallkonstellation ist ausnahmsweise nicht das Beschwerdegericht (§ 309 Abs. 2 StPO), sondern das Erstgericht zu einer Entscheidung in der Sache berufen (s. auch MüKoStPO/Neuheuser, 2. Aufl., § 309 Rn. 36).

Schäfer                        Paul                        Kreicker

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:161024BSTB40.24.0

Fundstelle(n):
KAAAJ-78799