Instanzenzug: Az: AnwZ (Brfg) 16/21 Beschlussvorgehend Anwaltsgerichtshof Frankfurt Az: 1 AGH 5/20nachgehend Az: AnwZ (Brfg) 16/21 Beschlussnachgehend Az: AnwZ (Brfg) 16/21 Beschluss
Gründe
1
21. Mit seinem Schriftsatz vom hat der Kläger - wie sich aus der Auslegung seiner Schreiben ergibt - auf deren Selbstanzeige hin auch Richterin am Bundesgerichtshof G. als zur Entscheidung über die weiteren Anträge des Klägers berufene Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Diese inhaltliche Verbindung rechtfertigt es zugleich, einheitlich über die noch zur Entscheidung anstehenden Ablehnungsgesuche zu befinden (vgl. BVerfG, NJW 2004, 2514, 2515; AnwZ (Brfg) 28/20, juris Rn. 14). Insofern ist auch hinsichtlich Rechtsanwältin S. , deren zukünftige Mitwirkung im Verfahren zumindest nicht auszuschließen ist (vgl. zum Rechtschutzbedürfnis für die Ablehnung AnwZ (Brfg) 28/20, juris Rn. 16), keine Vorabentscheidung veranlasst. Denn Rechtsanwältin S. hätte mangels senatsinterner Zuständigkeit nicht über die weiteren Ablehnungsgesuche zu befinden und könnte daher auch nicht etwa in die erkennende Spruchgruppe einrücken.
32. Die Ablehnungsgesuche des Klägers (§ 42 Abs. 1 ZPO) stellen sich als rechtsmissbräuchlich dar und sind daher als unzulässig zu verwerfen.
4a) Dies gilt auch für den Befangenheitsantrag des Klägers gegen Rechtsanwalt Dr. L. , der zur Entscheidung über die anderen Gesuche im Rahmen von § 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 54 VwGO, § 45 Abs. 1 ZPO berufen ist. Für die im Weiteren zu bescheidende Anhörungsrüge des Klägers sind neben den abgelehnten Berufsrichterinnen unter anderem die ursprünglich erkennenden anwaltlichen Beisitzer zuständig, weshalb der hierzu nicht zählende Rechtsanwalt Dr. L. im Ablehnungsverfahren (Zwischenverfahren) als Vertreter entscheidet. Das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch kann der Senat gemeinsam mit der Entscheidung über die weiteren Befangenheitsanträge unter seiner Beteiligung als unzulässig verwerfen (vgl. 1 WB 48.22, juris Rn. 27 mwN; AnwZ (Brfg) 28/20, juris Rn. 10), ohne dass dem seine mögliche Mitwirkung an weiteren Entscheidungen im Verlaufe des Verfahrens entgegenstünde (vgl. hierzu AnwZ (Brfg) 28/20, juris Rn. 9 ff.).
5b) Die Ablehnungsgesuche richten sich neben Richterin am Bundesgerichtshof G. unterschiedslos gegen alle noch dem Senat zugehörigen, an der Entscheidung beteiligten Richter sowie gegen weitere anwaltliche Beisitzer, ohne dass die Besorgnis der Befangenheit aus konkreten in der angegriffenen Senatsentscheidung enthaltenen Anhaltspunkten, aus persönlichen Beziehungen der Richter zu den Beteiligten oder zur Streitsache oder sonstigen ernsthaften Umständen hergeleitet wird oder sonst erkennbar ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom - III ZR 155/22, juris Rn. 1; vom - III ZR 100/19, juris Rn. 3; vom - III ZB 37/15, juris Rn. 3; vom - III ZA 11/15, juris Rn. 3; vom - III ZR (Ü) 1/14, BeckRS 2014, 17823 Rn. 2; vom - V ZR 8/10, NJW-RR 2012, 61 Rn. 8 und vom - AnwZ (B) 102/05, BeckRS 2008, 7419 Rn. 4; jew. mwN). Bei der Ablehnung eines Richters müssen ernsthafte Umstände angeführt werden, die die Befangenheit des einzelnen Richters rechtfertigen. Solche Umstände sind nicht dargetan.
6aa) Soweit der Kläger auf eine persönliche Voreingenommenheit und Willkür der abgelehnten Richter abhebt, erschöpft sich sein Vorbringen in pauschalen Verunglimpfungen. Den abgelehnten Personen etwa eine "rassistische völkische Weltanschauung", "nationalsozialistisches Gedankengut" und "Größenwahn" zuzuschreiben sowie ihnen vorzuwerfen, eine "Vereinigung zur Begehung von Straftaten der Rechtsbeugung zum Nachteil des Klägers" gebildet zu haben, kann einen individualbezogenen Vortrag eines ernsthaft als Ablehnungsgrund in Betracht kommenden Umstandes nicht ersetzen. Die weiter angeführten persönlichen Verbindungen von Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. P. zum Vorsitzenden Richter des Anwaltsgerichtshofs sowie die vom Kläger behaupteten Missstände in der Justiz sind daher ebenfalls irrelevant. Denn hieraus folgt nichts für eine Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richter (vgl. auch 3 B 182.05, juris Rn. 4). Der Vortrag verhält sich auch nur pauschal zu angeführten Verbindungen von Rechtsanwältin S. zur Beklagten. Soweit der Kläger zudem die fehlende Unabhängigkeit des Gerichts und "systemische Mängel in Bezug auf das Funktionieren des Justizsystems Deutschlands" rügt, ist ein derart begründetes Befangenheitsgesuch ebenfalls als rechtsmissbräuchlich zu bewerten (vgl. AnwZ (B) 102/05, juris Rn. 3).
7bb) Darüber hinaus legt der Kläger zwar seine der Senatsentscheidung konträre Rechtsauffassung ausführlich dar. Das Ablehnungsverfahren dient aber nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (vgl. AnwZ (Brfg) 61/15, juris Rn. 9 mwN). Allein mit einer abweichenden Rechtsansicht ist keine Befangenheit der an der Kollegialentscheidung beteiligten Richter verbunden (vgl. , NJW-RR 2012, 61 Rn. 7; Zöller/Vollkommer, ZPO, 34. Aufl., § 42 Rn. 28). Dies gilt auch für eine Gehörsverletzung oder sonstige Verfahrensmängel (vgl. 9 B 31.15, juris Rn. 3; Stackmann in MüKoZPO, 6. Aufl., § 42 ZPO Rn. 45 mwN).
9-
10d) Die vom Kläger hilfsweise begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV kam vor einer Entscheidung über die - unzulässigen - Ablehnungsgesuche nicht in Betracht.
113. Mit der Bescheidung der Ablehnungsgesuche ist die Selbstanzeige (§ 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 54 VwGO, § 48 ZPO) der Richterin am Bundesgerichtshof G. prozessual überholt und damit gegenstandslos (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 2 StR 28/12, juris Rn. 4 und vom - 2 StR 585/11, juris Rn. 10). Denn die Selbstanzeige bezog sich allein auf die Mitwirkung im Ablehnungsverfahren als Zwischenverfahren (vgl. auch , juris).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:311023BANWZ.BRFG.16.21.0
Fundstelle(n):
PAAAJ-78728