BGH Beschluss v. - 2 StR 499/23

Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/30 KLs 28/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen unter „Einbeziehung der mit Urteil des Amtsgerichts Fulda vom (Az.: 131 Js 5637/20 22 Ls) verhängten Freiheitsstrafe von 11 Monaten“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von insgesamt 844.200 €, davon in Höhe von 60.300 € in gesamtschuldnerischer Haftung mit den nicht revidierenden Mitangeklagten T.      und Z.      angeordnet.

2Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, der hinsichtlich der Einziehungsanordnung gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die Nichtrevidenten T.      und Z.      zu erstrecken ist; im Übrigen ist es unbegründet.

31. Dem Angeklagten ist auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision zu gewähren, da er – wie von seinem Verteidiger form- und fristgerecht näher dargelegt – die Säumnis nicht zu verschulden hat (§ 44 Satz 1, §§ 45, 46 Abs. 1 StPO).

42. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils führt zu einer Neufassung des Schuldspruchs.

5a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts vereinbarten der Angeklagte und die Nichtrevidenten T.     und Z.      , Marihuana von Spanien nach Deutschland einzuführen, um dieses hier gewinnbringend zu veräußern. In Umsetzung dieses Tatplans erwarb T.       in Spanien das Marihuana, das er Z.      übergab, der das Rauschgift mit einer Spedition nach Deutschland verbrachte. In Deutschland wurde das Marihuana auf nähere Weisung des Angeklagten von einem Gehilfen an verschiedene Abnehmer geliefert.

6In der vereinbarten Art und Weise verbrachten der Angeklagte und seine Mittäter vom bis zum in vier Fällen jeweils mindestens 50 Kilogramm Marihuana mit einem Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) von 3,1 % bzw. mindestens 1.550 Gramm nach Deutschland, wo es zu einem Preis von 4.200 € pro Kilogramm weiterveräußert wurde. In einem weiteren Fall (Fall II. 5. der Urteilsgründe) versandte Z.      am auf Veranlassung des Angeklagten und des T.      36 Kilogramm Marihuana mit einem THC-Gehalt von 3,1 % bzw. 1.116 Gramm von Spanien nach Deutschland, das am von der spanischen Polizeibehörde sichergestellt wurde.

7b) Da Gegenstand der Verurteilung ausschließlich Tathandlungen des Angeklagten in Bezug auf Marihuana und damit Cannabis im Sinne von § 1 Nr. 4 und 8 KCanG war, ist der Schuldspruch an die Änderungen durch das am in Kraft getretene Konsumcannabisgesetz (KCanG) anzupassen, auf das gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der revisionsrechtlichen Kontrolle abzustellen ist. Die neue Rechtslage unter dem Konsumcannabisgesetz ist bei dem nach § 2 Abs. 3 StGB gebotenen konkreten Gesamtvergleich im Einzelfall für den Angeklagten günstiger als diejenige nach dem Tatzeitrecht; sie ist daher hier maßgeblich. Dies führt zur Umstellung des Schuldspruchs auf bandenmäßiges Handeltreiben mit Cannabis in fünf Fällen (§ 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 3 KCanG, § 53 StGB).

8c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

93. Die gesetzliche Neuregelung zwingt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs.

10Die verhängten Einzelstrafen, die das Landgericht hier ausgehend von seiner – zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung zutreffenden – rechtlichen Würdigung der Taten als bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen gegen den Angeklagten verhängt hat, können nicht bestehen bleiben, weil der Regelstrafrahmen des § 34 Abs. 4 KCanG deutlich niedrigere Mindeststrafen vorsieht als der vom Landgericht zugrunde gelegte Strafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG. Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Anwendung des Strafrahmens des § 34 Abs. 4 KCanG auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte (§ 337 StPO), auch wenn der Umstand, dass es sich bei Cannabis um eine „weiche Droge“ handelt, keine strafmildernde Wirkung mehr entfalten kann, weil das Konsumcannabisgesetz ausschließlich den Umgang mit dieser Droge regelt (vgl. , Rn. 8).

11Die Aufhebung der Einzelstrafaussprüche zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

12Die zum Strafausspruch getroffenen Feststellungen werden von der aufgrund der Gesetzesänderung notwendigen Aufhebung des Strafausspruchs nicht berührt und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, die den bisher getroffenen nicht widersprechen.

134. Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen ist, soweit sie sich auf die gesamtschuldnerische Haftung mit den Nichtrevidenten T.      und Z.      bezieht, um einen Betrag von 6.422,07 € zu korrigieren. Denn insoweit haben die beiden Nichtrevidenten auf die Rückgabe des bei ihnen sichergestellten Bargeldes verzichtet. Durch den Verzicht der gesamtschuldnerisch haftenden Mitangeklagten erlischt der staatliche Zahlungsanspruch aus § 73c Satz 1 StGB auch zugunsten des mithaftenden Gesamtschuldners (vgl. , wistra 2023, 120). Demgemäß reduziert sich der gegenüber dem Angeklagten einzuziehende Betrag auf 53.877,93 €.

145. Die Änderung der Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die nicht revidierenden Mitangeklagten T.      und Z.      zu erstrecken, weil die Einziehungsentscheidung auch bei ihnen auf dem aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangel beruht. Eine weitergehende Erstreckung der Aufhebung des Urteils auf die Mitangeklagten scheidet gemäß § 354a StPO aus.

Menges                         Zeng                         Meyberg

             Zimmermann                 Herold

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:300724B2STR499.23.0

Fundstelle(n):
WAAAJ-78516